Protokoll der Sitzung vom 28.05.2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Bemerkungen möchte ich doch noch machen. Sehr geehrte Frau Kollegin RotheBeinlich, welcher Antrag weitergehend ist, darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Ich denke, unser Antrag ist wesentlich weiter gefasst und umfasst einen wesentlich größeren Prüfauftrag und ist damit eigentlich weitergehend, weil mehr Varianten ausgeleuchtet werden sollen. Wenn Sie sagen, dass es schon ausreichend Prüfungen gibt, dann denke ich doch, dass das Ergebnis hier noch viel schneller vorliegen könnte, als wir das in unserem Antrag stehen haben, und das kann nur gut sein.

Thema „neue Mitstreiter“: So neu - und da danke ich auch Frau Kollegin Berninger für die sehr fairen und korrekten Bemerkungen - ist die FDP bei diesem Thema nicht. Die Residenzpflicht ist bundesprogrammatisch und auch in vielen Landesverbänden genau auf der Linie, wie wir sie heute auch vorgetragen haben.

(Beifall FDP)

Zu der Behauptung, wir würden uns reduzieren lassen wollen auf Landkreisgrenzen: Ich glaube eigentlich ausgiebig und deutlich in meinem Redebeitrag vorhin von einer Landesgrenze gesprochen zu haben, nämlich von der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen. Ich kenne eigentlich keinen Fall, wo eine Landesgrenze nicht auch gleichzeitig identisch wäre mit der Grenze zwischen Landkreisen. Insofern ist der Hinweis bzw. die Behauptung schlicht und einfach nicht richtig und zeugt von einem falschen Verständnis unseres Beitrags.

Wir haben bewusst diesen Antrag weit gefasst, einmal, um in der Tat einen weiten Prüfungsauftrag, ein inhaltlich sorgfältiges Ausleuchten zu ermöglichen, aber auch, um in diesem Hause dem einen oder anderen Kollegen, dem es vielleicht ein bisschen schwerer fällt, sich mit dem Thema zu befassen, den Weg zu öffnen, um uns nicht an Detailformulierungen festzubeißen und um dieses Thema nach vorn zu bringen. Deswegen werbe ich sehr für die Zustimmung zu unserem Antrag. Frau Kollegin Berninger danke ich auch für diesen umfangreichen Sachstandsbericht und ich danke auch, wie eben schon gesagt, für die Aussage, dass es nicht überraschend ist, dass wir uns als Liberale dafür einsetzen. Aber ich möchte auch an dieser Stelle noch eines sagen: Wir haben es auch bewusst deswegen weit gefasst, weil Ihr Antrag, so wie er vorliegt, vermutlich im Bundestag kaum die Chance hat, eine Mehrheit zu erlangen. Es ist aber allemal besser, wir finden einen Weg auf der Basis von Bedarfsparametern, der eine Zustimmung erreicht, der eine Verbesserung des Themas

erreicht, als mit einer eng gefassten Auffassung nicht durchzukommen. Wir meinen schon, dass es eben doch genau einer Prüfung bedarf, weil es viele verschiedene Lösungsansätze geben kann, wie das Beispiel Hamburg zeigt, wo es so funktioniert, dass das Land Hamburg die zuständige Behörde in Mecklenburg hat und damit schon den Betroffenen einen weitaus größeren Bewegungsrahmen ermöglicht. Ich denke, wir sollten hier nicht durch Spielchen, nicht durch Fingerhakeln ein wichtiges Thema zerreden und ich werbe noch einmal für Ihre Zustimmung. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Staatssekretär Geibert hat sich zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, bereits in den vergangenen Tagen war verschiedentlich von Tagesordnungspunkten unter der Rubrik „Gralshüter der Koalitionsvereinbarung“ die Rede. Auch die Anträge unter diesem Tagesordnungspunkt lassen sich darunter einordnen. Dabei bleiben die Anträge der FDP-Fraktion dankenswerterweise auf dem Boden des geltenden Rechts, während der Alternativantrag der LINKEN sich außerhalb des geltenden Rechts bewegt.

(Beifall CDU)

Die Fraktion der FDP setzt sich mit ihrem Antrag zum einen für eine Lockerung der Residenzpflicht für Asylbewerber und Geduldete in Thüringen ein.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Berninger?

Zu Frau Berninger komme ich noch am Schluss, vielen Dank.

Damit verfolgt die FDP-Fraktion ein Ziel, auf das sich CDU und SPD des Landes bereits im Oktober 2009 im Koalitionsvertrag verständigt haben. Dort heißt es: „Die geltende Residenzpflicht für Asylbewerber wird im räumlichen Bezug erweitert.“ Die Rechtsgrundlage für eine Lockerung der Residenzpflicht bildet § 58 Abs. 6 des Asylverfahrensgesetzes, der die Landesregierung zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt. Um den örtlichen Verhält

nissen Rechnung zu tragen, kann in der Verordnung geregelt werden, dass sich Asylbewerber nicht nur im Zuständigkeitsbereich ihrer Ausländerbehörde, sondern ohne gesonderte Erlaubnis vorübergehend auch im Bereich anderer Ausländerbehörden aufhalten dürfen.

Das Thüringer Innenministerium erarbeitet zurzeit eine Rechtsverordnung, die die Bewegungsfreiheit für alle Asylbewerber deutlich erweitern wird. Der Referentenentwurf wird noch vor der Sommerpause fertiggestellt werden und den anderen Ressorts zur Abstimmung zugeleitet. Das Thüringer Innenministerium wird weiterhin im Erlasswege sicherstellen, dass geduldete Personen - also Personen, die nicht in den Anwendungsbereich des Asylverfahrensgesetzes fallen - von der Neuregelung profitieren werden. Mit Inkrafttreten der Verordnung werden sie dieselben Aufenthaltsmöglichkeiten erhalten wie Asylbewerber.

Sie sehen, meine Damen und Herren, das Projekt ist auf einem guten Weg. Ich sehe deshalb keine Notwendigkeit für Punkt 2 des Antrags der FDPFraktion, durch den die Landesregierung aufgefordert wird, dem Landtag bis zum 31. August 2010 über die Möglichkeiten zur Lockerung der Residenzpflicht zu berichten.

Die Frage der Residenzpflicht wird natürlich auch auf Bundesebene diskutiert. So befasst sich die bis heute tagende Innenministerkonferenz mit der Thematik. Das Ergebnis will und kann ich heute hier nicht vorwegnehmen. Nach den Vorgesprächen auf Staatssekretärsebene ist jedoch davon auszugehen, dass die Forderung der FDP-Fraktion, die Residenzpflicht in Gänze abzuschaffen, nicht zu einer Mehrheit finden wird. Im Mittelpunkt der Aussprachen steht lediglich die Frage, ob die räumlichen Beschränkungen für Asylbewerber etwa zum Zweck der Arbeitsaufnahme ein Stück gelockert werden sollen. Wir sollten uns deshalb auf das Sinnvolle und auf das Machbare konzentrieren. Das ist die Verordnung, die zurzeit durch unser Haus vorbereitet wird. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dieser Verordnung dem verständlichen Interesse der Asylbewerber und Geduldeten nach mehr Mobilität ausreichend Rechnung tragen.

Soweit der Antrag auf Überweisung an den Innenausschuss eine Mehrheit finden sollte, würden wir dort über den Fortgang der Angelegenheit berichten.

Die Fraktion DIE LINKE setzt sich in einem Alternativantrag dafür ein, auf der Grundlage des § 58 Abs. 6 Asylverfahrensgesetz eine Rechtsverordnung zu erlassen, durch die der erlaubnisfreie Aufenthalt der Ausländer in ganz Thüringen gestattet wird. Der Erlass einer solchen Rechtsverordnung ist jedoch

rechtlich nicht zulässig, da sie vom Gesetzeswortlaut der Vorschrift nicht gedeckt ist. § 58 Abs. 6 Asylverfahrensgesetz eröffnet lediglich die Möglichkeit, den erlaubnisfreien Aufenthalt auf die Bezirke mehrerer Ausländerbehörden auszudehnen. Von dieser Möglichkeit wird die Landesregierung durch die geplante Rechtsverordnung, die die Bewegungsfreiheit für alle Asylbewerber deutlich erweitern wird, Gebrauch machen.

Das würde reizen, jetzt noch auf die fünf Stichworte näher einzugehen. Mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit und die Tatsache, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Überweisung an den Innenausschuss auszugehen sein wird, wo über die rechtliche Deutung, die durch die Abgeordnete Berninger hier vorgenommen wurde und die Richtigstellung, die dann durch unser Haus noch erfolgen kann, es die Gelegenheit gibt, dort darauf einzugehen, möchte ich das heute unterlassen.

(Beifall CDU)

Ich bitte Sie daher, den Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es weitere Wortmeldungen? Es gibt eine weitere Wortmeldung der Abgeordneten Sabine Berninger für die Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, es tut mir wirklich leid, hätte Herr Geibert meine Frage zugelassen, wäre es vielleicht erledigt. Jetzt sind noch ein paar mehr Fragen dazugekommen. Herr Geibert hat davon gesprochen, DIE LINKE würde mit ihrem Antrag den Boden des Gesetzes verlassen. Deswegen wollte ich ihn fragen, ob er aufzählen kann, in welchen Ländern das Gebiet, in dem sich Flüchtlinge erlaubnisfrei bewegen dürfen, das gesamte Gebiet des Bundeslands umfasst. Weiterhin wollte ich fragen, ob er diese in den dortigen Ländern getroffene Regelung für rechtswidrig hält und ich wollte fragen, ob er mir die verwaltungs- oder aufsichtsrechtlichen Verfahren benennen kann, die dort in diesen Ländern von wem auch immer angestrengt wurden, geführt werden.

Ich frage jetzt noch, Herr Geibert: Sind Sie nach Ihren Aussagen der Auffassung, dass die Innenminister heute über rechtswidrige Rechtsverordnungen reden? Das Thema auf der Innenministerkonferenz

ist die Ausweitung der Residenzpflicht auf das Gebiet mehrerer Bundesländer, also bundesländergrenzenüberschreitend.

Sie sagten: Über das Ergebnis will ich und kann ich nicht berichten. Heißt das, Herr Geibert, es gibt ein Ergebnis und Sie wollen es uns bloß noch nicht sagen?

Sie zitierten den § 58 Abs. 6 Asylverfahrensgesetz, in dem von Bezirken mehrerer Ausländerbehörden die Rede ist. Ich habe jetzt nicht nachgeschlagen, meines Wissens steht da aber keine Höchstzahl oder auch keine Höchstquadratmeterzahl, wie das Gebiet aussehen soll.

Ich möchte, meine Damen und Herren, meine Bitte an die FDP-Fraktion zurücknehmen. Inzwischen freue ich mich auf die Diskussion im Innenausschuss. Ich glaube, ich kann Ihnen noch ein paar Informationen mitbringen, die Sie vielleicht noch nicht haben. Ich würde aber der Fairness halber das Hohe Haus bitten, wenn, dann beide Anträge an den Innenausschuss zu überweisen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Frau Berninger. Das Wort hat jetzt noch einmal Herr Staatssekretär Geibert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will natürlich nicht den unbefriedigenden Eindruck bei der Abgeordneten Berninger von offenen Fragen zurücklassen und stichpunktweise auf die Fragen eingehen. Ich kann und werde deshalb aus der Innenministerkonferenz nicht berichten, weil die Innenministerkonferenz ausdrücklich in ihren Beschlüssen immer festlegt, ob ein Beschluss zur Veröffentlichung geeignet ist oder nicht und mir zu dem Tagesordnungspunkt nicht bekannt ist, ob der Beschluss gefasst wurde, dass er zur Veröffentlichung vorgesehen ist. Aber anders als der von Ihnen vermittelte Eindruck, beschäftigt sich die Innenministerkonferenz nicht mit Rechtsverordnungen einzelner Länder oder Senatsverwaltungen, sondern es geht um die Frage, ob gegebenenfalls das Bundesrecht verändert werden sollte oder nicht. Das ist also ein völlig anderer Regelungsgegenstand als Sie hier zu vermitteln versuchen.

(Beifall CDU)

Es ist auch eine völlig andere Situation, ob man sich in einem Stadtstaat aufhält, wo dann lediglich ein einziger Bezirk wäre und man naturgemäß die Landes

grenze dieses Stadtstaats überschreiten muss oder nicht.

Zum § 58 Asylverfahrensgesetz: Die Grenze der Auslegung ist der Wortlaut, lernt der Jurist relativ früh. Der Wortlaut des § 58 Abs. 6 sagt: „Um örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen, dass sich Ausländer ohne Erlaubnis vorübergehend in einem die Bezirke mehrerer Ausländerbehörden umfassenden Gebiet aufhalten können.“ Sie sagen nicht „aller“, das ist gerade der bewusste Unterschied in § 58 Abs. 6. Die Rechtsverordnung anderer Landesregierungen oder Senatsverwaltungen des Inneren möchte und kann ich hier nicht kommentieren. Die Bewertung steht mir als Mitarbeiter einer Landesregierung nicht zu. Die Auslegung von uns habe ich Ihnen mitgeteilt. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung zu dem Antrag der Fraktion der FDP in Drucksache 5/981, und zwar über die Ausschussüberweisung an den Innenausschuss. Wer der Überweisung dieses Antrags an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Wir stimmen gerade ab. Genau. Die Gegenstimmen bitte? Enthaltungen? Damit ist der Antrag bei wenigen Gegenstimmen an den Innenausschuss überwiesen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Überweisung zum Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE auch an den Innenausschuss. Wer dieser Ausschussüberweisung ebenfalls zustimmt, den bitte jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Damit ist die Ausschussüberweisung mit knapper Mehrheit abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Auszählen!)

Auszählen, gut, dann zählen wir aus. Dann bitte ich noch einmal alle, die für die Ausschussüberweisung an den Innenausschuss sind, um das Handzeichen. 31. Danke schön. Die Gegenstimmen? Das sind 34. Damit ist die Ausschussüberweisung mit knapper Mehrheit, wie ich es eben schon einmal sagte, abgelehnt. Vielen herzlichen Dank.

Wir müssen über den Antrag von der Fraktion DIE LINKE an sich noch abstimmen, da die Ausschussüberweisung abgelehnt wurde. Stimmen wir jetzt ab über den Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE.

Wer diesem Antrag in der vorliegenden Form so zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen? Danke schön, das ist eine Mehrheit. Enthaltungen? Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Es gibt eine Wortmeldung des Abgeordneten Peter Metz.

Ich möchte eine persönliche Erklärung zu meinem Stimmverhalten abgeben. Es gibt Punkte, die zu mittelwichtig sind, um an dieser Stelle meine zutiefste Überzeugung zu verneinen, und gegenüber meinen Genossinnen und Genossen in der Fraktion möchte ich sagen, dass ich auch weiß, dass hier die Bauchschmerzen auch beim Abstimmungsverhalten sehr berechtigt sind.

Vielen herzlichen Dank, Herr Metz. Es gibt eine weitere Erklärung zum Abstimmungsverhalten von der Abgeordneten Birgit Pelke von der SPD-Fraktion.

Meine persönliche Erklärung, ich habe diesem Antrag der Linksfraktion zugestimmt, weil es nicht möglich war, zu einer Ausschussüberweisung zu kommen, um dieses Thema komplex im Innenausschuss zu diskutieren. Danke.

Vielen Dank. Nach einer Verabredung im Ältestenrat gibt es die Vereinbarung, heute nach 18.00 Uhr keinen weiteren Tagesordnungspunkt aufzurufen. Es verbleiben damit die Tagesordnungspunkte 18 bis 21, die in die nächste Plenarsitzung im Juni verlegt werden. Ich darf das Plenum hiermit beenden und Ihnen allen einen guten Nachhauseweg wünschen und freue mich auf die nächste Plenarsitzung im Juni.

E n d e d e r S i t z u n g: 18.22 Uhr