Peter Metz
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss nicht alles wiederholen, gerade wenn es richtige Worte waren. Danke, Frau Jung, gerade auch für die abschließenden Bemerkungen, das erspare ich mir in diesem Zusammenhang, das auch noch mal zu wiederholen und deutlich zu machen.
Wer sich inhaltlich mit dieser Frage auseinandersetzen will, der muss aber erstens Klarheit schaffen auch in der Öffentlichkeit und sich mal die Struktur der Rechtssystematik anschauen, wer wie Fachberatung an welcher Stelle macht, und muss sich vor allen Dingen die Struktur des SGB anschauen und der weiteren zuständigen Gesetze hierfür und kann nicht mit polemischen Unterstellungen, die Sie ja jetzt in Ihrem Redebeitrag nicht gemacht haben, Herr Kowalleck, aber durchaus in Ihrer Pressemitteilung, die Sie sofort rausgegeben haben, kann ich sozusagen die Öffentlichkeit damit ein bisschen - ja - vergaukeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, und wer sich das SGB anschaut und es auch ernst nimmt, kann auch in Verhandlungen zu zurückliegenden Kita-Gesetzen jetzt nicht die Position vertreten, man solle den freien Trägern noch mehr Beinfreiheit einräumen. Das war ja genau eine Diskussion, die wir hatten, dass wir bei der Frage der Systematik zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Fachberatung und der Fachaufsicht der freien Träger durchaus auch die richtige Waage gefunden haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ein paar Sätze ergänzen zu dem, was Kollegin Jung gesagt hat. Wer Kinderschutz ernst nehmen will und die Frage Kindeswohlgefährdung auch im politischen Prozess ernst nehmen will, der muss schauen, welche Aufgaben hat er hier in diesem Thüringer Landtag. Da gibt es eine Aufgabe, die heißt der Thüringer Landeshaushalt. Wenn man Kinderschutz ernst nimmt, dann muss man auch Haushaltsklarheit und -wahrheit schaffen und eben nicht verhindern, dass finanzielle Mittel für den Kinderschutz bereitgestellt werden, und vor allen Dingen auch nicht systematisch wollen, dass die Mittel für die örtliche Jugendförderung, wie das vor 2009 auch der Fall war, systematisch kaputt gehauen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wer sich auch auskennt mit den Prozessen, wie Jugendhilfestruktur vor Ort abläuft, der muss über die Frage reden, wie können sich Kitas öffnen, wie können Kitas in einen Sozialraum integriert werden und wie können bestimmte Faktoren in einem bestimmten Sozialraum um die Kita auch berücksichtigt werden. Das heißt, dass Kitas und auch Schulen sich stärker öffnen müssen, Jugendhilfeeinrichtungen, auch externe Jugendhilfeeinrichtungen auch in der Zusammenarbeit in die Kitas reinzulassen. Da - das hat Frau Jung völlig zu Recht angesprochen - sind zum Beispiel ein wichtiger Schritt die Elternzentren, die Frau Taubert mit dem TMSFG in der Vergangenheit auch auf den Weg gebracht hat.
Ganz konkret zu dem Fall: Der Träger hat auf den ersten Blick richtig gehandelt. Der Träger hat fristlose Kündigungen ausgesprochen. Man muss sich allerdings - das hat Herr Kowalleck zu Recht erwähnt - fragen, warum dieser Prozess so spät aufgedeckt wurde. Und das ist genau die Frage: Wie können wir es schaffen, kommunale Prozesse loszutreten, die eine Öffnung von Kitas schafft? Frau Abgeordnete König und Frau Abgeordnete Meißner wissen das besser als ich. Wir haben Jugendhilfepolitik auch auf Landesebene. Aber Jugendhilfepolitik auf Landesebene steigt oftmals nicht bis in die Kommune durch. Es gibt hier fachliche Empfehlungen und Prozesse, wo man sich wirklich in stundenlangen Arbeitsgruppen fachliche Empfehlungen erarbeitet und im Übrigen nicht nur mit politisch Verantwortlichen, sondern auch mit Fachleuten, die genau aus diesem Bereich kommen. Die Frage ist natürlich, wie ernst nehmen die kommunalen Strukturen genau diese fachlichen Empfehlungen. Wenn sie diese fachlichen Empfehlungen ernst nehmen, dann heißt das Kita, Schule öffnet sich gegenüber auch außerstrukturierten und außerschulischer Jugendhilfe und Jugendarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wer Kinderschutz wirklich ernst nehmen will, darf örtliche Jugendförderung nicht systematisch zerschlagen. Wer Kinderschutz ernst nehmen will, muss auch die Mittel, die das Land an die Kommunen durchsteckt für ein Programm für Kinderschutz und gegen Kindeswohlgefährdung ernst nehmen. Mit Pressemitteilungen und Aktuellen Stunden ist den Kindern in diesem konkreten Prozess nicht geholfen, sondern mit konkreter Politik in der Verantwortung, die wir hier im Landtag wahrnehmen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Hitzing, ich bin auch dankbar, dass wir das auf die Tagesordnung gesetzt haben, und zwar ganz ehrlich, zum einen - leicht witzig formuliert - weil Sie jetzt schon mehrfach Anträge gebracht haben, die auch Geschichtsfreaks herausfordern, hier auch in die „Bütt“ mit reinzugehen und die Freaklichkeit in Sachen Geschichte hier in die Debatte mit einzubringen, zum anderen weil es schon wichtig ist, denke ich, bei dieser Frage systematisch auch noch mal zu reden. Allerdings hat der Minister Matschie doch, wie ich finde, sehr gut ausgeführt und auch sehr differenziert ausgeführt, wo vielleicht auch die eine oder andere Stellschraube bei der Studie liegt, die man noch mal hinterfragen müsste, gleichzeitig aber auch, glaube ich, außerordentlich gut dargestellt, warum wir kein Gesamtkonzept brauchen, wie bei Ihnen in Punkt II gefordert, sondern tatsächlich mit den Institutionen, die da sind, die auch in dem Bereich bereits arbeiten, auch arbeiten wollen.
Ich habe ein paar Thesen gemacht zu der Studie zu Punkten, die mich doch auch ein bisschen geärgert haben. Da ich jetzt hier aber keine minutenlange Abhandlung über irgendwelche Grundsatzfragen machen will, biete ich Ihnen gern an, dass ich diese Thesen dann nachher an meine Tür hefte. Sie können die sich gern noch mal anschauen.
Die Zahlen können Sie sich dann irgendwann noch einmal anschauen. Ich würde gern trotzdem noch ein paar Dinge grundsätzlicher Natur sagen. Wer historische Bildung als Menschenrechtsbildung be
greift, der muss wissen, dass reine Wissensakkumulation und Faktenaneinanderreihung nicht der entscheidende Punkt ist. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Den 17. Juni als Datum zu kennen, ist wichtig und richtig, es würde mich auch sehr freuen, wenn alle Menschen dieses Datum auch kennen würden. Allerdings sind solche Daten kein Selbstzweck und solche Gedenktage sind auch kein Selbstzweck. Für mich ist es viel wichtiger, dass junge Menschen den Chauvinismus der DDR verstehen, dass sie den Arbeitschauvinismus der DDR verstehen, dass sie verstehen, aus welchen Gründen eigentlich Arbeiterinnen und Arbeiter am 17. Juni aufgestanden sind und sich gegen die Bedingungen gewehrt haben. Es ist mir viel wichtiger, damit auch den Mythos „DDR als den Arbeiterinnenund Arbeiterstaat“ zu zerbrechen. Das scheint mir doch viel wichtiger zu sein. Und hier liefert die Studie leider keine Erkenntnisse, weil es hier nämlich nur um das Datum 17. Juni an sich geht. Gleichzeitig glaube ich auch nicht, dass Geschichtsunterricht auch nur irgendwie eine Werbetour sein sollte für die FDGO oder für die alte Bundesrepublik. Denn auch hier, glaube ich, gibt es durchaus kritikwürdige Fakten, die nun einmal im Geschichtsunterricht selbst, in den 70er- und 80erJahren der alten Bundesrepublik aufgekommen, zu folgendem Punkt geführt haben, nämlich dass wir durchaus in der Geschichtswissenschaft eine gewisse Wertneutralität haben. Statt eine Werbetour für irgendein Konzept zu machen, sich tatsächlich auseinanderzusetzen, Systeme zu verstehen und aus dem Verständnis von Systemen auch zu kritisieren. Auch dazu leistet die Studie leider kaum an der Stelle einen Beitrag.
Diktatur und Demokratie als Konzepte zu kennen ist wichtig. Für mich ist wichtiger zu erkennen, welche Mechanismen dahinter stehen. Systeme verstehen und auf dieser Grundlage kritisieren, das ist für mich ein guter Geschichtsunterricht. Da ist die Frage der Werteorientierung im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht unbedingt immer angebracht, sondern tatsächlich eine Wertneutralität, eine Kontroversität, auch im Geschichtsunterricht. Das produziert Leidenschaft und das schafft im Übrigen die guten Demokratinnen und Demokraten für unsere Gesellschaft. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei aller Bewegung, die im Thüringer Schulwesen da ist aufgrund neuer gesetzlicher Rahmen, aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aufgrund des Engagements der Thüringer Lehrerinnen und Lehrer und der Thüringer Schulleiter und Schulleiterinnen braucht Schule auch Luft und Zeit zum Atmen und zum Entwickeln. Die UN-Behindertenrechtskonvention im schulischen Bereich sieht das Kind im Mittelpunkt und hat das Recht auf gemeinsame Beschulung festgesetzt. Wir befinden uns hier zwischen zwei Spannungsfeldern, wenn wir über den gemeinsamen Unterricht reden, wenn wir über die Frage Rahmenbedingungen und die Situation von Lehrerinnen und Lehrern auf der einen Seite sprechen, müssen wir aber im Mittelpunkt trotz dessen betrachten, dass es ein gesetzlich normiertes Recht ist, dass Kinder gemeinsam miteinander lernen. Es lohnt sich, wenn man sich noch mal die Zeit nimmt und die Entwicklung der Förderschulstruktur gerade auch in den ostdeutschen Bundesländern anschaut.
Ich will das nicht so ausführlich machen, aber ganz kurz skizzieren. Nach der friedlichen Revolution gab es zunächst einen im Vergleich zu den alten Ländern hohen Ausgangswert bei der Sonderbeschulung, bei den Förderschulquoten also, der im Thüringer Durchschnitt auch bis 2006 weiter angestiegen ist. Es lohnt sich, sich die Zahlen mal genauer anzusehen. Denn der Anstieg oder auch Abstieg von Förderschulstrukturen ist regional so stark differenziert, dass man da schon ins Schwanken und Wanken kommt bei der Frage, ob einheitliche Lösungen beim gemeinsamen Unterricht überhaupt möglich sind, wenn wir über Rahmenbedingungen sprechen. Dazu komme ich aber gleich noch, auf das, wozu wir uns im gemeinsamen Antrag verständigt haben.
Hinter jeder Zahl und hinter jedem Durchschnittswert steht aber auch ein konkretes Schicksal von Kindern und mit der Beschulung an einer Förderschule werden - so zumindest die Empirie und auch die Praxiserfahrung, ich denke, von jedem von Ih
nen - Biografien beeinflusst, und zwar nicht zum Positiven. Biografien werden dahin gehend beeinflusst, dass die Frage, auf den ersten oder sogar zweiten Arbeitsmarkt hinzukommen, doch stark beeinträchtigt ist und damit auch die Frage des Anspruchs auf ein gutes Leben. Das heißt, wenn wir über die Frage einer inklusiven Gesellschaft sprechen, werden die Grundlagen bei der Beschulung gelegt.
Wir hatten bis Mitte der 90er-Jahre und in den 90er-Jahren allgemein nicht nur einen Anstieg von Förderschulquoten, wir hatten auch einen Anstieg von behinderten Kindern in Thüringen. Die prozentualen Quoten waren weit höher als in den anderen Bundesländern. Das hat nicht irgendwelche, wie in der Anhörung zumindest von nur einer Person, Gott sei Dank, gesagt wurde, alkoholischen Ursachen oder dass der Nordhäuser Doppelkorn so gut geschmeckt hat, sondern das hat eine klare Ursache, nämlich dass wir die Trennung von Diagnose und Förderung im schulischen Bereich nicht hatten. Das ist eine Entwicklung, die dazu geführt hat, als wir die beiden Fragen getrennt haben, dass wir plötzlich bei der Quote von diagnostizierten Kindern stark nach unten gekommen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt, die Frage einer inklusiven Gesellschaft hängt auch immer mit gesetzlichen Rahmenbedingungen, Ausführungsverordnungen und Technokratie zusammen. Sie hängt aber auch mit dem Willen aller Beteiligten zusammen. Eine kurze Erfahrung: Als ich in das Gymnasium kam, konnte ich mit drei behinderten Kindern in einer Klasse zusammen lernen, ein körperbehindertes Kind und zwei körperbehinderte Kinder, die auch eine L-Diagnose haben. Ich will nur eine Biografie aufgreifen von jemandem, der aus der Förderschule heraus ist, der mir klar gesagt hat, wenn ich Förderschule beendet hätte auf der Förderschule, hätte ich heute Schrauben sortiert. Basti ist heute Manager eines Fitnessstudios und verdient sehr hervorragend und ist auf dem ersten Arbeitsmarkt sehr gut untergebracht.
Die Anhörung, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat also erwiesen, dass einheitliche Rahmenbedingungen nur schwer zu beschreiben sind und eine starke regionale Ausdifferenziertheit notwendig ist, schon allein deshalb, weil wir bei den Quoten von Förderbeschulungen sehr unterschiedliche Entwicklungen haben, will da nur zwischen Gera und Jena auch stark ausdifferenzieren. Die Anhörung hat aber auch erwiesen, dass es Rahmenbedingungen benötigt.
Multiprofessionelle Schule, das wurde von der Kollegin Hennig schon angesprochen, die Frage von Schulpsychologie, Schulsozialarbeit und auch Förderpädagoginnen und Förderpädagogen in den Schulen sind Dinge, die gerade von der Landesregierung geklärt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Punkte 1 und 3 sind wichtige Punkte, und ich will auch deutlich sagen, dass wir als SPD-Fraktion in der einen oder anderen Frage auch zurückgesteckt haben in den Überlegungen, die wir hatten. Ich will nur noch eine kurze Überlegung - und das war es dann auch schon mit den Unterschieden - deutlich machen: Wir dürfen die Rahmenbedingungen und die Mindestvoraussetzungen nicht zu Verhinderungsgründen von gemeinsamem Unterricht werden lassen. Denn auch wenn Rahmenbedingungen und Voraussetzungen nicht funktionieren, der Anspruch des Kindes besteht. Das muss für uns alle klar sein. Der Punkt I.3. wird aber auch ein langwieriger Prozess sein, wenn man es endgültig beschreiben will. Wir haben hier nicht nur die Schulträger und die Landesregierung in der Verpflichtung, in diesen Prozess mit einzusteigen, wir haben auch die Schulen selbst, die Ansprüche jeweils an die regionalisierten Strukturen weitermelden müssen. Dieser Prozess wird ein spannender Prozess. Ich bin froh, dass wir ab sofort diesen Prozess gemeinsam begehen. Ich halte diesen Tag für einen guten Tag für die Thüringer Schulen, ein gemeinsames Signal des Thüringer Landtags. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich muss es leider kurz machen, weil ich jetzt nicht mit der Schnelligkeit gerechnet habe und eigentlich noch einmal ins Büro hoch wollte und die Unterlagen holen wollte zur Berichterstattung. Es tut mir sehr leid.
Ja, es sind Tagesordnungspunkte übersprungen worden. Es tut mir leid.
Ja, natürlich nach der Vereinbarung. Gut.
Zur Beratung durch Beschluss des Landtags vom 1. Juni 2012 ist die Nummer II des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überweisen worden. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat die Nummer II des Antrags in seiner 36. Sitzung am 14. Juni 2012 beraten. Die Beschlussempfehlung lautet: Die Nummer II des Antrags wird abgelehnt. Danke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Frau Rothe-Beinlich, eine kurze Anmerkung, sachliche Auseinandersetzung heißt aber auch, dass am Ende einer sachlichen Auseinandersetzung auch eine Ablehnung stehen kann. Das muss man auch sachlich zur Kenntnis nehmen.
Die Frage, die sich mir in der letzten Plenarsitzung dazu gestellt hat, war weniger die inhaltliche. Ich will die inhaltliche Frage noch einmal aus meiner Sicht aufmachen, die Frage von Kontroversität, Schülerorientierung, Überwältigungsverbot, wenn der Verfassungsschutz an Schule alleinig stattfindet, ist nicht gegeben. Der Beutelsbacher Konsens ist an dieser Stelle kaum einhaltbar, weil wir auch bei dem Beutelsbacher Konsens einen Grundsatz haben. Der einseitig politisch Lehrende muss zum Beispiel auch anschließend über seine Rolle aufklären. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat in dem einen Beispiel am Ratsgymnasium diese Frage nicht stattgefunden, weil sich der Verfassungsschutz als alleinig wissende Institution hingestellt hat.
Ein weiteres Problem ist allerdings auch, dass sich die Kolleginnen und Kollegen - und das erleben Sie sicher, wenn sie an Schule sind - auch sehr oft, wenn Projekttage stattfinden, auch zurückziehen, wenn außerschulische Institutionen an die Schule kommen und die außerschulischen Institutionen die Rolle des Lehrenden übernehmen. Das ist tatsächlich ein Problem. Wenn die außerschulischen Institutionen, die einseitig politisch agieren, die Rolle des Lehrenden übernehmen, haben wir tatsächlich ein Problem. Dem ist so. Die Frage ist nur, ob Politik sich als Schulleiterin und Schulleiter aufspielen darf. Das ist für mich eine Frage, die es an dieser Stelle zu klären gilt. Ich sage, nein. Schulleiterinnen und Schulleiter sind zu schulen. Mit Schulleiterinnen und Schulleitern ist in Diskussion zu kommen. Aber weitere Richtlinien und Kriterienkataloge an Schulen zu geben, geht auch nicht auf die individuellen Fragen ein.
Ich will ein Beispiel noch einmal aufkommen lassen. Wenn ich eine Pädagogin, einen Pädagogen habe, der in der Wissenschaftstheorie, in der Extremismustheorie sehr bewandert ist und der auch dem Verfassungsschutz widerspricht, ist der Beutelsbacher Konsens aus meiner Sicht eingehalten. Er ist aber nicht eingehalten, wenn der Verfassungsschutz die Rolle der Lehrerin einnimmt. Das zu kontrollieren, halte ich für fragwürdig. Wir brauchen eine Schulentwicklung, bei der Schulleiterinnen und Schulleiter tatsächlich über die Frage Extremismustheorie versus zum Beispiel gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aufgeklärt wird, bei der Schulleiterinnen und Schulleiter über demokratische Prozesse aufgeklärt werden. Das halte ich für notwendig, keine Kriterienkataloge. Danke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler, bisher lief das bei den bildungspolitischen Diskussionen in diesem Plenum immer so: Frau Hitzing kam vor, hat als Pragmatikerin und Kennerin der Praxis im Thüringer Schulsystem gesprochen und mindestens ab der Seite Bildungsideologie vorgeworfen und diesen drei Fraktionen zumindest ideologische Grundsatzentscheidung und Durchideologisierung im Bereich der Schulpolitik vorgeworfen. Frau Hitzing, allein die Überschrift und noch viel mehr Ihre Rede lässt an Ihrer Praktikerinnenhülle kratzen und zeigt, welch Geistes Kind die FDP ist, nämlich kalte Marktideologen,
die sich eben nicht für das Schicksal einzelner Schülerinnen und Schüler interessieren, sondern eine Art kollektive Thüringer Härte im Thüringer Schulsystem und in der Thüringer Schullandschaft einfordern. Bei Ihnen stehen doch Individualität und leistungsschwache Schülerinnen nur rhetorisch im Mittelpunkt. Ralf Dahrendorf, wie gesagt, ich habe den schon oft zitiert, Sie kennen ihn wahrscheinlich immer noch nicht so gut, hat mal gesagt: „Eine Politik der Freiheit bedeutet die größten Lebenschancen der größten Zahl zu garantieren. Dafür benötige man eine Kultur der Solidarität und Zusammengehörigkeit.“ Mit Ihrer Rhetorik, Frau Hitzing, schaffen Sie das Gegenteil. Sie müssen mir mal in der Praxis die Masse an Kindern und Jugendlichen zeigen, die gegen ihren Willen - ich komme gleich noch mal konkret dazu, was in der Schulordnung steht - und gegen den Willen der Eltern nicht versetzt wurden und danach noch eine gute Biografie hinter sich haben. Diese Kinder, diese Masse an Kindern, müssen Sie mir mal zeigen. Die Praxis und auch die Empirie zeigen hier deutlich andere Beispiele. Seit den 70er-Jahren warnen Pädagoginnen und Pädagogen vor allem in der empirisch-psychologischen Schulforschung vor dieser Methode, weil diese Methode oftmals nicht nur zum Leistungsabfall, sondern auch zur Isolation von Kindern und Jugendlichen in Schule führt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe in meinem Büro - ich lade Sie dann demnächst auch wieder ein, Frau Hitzing, dann können wir wirklich noch mal fachlich und intensiver darüber sprechen - ein Bild, da sieht man einen Baum; ein Affe, ein Elefant und ein Pinguin werden vom Lehrer aufgefordert, in der gleichen Zeit auf diesen Baum zu klettern. Meine sehr geehrten Damen und
Herren, dass das nicht möglich ist, ist ja absolut offensichtlich. Genau deshalb, das ist eigentlich sinnbildlich dafür, dass wir eine Schule brauchen, in der der Leistungsstand der Kinder und der Fortschritt tatsächlich genau analysiert werden und nicht alle Kinder über einen Kamm geschoren werden. Herr Möller hat das, wie ich finde, sehr gut in seiner Rede ausgedrückt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eben nicht so, dass wir tatsächlich an Leistungen oder irgendwas im Mittelpunkt orientiert haben, ob Kinder und Jugendliche versetzt werden. Allein bei der Notenvergabe haben wir in Deutschland nachgewiesen - und ich weiß im Übrigen auch, auf welche Regierungszeit das zurückgeht, diese Studien, Herr Kowalleck -, klar nachgewiesen, dass wir eine Kopplung von sozialer Herkunft und Notenspreizung haben. Das heißt, wir haben in den unteren Kompetenzstufen bei PISA eine massiv große Anzahl von sozial schwachen Kindern und bei den oberen Kompetenzstufen eben diejenigen Kinder, die aus gutbürgerlichen, sozial starken Haushalten kommen. Deswegen ist die Frage von Versetzung auch eine Frage von sozialer Ausseparierung an Schule und damit muss in der Entwicklung Schluss sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Man kann nicht - und da spreche ich einige Kollegen von der CDU, aber gerade die FDP an - auf der einen Seite zur Regebogenschule in Erfurt gehen und da die große Solidarität bei der Frage der Kürzung in den freien Schulen predigen, man kann auch nicht zur Freien Ganztagsschule Milda gehen und die Leistung der Freien Ganztagsschule Milda und der Regenbogenschule Erfurt würdigen, weil sie wahrscheinlich im Privatsegment sind, denn die beiden Schulen machen beispielsweise genau das, was Sie in Ihrem Mittelpunkt kritisieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Was ich will, ist, dass wir im staatlichen Bereich tatsächlich jedem Kind so etwas wie Milda und Regenbogenschule auch ermöglichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann über diese Fragen eigentlich nur fachlich reden. Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft nicht in so einer Art Provokation und Gegenprovokation, wie ich das jetzt auch gut getan habe im Plenum, über diese Fragen reden, sondern auch wirklich fachlich. Mein Angebot steht, im Büro hängt das Bild. Sie können es sich noch einmal anschauen und dann reden wir fachlich noch einmal über diese Frage. Vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine feste Überzeugung ist, Verfassungsschutz ist aus seinem Kern heraus nicht in der Lage, die tiefen Ursachen rechter Gewalt und rechter Gesellschaft zu analysieren und darzustellen. Er vernachlässigt nämlich aus seiner Funktion heraus die FDGO zu schützen, Alltagsrassismen, rechte
Angstträume, Opfer physischer und psychischer Gewalt sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Es ist nicht seine Aufgabe.
Verfassungsschutz ist in der Lage, Antifaläden und Naziläden vielleicht gleichzusetzen und genauso zu thematisieren, weil sie der Extremismus-Theorie anheimfallen, einer von einem kleinen Teil der Wissenschaft anerkannten Theorie, aber es gibt eben auch andere Theorien. Die Mechanismen rechter Gewalt und rechter Hegemonie in der Gesellschaft sind dann auch, wenn man sich mit Kindern und Jugendlichen unterhält, eher Alltagserfahrung eben von diesen Kindern und Jugendlichen als die systematischen Parteitage der NPD. Das heißt, das Umfeld von Kindern und Jugendlichen ist das Entdecken von rechter Gewalt und Rassismen im Alltag. Und so ist es vollkommen richtig, dass die GRÜNEN im Kern diesen Punkt thematisieren und auch im Ausschuss beraten wollen. Ich bin, Herr Emde, dankbar, dass Sie sich dem auch an der Stelle nicht verweigern. Ob die Mittel, die Sie anbieten wollen und die Sie aufzeigen, geeignet sind, bezweifele ich allerdings noch, würde dies und Alternativen aber, wie gesagt, gern im Ausschuss beraten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen als Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker unabhängig von der Frage, wie wir Dinge persönlich bewerten, aber bei einer Sache aufpassen, nämlich als Landtagsabgeordneter darf keiner von uns Schulleiterin oder Schulleiter spielen. Ich habe auch Vorstellungen, wie meine ideale Schule aussieht. Die unterscheiden sich wahrscheinlich nicht von der der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wenn ich Schulleiter wäre, käme mir der Verfassungsschutz, wenn nicht unbedingt von Schülerinnen und Schülern gewollt, auch nicht in das Haus. Ob das dem Beutelsbacher Konsens allerdings entspricht, weiß ich auch nicht. Darüber würde ich mich wirklich gern im Ausschuss verständigen. Ich weiß nur, im Sinne der aktuellen Debatte um Beutelsbach, insbesondere im Bereich Schülerorientierung - Herr Matschie hat es vollkommen richtig angesprochen Individuum und Solidarität, da ist es ein No Go, wenn Schülerinnen und Schüler die Perspektive Betroffener hören wollen, die Perspektiven von Opferverbänden hören wollen, dass diese ihnen nur bedingt und nur unter Protest gewährt wird. Ich bin aber kein Schulleiter und wir sollten die Waage finden zwischen Freiheit der Schule und gesetzlichen Regelungen und vor allen Dingen auch Freiheiten von Schülerinnen und Schülern zu gewährleisten und zu unterstützen.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob der von Ihnen in Punkt II.1. geforderte Kriterienkatalog und die in Punkt II.3. geforderte Schulgesetzänderung wirklich diese Waage, die ich beschrieben habe, einhält. Ich tendiere eher zum Nein. Ich halte aber die Diskussion für enorm wichtig, weil wir gerade in dem Be
reich des Verfassungsschutzes darüber reden müssen, ob ein Verfassungsschutz alleinig als Angebot wirklich den Beutelsbacher Konsens einhält, wenn wir nicht auf Augenhöhe gleichzeitig eine Perspektive von Opfern rechter Gewalt, eine Perspektive von Alltagsrassismen und auch von Kritikerinnen und Kritikern des Verfassungsschutzes haben. Genau diese Frage gilt es zu beantworten, wie kriegen wir diese Kultur in Schule, ob mit Richtlinien und Gesetzen wage ich zu bezweifeln. Einer Diskussion würdig ist das Thema allerdings dennoch. Deswegen bitte ich um Überweisung an den Ausschuss.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in der letzten Plenarsitzung sehr intensiv über den Antrag diskutiert. Bei meiner Fraktion und bei mir persönlich hat sich an der Position nichts geändert. Ich will noch einmal zusammengefasst die zentralen Kritikpunkte an dem Antrag formulieren.
Zum einen nimmt Ihr Antrag leider aus dem Blick, was Verfassung leisten kann, und zum Teil auch, was ihr Kern ist, nämlich Positivziele zu formulieren, denn sie regelt glücklicherweise nicht bis ins kleinste Detail das Zusammenleben, sondern sie stellt den Rahmen der Gesetzgebung, aber selbst in konkrete Gesetzgebung übersetzt, verhindert sie kein Verbrechen, keinen Übergriff gegen Menschen, die Nazis für Ausländer halten, keine Nazigedanken, sondern das Gesetz - übersetzt nach Verfassung - greift hauptsächlich dann, wenn die Scherben bereits da sind. Es sind deshalb bereits jetzt genug Möglichkeiten da - ich habe sie ausführlich aufgezählt in der letzten Diskussion und in der letzten Debatte -, um von einer echten, auch konservativen, wehrhaften Demokratie zu sprechen. Eine konsequente Umsetzung der von der LINKEN geforderten Grundgesetzänderung stärkt also keinesfalls den Kampf gegen Nazis,
- Pardon, Landesverfassung -, drängt Gedankengut nicht zurück, sondern stärkt den Staat gegenüber dem Einzelnen, in deren Denken und Leben er umso mehr eingreifen kann. Es lässt sich eben nicht ohne Weiteres umsetzen. Die letzten Reste des Liberalismus, wie ich sie beschrieben habe, in Deutschland, nämlich Meinungs- und Versammlungsfreiheit, so eingeschränkt sie in Deutschland auch sind, lassen sich nicht durch eine weitere Verfassungsnorm ändern oder gar aufweichen. Des Weiteren hatte ich mich intensiv mit der Analyse und der Begründung des Antrags beschäftigt und mich auch darüber geärgert. Ich denke, das können wir an anderer Stelle auch noch einmal intensiver diskutieren, das würde jetzt sicherlich zu weit führen. Ich sage nur noch einmal die Stichworte Faschismusanalyse, deutsche Verbrechen, antiautoritäre Verfassung, antifaschistische Verfassung, im Widerspruch teilweise.
Nun noch eine persönliche Bemerkung, die sicherlich nicht unbedingt nur konform mit meiner Partei geht, aber ich bin froh, in einer Partei zu sein, in der unterschiedliche Auffassungen an vielen Fragen auch möglich sind. Antifaschismus kritisiert den Neonazismus und deren Grundlagen in der Gesellschaft und damit eben auch diese Gesellschaft. Ich habe dazu Hannah Arendt ausführlich angeführt und ihre Kritik des Parlamentarismus auch zitiert.
Wer ist eigentlich Faschist in der Definition? Ist es die Mehrheit der Deutschen, die rechten Einstellungsmustern verfallen? Sind es die über 10 Prozent im Thüringen-Monitor, die sagen, es gibt wertes und unwertes Leben? Wer ist eigentlich dieser Faschist? Ein Staatsziel Antifaschismus kann also Faschisten vielleicht einsperren, er würde jedoch zugleich keinen vernünftigen Beitrag zum Antifaschismus liefern. Ich bin sonst sehr offen, gerade in dieser Frage, auch gute und offene Auseinandersetzung in Ausschüssen zu erleben - wir werden das auch bei dem Antrag der GRÜNEN zum Beutelsbacher Konsens so handhaben und diskutieren -, ich bitte aber zu akzeptieren, und vor allen Dingen auch Sie von der LINKEN zu akzeptieren, dass wir uns in der Fraktion und auch ich mich wirklich ausführlich und lange mit dem Antrag auseinandergesetzt haben, und die Positionen sind so unterschiedlich und diametral anders, dass wir für eine Ablehnung des Antrags an dieser Stelle werben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Linkspartei hat ihren Antrag leicht modifiziert von 2005 noch einmal eingereicht und dem Landtag vorgelegt und ahnt sicherlich schon, dass auch diesmal keine Mehrheit im Hause zustande kommen wird. Ich will, wenn ich ausführlicher begründen darf, deshalb ausführlicher begründen, weil ich nicht schon wieder diese Wer-hat-uns-verraten-Sozialdemokratenmasche hören will oder Wer-sei-der-bessere-Antifaschist, sondern, ich denke, man muss sich damit tatsächlich tief auseinandersetzen.
Weil die Linkspartei es auf der Jagd nach Stimmen der außerparlamentarischen LINKEN sehr gern hat, sich selbst als große Antifaschistin zu präsentieren und es liebt, eigentlich mehr als verbal radikal aufgeplusterte Sozialdemokratie auf die SPD teilweise herabzusehen, möchte ich mit Ihnen auch in die Auseinandersetzung gehen, denn sowohl - darf ich vorweg verraten - der Antrag, den die Kolleginnen und Kollegen hier stellen, ist weder besonders radikal noch besonders links, noch liefert er, wie ich finde, eine treffende Analyse des Problems des Neonazismus. Was das Fass zum Überlaufen bringt für mich: Ich denke, es verbessert auch nicht die Ausgangsbedingungen eines zivilgesellschaftlichen Engagements und auch nicht die Ausgangsbedingungen von autonomen Antifagruppen oder anderen Antifagruppen.
Beginnen wir also konkret mit dem gesetzgeberischen Aspekt, den Sie formuliert haben. Frisch und frei behauptet hier die Linkspartei, es fehle eine spezielle verfassungsrechtliche Vorsorge gegen das Wiederaufleben nationalsozialistischen Gedankenguts, gegen die Verherrlichung der neonationalsozialistischen Gewaltherrschaft und gegen das Entstehen und die Betätigung von Parteien und Or
ganisationen usw., usf. Tatsächlich trifft das jedoch nur dann zu, wenn speziell die explizite Nennung des Neonazismus gemeint ist. Soweit das Grundgesetz und eine Landesverfassung überhaupt der Ort sind, solche Dinge zu regeln, findet sich durchaus eine ganze Reihe von Artikeln, die einem solchen Wiederaufleben entgegenstehen. Als allererstes ist da: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Dass es keine Handreiche gegen das Wiederaufleben des nationalsozialistischen Gedankenguts gebe - da stellt sich zunächst die Frage: Was brauchen wir da für eine Handreiche? Was soll das sein? Mit staatlichen Mitteln eine Weltanschauung bekämpfen, bevor Sie entstanden ist? Was wäre bei dieser Aufgabe die konkrete Aufgabe von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten? Welche Gesetzesänderungen, welche Aufgaben ergeben sich aus diesem Wunsch? Oder ist das alles bescheidener gedacht, zum Beispiel als Bildungsauftrag à la Verfassungsschutz? Ich glaube, da bin ich mit Ihnen einig, die aktuelle Ausstellung des Verfassungsschutzes ist nicht nur grottenschlecht an den Schulen, sondern der Verfassungsschutz hat auch meines Erachtens nach an Schulen nichts verloren.
Oder geht es um die Bildung in den Schulen, immerhin auch eine öffentliche Institution, als antifaschistische Aufgabe? Artikel 22 Abs. 1 Thüringer Landesverfassung: Erziehung und Bildung hat die Aufgabe, selbstständiges Denken und Handeln, Achtung vor der Würde des Menschen und Toleranz gegenüber der Überzeugung anderer, Anerkennung der Demokratie und Freiheit, den Willen zur sozialen Gerechtigkeit, die Friedfertigkeit und Zusammenlegung der Kultur und Völker zu fördern. Und auch wenn ich es für ein eigentlich nicht schönes Stilmittel halte, einen Satz mit einer Formulierung, die aus einem drögen DDR-Geschichtsbuch zu machen, mit „es ist eine historische Tatsache“, so sind wir uns absolut einig, dass Auschwitz, die Shoah und vor allen Dingen die deutschen Verbrechen, es waren nämlich deutsche Verbrechen und nicht irgendwelche faschistischen Verbrechen einer Ideologie, sondern es waren gerade auch die Deutschen, die mitgemacht haben, das ist einmalig und das wird auch einmalig bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und nun noch kurz zum Extremismus, spreche ich von Ihnen, Herr Scherer. Da kann man noch so viel vergleichen, denn Leute, die das Bedürfnis danach haben, scheint es gerade unter Konservativen massig zu geben. Und der Einschub sei mir erlaubt, der Kollege Gentzel hat in seiner Rede vom 20.11.2005 eine ganz gute Formulierung gefunden: „In gewisser Art und Weise“, wenn ich zitieren darf, „verhält sich die CDU wie der berüchtigte Pawlowsche Hund, wo immer über Neonazismus diskutiert wird,
muss sie aufspringen und im gleichen Atemzug über die Bedrohung durch das Schreckensgespenst extreme Linke referieren.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die Verfassung enthält implizit - Sie haben von Extremismustheorie gesprochen, wir können ja danach noch mal länger darüber diskutieren - längst ihre Forderungen. Grund zur Beschwerde könnte hier lediglich noch die Kluft zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit bieten. Dafür, warum die Verfassungswirklichkeit schlecht ist, interessieren Sie sich aber zumindest in dem Antrag explizit nicht. Hier geht es also um Symbolpolitik. Dann heißt es in der Begründung weiter: Grundgesetz und Landesverfassung böten keine Handhabe gegen die Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Was aber ist mit dem Artikel 39 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats, in dem es heißt, z.B. der Artikel „Jeder hat das Recht, seine Religion oder seine Weltanschauung ungestört, allein oder mit anderen, privat oder öffentlich auszuüben. Die Ausübung einer Religion oder Weltanschauung darf die Würde anderer nicht verletzen.“ Wir sind uns doch einig, dass gerade der Nationalsozialismus und der Faschismus als Konzept nun mal die Würde anderer verletzt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere der Pressefreiheit, die Lehrfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Brief- und Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum, das Asylrecht zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Mir scheint also, nur eine Sache scheint Sie wirklich zu stören, nämlich, dass der Staat zu lax gegenüber Rechtsextremisten und ihren Vereinigungen ist. Denn bisher entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob ein solcher Missbrauch der Grundrechte vorliegt. Das scheint Ihnen aber an dieser Stelle nicht auszureichen. Entweder soll wer weiß was diese Entscheidung treffen, oder aber die politisch auf das verpflichtet werden, was Sie für politisch geboten halten. Sie machen genau das, was Sie konservativen Hardlinern, und ich finde, völlig zu Recht vorwerfen, nämlich Sie versuchen hier, die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit der Einschränkung derselben von den Verfassungsfeinden zu schützen, wie es bei Ihnen heißt.
Egal an welcher Stelle man den Antrag genauer betrachtet und zupackt, rinnt einem der Sinngehalt Ihres Antrags und seiner Begründung wie Sand durch die Finger. Das Grundgesetz und die Verfassung biete auch keine Handhabe gegen das Entstehen und die Betätigung von Parteien und Organisationen mit nationalsozialistischen, antisemitischen Programmen und Zielen. Dem ist nicht so, Artikel 21: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen,
die freiheitliche demokratische Grundordnung... zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik... gefährden, sind verfassungswidrig.“
Sie sehen, wir leben in einer rundherum wehrhaften Demokratie, wie wahrscheinlich meine Kollegen von der CDU betonen würden. Sie weiter aufzurüsten, und sei es im Kampf gegen Neonazis, erscheint mir problematisch. Viel wichtiger erscheint mir, statt die Demokratie aufzurüsten, Demokratie auch tatsächlich zu leben und Konzepte zu diskutieren, wie Demokratie im Alltag gelebt werden kann, wie Verfassungswirklichkeit umgesetzt werden kann.
Und hier kommen wir zum eigentlichen Kern, zur Frage, warum Sie solche Anträge stellen und sie so begründen. Es ist die alte Art des Etatismus, der natürlich auch für ein MSPD-Land in der Geschichte inne lag. Sogar schon Ferdinand Lassalle, aber auch der Pieck und andere Reste der KPD in den 20er-Jahren, nachdem man sozusagen kritische Geister aus der KPD rausgeschmissen hat, und genau dieser Etatismus führt zu einem Antifaschismus, der kein gelebter Antifaschismus ist, sondern ein oktroyierter Antifaschismus à la DDR.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, darauf baut auch das Gerede darüber, dass viele Verfassungsnormen des Grundgesetzes als Lehren und Schlussfolgerungen des Faschismus angesehen werden können. Auch wenn Sie offensichtlich selbst so unsicher mit dieser Behauptung sind, dass Sie schreiben „angesehen werden könnten“, woher sollte die selbstverständliche moralische, politische und juristische Verpflichtung für eine Wiederholbarkeit solcher Verbrechen in dieser Form der Herrschaft sorgen, von denen Sie sprechen. Woher soll das denn kommen? Anders als in Italien oder Frankreich gab es zum Beispiel in Deutschland in der Zeit vor 1945 überhaupt gar keine breite Widerstandsbewegung. Eine Zusammenarbeit zum Beispiel zwischen Sozialdemokraten, Kommunisten, bürgerlichem Widerstand nach 1945 war dadurch nicht möglich, die wiederum eine Grundlage für eine gemeinsame, von einem rein antifaschistischen Konsens getragene Verfassung hätte bilden können.
Ich habe das Manuskript nicht verwechselt, ich komme gleich noch dazu. Seien Sie einfach mal ruhig an der Stelle und lesen Sie sich danach die Rede noch einmal durch.
Das ist bei Weitem nicht Herr Voigt, sondern lesen Sie es sich vielleicht noch mal durch und denken noch mal darüber nach.
Nur zur Erinnerung: Der Nationalsozialismus wurde nämlich von außen niedergerungen. Bis zum Schluss stand die Bevölkerung auf der Seite des Nationalsozialismus. Es ist deswegen eine unerträgliche, um mal Ihren Sprachgebrauch von Ihrem Antrag zu verwenden - in Ihrem Antrag steht,
das halte ich für eine Fehldeutung, da steht, und damit müssen Sie sich auch auseinandersetzen, Herr Ramelow, es ist eine Fehldeutung, wenn Sie schreiben, es wäre der Faschismus gewesen, der die schwersten Verbrechen gegen die Menschheit verübt hätte. Es waren Deutsche, die jubelnd in den Krieg zogen, die am Straßenrand standen, die ihrem Naziführer die Hand entgegenstreckten. So wenig das Sammeln geschichtlicher Fakten ein Verständnis des Nationalsozialismus ermöglicht, so sehr liefern die Fakten wie etwa Goldhagen, auf den Sie sich immer wieder berufen angeblich, und Götz Aly einen Beleg für die massenhafte Beteiligung ganz gewöhnlicher Deutscher. So viel zu der Frage Verfassung und Verfassungswirklichkeit. Es gibt also keinen antifaschistischen Grundkonsens. Und den gibt es auch nicht, wenn wir ihn in ein Grundgesetz an der Stelle reinpacken.
Der damalige KPD-Vorsitzende Max Reimann hat das zum Beispiel sehr gut formuliert. Aber er hat es deshalb formuliert, weil er vor der Gefahr warnte, dass man jetzt die Bundesrepublik zu einer Kolonie des Nationalsozialismus machen wollte und dagegen sozusagen die glorreiche Sowjetunion stellte. Der hat nämlich eigentlich nur die Dimitroff’sche Faschismustheorie erkannt und nicht erkannt, dass es darum geht, dass man Gedankengut thematisieren muss.
Sie haben genau das formuliert, woraus eigentlich eine Ablehnung Ihres Antrags entspringen müsste. Sie haben den Thüringen-Monitor benannt mit Gedankengut, sie haben den Thüringen-Monitor mit rassistischem Gedankengut genannt und nicht mit einer geschlossenen Ideologie. Das Problem unserer heutigen Gesellschaft ist an dieser Stelle, dass wir einfach viel zu viel diskriminierendes rassistisches Gedankengut haben. Das lässt sich nicht durch Verfassungsänderungen entledigen, sondern nur über gelebte Demokratie. Und das ist eben auch die Mär von der eigentlich guten Verfassung und der schlechten Verfassungswirklichkeit in unserem Land. In der Antragsbegründung findet sich ein ständiges Hin-und-Her-Lavieren. Einerseits soll die Ablehnung des Nationalsozialismus und des Faschismus schon immer in der Verfassung dringestanden haben; andererseits reicht das nicht, er soll explizit gemacht werden. Dieses Spiel nützt nie
mandem, keinem von uns und auch nicht Ihnen. Ein einfacher argumentativer Zirkel am Anfang der Begründung wirft übrigens auch die Frage auf, was genau diese Verfassungsänderung bringen soll. Denn die große Autorität, die Verfassung besitzen mag bei uns, ist eben in der Größenordnung, wie Sie das beschrieben haben, in der Bevölkerung leider nicht vorhanden. Mir scheint, in Ihnen schlummert die Sehnsucht, dass die Polizei zum Beispiel, statt die Versammlungsfreiheit von Nazis zu schützen, lieber ein Arm der Gegendemonstranten sein soll. Das wünsche ich mir auch manchmal in emotionalen Momenten. Aber Sie machen hier ja eben keinen Antrag zur Veränderung der Verfassungswirklichkeit und der Stärkung der Zivilgesellschaft, sondern reine staatsorganisatorische Fragen werfen Sie auf. Der Souverän, auf den sich DIE LINKE zur Lösung ihrer Probleme beruft, ist aus logischen Gründen auch Teil des Problems. Der klassische Liberalismus zum Beispiel wusste darum, Freiheit ist nicht die Freiheit zu etwas, und sei es die Freiheit zum Antifaschismus, sie ist die Freiheit des Individuums vor staatlichem Zugriff. Insofern auch parlamentarische Demokratie die Vorstellung einer wehrhaften Demokratie ausbildet, trägt sie im Kampf gegen ihre Feinde selbst Male des Totalitarismus, wie Hannah Arendt völlig treffend kritisierte.
Das Problem ist nicht die mangelnde Wehrhaftigkeit eines Staates, meine sehr geehrten Damen und Herren, gegen seine Feinde, auch nicht die Wehrhaftigkeit gegen seine Feinde von rechts. Das Problem ist, dass ein Staat mit reinen Gesetzen und Verfassungen diese Macht des Individuums und individuelle Gedanken nicht brechen kann. Und das ist die Herausforderung von gelebter Demokratie. Redefreiheit, Versammlungsfreiheit sind Reste eines Liberalismus, der noch wusste, dass nicht die Anhänger der Regierung und die Befürworter der Gesellschaft dieser Freiheit und Sicherheit bedürfen, sondern eben auch Kritiker und Gegner einer Gesellschaft. Ich finde, die Linkspartei spielt - bei aller Auseinandersetzung hier - ein gefährliches Spiel, denn sie meint, sie könnte die Gewalt des Staates an dieser Stelle nutzen. So schwer es auch ist, sage ich auch ganz klar: Willy Brandt, eines Ihrer politischen Vorbilder, hat zum Beispiel mal sehr deutlich formuliert, die Berufsverbote waren einer der größten Fehler der deutschen Sozialdemokratie in der Geschichte. Und genau so eine autoritäre Art, Politik zu verfolgen - ich finde, diesen Lerneffekt, den Willy Brandt skizziert hat, den sollten wir alle machen. Demokratie und mehr Demokratie wagen, heißt tatsächlich, die Wirklichkeit zu verändern, sich mit rassistischem Gedankengut auseinanderzusetzen, Demokratie zu leben im Alltag und keinen staatlich oktroyierten Antifaschismus in eine Verfassung reinzuschreiben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Beginn ein Dank an Heike Taubert und das Sozialministerium. Ich will nämlich noch mal an einen Umstand erinnern: Das Sozialministerium ist nicht das einzige Ministerium, das das Landesprogramm umsetzt, und es ist auch nicht das einzige Ministerium, das Aufgaben mitbekommen hat vom Landesprogramm. Ich will eines ganz klar sagen, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass außerhalb des Sozialministeriums die Gewichtigkeit des Themas vielleicht nicht so ernst genommen wird, ich gehe gleich noch mal darauf ein. Deshalb mein Dankeschön an Frau Taubert und an das Sozialministerium für die Arbeit und dass Sie dieses Thema auch immer wieder nach vorne treiben und nach vorne tragen, Frau Taubert. Die Expertise der Zivilgesellschaft, die Sie beschrieben haben und die Sie stärken wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist ein absolut richtiges Anliegen. Die Zivilgesellschaft und diejenigen, die das in den letzten Jahren nicht so ernst genommen haben, sollten spätestens nach
dem, was hier passiert ist in Deutschland, das auch anerkennen. Die Expertise der Zivilgesellschaft ist unersetzlich und es sind gerade die zivilgesellschaftlichen Strukturen, die aus kirchlichen Kreisen kommen, die aus verschiedensten Kreisen kommen, aus den bürgerlichen Kreisen, aber eben auch viele Antifa-Strukturen,
die mit den Expertisen vor vielen Punkten gewarnt haben und genau darauf hingewiesen haben, was wir jetzt vor Ort nämlich haben, eine erstarkte Szene zum Beispiel in Saalfeld-Rudolstadt, die außer von Anifa-Gruppen und Kirchen eigentlich überhaupt gar nicht thematisiert wurde. Eine Gruppe, die auch in Jena entstanden ist, die genau von denjenigen, die oftmals als Spinnerköpfe gescholten wurden, zum Beispiel von der Jungen Gemeinde, thematisiert wurden und auch Hintergründe in die Öffentlichkeit getragen haben. Das sind im Übrigen diejenigen, die heute von den Medien Anfragen bekommen zur Aufklärung, und das sind auch diejenigen, die von den Medien Anfragen bekommen, wo Expertise nachgefragt wird. Das ist ein Umstand, den man nicht ignorieren kann. Deswegen ist das Ansinnen, Zivilgesellschaft zu stärken, nicht nur wichtig, um Gegenstrukturen zu entwickeln, sondern auch konkret Expertise mit ins Boot zu holen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihr Anliegen ist auch richtig, Transparenz in den Evaluationsprozess reinzubekommen. Frau Meißner hat es vollkommen richtig formuliert, der Punkt II a wird von uns natürlich unterstützt und ich weiß, dass das Sozialministerium das auch vorhat. Frau Taubert hat das bereits erwähnt. Ich will aber auch sagen, dass wir einen Grundkonflikt haben bei der Frage der Stärkung von Zivilgesellschaft. Herr Untermann hat es in nicht allen Worten, die ich komplett teilen würde, gesagt, aber wir haben einfach zwei gegeneinanderstehende Pole, nämlich die Frage, was kann eigentlich Staat organisieren und auch ausfinanzieren und wo greift ein Staat auch bei Freiheit von Bürgerbündnissen ein und was funktioniert vor Ort selber? Das Beispiel des Glockengießens gegen Rechts ist doch eigentlich ein ganz gutes Beispiel dafür, dass man nicht pauschal sagen kann, wir geben jetzt Geld nach unten durch und ihr habt möglichst viele Freiheiten, weil das nämlich genauso auch Freiheit dieses Bürgerbündnisses vor Ort bedeutet und derjenigen, die sich da vor Ort engagieren, Glockengießen gegen Rechts zu organisieren. Und das ist genau der Widerspruch, den wir bei staatlichem Handeln auch an vielen Punkten haben. Deswegen haben wir als Fraktion den Vorschlag gemacht, dass wir die Expertise der Zivilgesellschaft über einen Beirat stärken wollen, dazu werden wir jetzt auch in Gespräche gehen, ein Beirat, der die Projekte von unten, die Bürgerbündnisse und diejenigen, die auch Recherchearbeit vor Ort gemacht haben, auch durchaus mit in die Lan
despolitik beratend zur Seite steht und dass man auch den Punkt stärkt, dass man das Programm an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch ein weinig entstaatlicht und sagt, die Bürgerbündnisse vor Ort bekommen, wie das genau technisch möglich ist, einen größtmöglichen eigenständigen Etat. Diese Fragen sind für uns als Fraktion auch zunächst wichtiger zu klären als die Frage mehr Geld reinzugeben. Es ist richtig, ausreichend Geld ist nie da bei solchen Projekten und auch bei den Strukturprojekten und Strukturorganisationen wie der Mobilen Beratung und auch der Opferberatung der evangelischen Kirche, da ist nie genug Geld da, aber es geht zunächst erst einmal um die Frage, wie ich Mittel richtig strukturiere, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die Finanzierung der Opferberatung - und da möchte ich Frau Meißner widersprechen - hängt nicht davon ab, wie viele Opferzahlen es von staatlicher Seite gemessen gibt.
Die Opfer rechter Gewalt sind nicht nur Opfer physischer, sondern auch psychischer Gewalt. Diesen Umstand werden wir in den nächsten Jahren, auch wenn wir das gern mit Kampagnen beseitigen wollen, an dieser Stelle einfach nicht ändern. Wir haben eine Situation, dass Migrantinnen und Migranten sich oft über verschiedene Szenarien vor Ort bedroht fühlen. Da ist zum Beispiel auch die Frage, wenn eine junge Frau, die offensichtlich einen sogenannten Migrationshintergrund hat, in einer Kleinstadt rumspaziert und eine alte Dame kommt an und sagt: Mensch Mädel, dein exotisches Aussehen, das macht doch die ganzen Männer verrückt, genauso schlimm für den Umstand von einer weltoffenen Gesellschaft und das ist alltäglicher Rassismus in dieser Gesellschaft. Diese Opferberatung nimmt genau diesen Punkt auf und schaut, ob bestimmte Taten, selbst wenn sie nicht von dem knallharten Nazi gemacht werden, ob diese Taten zum Beispiel auch einen rechten Hintergrund ideologischerseits haben, deshalb ist die Opferberatung, unabhängig davon, wie der Staat Zahlen bemisst, unersetzlich.
Über das Sozialministerium hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich habe es vorhin schon gesagt, wird ganz oft ignoriert, dass es noch andere Aufgaben gibt. Frau Meißner, Sie haben völlig zu Recht über die Frage geredet, ob wir in Zukunft eigentlich weiter Projektitis, so nenne ich das mal, Einzug halten lassen in diesem Land. Aber dann muss die Antwort darauf sein, dass Regelstrukturen in Thüringen geändert gehören, wo Politik auch Zugriffsrecht darauf hat. Da zählt neben der Frage der Schulen, der Kitas eben auch die Behörde dazu, die Behörden, die erkennen müssen, wann eine rechte Tat auch wirklich eine rechte Tat ist, eine Behörde, die in Zukunft erkennen
muss, welche Biografien zum Beispiel Flüchtlinge haben, wenn sie auf eine Ausländerbehörde kommen. Anders können wir eine weltoffene Gesellschaft in Thüringen auch nicht organisieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir werden II a zustimmen, II b und c in dieser Form ablehnen. Es muss uns in Zukunft darum gehen, wie wir mit den Mitteln, die wir jetzt gerade haben, die Ausfinanzierung so strukturieren können, dass Bürgerbündnisse möglichst viel Freiheit vor Ort haben in der Ausgestaltung, wie sie den Kampf gegen Rechts organisieren, gleichzeitig aber auch keine Maßnahmen fördern, die sinnlos in die Welt finanziert werden. Es muss darum gehen, diejenigen zu fördern, die wirklich Expertise haben beim Umgang mit rechter Gewalt vor Ort, und nicht Extremismustheoretikerinnen und Extremismustheoretiker,
die genau diese zivilgesellschaftlichen Strukturen und auch Antifa-Strukturen in den letzten Jahren eigentlich schlimmer bewertet haben als das, was wir jetzt haben. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags am 18. November 2011 sind die Nummern II.1 und II.2 des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen worden. Der Antrag ist aus verschiedenen Gründen, unter anderem aufgrund einer längeren Anhörung und aufgrund einer Ankündigung von Alternativanträgen, mehrfach verschoben worden. DIE LINKE sowie die regierungstragenden Fraktionen kündigten für diese Plenarsitzung Alternativanträge an. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat die Nummern II.1 und II.2 des Antrags in seiner 32. Sitzung am 16. Februar 2012 beraten. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Antrag wird abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Bergner. Ist Ihnen das Beispiel Schleusingen bekannt - gerade als Bürgermeister -, bei dem sich die Bevölkerung geäußert hat und der Bürgermeister dementsprechend auch intervenieren konnte, und wenn Ihnen das bekannt ist, wie bewerten Sie das?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei Minuten, sind mir zugerufen worden, bekomme ich. Das fällt einem bekennenden Jungsozialisten recht schwer. Herr Emde hat es angesprochen. Die Debatten bei uns dauern natürlich immer etwas länger und es erfreut mich auch sehr, dass die Statements auf Juso-Landeskonferenzen solchen Widerhall hier im Landtag finden. Zunächst das Statement des Wirtschaftsministers; heute haben wir auf der Tagesordnung das Statement von Minister Matschie. Dazu ist mir ein Zitat eingefallen und das passt auch gerade zur Tageszeit, zum Dunkeln, von Nietzsche: „Man nimmt die unerklärte dunkle Sache wichtiger als die erklärte helle.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es scheint ja so ein bisschen, als sei es ein Mysterium und man müsse jetzt etwas reininterpretieren in das, was der Minister auf der Juso-Landeskonferenz gesagt hat. Was der Minister auf der JusoLandeskonferenz gesagt hat, ist, er ist überzeugt, dass in zehn Jahren Thüringen die Mehrheitsschule sei. Und wer von Mehrheiten spricht, spricht auch von Minderheiten. Und diese Minderheit ist auch nachträglich in der Verfassung verankert, nämlich das gegliederte Schulsystem.
Die Position der SPD dazu ist klar. Das Schulsystem, die Schule ist zentraler Gestaltungsmotor für eine demokratische und solidarische Gesellschaft, in der alle Kinder gefördert werden. Die Schule, da sind alle Kinder gleichberechtigt und haben das Recht auf ein Aufwachsen unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja nun wirklich belegbar. Herr Merten hat es in intensiven Ausführungen heute noch mal dargestellt. Wir können uns aber auch noch mal anschauen: Baumert z.B., der die PISA-Studien miteinander verglichen hat und auch eine Entwicklung skizziert hat, hat gesagt, wir haben weiterhin eine Konstante bis hin zu einer teilweisen Verschärfung. Und es ist immer noch die Zahl im Raum, 4,8 mal hat ein Kind aus der Oberschicht mehr Chancen auf ein Abitur als ein Kind eines Arbeiters, einer Arbeiterin und diese Logik gilt es zu zerbrechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FDP, ich will Sie auch an jemanden erinnern, den Sie wahrscheinlich mehr mögen als ich: Dahrendorf. Es gibt ja auch immer noch einen Dahrendorfkreis bei Ihnen in der Partei, der sollte vielleicht mal ein bisschen stärker werden bei der einen oder anderen Frage. Dahrendorf hat gesagt: Eine Politik der Freiheit bedeutet die größten Lebenschancen der größten Zahl zu garantieren. Dafür benötigt man eine Kultur der Solidarität und Zusammengehörigkeit. Und Schule hat eben neben der zentralen
Aufgabe, die kognitiven Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zu fördern, auch die Aufgabe, die Kinder bei der Entwicklung hin zu einem toleranten Zusammenleben zu begleiten, und das gegenüber allen Kindern. Dem stimmt auch eine überwältigende Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer zu. 86 Prozent halten ja das längere gemeinsame Lernen für sinnvoll.
Ich will Ihnen noch etwas sagen. Das gegliederte Schulsystem ist ja in der Logik - wir haben das bei der Diskussion um das Schulgesetz schon mal gehabt, diese Diskussion schon mal geführt - natürlich basierend auf ständischen Vorstellungen. Meine Partei ist nun mal keine ständische Partei. Vielleicht ist Ihre Partei keine beständige Partei mehr, aber das bleibt Ihnen überlassen, solche Forderungen weiter aufzumachen. Wissenschaftlich jedenfalls ist doch klar, dass wir einen Übergang haben und eigentlich schon weit fortgeschritten sind bei diesem Übergang, nämlich von einer Wissens- zu einer Lerngesellschaft, soziale Kompetenzen in Schule mehr zu stärken. Schülerinnen auf der niedrigsten Kompetenzstufe in Finnland - da will ich Ihnen die Zahl sagen - 4,1 und Thüringen 11,1 und da sieht man es, Deutschland hat das Problem einer zu starken sozialen Ausdifferenzierung nach Schulart und auch ein echtes Problem von Abgehängten, die wenig Chancen haben. Das wird mit der Thüringer Gemeinschaftsschule ab demnächst mehrheitlich überwunden werden. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, gute Bildungspolitik hat für die SPD Priorität. Unser Ziel ist es, Thüringen zum Bildungsland Nummer 1 in Deutschland zu machen. Das schlägt seit unserem Regierungsantritt nicht nur im ganz konkreten Handeln, sondern auch in den nüchternen Zahlen, die Ihnen vorliegen, zu Buche. Im aktuellen Haushaltsjahr stehen in Thüringen 145 Mio. € mehr für Bildung zur Verfügung als noch 2009, und das wohlgemerkt trotz einer sehr schwierigen allgemeinen Finanzlage des Landes Thüringen. Allein für die frühkindliche Bildung, für ein deutliches Plus an Kita-Erzieherinnen, setzen wir in diesem Jahr 130 Mio. € mehr ein als 2009. Das kann sich im Bundesvergleich durchaus sehen lassen. Wir wer
den diesen Kurs mit dem Landeshaushalt 2012 fortsetzen.
Im Schulbereich gibt es zwei zentrale Dinge. Genau wie im aktuellen Haushaltsjahr wird es keine Stellenkürzung bei Lehrpersonal geben. Die Zeiten, in denen die Pädagogenstellen massiv und völlig undifferenziert weggestrichen wurden, wie im vergangenen Jahrzehnt über 9.000 Lehrerstellen, sind dank des von Christoph Matschie geführten Ministeriums vorbei. Wir wissen, dass eine Weiterentwicklung des Thüringer Schulwesens ohne vernünftige personelle Rahmenbedingungen nicht machbar ist. Deshalb senden wir mit dem Bildungsetat 2012 auch eine zweite Botschaft, nämlich die, dass wir den Thüringer Nachwuchspädagoginnen und Nachwuchspädagogen verstärkt Zukunftschancen im eigenen Land bieten wollen, dafür haben wir den Einstellungskorridor des aktuellen Haushaltsjahres noch einmal deutlich verbreitert um 300 VZE. Wer unseren Finanzminister und dessen ursprüngliche Planung beim Lehrpersonal kennt, der weiß, dass es immense Kraft gekostet hat, das gemeinsam auszudiskutieren, aber wir haben das in einem vernünftigen Dialog getan. Die SPD ist daher mit dem vom Ministerium aufgestellten Bildungsetat in seinen Grundzügen sehr zufrieden.
Nichtsdestotrotz gibt es nichts, was man nicht noch besser machen kann. Wir haben im Bereich der Erwachsenenbildung noch einmal Mittelaufstockungen vorgesehen - also für die Volkshochschularbeit und für die freien Träger. Wir haben aber auch noch einmal im Bereich der Kinder mit Migrationshintergrund in der schulischen Bildung aufgestockt, da bin ich Frau Kanis für das Engagement sehr dankbar. Wenn ich dagegen die vor allem von der FDP-Opposition vorgelegten Maßzahlenänderungsanträge zum Bildungsetat durchschaue, dann findet sich dort leider die übliche Mischung: nicht ganz seriös gegenfinanzierte aber umso umfangreichere Aufstockung. Da bildet sich dann doch an der einen oder anderen Stelle bildungspolitisches Wolkenkuckucksheim, aber wir werden nicht mehr so hart miteinander reden, Frau Hitzing, heute nicht.
Ich will nur beispielhaft zwei Änderungsanträge von Ihnen aufgreifen, die mir sehr symptomatisch für Ihre bildungspolitische Einstellung zu sein scheinen. Wie wir alle wissen, geriert sich die FDP gern als prinzipielle Gegnerin der Thüringer Gemeinschaftsschule und des längeren gemeinsamen Lernens. Das wird im Änderungsantrag deutlich, mit dem die Liberalen den Kommunen 300.000 € für die Entwicklung und Sicherung frühkindlicher und schulischer Bildungsqualität wegnehmen wollen, weil Sie bei diesem Ansatz offenbar eine verkappte Förderung der Gemeinschaftsschule vermuten - wohlgemerkt ein Weg, den die Bürgerinnen und Bürger nach freiem Willen treffen. Skurrilerweise ist es dann aber die gleiche FDP, die in ihrem Bestreben, die Landesförderung für Schulen in freier Träger
schaft deutlich zu erhöhen, ohne mit der Wimper zu zucken beantragt, den freien Gemeinschaftsschulen 39.000 € mehr zukommen zu lassen. Wie das ideologisch und von der Idee und der Linie zusammenpassen soll, erschließt sich mir an der Stelle nicht. Vielleicht brauchen die einen oder anderen noch einmal individuelle Förderung zur Verbesserung des eigenen Kompetenzniveaus, um mehr Linie in die Bildungspolitik zu bekommen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer sich im Diskurs mit Leuten aus der Jugendhilfe befindet, braucht manchmal vielleicht ein Fremdwörterbuch, auf jeden Fall aber das SGB neben sich. Ich versuche, das wirklich so einfach wie möglich zu gestalten. Aber der eigentlich einfachste Satz und der beste und der, der es wirklich am meisten auf den Punkt bringt, kommt vom Deutschen Bundesjugendring aus einer Pressemitteilung vom 2. Dezember; ich darf zitieren: „Rechtsextremisten werden dort stärker, wo Jugendverbände ihre Arbeit kaum aufrechterhalten können, beispielsweise weil die Förderung und die politische Unterstützung wegbricht.“ Das beobachten die betroffenen Landesjugendringe und die Verbände, die sich in den Ländern engagieren.
Jugendarbeit stellt also Ort und Räume zum Ausprobieren zur Verfügung, hier lernen junge Menschen Eigenverantwortung, demokratische Entscheidungsfindung, Toleranz, Werte kennen durch erleben, selbst erfahren, gestalten aber vor allen Dingen auch entscheiden. Ich bin froh darüber, dass wir keine vom Staat gepresste Jugend haben, sondern stattdessen eine vielfältige Jugendverbandslandschaft.
Wenn wir sozial entleerten Räumen entgegentreten wollen, benötigen wir Angebote der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit als Beitrag für die Zukunft unseres gesamten Gemeinwesens. Es darf keine Entwicklung, wie in einigen Landstrichen ge
ben, in denen sich Nazis an die Stelle von frei bestimmter und demokratischer Jugendarbeit setzen.
Was ist jetzt ein Landesjugendförderplan? Ich darf aus dem SGB zitieren: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ Das Sozialgesetzbuch beschreibt hier, dass der Staat Leistungen im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit fördern muss. Der Landesjugendförderplan beschreibt auf Grundlage fachlich erarbeiteter Bedarfe, welche Leistungen in welchem Umfang konkret gefördert werden sollen.
Was ist neu an dem aktuellen Landesjugendförderplan? Ganz einfach: Er befasst sich mit fachpolitischen Herausforderungen und Zielen, zum Beispiel dem demographischen Wandel, darauf zu reagieren, regionale Orientierung bei der Planung stärker zu berücksichtigen, die Verankerung der Jugendverbandsarbeit in der kommunalen Jugendförderung. Es existieren, das muss man sich wirklich vorstellen, mehr als 10.000 selbstorganisierte Jugendgruppen in unserem Land. Es gibt über 40.000 ehrenamtlich engagierte junge Menschen, die sich regelmäßig einsetzen, indem Sie als Teamer beim Jugendwerk der AWO, als Übungsleiterin im Sportverein, Organisatorin bei der Kirche, bei der Gewerkschaftsjugend, im Jugendklub der Falken oder beim Schulsanitätsdienst des Jugendrotkreuzes Verantwortung übernehmen, Verantwortung für sich und andere.
Was ist noch neu? Wir wollen die Demokratie stärken in den Verbänden, wollen Kompetenzstärkung von Kindern und Jugendlichen durch aktive und partizipative Auseinandersetzung mit der Gesellschaft fördern und, und, und. Dazu gibt es unter anderem sechs neue landesweite Projekte der außerschulischen Jugendbildung. Die werden durch die Förderung der Jugendverbände stabilisiert mit 1,2 Mio. €, davon gehen 275.000 € allein an den Landesjugendring. Wir wollen die Vielfalt der wertgebundenen Arbeit sichern.
Ich habe vorhin davon gesprochen, wie vielfältig Jugendverbände sind. Das geht nicht nur um die Frage, was Jugendverbände machen, sondern wie Jugendverbände auch politisch ticken. Es gibt liberale, es gibt konservative, es gibt linke Jugendverbände für alle Jugendlichen, die tatsächlich an der Stelle in ihrem Selbstverständnis auch eine große Rolle spielen. Wir wollen die Personalmindestausstattung in Zukunft auch im Rahmen des Landesjugendförderplans konkretisieren und die Stärkung der kulturellen Jugendbildung verankern.
Lassen Sie mich zum Schluss, weil die Zeit, wie ich gerade gesehen habe, schon voranschreitet, noch ein paar Dinge zur Haushaltsrelevanz sagen. Um
den Landesjugendförderplan komplett auszufinanzieren, benötigt es in der Priorität 1 zusätzliche 115.000 €, in der Priorität 2 noch einmal zusätzliche 385.000 €. Das haben wir in diesem Jahr noch nicht erreicht. Es gibt aber ein Interesse von unserer Fraktion - das werden wir dann auch in die nächsten Haushaltsberatungen einbringen - diesen Bereich so auszufinanzieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich weiß, dass das Thema Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Kinder- und Jugendhilfe oft belächelt wird, auf Landesebene und auf kommunaler Ebene. Aber ich habe gerade deutlich gemacht, was es eigentlich heißt, Jugendlichen einen Raum zu bieten, auch als Kontrapunkt. Jugendverbandsarbeit kann Nazis nicht zurückdrehen, aber Sie kann Jugendlichen ein Angebot machen, dass die Nazis nicht das einzige Angebot vor Ort sind. Nehmen Sie auch die in den Stadträten und Kreisräten Engagierten, nehmen Sie die Jugendhilfeausschüsse und diejenigen, die Jugendverbandsarbeit und Jugendarbeit vor Ort betreiben, ernst. Das ist noch nicht überall in Thüringen der Fall. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem Redebeitrag von Astrid Rothe-Beinlich habe ich eigentlich kaum noch etwas hinzuzufügen. Ihr Musterland, das Sie beschrieben haben, Frau Hitzing, in Sachen Bildungsstruktur und Bildungspolitik, Baden-Württemberg, das ja jetzt von Grün und Rot regiert wird, da gibt es eine aktuelle Entwicklung. Sie haben von Volkes Willen gesprochen. Kurze Information an alle: 300 Anmeldungen für Gemeinschaftsschulen. 100 Gemeinschaftsschulen gehen nächstes Jahr in Baden-Württemberg an den Start. Das ist im Übrigen Volkes Wille, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Frau Hitzing, eine Bemerkung vielleicht noch mal zu Beginn: Die Aktuelle Stunde haben Sie eigentlich überhaupt nicht dafür genutzt, um den Lernatlas in einer Analyse zu durchdenken und zu durchschauen und sich Punkte herauszugreifen, sondern Sie haben eins gemacht, Sie haben wahrscheinlich Angst, dass Ihr Antrag Tagesordnungspunkt 15 zur Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems vielleicht nicht mehr aufgerufen wird und haben diese Debatte jetzt einfach in die Aktuelle Stunde hereingezogen. Das wird im Übrigen dem Lernatlas und den Ergebnissen des Lernatlasses nicht gerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Lernaltlas zeigt nämlich, Thüringen hat strukturschwache Regionen und das wirkt sich auch u.a. auf die Angebote in der Bildung, in der Weiter-, Aus- und Umbildung aus. Thüringen hat aber auch gute sächliche, personelle, räumliche Rahmenbedingungen für die schulische Bildung. Auch das Hochschulstudium und das Bildungsniveau in Thüringen kann sich durchaus sehen lassen. Beim beruflichen Lernen sieht es dagegen nicht ganz so aus, weil es in bestimmten - ich habe es erwähnt strukturschwachen Regionen Thüringens z.B. nicht genügend qualifizierte Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote gibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt - und Herr Emde hat darauf richtig hingewiesen -, der Ansatz vom Lernatlas heißt Bildung über Schule, aber auch über die eigenen Bildungsinstitutionen hinaus zu denken. In strukturschwachen Regionen bringt es uns natürlich etwas, gute Bildungspolitik vor Ort zu haben, aber was bringt denn eine gute Bildungspolitik, wenn ich sozialpolitisch und in der Infrastruktur vor Ort kaum gute Politik finde? Das bringt dann nichts. Das ist ein Ergebnis aus dem Lernatlas: Bildungspolitik, Sozialpolitik und Infrastrukturpolitik müssen gemeinsam gedacht werden. Der Lernatlas ist gerade für kommunalpolitisch engagierte Menschen, denke ich, ein ganz guter Hinweis darauf, wo ich vor Ort stehe und was kann ich vor Ort bei mir bewegen. Das ist wirklich schade, dass Sie das Spannende an der Studie, nämlich Bildung über Schule hinaus zu betrachten, in Ihrer Überschrift und auch in Ihrem Redebeitrag weitestgehend vergessen haben.
Prof. Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut in München hat auch gesagt, die Intention dieses Lernatlasses ist absolut richtig und gut, in der Umsetzung aber in vielen Punkten nach wie vor verbesserungswürdig. Ich kann das nur teilen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn man über Regionen spricht, will ich vielleicht eine Region herausgreifen, die in Ihrem Bezug auch verwendet wurde. Das ist Jena. Jena ist erfolgreich aus Ihrer Sicht trotz inklusiver Bildung, trotz Reformschulen, trotz Gemeinschaftsschulen ich sage Ihnen „wegen“ -, wegen Gemeinschaftsschulen, wegen Reformschulen und wegen inklusiver Bildung. Wenn Sie Bildungspolitik schon outputorientiert und leistungsorientiert sehen, dann kann ich Ihnen ganz grob sagen, bei PISA gibt es da zwei Wege. Es gibt zwei Regionen in dieser Welt, die sind enorm erfolgreich. Das ist Korea und das sind die skandinavischen Länder; Korea mit einem sehr, sehr starken leistungsorientierten und wirklich auf Druck basierenden Bildungssystem, die skandinavischen Länder mit einem inklusiven Bildungssystem, in dem der Druck aus der Schule rausgenommen wird, in dem Schule demokratisch stattfindet. Ich würde mich entscheiden für das skandinavische Modell, wir haben in Thüringen damit angefangen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, ich habe das gesagt, und zwar auf eine Äußerung hin von einem wirklich ungehörigen Maße, dem Kollegen Matschie und der Sozialdemokratischen Fraktion hier „Zwangsbeschulung“ vorzuwerfen. Eindeutig haben Sie gesagt, wir würden Zwangsbeschulung in Thüringen durchsetzen. Da habe ich sehr deutlich gesagt, das ist für mich goebbelsche Rhetorik. Das ist übertrieben. Dafür entschuldige ich mich sehr gerne, denn das ist natürlich kein Vergleich, der an dieser Stelle angebracht ist.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Regierung arbeitet wirklich mit Volldampf und hat jetzt nicht so viel Zeit, tatsächlich viele Projekte parallel zu machen, sondern macht Projekte nach und nach und macht das auch mit Sicherheit. Ich bin trotz dessen dankbar für den Antrag der GRÜNEN. Ich bin auch dankbar dafür, dass Sie sich an den Antrag der SPD-Fraktion aus der vergangenen Legislaturperiode streckenweise wörtlich gehalten haben, aber zumindest daran orientiert haben. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Noch vor wenigen Jahren hat die Expertenkommission Finanzierung lebenslangen Lernens sich verständigt und festgestellt, Deutschland befindet sich auf dem Übergang zu einer wissensbasierten Gesellschaft und dieser Weg wurde ein Stück weitergegangen und man ist auf diesem Weg tatsächlich fast am Ziel. Unsere Gesellschaft ist aber genauso geprägt von Schnelllebigkeit, krassen sozialen Widersprüchen und durchaus auch den guten alten Widersprüchen zwischen Kapital und Arbeit, denjenigen, die also beschäftigt sind, und denjenigen, die beschäftigen. Die Aufgabe von Parlamentariern, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es nun einmal, um da ganz grob zu argumentieren, diese Interessenunterschiede auch auszugleichen und eine Balance auch zu halten. So ordnet sich das Bildungsfreistellungsgesetz und die Diskussion um das Bildungsfreistellungsgesetz genau in diese Frage ein und ist ein Schritt zur schrittweisen Neuschaffung und Zurückeroberung von Arbeitnehmerinnenrechten, welche die Landesregierung in den letzten zwei Jahren durchaus auch vorangetrieben hat. Bildungsfreistellung ist also nichts anderes als eine Möglichkeit für die Beschäftigten, sich unabhängig von fachspezifischen und den Beruf betreffenden Maßnahmen weiterzubilden und sich auch weiterzuentwickeln. Ich habe ja bereits in mehreren Diskussionsrunden und auch schon hier vor dem Hohen Hause die Eckpunkte der Thüringer SPD genannt, die können Sie auch in dem Antrag der GRÜNEN nachlesen. Ich sage noch einmal ein paar: die Partizipanten der Bildungsfreistellung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Dauer
der Bildungsfreistellung, fünf Arbeitstage pro Kalenderjahr, wobei es möglich ist, den Anspruch in das nächste Kalenderjahr zu übertragen, und drittens die Bildungsfreistellung für gesellschaftspolitische Bildung und Schulung für die Wahrnehmung eines Ehrenamts und kulturelle Bildung. Für uns als SPD ist ein Aspekt aus dem Antrag der GRÜNEN, der auch neu ist, sehr spannend, tatsächlich die Staffelung, die gerade von Herrn Kemmerich kritisiert wird, wurde bei uns positiv diskutiert. Lassen Sie uns Ihren Gesetzentwurf im Ausschuss gemeinsam mit dem angekündigten Entwurf des Bildungsministers beraten. Wir sind da sehr offen.
Das wird Ihnen gleich das Bildungsministerium sagen, wie lange Sie da jetzt noch warten müssen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns das in Ruhe im Ausschuss gemeinsam beraten, dann kommen wir sicherlich auch zu einer gemeinsamen Entwicklung.
Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die heutige Debatte ist ja eine, die eine kleine Vorgeschichte hat. Im Jahr 2004 durch eine Regierungserklärung und im Jahr 2005 durch die ersten Vorlagen gab es, ich nenne es mal „gefährliche“ Pläne, den Hort und die Grundschule aus der Einheit zu lösen und die Einheit zu zerschlagen. Das ist durch eine breite gesellschaftliche Mehrheit in einem Bündnis verhindert worden und hat zu Folgendem geführt. Heute wird niemand mehr ungestraft sagen: Wir brauchen die Einheit von Grundschule und Hort nicht! Heute wird niemand mehr in irgendeiner Form auch nur den Sinn und die Sinnhaftigkeit von ganztägigem Lernen in der Grundschule bezweifeln, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Kommunen haben die Realitäten geschaffen. Sie sind - sicherlich damals vom Land angefüttert an vielen Punkten - in das Modellvorhaben, das dann entwickelt wurde, eingestiegen und haben damit Realitäten geschaffen. Der Kollege Kowalleck hat das sehr klar gesagt und das ist ja die Wahrheit; fast zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler befinden sich in kommunalisierten Projekten, das sind aktuell 21 Vertragspartner, 10 Landkreise, Städte, die selbst Schulträger sind.
In vielen Gesprächen mit Vereinen, Verbänden, Eltern und Schulen vor Ort, auch kommunal Verantwortlichen vor Ort gab es sicherlich, Frau Sojka, ein differenziertes Bild. Aber es gab einheitlich das Bild, es sind Verbesserungen bei uns vor Ort eingetreten. Dieser Realität müssen wir uns stellen. Es gibt zum einen Eltern, die Elternvertretung, Kreiselternvertretung, wenn man mit diesen redet, die for
dern das regelrecht ein. Sie fordern das regelrecht ein und sagen: Macht das! Wir haben als SPDFraktion daraufhin in Gesprächen mit Vereinen, Verbänden, Eltern, Schulen, Regionalkoordinatorinnen und Regionalkoordinatoren eines sehr klar gemacht: Mit uns wird es die Kommunalisierung nur mit klaren Bedingungen geben. Frau Sojka, Bedingungen heißen Bedingungen und sind keine Festlegungen am Ende, sondern es sind Bedingungen. Diese Bedingungen sehen ganz einfach aus:
1. An allererster Stelle dürfen die Beschäftigten des Landes nicht schlechtergestellt werden. Ja, wir haben eine Situation bei den Beschäftigten, auch bei den Landesbeschäftigten - und wenn man sich die Evaluation genauer anschaut und auch die Realität vor Ort gerade bei den Landesbeschäftigten -, die alles andere als befriedigend ist. Wir haben aber in den Kommunalmodellen bei den neu Angestellten über 300 - auch Beschäftigte, die mit 70 Prozent arbeiten. Vorbildlich an dieser Stelle ist z.B. der Saale-Orla-Kreis. In vorbildlicher Art und Weise hat er diese Frage umgesetzt und auch für die Beschäftigten viel herausgeholt, also als Allererstes Bedingungen für die Beschäftigen. Die Ansprüche, die die Landesbeschäftigten haben, müssen 1 : 1 übernommen werden. Das ist die Diskussion, die wir führen werden. Da gibt es viele Detailfragen zu klären wie die Altersvorsorge, Ansprüche, die angesammelt wurden, Ortszuschläge. Das sind Punkte, bei denen wir als SPD knallhart draufschauen werden.
2. Die Einheit von Schule und Hort darf nicht verwässert werden. Da müssen wir über eine Fachaufsicht reden, das ist überhaupt keine Frage.
3. Wir brauchen, wenn wir über die Einheit von Grundschule und Hort diskutieren, eine klare Festlegung: Das Kita-Gesetz ist nachrangig und freie Träger dürfen nicht in die Landschaft der Horte eingreifen. Das ist ein ganz klarer Punkt, den wir definieren.
4. Die Kommunen müssen ausfinanziert werden. Es darf durch die Übertragung kein einziger Euro mehr für die Kommunen entstehen.
Das sind Bedingungen, die wir als SPD-Fraktion definieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich bin sehr begeistert, muss ich sagen, wie wir kooperativ mit den Eltern sprechen, wie wir mit den Gewerkschaften über diese Frage sprechen. Wir werden Seite an Seite mit dem Bildungsminister auch gegenüber der Landesregierung diese Ansprüche formulieren und dann eine Entscheidung treffen, wie es weitergeht. Die positiven Entwicklungen, das sage ich ganz klar, bei den Modellprojekten haben uns überrascht. Wir haben eine stärkere Verankerung der Horte in den Sozialräumen, wir haben eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule - eine der wesentlichen Forderungen, die in Sachen kommunaler Bildungs
landschaft eingefordert wird. Wir haben auch eine höhere Möglichkeit, flexibel beispielsweise auf Stoßzeiten zu reagieren, weil es keine zentralistische Steuerung gibt, sondern kommunal vor Ort Bildungspolitik betrieben wird. Wir nehmen diese positiven Entwicklungen zur Kenntnis, stellen Bedingungen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, wenn man dem FDP-Antrag folgt und wenn man den liest, dann wirkt das ein bisschen so, als ob der bildungspolitische Untergang des Abendlandes oder die Isolation und diplomatische Isolation Thüringens jetzt plötzlich vollzogen würde. Das mögen die Liberalen so sehen, aber ich bin Frau Rothe-Beinlich sehr dankbar, dass sie klargestellt hat, dass es vielmehr normal ist, dass zwei
Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen haben. Das kann auch gar nicht anders sein, weil es sich schließlich um jeweils autonome Parteien mit unterschiedlicher Geschichte und unterschiedlichen Vorstellungen handelt. Wir sind keine Autonomenpartei, sondern wir sind autonome Parteien.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das schwarz-gelbe Kabinett von Merkel, da wird ja der Dissens von allen Beteiligten auch im lustvoll gelebten Dauerzustand sozusagen vollzogen. Insofern ist das sicherlich auch Ihnen bekannt, dass man unterschiedliche Positionierungen haben kann, und ich finde auch, das Ganze ist systematisch kein Drama und schädigt auch nicht die Thüringer Interessen. Denn die maximale Folgewirkung, die fehlender Konsens in der Landesregierung zu Artikel 104 b Grundgesetz auf Bundesebene haben kann, ist die Enthaltung im Bundesrat beispielsweise bei einer solchen Variante. Auch das haben wir bereits mehrfach erlebt in einigen Ländern.
Lassen Sie mich trotzdem kurz etwas zum Kooperationsverbot selbst sagen, denn die Thüringer SPD und die Landtagsfraktion haben seit Jahren eine klare Haltung zu den Ergebnissen der Föderalismusreform im Bildungs- und Hochschulbereich. Diese Haltung haben wir bereits während der Beratung der Bund-Länder-Kommission zu dem Reformvorhaben wiederholt öffentlich gemacht. Ich erinnere hier z.B. an einen Antrag von 2006. Er hat sich im Bildungs- und Hochschulbereich für folgende Korrekturen am Reformpaket ausgesprochen: die Streichung des geplanten Kooperationsverbotes, die Beibehaltung der gemeinsamen Bildungsplanung, die Bildungsstandards, Entwicklung und Durchsetzung von einheitlichen Bildungsstandards, Erhalt der Bund-Länder-Kommission für die Bildungsplanung und Forschungsförderung in ihrer bisherigen Struktur, Wahrung eines einheitlichen Rechtsrahmens bei der Besoldung und Versorgung von Beamten und, und, und.
Seinerzeit war unser Antrag leider auch nicht mehrheitsfähig. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, er ließ sich auch innerhalb unserer Partei - der Minister hat das in der letzten Diskussion dargestellt überhaupt nicht durchsetzen. Ich denke, das haben einige Parteien, die hier auch im Plenum vertreten sind, durchaus gemein. Nun jedoch, nachdem die Bundesländer seit einigen Jahren in den Genuss der zweifelhaften bildungs- und hochschulpolitischen Segnungen gekommen sind, mehren sich die kritischen Stimmen zu genau jenen Punkten, die wir damals aus Thüringer Sicht dringend verbesserungsfähig benannt haben. Die Debatte, neudeutsch formuliert, switcht auch an der einen oder anderen Stelle.
Die Erkenntnis, dass die Unübersichtlichkeit der bundespolitischen Bildungs- und Hochschullandschaft durch die Föderalismusreform eher zu- als
abgenommen hat, ist inzwischen fast schon Allgemeingut geworden und man muss auch - Herr Merten hat fachliche Studien zitiert, die wiederhole ich jetzt nicht noch einmal - die Bürgerinnen und Bürger an der Stelle ernst nehmen, wenn wir eine Roland-Berger-Studie vom April einmal erwähnen, bei der 83 Prozent der Bundesbürger den etablierten Bildungsföderalismus als Nachteil für die Schulentwicklung sehen. Aufgabe der Politik müssen zwei Dinge sein, nämlich zum einen natürlich sich zu einigen. Aber in diesem Einigungsprozess zwischen den zwei Partnern widerspiegeln sich auch, denke ich, zwei Ängste. Wir haben auf der einen Seite einen Partner, der klarmacht, wir wollen mehr Kooperation in der Bildungspolitik und in der Wissenschafts- und Hochschulpolitik. Bei denen gibt es dann eher die Angst des Zentralismus. Dann gibt es die Angst, ob bei dem anderen Partner der Bund, wenn er sich zu stark beteiligt, in viele Fragen, die originär landespolitische sind, reinregiert. Ich finde, beide Positionen sollte man im Übrigen auch ernst nehmen in diesem Diskussionsprozess und diese Positionen auch miteinander abwägen.
Leider besteht dieser Konsens aber nicht im Hinblick auf die generelle Fragwürdigkeit des Kooperationsverbots, zumindest noch nicht wie ich das einschätze. Aber die Politik hat sich in den letzten Jahren immer mehr der Lebenswirklichkeit öffnen müssen. Sie wird es mit Sicherheit auch beim Bildungsföderalismus tun. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst hat sich mir die Sinnhaftigkeit der Aktuellen Stunde auch nicht erschlossen, weil wir
im Ausschuss sehr deutlich gesagt haben, dass wir das Thema auch auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss im September behandeln wollen. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies auch der Zeitrahmen ist, der realistisch ist, bei dem wir dann die Diskussion im Fachausschuss führen sollten. Nun sind Realitäten geschaffen worden in der Öffentlichkeit. Frau Sojka,
ich kann Ihnen nur noch ein paar Punkte von unserer Seite sagen und zur aktuellen Position der Fraktion. Die SPD steht natürlich nach wie vor dazu, dass sie das Bündnis gegen die Zerschlagung der Grundschulhorte und gegen die Hortkommunalisierung damals mit organisiert hat und auch da mitgestritten hat. Es ging, glaube ich, in den Ansätzen einiger, die sich da etwas ausgedacht haben, um die Trennung und Zerschlagung der organisatorischen und auch pädagogischen Einheit von Grundschule und Hort sowie um ein Abschieben von Erzieherinnen und Erziehern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu ist es zum Glück an dieser Stelle nicht gekommen.
Deshalb muss man aber auch die jetzigen Modellversuche, die in den Kommunen laufen - und die Kommunen haben hier Realitäten geschaffen, auch Kommunen, in denen Sie mitregieren, mit Verantwortung tragen -, von der ursprünglich geplanten Hortkommunalisierung an dieser Stelle unterscheiden. Bei den Modellversuchen wird das finanzielle Engagement des Landes eben nicht eingeschränkt. Man muss zudem anerkennen, dass die Modellversuche in allen teilnehmenden Regionen nicht nur fachwissenschaftlich positiv evaluiert worden sind, sondern dass sie auch von den Beteiligten vor Ort als etwas Positives, als quantitative und qualitative Bereicherung des schulischen Angebots wahrgenommen werden. Das heißt aber trotzdem nicht, dass die Regierungskoalition die Modellversuche nun automatisch und zwangsläufig zum künftigen Standard erklären wird. Derzeit laufen intensive und für die Fraktion der SPD auch ergebnisoffene Gespräche des TMBWK mit den Kommunen, den Grundschulen, den Lehrerinnen- und Lehrerverbänden, den Elternvertretungen. Ergebnisse dieser Diskussion werden also wie besprochen im Ausschuss im September vorliegen. Dann können und werden wir auch im Bildungsausschuss mit der gebotenen Sachlichkeit erneut das Thema diskutieren.
Gestatten Sie mir noch ein paar abschließende Bemerkungen. Die Kommunen - ich habe es erwähnt , in denen die SPD regiert - wir haben das damals auch kritisiert von der Landesebene aus -, in denen
aber auch Sie Verantwortung tragen, haben Realitäten vor Ort geschaffen. Wenn wir uns mit der Evaluation beschäftigen, da müssen wir uns natürlich erstens anschauen, wie ist die wissenschaftliche Perspektive, die pädagogische Perspektive, wie ist die Stimmung gegenüber diesen Versuchen vor Ort. Unsere Entscheidung, das sage ich sehr deutlich, machen wir als SPD in Gesprächen mit GEW, mit den Kommunen, mit den Landeselternvertretungen und Fachberaterinnen an folgenden Punkten abhängig: Als Allererstes - die Kinder mögen es mir an dieser Stelle verzeihen -, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine schlechteren Bedingungen vorfinden. Das Zweite ist, dass die pädagogische Einheit von Grundschule und Hort bewahrt bleibt auch - und Sie haben es erwähnt - in der Ganztägigkeit. Das Dritte ist natürlich, dass die Qualität, die Betreuungszahlen und die Relation nicht absinken und wir weiterhin einen guten qualitativen Hort haben. Wir werden uns als Fraktion intensiv mit den Fragen beschäftigen, mit den Fachverbänden darüber reden, mit den Entscheidungsträgern vor Ort und im September im Ausschuss und dann später bei der Frage des Haushaltsbeschlusses, der, wie Sie ja wissen, immer noch ureigenste Aufgabe des Parlaments ist, auch entscheiden. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Berninger, zu dem Stichwort Gemeinheit und Gemeinheit der SPD gegenüber Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und Geduldeten und Flüchtlingen gilt es, eine Sache noch einmal deutlich zu machen. Ich glaube, dass das gemeinsame Engagement, das Politikerinnen und Politiker gerade dieser drei Fraktionen im Bereich für den Einsatz für Familien und Einzelschicksale von Asylbewerbern in Thüringen auch wirklich in Zusammenarbeit leisten, lässt einen solchen starken Ausdruck wie Gemeinheit an der Stelle einfach nicht zu.
Weil wir als Sozialdemokratie und als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von Ihnen in der Vergangenheit schon öfter für alles mögliche Leid in der Welt verantwortlich gemacht wurden, vom Tod von Rosa Luxemburg bis hin zu weiteren historischen Momenten, will ich noch einmal auf ein paar Sachen eingehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik tut manchmal weh. Dass ich noch einmal nach vorne gegangen bin, hat mehrere Gründe. Normalerweise sollte man das Geschwätz, das aus bestimmten Fraktionsbänken kommt, nicht ernst nehmen. Aber als ich das Geschwätz von einigen Kollegen gehört habe, als es darum ging, dass die Beschränkung auf eine bestimmte Residenz schwierig ist für Menschen, dass die Leute ja nicht hierher gekommen sind, um Urlaub zu machen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, christliche Ideale und christliche Werte zu haben, hängt auch stark mit der Frage zusammen, wie gehe ich mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft um. Asylbewerberinnen und Asylbewerber sind Teil der Menschen, denen es am schlechtesten in unserem Land geht, am allerschlechtesten in unserem Land und denen es auch in ihren Herkunftsländern mit am schlechtesten ging. Deshalb sind sie nach Deutschland gekommen.
Ja, klar. Und wenn ich mit Vertreterinnen und Vertretern von Kirchen rede, da will ich Ihnen ein Gespräch mit einer Kirchenvertreterin - einer sehr prominenten - noch einmal sehr ans Herz legen, die mir gesagt hat: Immer wenn schwache Menschen und hilfebedürftige Menschen zu mir kommen und ich die abweise, dann habe ich ein schlechtes Gewissen, und zwar nicht, weil es irgendein Moralgewissen in irgendeiner Form gibt, sondern weil diejenige gesagt hat, ich sehe, wenn schwache Menschen auf mich zukommen, zu mir kommen und Hilfe benötigen, darin eine Prüfung, dann sehe ich in demjenigen, der zu mir kommt, auch Gott. Genau das ist das Unverständnis, was ich - und das will ich ganz, ganz klar sagen - gegenüber der Christlich Demokratischen Union an der Stelle auch habe. Ich kann es nicht verstehen, dass sich die Spitze der Kirche für die Ausweitung der Residenzpflicht auf den gesamten Freistaat ausspricht, viele Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertreter vor Ort, und Sie dann christliches Fundament und christliche Ideale gegen Law and Order abwägen. Das das will ich Ihnen sagen - kann ich an der Stelle überhaupt nicht verstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Frage „Feigheit“ und zu der Frage, wie gehen eigentlich Politikerinnen und Politiker mit ihrer Glaubwürdigkeit um: Es ist viel mutiger, es ist manchmal tatsächlich viel mutiger, abzustimmen, obwohl es gegen das Herz geht, gegen den Bauch und auch gegen die eigene Partei, weil es nämlich in der Politik leider Gottes auch noch ein sehr, sehr hohes Gut gibt, wenn es um Koalitionen geht. Ich bin mir sicher, wir werden das auch irgendwann mal gemeinsam zu ertragen haben. Es ist nämlich die Frage von Verlässlichkeit, von Verlässlichkeit von zwei Partnern, die sich geeinigt haben, eine Koalition einzugehen. Die SPD hat eben auch auf dem Parteitag entschieden mit dem Wissen, dass wir mit einem Koalitionspartner eine Koalition eingehen, der die Ausweitung der Residenzpflicht gar nicht will. Mit dem Wissen sind wir mit großer Mehrheit eine Koalition eingegangen und haben genau deshalb auch den Beschluss unserer Partei, diese Koalition gut und bis zum Schluss auch durch die Zeit zu führen. Genau deshalb - damit will ich abschließen kann ich nur sagen, einige Kolleginnen und Kollegen sowie die meisten Kolleginnen und Kollegen aus meiner Partei, aus meiner Fraktion sind viel mutiger, Uwe Höhn, Birgit Pelke, Heiko Gentzel, die in den Verhandlungen hart geblieben sind an vielen Punkten - es gibt ja auch Gründe, warum sich das so lange zieht -, immer wieder alles versucht haben, um eine größere Lösung herbeizuführen. Es ist mutiger, dann zu einem Ergebnis zu kommen und zu diesem Ergebnis zu stehen, als entgegen dem Ergebnis, das man zwischen zwei Koalitionspartnern vereinbart hat, abzustimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Genau deswegen sind auch die Kolleginnen und Kollegen aus meiner
Fraktion - und das sage ich aus vollster Überzeugung - mutiger als ich und als ein paar andere, die in der Vergangenheit auch solchen Anträgen zugestimmt haben oder sich da enthalten haben. Vielen Dank.
Frau Abgeordnete König, könnten Sie vielleicht noch einmal präzisieren, was Sie mit rassistischer Kontrollpraxis meinen? Meinen Sie, dass die Polizistinnen und Polizisten rassistisch sind oder ob die Tatsache, dass kontrolliert werden muss, wer einen Migrationshintergrund hat, auf Verdachtsmoment rassistisch ist?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein Meilenstein bei der globalen Durchsetzung der gleichberechtigten Partizipation von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen. Schon in Artikel 1 des Vertragswerks wird als allgemeine Zielsetzung definiert, die Konvention solle - ich zitiere - „den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderung fördern, schützen und gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde fördern.“ Mit dieser Zielsetzung macht die Konvention deutlich, dass es nicht darum geht, Spezialrechte für eine besondere Gruppe von Menschen zu kreieren, sondern darum, behinderte Menschen endlich in den vollen Genuss der universalen Menschenrechte kommen zu lassen. Außerdem steht die Konvention für die Überwindung des Defizitansatzes, wonach die sogenannte Behinderung als Abweichung von der Norm, als individueller Mangel oder Fehler gesehen wird. Der Defizitansatz ist im gesellschaftlichen Denken und Handeln immer noch weit verbreitet und wirkt sich manchmal ungewollt, manchmal gewollt benachteiligend auf das Leben von Menschen aus. Die Konvention setzt dieser Sichtweise zwei Dinge entgegen. Sie fordert erstens die gesellschaftliche Wertschätzung von Menschen mit Behinderung. Behinderte gehören eben zur Normalität menschlichen Lebens und gesellschaftlichen Zusammenlebens und stellen außerdem einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt dar. Die gebotene Wertschätzung gegenüber Menschen mit Behinderung auch konkret zu erbringen, das fordert die Konvention dann zweitens gegenüber Staat und Gesellschaft verbindlich ein. Sichtbar wird dieses Einfordern dann etwa in Artikel 24 der UN-Behindertenkonvention. Er befasst sich mit einem der zentralen Menschenrechte, nämlich dem allgemeinen Recht auf Bildung. Artikel 24 verpflichtet die Vertragsstaaten, den diskriminierungsfreien und gleichberechtigten Zugang zur Bildung, wenn man dem englischsprachigen Originaltext folgt, inklusive des Bildungssystems auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Die Vertragsstaaten haben insbesondere festzustellen, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden, und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder dem Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Entsprechend sollen Menschen mit Behinderung eben gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben. Dabei sind angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisses des Einzelnen zu treffen, wirksame, individuell angepasste Unterstüt
zungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, anzubieten sowie die nötigen personellen und materiellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit benennt die UN-Behindertenrechtskonvention fünf Fixpunkte, die bei der Realisierung gleichberechtigter Bildungspartizipation von Menschen mit Behinderung Berücksichtigung finden müssen. Zunächst die Realisierung eines inklusiven Bildungssystems auf allen Ebenen, dann der ungehinderte Zugang von Kindern mit Behinderung zum Unterricht der allgemeinbildenden Schulen, die Orientierung an den konkreten Bedürfnissen des Einzelnen sowie an dem für seine soziale und schulische Entwicklung bestmöglich geeigneten Umfeld und das Anbieten individueller Unterstützungsmaßnahmen sowie das Sicherstellen personeller und materieller Ressourcen.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses nicht allein zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bekennen, sondern sich auch hinter diesen ganz konkreten Rahmenbedingungen zur Verwirklichung des Vertragswerkes im Bildungsbereich versammeln können. Dementsprechend haben die Koalitionsfraktionen einen Antrag vorgelegt, der in seinen ersten acht Punkten die Bestimmungen des Artikels 24 aufnimmt und sie mit der spezifischen Situation in Thüringen verknüpft. Ich werde das selbst nicht im Einzelnen vortragen. Sie haben den Antrag vor sich liegen und die Zeit ist auch schon etwas fortgeschritten, also kann man das auch gut nachlesen. Deshalb dazu nur so viel: Dass auch hier im Freistaat noch erheblicher Handlungsbedarf bei der Realisierung der UN-Konvention besteht, wird sicherlich niemand in Abrede stellen. Die nüchternen Zahlen sprechen für sich. Nur 25 Prozent aller Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf lernen derzeit in Thüringen im gemeinsamen Unterricht der allgemeinbildenden Schulen, 75 Prozent von ihnen werden nach wie vor an den Förderzentren beschult. Knapp 80 Prozent aller Förderschülerinnen und -schüler schaffen den Hauptschulabschluss nicht, nur 2 Prozent von ihnen erreichen den Realschulabschluss und nicht einmal 1 Prozent der Förderschülerinnen und -schüler erlangen das Abitur. Soweit die traurige bildungspolitische Realität an dieser Stelle in Thüringen zwei Jahre nach dem verbindlichen Inkrafttreten der UNBehindertenrechtskonvention für die Bundesrepublik.
Die Koalitionsfraktionen lassen es daher in ihrem Antrag auch nicht bei bloßen Absichtserklärungen und Zustandsbeschreibungen bewenden. Wir bitten zum Beispiel die Landesregierung, einen Entwicklungsplan zur Realisierung eines inklusiven Bildungssystems, das selbstverständlich auch den Ki
ta-Bereich umfasst, vorzulegen, die Vermittlung sonderpädagogischer Kompetenzen in den einzelnen Phasen der Lehrerbildung zu verstärken, um schulische Inklusion besser als bisher ermöglichen zu können und schließlich auch personelle, materielle und fachliche Rahmenbedingungen für den gemeinsamen Unterricht festzulegen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Initiative von Ihnen, Herr Matschie, zur Einrichtung eines Fachbeirats dazu auch der richtige Weg und die richtige Unterstützung ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit geht unser Antrag etwas und doch schon weit über die Initiativen der LINKEN und der FDP hinaus, die sich jeweils, wenn auch mit etwas unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, auf ein Berichtsersuchen und die Forderung nach der Erarbeitung eines Konzepts zur Verbesserung der Pädagogenausbildung beschränken. Das ist von mir an der Stelle nicht als Kritik gemeint, sondern führt dazu, dass wir darum bitten, den Antrag zu überweisen und konstruktiv vielleicht sogar zu einer gemeinsamen Initiative zu kommen.
Mir ist an dieser Stelle nicht so sehr daran gelegen, die großen Unterschiede im Fachlichen im Parlament bei der Einbringung zu betonen. Das Trennende will ich also nicht betonen, sondern mir ist vielmehr daran gelegen, zu einem breiten Konsens des Hauses bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu kommen. Ich denke, es ist der Bedeutung des Themas mehr als angemessen, wenn wir alle hier nicht die parteipolitische Auseinandersetzung, sondern den fachlichen Diskurs und die gemeinsame Verständigung an dieser Stelle suchen. SPD und auch CDU sind jedenfalls dazu bereit. Daher beantrage ich die Überweisung aller drei Anträge, die gestellt wurden, zur weiteren Beratung an den Bildungsausschuss. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Barth, als ich Ihnen von da oben zugehört habe, war mir klar, warum Sie die Aktuelle Stunde heute eingebracht haben. Das ist ähnlich wie Aktuelle Stunden, die Sie bezüglich Wirtschaftspolitik einbringen, einfach mal nicht an einem konkreten Thema abarbeiten, sondern einen Rundumschlag machen, dieses Mal war es ein bildungs-, kultur-, wissenschafts- und hochschulpolitischer Rundumschlag gegen das Ministerium. Zu sagen, wir hätten Riesenkrater in der Bildungs- und Hochschullandschaft hinterlassen - ich kann Ihnen nur sagen, es gab kleinere Krater und Kräterchen in Thüringen und dann kommt es darauf an, ob man sie wie im Mittelalter mit Pferdemist und Stroh stopft oder mit nachhaltigen Baumaterialien. Ihre Vorschläge, die Sie in der Vergangenheit dazu gebracht haben, erinnern dann eher an die mittelalterliche Methode. Wir wollen doch eher modernere Methoden, denn die hervorragenden Thüringer Hochschulen sind unverzichtbar für die Entwicklung eines zukunftsorientierten Wissenschafts-, aber auch Wirtschaftsstandorts Thüringen. Wir haben vier Universitäten, vier Fachhochschulen plus last, but not least eine Musikhochschule und damit verfügt Thüringen über eine breite Hochschullandschaft, die es in Zukunft auch zu sichern gilt. Nicht nur die viel zitierten Stichworte „Fachkräftemangel“ oder „Fachkräftebedarf“ sind hier zu unterstreichen, sondern die Hochschulen sind auch ein Ort der Aufklärung und des Wissens und damit auch für die Tradition, für die Thüringen steht, wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die derzeitigen Prognosen zur Entwicklung der Studierendenzahlen sehen gut aus. Immer mehr Studierende aus den sogenannten alten Bundesländern kommen nach Thüringen. Herr Voigt hat es gesagt, teilweise wirken die Thüringer Hochschulen schon wie Magneten auch für Studierende und kompensieren damit zumindest in der Prognose sogar den Rückgang der Abiturienten. Die Aussetzung der Wehrpflicht und doppelte Abiturjahrgänge werden auch in Zukunft dazu beitragen, dass die Entwicklung so bleibt. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt es richtig, die Verstetigung der finanziellen Ausstattung zu erreichen. Die rote Linie in Sachen Kürzung ist für die SPD-Fraktion erreicht, denn weitere Kürzungen würden nur eines an dieser Stelle erreichen, die Entwicklung, die wir derzeit haben, nämlich ein dialogisches Verfahren, eine dialogische Entwicklung zwischen Minister, Staatssekretär, den Hochschulen, den Studierendengruppen und den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würden schlagartig beendet bzw. unterbrochen werden, während andere Länder davonziehen. Was brauchen wir also? Wir brauchen ein attraktives, ausgewogenes und aufeinander abgestimmtes Studienangebot, eine klare Steigerung der Attraktivität
des Studienangebots auch für Menschen aus bildungsfernen Schichten, verstärkte Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Ohne ausreichende finanzielle Sicherung wird das nur eine Illusion bleiben.
Zusammengefasst heißt es: Die schwierige allgemeine Haushaltssituation des Freistaats hat die Landesregierung und den Landtag für 2011 zu Mittelkürzungen im Hochschulbereich gezwungen. Damit verbunden ist der Eingriff in die geltende Rahmenvereinbarung mit den Hochschulen, Herr Barth, und nichts anderes. Auch wenn ein Großteil der Reduzierung durch zusätzliche Bundesmittel kompensiert werden konnte, ist doch klar, dass die Hochschulfinanzierung durch den in den kommenden Jahren noch steigenden Haushaltskonsolidierungsdruck erneut in Kürzungsdikussionen zu geraten droht. Das wäre für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Hochschul- und Forschungsstandorts Thüringen kontraproduktiv. Ziel der SPD-Fraktion und des Bildungsministeriums ist es daher, die Fortschreibung der Rahmenvereinbarung zumindest zu einer Stabilisierung der Hochschulfinanzierung auf dem jetzt erreichten Niveau zu erhalten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Thüringer Neonazis haben eine ihrer wichtigsten Immobilien verloren. Die jahrelange Nutzung des Schützenhauses für die NPD und für die Neonaziszene, in der Veranstaltungen, Treffen, Heimatabende und rechte Musikfestivals stattfanden, sind dank des Engagements des Bürgermeisters Herrn Modde und auch des Landrates Roßner endlich zu Ende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Kapitel begann, indem einer der - erlauben Sie mir den Ausdruck in diesem Zusammenhang - widerlichsten
Figuren der Neonaziszene, nämlich Jürgen Rieger, das Objekt für 360.000 € erwarb und dann über eine Art Eugenik-Stiftung sozusagen in eine Finanzierungsgrundlage gegeben hat und über die Thüringer Neonaziszene dann in einer Geschichte nun endlich zum Verkehrswert von 180.000 € von der Kommune zurückgekauft wurde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, das ist ein gutes Zeichen und ein gutes Signal, das nicht nur von hohem Symbolwerte ist, da Pößneck zentraler Veranstaltungsort beispielsweise für das Fest der Völker und andere neonazistische Veranstaltungen geworden ist, sondern es ist auch deshalb ein Zeichen, weil ich weiß, dass es in Pößneck um die Landtagsabgeordneten der Linkspartei und der SPD, um ein Netzwerk, das sich vor Ort engagiert hat, tatsächlich eins gezeigt hat, der Rechtsextremismus bekämpft sich dort, wo er auch stattfindet, nämlich in der Kommune. Rechtsextremismus und Neonazismus wird vor Ort bekämpft, die Auseinandersetzung mit Faschisten findet vor Ort statt und dazu gehören die Vertreter der Kommunen, der Gemeinden, der Städte, aber auch der Vereine vor Ort. Dazu benötigt es aber auch eine professionelle Beratungsstruktur auf Landesebene. Da hat sich das, was sich in den letzten Jahren entwickelt hat unter anderem mit dem kleinen „Kindlein“ Mobile Beratung, das sich mittlerweile zu einem professionellen und wirklich guten Erwachsenen entwickelt hat, tatsächlich bewährt, denn auch die Mobile Beratung war in Pößneck vor Ort aktiv und hat Hintergrundgespräche mit den Verantwortlichen geführt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, dass die Vernetzung, die da passiert ist vor Ort, zu einem Erfolg geführt hat. Was heißt das aber? Die Toleranzgrenze für das Land, die Toleranzgrenze, die Pößneck und die Bürgerinnen und Bürger in Pößneck um das Schützenhaus errichtet haben, muss auch für die Thüringer Landesregierung gelten. Das heißt, wir brauchen eine Strategie seitens des Innenministeriums an dieser Stelle, wie wir mit rechtsextremen Immobilien und mit rechtsextremen Häusern auch in Bad Langensalza und anderen Städten umgehen, und wir brauchen die Debatte darüber, wie sich das Land hier einschaltet. Eine kleine Stadt, eine feine, aber trotzdem kleine Stadt wie Pößneck wird es schwer haben, die 180.000 €, die sie aufbringen muss, selbst zu stemmen. Die SPD-Fraktion steht bereit für Gespräche mit den Pößneckerinnen und Pößneckern vor Ort, auch über finanzielle Hilfe. Wir sind dazu bereit. Ich danke denjenigen in Pößneck für ihr Engagement und hoffe, dass wir in Zukunft auf Landesebene eine gemeinsame Strategie zum Umgang mit Immobilien finden. Danke.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der Debatte im Ausschuss und im letzten Plenum und der schriftlichen Anhörung kommt meine Fraktion zu dem Ergebnis, den vorliegenden Antrag abzulehnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie sieht die Situation in Thüringen aus? In den Jahren direkt vor Beginn der jetzigen Koalition wurden kaum noch Lehrerinnen eingestellt; im Jahr 2008 war das noch nicht einmal eine zweistellige Größenordnung. Dagegen stellen wir gemeinsam 2009 340 und im letzten Jahr 400 neue Lehrerinnen und Lehrer ein. Die Altersmischung, die es ohne Zweifel braucht, wie wir auch gestern mit dem Kollegen Baumann und mit Kolleginnen aus seinem Wahlkreis diskutiert haben, kommt so Schritt für Schritt.
Trotz des 2006er Urteils, das einen Überhang in Regelschulen und Gymnasien produziert hat, und der sicherlich verdienten Altersteilzeit und damit dem Ruhestand der Lehrerinnen und Lehrer, hat die Landesregierung nämlich Maßnahmen zu Neueinstellungen eingeleitet. Wir werden als SPD-Fraktion auch in den Haushaltsverhandlungen gemeinsam Seite an Seite mit dem Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur dafür streiten, dass die Einstellungsentwicklung in den nächsten Jahren auch so bleibt. Wichtig scheint mir über die Frage des Einstellungskorridors und der Altersmischung hinaus das Thema Lehrergesundheit aus Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern zu sein. Das ist ein Punkt, den wir gemeinsam aufgreifen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte deshalb, diesen Antrag abzulehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gesetz ist ein weiterer Baustein zur Gestaltung der Hochschullandschaft in Thüringen. Die Einführung und Umsetzung des dialogorientierten Serviceverfahrens soll - und da bin ich mir ziemlich sicher - unter anderem verhindern, dass Studienplätze auch unbesetzt bleiben. Das ist bisher noch nicht angesprochen worden. In Thüringen ist das weniger ein Problem, in anderen Bundesländern eher. Wenn dem so ist, dass das Verfahren technisch hochkomplex ist, braucht das nun auch seine Zeit. Das Gesetz soll vermitteln, dass die Mittel aus dem HSP 2020 der Kapazitätsneutralität unterliegen und das ist auch verständlich. Die Gelder, die wir haben, müssen in die Verbesserung der aktuellen Studiensituation gesteckt werden und das ist auch absolut richtig. In Zeiten knapper Kassen muss es darum gehen, die aktuelle Situation zu verbessern und zu stabilisieren.
Das Gesetz regelt die Hochschulzulassung und nicht den Hochschulzugang. Das ist bei vielen Diskussionen miteinander vermischt worden. Das Ziel ist auf der einen Seite, klarzumachen, dass wir gewährleisten müssen, dass jeder Studierende das Recht auf einen Master hat. Frau Hitzing, das Gesetz sieht nicht vor, jemandem mit einem schlechten Bachelor den Masterzugang zu verweigern. Aber auf der anderen Seite müssen wir ermöglichen, dass im Masterstudiengang auch ordentlich studiert werden kann. Einige wenige Studiengänge in Thüringen haben eine so hohe Last, dass genau das schlecht möglich ist. Wir haben als Fraktion lange nach Möglichkeiten gesucht - ich habe da persönlich auch versucht, ein paar Möglichkeiten zu finden -, möglichst ohne Reglementierung auszukommen. Aber nach langen Überlegungen, nach langem Hin und Her und Diskussionen sind wir am Ende tatsächlich zu dem Punkt gekommen, dass das aus mehreren Gründen nicht möglich ist.
1. Alle anderen Bundesländer haben eine solche Einschränkung. Ich will mir nicht ausmalen, wie in Zukunft die Situation an den Thüringer Hoch
schulen ist, wenn Thüringen das einzige Bundesland ohne Einschränkung bleibt.
2. Die Situation an den Studiengängen wurde vom Minister ausreichend erläutert. Herr Voigt hat das Beispiel der Psychologie benannt.
3. Studierende - und das ist auch eine Sache, die man mit den Studierendenverbänden noch einmal diskutieren muss - müssen die Sicherheit haben, dass an Hochschulen kein Wildwuchs entsteht, und zwar einmal in der Kapazität, aber auch natürlich in der Reglementierung. Es gab keine andere Möglichkeit, als mit Kriterien und auch - ich nenne es mal - Aufsicht des Ministeriums, wenn es um Satzungsfragen geht, die Möglichkeit zur Beschränkung zu geben.
Ich will kurz auf die Änderungsanträge der GRÜNEN eingehen. Der Änderungsantrag in § 5 Abs. 2 zielt darauf ab, dass nur Mittel des Bundes, die zur Verbesserung der Lehre ausgereicht werden können, kapazitätsneutral sein sollen. Das lehnen wir ab, weil z.B. die Mittel des Stifterverbandes oder anderer privater Institutionen, die speziell für die Verbesserung der Lehre ausgelobt werden, von den Thüringer Hochschulen dann nicht in Anspruch genommen werden können.
In Punkt 7 a haben Sie versucht, den Masterzugang ohne Einschränkungen zu gewährleisten. Das würde bedeuten, dass die Hochschulen künftig jeden Bewerber, jede Bewerberin, der die Zugangsvoraussetzungen erfüllt, in einen Masterstudiengang seiner Wahl oder ihrer Wahl aufnehmen müssten. Ich habe vorhin gerade erläutert, warum das aus unserer Sicht am Ende aufgrund der Situation, die wir in Thüringen haben, nicht geht.
In § 13 wollen Sie, dass eine verpflichtende Teilnahme aller Hochschulen bezüglich der örtlich zulassungsbeschränkten Studiengänge im dialogorientierten Serviceverfahren festzuschreiben ist. Das widerspricht zum einen der Frage der Hochschulautonomie, lässt sich aber auch schwer praktikabel umsetzen bei Studiengängen, die stark von beruflich Qualifizierten nachgefragt werden. Deshalb werden wir auch diesen Antrag ablehnen und bitten generell um Zustimmung zum neuen Hochschulzulassungsgesetz. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind zwar in einer Großen Koalition, das heißt aber nicht,
dass wir als SPD unsere Überzeugung an der Garderobe im Landtag abgeben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
So gut ich das Projekt „Eigenverantwortliche Schule“ in vielen Punkten finde, so müssen wir doch diskutieren, dass Bildungspolitik im Mittelpunkt das Wohl des Kindes sieht und nicht eine Schule, die ich sozusagen konzipiere und daraus heraus dann überlege, wie gehe ich mit Kindern um. Die eigenverantwortliche Schule, so wie Sie eigenverantwortliche Schule jetzt gerade eben argumentiert haben, kann auch dazu führen, dass ein Kind aus dem bayerischen München vielleicht nicht so gut gefördert wird wie ein Kind aus dem thüringischen München. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist konträr zu unserer Position.
Lassen Sie mich die Position der SPD-Landtagsfraktion also gleich zu Beginn noch einmal deutlich sagen. Das Kooperationsverbot war schon zur Einführung überholt; die Zersplitterung der Schullandschaft ist niemals zeitgemäß gewesen und sie ist nicht nur ein Hemmnis für die Entwicklung des gesamten Schulsystems, sie ist fatal für jeden einzelnen Schüler und für jede einzelne Schülerin.
Wir wollen, dass sich die Situation an unseren Schulen, und zwar nicht nur in Thüringen - da sind wir, denke ich, mit der Gemeinschaftsschule und auch der neuen Schulordnung auf dem richtigen Weg - nachhaltig verbessert. In Deutschland liegt die Kompetenz, meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Bildungspolitik - so sagt es die Verfassung - ganz klar in der Zuständigkeit der Länder. Das ist ein Ergebnis der Föderalismusreform, die auch wir mitgemacht haben auf Bundesebene - gar keine Frage -, die den Ländern mehr Eigenständigkeit einräumt und dem Bund gleichzeitig Eingriffsmöglichkeiten beschränkt. Demzufolge dürfen Bund und Land nur in begrenztem Maße miteinander kooperieren bis gar nicht. Diese Länderkompetenz ist allerdings wenig positiv zu bewerten. Sie führt einerseits, wie ich sagte, zu einer Zersplitterung der
Bildungs- und Schullandschaft, da es jedem Bundesland die Freiheit einräumt, ihr eigenes bildungspolitisches Süppchen zu kochen. Sie führt zu einem Durcheinander unterschiedlicher Schularten, wenige vergleichbare Lehrpläne und unterschiedliche Anforderungen an Schulabschlüsse. Nicht ohne Grund wird die zersplitterte Schullandschaft im Rahmen der PISA-Studie und in den Diskussionen um die PISA-Studie immer wieder als eines der wesentlichsten Hemmnisse in der Entwicklung des deutschen Schulsystems kritisiert. Auch die Mehrheit der Menschen - Frau Sojka hat es angesprochen -, die in unserem Land leben, teilt diese Einschätzung. Es gibt die unterschiedlichsten Erhebungen, zu dem Schluss zu kommen, dass das Kooperationsverbot in der Föderalismusreform, im Bildungsbereich also nicht mehr als zeitgemäß eingeschätzt werden kann.
Erschwerend kommen hinzu die Ergebnisse der Föderalismusreform, durch die die wenigen vorhandenen Ansätze von Kooperation zwischen Bund und Ländern in Bildungsfragen zunichte gemacht wurden. Der Artikel 104 b des Grundgesetzes formuliert ein ausdrückliches Kooperationsverbot in Bildungsfragen. Die SPD-Landtagsfraktion unter meinem Vorgänger, Herrn Döring, hat das bereits während der Verhandlung über die Föderalismusreform scharf kritisiert. Wir stehen nach wie vor zu unserer Haltung. Die SPD steht nicht für ein Weniger, sondern für ein Mehr an Vergleichbarkeit.
Wir begrüßen die Initiative, die eine Vereinheitlichung, eine größere Vereinheitlichung zum Ziel hat, daher ausdrücklich. Wir freuen uns, dass dem Bund hier wieder mehr Kompetenzen zugesprochen werden sollen. Wir freuen uns, dass diese Erkenntnis über die bildungspolitische Kontraproduktivität der Föderalismusreform inzwischen auch bei der Bundesbildungsministerin Frau Schavan angelangt ist. Frau Schavan war ja seinerzeit eine der schärfsten Verfechterinnen einer Entkopplung von Bund und Ländern in der Bildungs- und Hochschulpolitik. Wie so oft im politischen Leben gilt auch bei diesem Erkenntnisgewinn das Motto: Besser spät als nie.
Herr Matschie, helfen Sie uns, dass Frau Schavan auch bei dieser Position bleibt, bei diesem Kurs bleibt. Wir als SPD-Fraktion unterstützen Sie da ausdrücklich. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die GRÜNEN beantragen, die Landesregierung aufzufordern, dem Landtag über die prognostizierte Personalentwicklung im Lehrerbereich bis 2020 und über die Anstrengung der Landesregierung zur Abwendung des sich abzeichnenden künftigen Lehrermangels zu berichten. Das halte ich für richtig. Der Bericht ist aus Sicht der SPD-Fraktion auch ausreichend abgegeben worden.
Jedem Absolventen eines Lehramtsstudiums in Thüringen eine berufliche Perspektive im Thüringer Schuldienst zu eröffnen, gezielt weitere Junglehrerinnen und Junglehrer aus den anderen Bundesländern abzuwerben, das halte ich für eine Diskussion, die wir auch im Ausschuss tatsächlich führen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht sicherlich auch darum, eine öffentliche und transparente Debatte darüber zu führen, aber auch keine skandalisierende Diskussion. Auf Initiative der SPD-Fraktion heißt es im Koalitionsvertrag, beide Parteien wollen einem drohenden Lehrermangel in Thüringen frühzeitig begegnen. Die Koalitionspartner sind sich einig, dass bis 2015 ein Ersatzbedarf im Umfang von 2.500 vollzeitbeschäftigten Einheiten besteht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden die Aktualität dieser Forderungen in dem Koalitionsvertrag im Ausschuss mit Ihnen diskutieren. Die Regierungskoalition hat die von den GRÜNEN thematisierte Problematik also schon vor Längerem
erkannt und sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf konkrete Problemlösungen verständig. Ich bitte um Überweisung des Themas an den Ausschuss. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 19. Januar 2011 ist die Nummer II des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen worden. Nach kurzer Debatte zur Berichterstattung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in öffentlicher Sitzung wurde die Nummer II in nichtöffentlicher Sitzung diskutiert. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat die Nummer II in seiner 21. Sitzung am 17. Februar 2011 beraten und gelangt zu folgender Beschlussempfehlung: Die Nummer II des Antrags wird abgelehnt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann sich sicherlich darüber echauffieren und auch darüber streiten, dass es ganz offensichtlich bei vielen Fragen auch unterschiedliche Ansichten zwischen zwei Koalitionsparteien gibt, aber was ich zu Beginn der Diskussion erlebt habe, dass es innerhalb einer kleinen Fraktion nach dem gestrigen Redebeitrag von Herrn Barth heute eine ganz gegenteilige Position von Frau Hitzing gibt, kommt auch nicht so häufig vor. Das fand ich schon sehr spannend, wie die FDP seit gestern komplett ihre Überzeugung ausgetauscht hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern ist im Zuge der Föderalismusreform III entstanden. Die Thüringer SPD hat seinerzeit bereits auf die Negativauswirkungen der Verfassungsänderung aufmerksam gemacht, auch gegenüber der eigenen Partei im Bund. Wir haben deshalb auf die Negativauswirkung aufmerksam gemacht, weil ab sofort kaum noch Möglichkeiten für eine Bund-Länder-Vereinbarung für Bildungsinvestitionen wie etwa das Ganztagsschulprogramm möglich waren, weil oft der Wegfall der gemeinsamen Bildungsplanung von Bund und Ländern entstanden ist und eben auch kaum noch einheitliche Bundesvorgaben mehr für die Studienzeit dauern und Studienabschlüsse etc. möglich waren. Inzwischen teilt auch die BundesSPD unsere Position und setzt sich öffentlich für eine Aufhebung des Kooperationsverbots ein. Entsprechend stößt also der Antrag der GRÜNEN in diese Richtung. Das ist auch durchaus zu begrüßen.
Das Kooperationsverbot bietet natürlich ein Hemmnis für die Entwicklung gerade der zentralen Institution in Bildungsbereichen. Im Sinne der Bildungsgerechtigkeit müssen eigentlich Mittel gebündelt werden zwischen Bund und Ländern, nicht als eine Art gnädiger Scheinmonarch à la Römisch-Deutsches Reich, den Untergebenen mal eine oder die andere Investition zu geben mit einem viel ausgearbeiteten Programmchen. Nein, was wir brauchen, das sind Investitionen in Struktur und Institution und auch nicht in private Parallelsysteme, meine sehr geehrten Damen und Herren. Genau deshalb bin ich froh, dass sich der Minister in der Vergangenheit hier klar positioniert hat und auch die Debatte bundesweit parteiübergreifend gerade in eine andere Richtung sich entwickelt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bildungspolitik ist eine durchaus zarte Pflanze, die man auch entwickeln muss und bei der man auch die gesamte Gesellschaft mitnehmen muss und vor al
len Dingen auch die Position der Länder mitnehmen muss. Ich finde, dass die Positionierung von Frau Schavan vom November 2010 hervorragend ist, die sich kritisch zum Kooperationsverbot äußert und auch mehrere andere Presseberichterstattungen auch aus der aktuellen Presse, wie man heute entnehmen konnte, von Experten, die die Bundesregierung beraten, da sicherlich auch in die richtige Richtung gehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik ist dann aber auch immer sehr konkret und findet nicht auf einer Metaebene statt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Rothe-Beinlich, Sie haben angesprochen das Thema Schulsozialarbeit. Da habe ich doch einen kleinen Aufreger auch noch einmal in mir gespürt. Wenn die GRÜNEN bei den aktuellen Verhandlungen auf Bundesebene nämlich aus den Verhandlungen ausgestiegen sind, hat die SPD auf Bundesebene unter anderem dafür gesorgt, dass für Thüringen beispielsweise mehr als 70 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter mehr eingestellt werden können in Zukunft. Das ist eine konkrete Art und Weise, Politik zu machen.
Genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir auch mit dem Alternativantrag versuchen. Herr Voigt hat die Punkte 1 und 3 sehr ausführlich dargestellt. Ich will auf einen Punkt noch einmal eingehen, das ist der Punkt 2, bei dem formuliert wurde, dass die Landesregierung gebeten wird, zu prüfen, auf welchen Feldern der Bildungsund Wissenschaftspolitik die Zusammenarbeit mit dem Bund intensiviert werden kann. Wir werden als SPD-Fraktion an dieser Stelle auch nicht locker lassen, da tatsächlich die Landesregierung auch in die Verantwortung zu nehmen und natürlich auch den Koalitionspartner, weil das nämlich ein Beschluss ist, der dazu führt, dass Schritt für Schritt und Feld für Feld Themen besetzt werden, bei denen sicherlich auch in Zukunft vielleicht einmal einige Widersprüche aufgedeckt werden. Ich will ein Beispiel nennen: Die Frage des Sanierungsstaus in den Hochschulen können wir in Thüringen nicht damit beantworten, dass wir hier weiterhin Abbau betreiben, sondern die müssen wir auch damit beantworten oder uns die Frage ernsthaft stellen, ob wir den Bund tatsächlich mehr in die Verantwortung nehmen wollen. Die Frage, die auch Herr Emde als bildungspolitischer Sprecher oft thematisiert gemeinsam mit uns, nämlich der Ausbau von Ganztagsschulen, der sicherlich von Thüringen aufgrund der Finanzknappheit, die wir hier in Thüringen haben, nicht allein bewältigt werden kann, müssen da Schritt für Schritt thematisiert und auch abgearbeitet werden. Da werden wir Sie, da werden wir auch das Finanzministerium in den Debatten in die
Pflicht nehmen, Schritt für Schritt für konkretes Projekt in die Richtung gehen, die die GRÜNEN sicherlich auch mit ihrem Antrag hier thematisiert haben. Die Zeit wird aus meiner Sicht in Zukunft auch dafür bereit sein, dass das Kooperationsverbot fällt. Wir werden in Thüringen gemeinsam - CDU und SPD Schritt für Schritt die Felder ausfindig machen, bei denen die Breite der Landespolitik und die Breite auch der Länder gerade in Ostdeutschland die Unterstützung des Bundes benötigt.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es scheint ja gerade ein Trend zu sein, mit Widersprüchen, Gegenteilspositionen und 180Grad-Drehungen kurzfristige Ideen in die Welt zu setzen und dann zu widerrufen oder später dann vielleicht doch nicht. So versucht vielleicht der eine oder andere Politiker, eine breitere Wählerklientel anzusprechen und damit eigene Fehler bei der Finanzierung gerade auch der Bildungspolitik zu kaschieren. Aber übrig bleiben bei solchen kurzfristigen Ideen eben nur wenig Unterstützerinnen und Unterstützer. Das zeigt auch der aktuelle Vorschlag, den wir heute diskutieren, bei dem ich aber auch glaube, Frau Kaschuba, dass die Debatte morgen für diese Diskussion auch einen besseren Anlass bietet und auch die Möglichkeit tatsächlich bietet, breiter zu diskutieren.