Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

Herr Minister Carius, ich bin da sehr an Ihrer Seite, wenn wir zu einer Lösung kommen könnten, die die speziellen Probleme in Thüringen berücksichtigt. Das heißt, dass die Mittel, die die Länder für die Wohnungsbauförderung bekommen, aufgestockt werden und wir dann selbst entscheiden können, wie setzen wir diese Mittel ein, wie verteilen wir sie. Denn das Thema Stadtumbau stellt sich in Thüringen anders dar als z.B. in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg. Das muss man schon sehr deutlich sehen. Ich gebe Ihnen natürlich auch recht, dass letztendlich auch die Wohnungsunternehmen und die Kommunen hier mit an einem Strick ziehen müssen, dass

es nicht sein kann, dass auf der einen Seite Gewinnentnahmen erfolgen und auf der anderen Seite Hilfe bei Altschulden nach einer Anschlussregelung gewährt werden soll. Ich denke, da sind wir uns einig. Insofern wäre es natürlich schön, wenn wir zu einer Regelung kämen, bei der wir hier im Land auch mit entscheiden können, wie dieses Geld eingesetzt wird. Ich sage noch einmal sehr deutlich, angesichts von Milliardenkrediten zur Stabilisierung der Banken und zur Stabilisierung des Euro, die ich hier alle nicht infrage stellen will, sind 800 Mio. € zur Stabilisierung der ostdeutschen Wohnungswirtschaft ein sehr geringer Betrag im Bundesmaßstab gesehen. Wenn man schon die Stabilisierungswirkung der Immobilienwirtschaft anerkennt, dann sollte man diesen Betrag auch für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft zur Verfügung stellen. Wir wollen uns gern mit dem Gutachten des Bundes zu einer Abschlussregelung für die Altschulden beschäftigen. Deswegen beantrage ich namens meiner Fraktion die Ausschussüberweisung dieses Antrags an den Ausschuss für Bau, Landesplanung und Verkehr. Wir sollten dann, wenn das Gutachten vorliegt, zu einer intensiven Diskussion im Ausschuss kommen und letztendlich auch zu einer Beschlussfassung. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Doht. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Scherer von der CDUFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, zunächst einmal herzlichen Dank an den Minister für seinen ausführlichen Sofortbericht, der meines Erachtens auch für die Zukunft genau das aufgezeigt hat, worauf wir eigentlich auch hinauswollen, nämlich eine Hilfe für unsere Wohnungswirtschaft. Wir haben einen gemeinsamen Antrag der CDU-Fraktion und SPD-Fraktion eingebracht. Ich glaube aber, diesem Inhalt des Antrags können alle Fraktionen zustimmen. Es muss nämlich ein Anliegen von uns allen sein, dass wir in Thüringen einen funktionierenden Wohnungsmarkt haben und dabei ist die Forderung auf Entlastung von Altschulden wesentlich. Wenn wir tatsächlich wollen, dass die Wohnungsunternehmen auch weiterhin Wohnungsbestand abbauen, und das ist einfach notwendig, müssen wir Anreize bieten, dass sie das auch tun, weil - das wurde vorhin schon gesagt - es gibt mittlerweile auch Wohnungsunternehmen, denen es wirtschaftlich gar nicht mehr so schlecht geht, um nicht zu sagen, dass es ihnen gut geht. Die haben keinerlei Interesse, wenn sie nicht einen zusätzlichen Anreiz bekommen,

sich am Wohnungsabbau zu beteiligen. Das würde in einer Stadt oder einer Gemeinde, in der es nur ein Wohnungsunternehmen gibt, kein Problem sein. Wenn ich mir zum Beispiel Erfurt anschaue, wo es mehrere Wohnungsunternehmen gibt, mehrere Genossenschaften, die in einem bestimmten Wohngebiet auch gemeinsam ihre Gebäude stehen haben, muss man auch den Abriss gemeinsam planen. Wenn da einer dabei ist, dem es wirtschaftlich gut geht und er deshalb dann nicht mitmacht, führt dies zu großen Problemen. Deshalb finde ich, um praktisch vom Ende her zu argumentieren, die Lösung, über die im Moment nachgedacht wird, dass die Länder jeweils Mittel bekommen, um darüber zu entscheiden, wo sie dann letztlich auch für den Wohnungsabriss eingesetzt werden, ist die richtige Lösung.

Wir kennen alle das demographische Problem, an dem wir nicht vorbeikommen werden. Die letzten Tage ging diese neue Bevölkerungsberechnung durch die Presse und die Zahl von 20.000 Einwohnern, die es jedes Jahr weniger geben wird. Mit dieser Zahl muss man sich für die Zukunft auf jeden Fall anfreunden. Es werden wohl eher noch mehr werden als weniger.

Wenn Sie sich einmal anschauen, wir sind im Moment in dem Zeitraum, in dem die geburtenstarken Jahrgänge noch aus der DDR-Zeit im sogenannten gebärfähigen Alter sind, also Kinder bekommen. Das sind schon verhältnismäßig wenig. In einigen Jahren kommen die geburtenschwachen Jahrgänge, die nach 1990 geboren worden sind, in das gebärfähige Alter. Dann kommen noch weniger Kinder zur Welt, und zwar extrem weniger. Das kann man sich heute schon ausrechnen, wenn sich die grundlegende Situation nicht ändert und die wird sich nicht ändern; deshalb müssen wir bestrebt sein, den Wohnungsleerstand so niedrig wie möglich zu halten. Wozu die Überlegung führt, die es natürlich auch von manchem gibt, je billiger umso besser und Wettbewerb ist etwas Tolles und lasst doch die Wohnungen, wenn viele Leerstände sind, billiger werden, da braucht man nur 20 Jahre oder noch weiter zurückzuschauen. Wenn der Vermieter keine halbwegs erträgliche Miete mehr erhält, tut er auch nichts mehr in seinem Mietbestand. Dann sieht die Wohnung hinterher auch entsprechend aus. Deshalb muss es unser gemeinsames Anliegen sein, in der Wohnungswirtschaft für auskömmliche Mieten zu sorgen. Die hat man nur, wenn ich nicht extreme Leerstände habe, die dann tatsächlich den Mietpreis extrem drücken.

Ich möchte an dieser Stelle den Wohnungsunternehmen, die bisher hervorragend mitgearbeitet haben in diesem Bereich, meinen Dank aussprechen. Hier ist viel geleistet worden. Das ist auch in vielen Fällen nicht einfach gewesen. Ich habe hier in Erfurt

die Diskussion verfolgt, wenn Wohnblocks abgerissen werden sollten, in denen Leute wohnen, die dort auch schon seit zig Jahren wohnen und die natürlich selbst nicht einsehen - das kann man verstehen -, dass sie umziehen sollen. Letztlich bleibt ihnen nichts anderes übrig. Hier haben die Wohnungsunternehmen große Arbeit geleistet, Überzeugungsarbeit geleistet, auch Hilfe beim Umzug und bei anderen Dingen, die damit zusammenhängen, geleistet. Dafür sollte den Wohnungsunternehmen der Dank ausgesprochen werden.

Ich finde es wichtig, dass wir uns alle dafür einsetzen, dass es eine Folgeregelung gibt. Diese ist notwendig. In der Tat wäre es am besten, wenn die Folgeregelung so aussehen würde, dass die Länder selbst ein gewisses Mitspracherecht haben. Dieser starre Rahmen - 15 Prozent Wohnungsleerstand und Wohnungsunternehmen kurz vor dem Konkurs, sage ich jetzt mal, das ist für die Zukunft nicht der richtige Rahmen. Es müssen auch Wohnungsunternehmen in diese Förderung, in diese Altschuldenerlassförderung hineinkommen können, denen es wirtschaftlich gut geht. Darüber sollten wir auch weiter diskutieren, wenn der Bericht der Bundesregierung vorliegt. Insofern bitte auch ich um Überweisung an den entsprechenden Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scherer. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Sedlacik von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Frage der wohnungspolitischen Altschulden war schon oft Thema hier im Thüringer Landtag wie auch im Bundestag. DIE LINKE wurde jedes Mal bei ihren Anträgen in ihre Schranken gewiesen.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt erscheint es mir so, dass Sie selbst das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Aussagen des Koalitionsvertrags von CDU und FDP verloren haben. Denn dort steht - Herr Minister Carius hatte es bereits auch schon zitiert - ich zitiere: „... den Stadtumbau in den neuen Bundesländern nicht durch ungelöste Altschulden der Wohnungsunternehmen zu gefährden.“ Eigentlich alles geklärt. Berechtigterweise folgt aber auch Ihrem Optimismus nun Ernüchterung. Sprach man zunächst noch von einer Prüfung der Notwendigkeit einer Anschlussregelung, hält man es jetzt zwischenzeitlich für schwer abschätzbar,

inwieweit der Erfolg des Stadtumbaus tatsächlich von der Weiterführung der Altschuldenhilfe abhängig sei, und spricht von vorhandenen starken Anreizen zum Abriss auch ohne Altschuldenhilfe. So steht es im Bericht des Bundesbauministeriums. Zudem geht aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage im Bundestag hervor, dass es einen Erlass der Altschulden nicht geben wird. Spätestens mit der Auslobung des Gutachtens durch die Bundesregierung zur Wirkungsanalyse der bisherigen Altschuldenregelung ist klar, dass für dieses Jahr und aller Wahrscheinlichkeit auch für das nächste Jahr mit einer Lösung nicht so schnell zu rechnen ist.

Dass eine endgültige Klärung der Altschuldenfrage aber dringend notwendig ist, darin waren wir uns heute bisher alle einig. Bisher kam dieser Vorstoß aber immer von den LINKEN. Auch die einschlägigen Fachverbände mahnen wiederholt ein zügiges Handeln an; auch das wurde heute hier mehrfach schon gesagt. In der Leipziger Erklärung - Frau Doht sprach bereits davon - und am Rande der Mai-Sitzung des Bauausschusses des Bundes hörten wir, wir brauchen eine rasche Lösung der Altschuldenfrage, um die erfolgreiche Fortsetzung des Stadtumbaus in Ostdeutschland und die weitere positive Entwicklung der ostdeutschen Städte nicht zu gefährden. Selbst der Bauminister von Mecklenburg-Vorpommern, Volker Schlotmann, forderte den Bund in der Landtagssitzung am 10. Juni auf, die Wohnungswirtschaft endlich und schnell von den fiktiven Altschulden zu entlasten, andernfalls wird der Wohnungsleerstand erneut wieder ansteigen. Während die Fachverbände auf Eile drängen, scheinen die Entscheidungsträger im Bund alle Zeit der Welt zu haben. Sie loben auf der Grundlage des Koalitionsvertrags ein weiteres Gutachten aus. Dabei liegen die Zahlen und Fakten doch längst auf dem Tisch. Ich halte das Gutachten für eine weitere Zeitverzögerung. Hier wäre schnelleres Handeln besser gewesen.

Mit dem uns heute vorliegenden Antrag folgen auch Sie dieser Handlungsweise. Berichte und Schlussfolgerungen sind gut und richtig, aber Taten braucht das Land.

(Beifall DIE LINKE)

Erkenntnisse liegen seit Jahren auf dem Tisch und ich muss Ihnen sagen, die Begutachtung kostet uns weitere kostbare Zeit. Frau Doht nannte auch diese Zahl. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist im Zeitraum 2010 bis 2016 allein in Thüringen ein weiterer Rückbau von 30.000 Wohnungen erforderlich, bundesweit sind es 250.000 Wohnungen. Die Höhe der Altschulden auf leer stehenden und abzureißenden Wohnungen in Thüringen beläuft sich nach Angaben des Wohnungswirtschaftsverbands auf rund 126 Mio. €. 34 Mio. € stehen derzeit noch

im Rahmen der bisherigen Altschuldenhilfe nach § 6 a im Zuge der Verlängerung der Abruffrist dieser Mittel bis 2013 zur Verfügung. Viele Wohnungsunternehmen sind in ihrer Existenz bedroht, nicht mehr handlungs- und leistungsfähig, um insbesondere die demographisch bedingten Herausforderungen zu bewältigen und damit die soziale und ökologische Umgestaltung unserer Städte voranzubringen. Sie sehen, es geht um weit mehr als um die Existenz der Wohnungsunternehmen. Es geht bereits um die Zukunftsfähigkeit unserer Städte. Es geht um Lebensqualität für die Menschen, für die wir Verantwortung tragen. Statt das Thema auf die lange Bank zu schieben, sollen bitte Lösungen präsentiert werden. Auch wir wissen, dass hinsichtlich der wohnungswirtschaftlichen Herausforderungen die Altschuldenfrage nicht alles ist, aber ohne Altschuldenentlastung ist alles nichts.

(Beifall DIE LINKE)

Denn ohne Altschuldenentlastung fehlt den Unternehmen die Liquidität, um in energetische Sanierung oder auch in den dringend notwendigen altengerechten Umbau zu investieren. Investitionen, die wahrhaft konjunktur- und arbeitsmarktbelebend wären und, Herr Scherer, die den jungen Familien, die Sie gern nach Thüringen haben wollen, Arbeitsplätze geben würden und somit natürlich auch die Wohnungen nicht leer stehen würden. Erfolgt keine Entlastung, ist der weitere Stadtumbau in Gefahr. Dies stellt nicht nur die Wohnungswirtschaft fest, auch das Evaluierungsgutachten zum Stadtumbau macht dies im Ergebnis deutlich. Nach alledem werden die beiden ersten Punkte Ihres vorliegenden Antrags von meiner Fraktion eher schlecht als recht mitgetragen, weil Sie statt der Taten, wie gesagt, sich in Berichte und Gutachten verlieren. Fälschlicherweise wird auch noch davon ausgegangen, dass bis 2013 mit der Verlängerung der Abruffrist alles geklärt ist. Das ist nicht der Fall, denn erfasst sind nur die Unternehmen, die bis 2003 den Antrag nach dem Altschuldenhilfegesetz gestellt haben. Wir alle wissen aber doch, dass heute weit mehr betroffen sind - in Thüringen fast jedes dritte Wohnungsunternehmen. Deshalb ist der dritte Punkt Ihres Antrags, übrigens eine langjährige Forderung der LINKEN, nur folgerichtig und längst überfällig. Hier muss ich feststellen, hier wirkt auch LINKS in diesem Landtag.

(Beifall DIE LINKE)

Unsere Forderung war doch schon immer eine generelle Entlastung von den Altschulden für die abgerissenen Wohnungen, und zwar unabhängig von der wirtschaftlichen Lage und der Leerstandsquote des jeweiligen Unternehmens, so wie es jetzt in Ihrem Antrag steht. Nun endlich ist es unser gemeinsames Ziel, was konsequent auch gemeinsam weiterverfolgt

werden sollte. Da haben wir viel zu tun, damit die Kommunen und die Wohnungswirtschaft weiter handeln und auch weiter gestalten können.

Meine Damen und Herren, mit Sorge stelle ich fest, dass gegenwärtig bundespolitisch die Entwicklung eine andere ist. Denken wir nur an die angekündigten drastischen Kürzungen der Städtebaufördermittel 2011, die wir stadtentwicklungs- und sozialpolitisch sowie wirtschaftspolitisch unverantwortlich finden und was auch wir gemeinsam weiter verhindern sollten. Denn jeder investierte Euro in die Städtebauförderung löst Folgeinvestitionen von 8 € aus, genau das, was unser Land braucht, nämlich Arbeitsplätze. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Sedlacik. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Untermann von der FDPFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema Altschuldenentlastung hat für die kommunalen Wohnungsunternehmen und die Wohnungsgenossenschaften enorme Bedeutung bei ihrer wirtschaftlichen Existenz. Altschuldenentlastung der Wohnungsunternehmen ist unentbehrlich bei der Stadtplanung und für die Wirtschaftlichkeit der kommunalen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften. Auf die Wichtigkeit dieses Themas hatte, wie bereits schon erwähnt, der Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft - vtw - in den Medien aufmerksam gemacht und berechtigt aufmerksam gemacht. 80 Prozent der für Thüringen zur Verfügung stehenden Mittel wurden bereits bis Ende 2009 abgerufen, so dass in Thüringen bis zur verlängerten Abruffrist im Jahre 2013 maximal noch 8.000 Wohnungen abgerissen werden können. Aber in der momentanen Situation muss das mit Augenmaß und unter strenger Einhaltung der Verordnung zum Altschuldenhilfegesetz geschehen. Das Gesetz für die Entlastung von Altverbindlichkeiten beinhaltet einschließlich dessen Änderung durch Artikel 1 g vom 10.11.2008 fünf Grundsatzregeln, die ich hier nicht alle wörtlich zitieren möchte. An dieser Stelle aber vielleicht noch ein Hinweis an die Autoren dieses Gesetzes: In § 2 - Berechnung der Entlastung - rechnet man noch mit D-Mark. Ich weiß nicht, ob das die Zukunft ist oder ob es die Vergangenheit ist. Also das nur als Hinweis, ich denke, da müsste dann „Euro“ stehen.

Wichtig scheint mir aber folgende Regelung - § 1 Abs. 2 Punkt 1: Der Entlastungsbetrag darf nur ge

währt werden, wenn der Leerstand einschließlich der seit 1. Januar 1998 abgerissenen Wohnfläche bei Antragstellung mindestens 15 Prozent der eigenen Wohnfläche des Unternehmens umfasst. Ein wichtiges Kriterium, denn in einigen Thüringer Städten bekommt man derzeit kaum kurzfristig eine sanierte Wohnung. Wohnungsknappheit darf nicht dazu führen, dass die Mietpreise deshalb steigen. Die Altschuldenentlastung dient der Entwicklung unserer Städte. Diese Entwicklungen sollten nicht den bitteren Beigeschmack bekommen, dass staatlich verordneter Abriss zur Mieterhöhung führt. Denn der Leerstand im Jahr 2000 betrug in vielen Städten ca. 20 Prozent und weist zum jetzigen Zeitpunkt einen Stand von 5 Prozent auf. Trotz meiner Bedenken halte ich eine schnelle Entscheidung einer Anschlussregelung der Altschuldenhilfe für erforderlich, denn jedes Jahr ohne Altschuldenhilfe bedeutet für unsere Thüringer Städte eine erneute Steigerung des Leerstands um 1 Prozent.

Generell wäre eine städtebauliche Umstrukturierung und somit attraktives Wohnen ohne die Altschuldenhilfe nicht möglich. Ich bin der Meinung, dass die angespannte Thüringer Haushaltssituation es nicht zulässt, dass wir auf Bundesmittel in Form der Altschuldenhilfe verzichten können. Die Grundsatzregelungen für den Entlastungsbetrag sind zu überarbeiten und den heutigen Bedingungen anzupassen. Die Sanierung der Städte im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ bleibt ein Muss. Saniert werden sollte dort, wo berechtigte Aussichten auf neue Mieter bestehen. Weitsicht schafft Zukunft für unsere Städte. Ich bin auch für die Überweisung an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Untermann. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es wird Sie nicht überraschen, dass wir uns der Überweisung anschließen und diesen grundsätzlichen Konsens, dass wir in der Frage der Altschuldenhilfe vorankommen müssen, teilen. Der Antrag ist quasi auch vorbereitend für eine dann detailliertere Diskussion, die wir im Herbst führen, und vor allem gefährdet er den Weltfrieden nicht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings, da beziehe ich mich jetzt direkt auf den Beitrag von Frau Sedlacik, die fordert, dass es endlich eine Lösung geben muss, und zwar fordern Sie den Erlass der Altschulden unabhängig von der Leerstandsquote und der wirtschaftlichen Lage. Das kann meines Erachtens nicht sein. Wo kommen wir da hin, ohne diese Kriterien einfach Schulden zu erlassen? Das wäre finanziell nicht verantwortbar. Die Frage, die sich an dieser Stelle und dann auch im Herbst stellt, ist: In welcher Höhe sollen wir das fortführen? Reichen die 230 Mio. € bis 2013, inwieweit müssen wir dabei aufstocken? Unsere Bundestagsfraktion hat in einer Kleinen Anfrage genau das gefragt und die Bundesregierung hatte keine Information zur Höhe der Altschulden von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen. In diesem Landtag ist vor einem Jahr eine ähnliche Frage gestellt worden. Damals hatte Herr Richwien geantwortet und auch er hat keine Angaben zur Höhe der Altschulden gemacht. Auch gäbe es keine Angaben vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft. Insofern stellt sich schon die Frage: Bei den Hinderungsgründen, die es vielleicht gibt, detaillierte Zahlen vorzulegen - es geht immerhin um teilweise privatrechtliche Unternehmen -, muss man doch konstatieren, wenn wir diese Höhe nicht wissen und das auch nicht kennen, dann fällt es sicherlich schwer, die Diskussion darüber zu führen, sie auch politisch im Bund zu führen, insofern die Hoffnung, dass mit dem Gutachten im Herbst hier etwas mehr Licht ins Dunkel kommt.

Abschließend noch ein Stichwort, das auch gerade schon einmal gefallen ist. Wir reden über den Wohnungsbau, wir reden über den Wohnungsabriss, wir reden darüber, dass wir im Wohnungsbestand ein großes Problem haben. Wir haben ein großes Problem, was die Energiebilanz angeht. Ein Drittel der Gesamtenergie in Deutschland wird im Gebäudebereich verbraucht. Wir haben zurzeit eine Sanierungsquote von 0,7 Prozent, bräuchten eigentlich 3 Prozent, das heißt, wir sind fern davon, unsere Klimaschutzziele, die sich Deutschland vorgenommen hat, zu erfüllen, wenn wir hier nicht etwas tun. Die Bundesregierung macht genau das Gegenteil von dem, was geboten wäre. Sie will die KfW-Mittel für die Gebäudesanierung drastisch zusammenstreichen. Das ist sehr kontraproduktiv, deswegen hier die Forderung, auch der Vorschlag, dass, wenn wir über Stadtumbau Ost reden, über die Altschuldenhilfe, über alle Programme, wir in diesem Zusammenhang darüber reden müssen, an welchen Stellen es Sinn macht, sie mit Auflagen, mit Kriterien der energetischen Sanierung zu verknüpfen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schubert. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I erfüllt ist? Ich sehe, es regt sich kein Widerspruch.

Dann habe ich den Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Ich frage sicherheitshalber noch einmal: Gibt es auch den Wunsch zur Weiterberatung des Sofortberichts im Ausschuss? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir nun zur Abstimmung über die Überweisung der Nummern II und III des Antrags an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Wer mit dieser Überweisung einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag an den genannten Ausschuss überwiesen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 10

Thüringen aktiv gegen den An- bau von gentechnisch verän- derten Pflanzen Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/989 - dazu: Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1010 -

Wünscht jemand aus den Fraktionen der CDU und der SPD das Wort zur Begründung zu ihrem Antrag? Das sehe ich nicht. Wünscht jemand von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung zu ihrem Alternativantrag? Das sehe ich auch nicht. Dann eröffne ich jetzt die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Primas von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, schon im Januar dieses Jahres haben wir uns mit dem Thema Gentechnik hier im Landtag befasst. Damals hatte ich Ihnen, denke ich, auch schon mal aus dem Koalitionsvertrag zitiert. Ich will das erneut tun. „Die Koalitionspartner streben an, dass in Thüringen keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden.“ Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir einen Schritt nach vorn gehen und unser Anliegen konkretisieren.

Aber eines vorweg: In Thüringen erfolgt derzeit kein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, weder auf landeseigenen noch auf privaten Flächen.

Für die landwirtschaftlichen Flächen, für die das Land direkte Verantwortung trägt, soll das auch so bleiben. Die Grenzen unseres Antrags liegen dort, wo das Land keinen Einfluss nehmen kann. Wenn sich ein Landwirt entschließt, EU-weit zugelassene gentechnisch veränderte Sorten anzubauen, können wir das nicht verhindern. Uns geht es deshalb darum, die Zulassungsverfahren noch transparenter durchzuführen und die Zulassung weiterer gentechnisch veränderter Pflanzen durch die EU-Kommission ausschließlich auf der Basis wissenschaftlicher Bewertungen bei Sicherstellung des maximalen Schutzes der Verbraucher durchzuführen. Schon jetzt sind vor der Marktzulassung zum Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zahlreiche Untersuchungen zu durchlaufen. Die Zulassung beinhaltet eine Risikobewertung durch entsprechende Experten. Zugelassen werden nur Pflanzen, die nach dem derzeitigen Stand des Wissens als sicher für die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt erachtet werden. Dennoch, meine Damen und Herren, ist die Akzeptanz in der Thüringer Bevölkerung und der Öffentlichkeit für gentechnisch veränderte Pflanzen wie in anderen Bundesländern auch nach wie vor sehr gering. Daneben fehlen noch immer gesicherte Informationen über langfristige wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen, das heißt, die mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einhergehenden Risiken konnten bisher noch nicht abschließend geklärt werden. In unserem Antrag sprechen wir uns deshalb dafür aus, auf den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Thüringen zu verzichten. Wir befinden uns dabei in guter Gesellschaft mit landwirtschaftlich geprägten Regionen, zum Beispiel Österreich, Italien, Frankreich, aber auch Bayern ist dabei. Regionale Besonderheiten, Traditionen und Identitäten erfordern auch mit dem Blick auf die Marke „Geprüfte Qualität Thüringen“ den Verzicht auf Gentechnik im landwirtschaftlichen Anbau. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, bei der landwirtschaftlichen Nutzung landeseigener Flächen auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu verzichten und bei der Verpachtung landeseigener Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auszuschließen.

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen im Konflikt mit der konventionellen und der biologischen und ökologischen Landwirtschaft steht und damit auch im Konflikt mit der Existenzgrundlage und dem Betriebsmodell nahezu aller Thüringer Landwirte. Uns erscheint nach wie vor eine Koexistenz zwischen gentechnikfreier Landwirtschaft und einem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen unmöglich. Deshalb wenden wir uns auch an die Städte und Gemeinden hier im Land, sie können gentechnikfreie

Zonen initiieren oder bereits bestehenden beitreten und so eine Aufnahme Thüringens in das europäische Netzwerk gentechnikfreier Regionen ermöglichen. Dies, meine Damen und Herren, trägt zum positiven Image Thüringens bei.