Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

Herr Carius hat ja die Schutzhelmpflicht ins Spiel gebracht, auch ein kleiner Baustein in dem ganzen Aspekt, wie wir die Sicherheit auf unseren Straßen verbessern können. Trotzdem kann auch das nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir - und jetzt bin ich wieder beim Fahrradhelm - sehr viele Defizite haben. Wir tun viel für touristische Radwege, im Bereich Alltagsverkehr nicht. Die paar Kilometer Radwege, die im Haushalt 2010 an Landesstraßen reingeschrieben sind, sind verschwindend gering. Ich erinnere an die Todesfälle im Weimarer Land, an Landesstraßen ohne begleitenden Radweg. Zusammenfassend: Das Engagement an dieser Stelle ist gut.

(Beifall CDU)

Wir unterstützen den Antrag, aber wir möchten es gerne ausweiten, wir möchten einen ganzheitlichen Ansatz, der auch berücksichtigt - und da bin ich Frau Lukin sehr dankbar, dass sie das ins Spiel gebracht hat -, wenn junge Leute in ländlichen Regionen auch ein attraktives Angebot hätten - und an vielen Stellen haben sie das nicht -, nachts mit dem Bus fahren zu können, dann wird auch das noch einmal das Unfallrisiko verringern, auch wenn wir das mit dem begleiteten Fahren schon tun. In einigen ländlichen Regionen Thüringens gibt es 80 Prozent Menschen, die nie Zug fahren. Wir müssen uns mal fragen, warum das der Fall ist. Insofern noch einmal: Kompetenz Autofahren ist gut. Was wir brauchen, ist eine Kompetenz zur Mobilität; wir brauchen ein entsprechendes Angebot im Nahverkehr, so dass man diese Kompetenz dann auch ausleben kann. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Schubert. Es hat jetzt die Abgeordnete Doht von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte von der allgemeinen Thematik Verkehrspolitik, die hier von der Abgeordneten Schubert aufgemacht wurde, wieder zurückkommen zu dem Thema unseres Antrags, nämlich „Begleitetes Fahren mit 17“, dass dieses Modellprojekt auf Bundesebene in eine Dauerregelung überführt werden soll, sprich die StVO dahin gehend geändert werden soll. Ein nicht unerhebliches Problem, das ist - wie von vielen schon gesagt worden ist - das überdurchschnittlich hohe Unfallrisiko von Fahranfängern. Die Gründe liegen auf der Hand. Es ist zum einen die Unerfahrenheit, die falsche Einschätzung von Situationen, sei

es der Sicherheitsabstand oder die Geschwindigkeit, aber - auch das muss man sagen - auch Mutproben sind unter Jugendlichen an der Tagesordnung. All diese Risikofaktoren können durch das begleitete Fahren minimiert werden. Es ist eine Antwort auf dieses Problem.

Niedersachsen hat bereits 2004 als erstes Bundesland dieses Modellprojekt gestartet. Frau Tasch hat hier schon gesagt, wie es funktioniert; die Jugendlichen machen mit 16,5 Jahren die Fahrerlaubnis, mit vollendetem 17. Lebensjahr können sie dann in Begleitung eines Erwachsenen fahren. Diese Begleitperson, es können auch mehrere Begleitpersonen für einen Jugendlichen zuständig sein, muss das 30. Lebensjahr vollendet haben, seit fünf Jahren im Besitz der Fahrerlaubnis sein und sie darf auch nicht mehr als drei Punkte in Flensburg haben. Niedersachsen hat diesen Modellversuch auch wissenschaftlich begleiten lassen. Die Uni Gießen hat das Ganze ausgewertet. Frau Dr. Lukin, da muss ich Ihnen widersprechen mit dem Aufspringen auf den fahrenden Zug: Bereits 2006 haben wir im Bau- und Verkehrsausschuss des Thüringer Landtags sehr intensiv darüber diskutiert, ob wir diesen Modellversuch von Niedersachsen auf Thüringen ausweiten wollen. Die Landesregierung war anfangs zurückhaltend, aber im Frühjahr 2007 hat sich dann auch Thüringen diesem Modellversuch angeschlossen. Die Ergebnisse zeigen doch, dass das Ganze eine sehr positive Auswirkung auf das Unfallrisiko und auf die Unfallhäufigkeit hat. Herr Minister Carius hat die Thüringer Ergebnisse genannt, nämlich dass wir 18 Prozent weniger Verkehrsverstöße hatten und 19 Prozent weniger Verkehrsunfälle. Die Ergebnisse in Niedersachsen liegen noch darüber. Die weisen 22,7 Prozent weniger Verkehrsverstöße auf und sogar 28,5 Prozent weniger Unfälle. Nachdem sich Baden-Württemberg als letztes Bundesland dann diesem Modellversuch angeschlossen hat, ist dieser auch als befristete Regelung auf Bundesebene umgesetzt worden. Diese würde zum Jahresende auslaufen, wenn es nicht jetzt zu einer Verstetigung käme. Daher fordern wir mit unserem Antrag, dass sich die Landesregierung gegenüber dem Bund dafür einsetzt und dann sehen wir es nur positiv, wenn es auf Bundesebene eine genauso große Zustimmung zu diesem Antrag gibt wie hier im Land. Bislang habe ich hier niemanden gehört, der dies ablehnt.

Auch wenn man mal über die Parlamente hinausschaut, der Deutsche Verkehrsgerichtstag hat festgestellt, dass die Möglichkeit des Führerscheinerwerbs mit 17 Jahren und die Begleitung durch Erwachsene eine deutliche Verringerung des Unfall- und Deliktrisikos sowie eine hohe Akzeptanz bei den angesprochenen Zielgruppen aufweist. Er fordert daher eine Überleitung in eine dauergesetzliche Verankerung und die Erweiterung des Anwendungsbe

reichs des begleiteten Fahrens. Darüber muss man sicherlich reden, auch über das Thema früher Erwerb Mopedführerschein oder dass man mit dem Erwerb des Pkw-Führerscheins automatisch den Mopedführerschein hat. Das war übrigens zu DDRZeiten schon einmal so. Ich habe mit meinem PkwFührerschein damals noch den Mopedführerschein erworben und durfte auch fahren. Ob ich es kann, habe ich nicht probiert. Wir schließen uns den Forderungen an, dass zuerst einmal das begleitete Fahren mit 17 in Dauerrecht auf Bundesebene überführt wird und wir werden uns natürlich einer weiteren Diskussion zum Thema Verkehrssicherheit, insbesondere auch für junge Fahrer, nicht verschließen. Da gehören auch solche Dinge dazu wie ÖPNV oder auch ein Thema, was wir hier auch schon einmal diskutiert haben, Taxi für Jugendliche oder das Projekt BOB, welches wir zum Beispiel in Eisenach haben, das auch von den Medien sehr gefördert wird, dass sich ein Fahrer bereit erklärt, an dem Abend nicht zu trinken und den Rest der Gruppe nach Hause zu fahren. All diese Dinge sind letztendlich dazu angetan. Ich sage auch noch eins: Bei alledem können wir auch die Verantwortung nicht von den Eltern wegnehmen. Ich denke, jedes Elternteil hat die Verantwortung, wenn die Kinder den Führerschein machen, sich dann erst einmal mit daneben zu setzen und zu sehen, können sie fahren und vielleicht die eine oder andere Hilfestellung noch zu geben.

(Beifall CDU, SPD)

Danke Frau Abgeordnete Doht. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Untermann von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich werde das, was bereits gesagt wurde, alles noch einmal richtig schön wiederholen.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Sehr gut.)

Nein. Ich mache das nicht.

(Beifall CDU)

Das begleitete Fahren mit 17 Jahren hat sich nach meiner Meinung im Großen und Ganzen bewährt. Wenn ich jetzt sage, im Großen Ganzen möchte ich hier einige Ergänzungen zur Diskussion stellen. Nach Rücksprache mit Fahrlehrern, anderen Verkehrsexperten, anderen Verkehrsteilnehmern sollte man Folgendes verändern. Das wussten teilweise manche Experten noch gar nicht. Der momentane

Stand besagt, ist man im Besitz der Fahrerlaubnis für Pkw, so sind in dieser die Berechtigungen Klasse M „Moped“, war schon erwähnt worden, Klasse S „dreirädrige Kleinkrafträder“ und Klasse L „Zugmaschinen“ integriert. Beim Führen dieser Fahrzeuge kam es zu einer erhöhten Unfallstatistik, da in diesen Klassen keine praktische Fahrausbildung erfolgt und ein Fahren ohne Begleitperson möglich ist. Die FDP befürwortet begleitetes Fahren mit 17 nach dem 31.12.2010 dauerhaft gesetzlich zu verankern und spricht folgende Empfehlung aus: Die Klassen M, S, L für den Zeitraum bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres herauszunehmen, so dass nur das Fahren eines Pkw mit Begleitperson möglich ist.

(Beifall FDP)

Wichtig erscheint mir noch, darauf hinzuweisen, es gibt hier genug Anbieter, dass, nachdem das 18. Lebensjahr erreicht ist, Fahrtüchtigkeitstraining für Anfänger genutzt wird als eine zusätzliche Maßnahme, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Der Grundgedanke des begleiteten Fahrens ist richtig und hat sich bewährt und findet unsere volle Unterstützung. Danke.

(Beifall FDP)

Danke Herr Abgeordneter Untermann. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete König von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mich wundert etwas, dass bisher noch niemand Weltfrieden erwähnt hat. Insofern übernehme ich das an dieser Stelle zum Thema begleitetes Fahren mit 17. Aus jugendpolitischer Sicht ist dieser Antrag nur zu unterstützen und positiv zu beurteilen, dass er auch von den Fraktionen, insbesondere der CDU, aber auch der SPD kommt. Wir als Fraktion DIE LINKE unterstützen die Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen an die heutigen veränderten Lebenswelten von Jugendlichen und finden das natürlich sehr gut, dass Sie, insbesondere die CDU-Fraktion, dies auch tun. Das einzige, was für mich - und ich denke, nicht nur für mich, Frau Schubert, hat es hier auch schon erwähnt - als Frage bleibt, ist, wieso diese veränderten Lebenswelten nur in diesem spezifischen Bereich wahrgenommen werden und dann auch entsprechend gehandelt wird und nicht auch in anderen Lebensbereichen und da ganz konkret, nämlich die Absenkung des Wahlalters auf 16.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Schubert hat es angesprochen, lebensgefährlich ist bestimmt nicht, wenn man allein zur Wahl geht. Lebensgefährlich kann aber trotz Begleitung das Fahren sein.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern hoffe ich, dass sich die Erkenntnis darüber auch bei der CDU-Fraktion vielleicht wenigstens noch in Teilen durchsetzt. Wir werden heute dem Antrag zustimmen. Ich bitte um Ihre Zustimmung, wenn es dann um die Absenkung des Wahlalters auf 16 geht. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete König. Ich habe jetzt niemanden mehr auf meiner Rednerliste, frage gleichzeitig, ob das Berichtsersuchen zu Nr. I erfüllt ist. Da sehe ich keinen Widerspruch. Ich habe keinen Antrag auf Überweisung an die Ausschüsse.

Wir kommen direkt zur Abstimmung zum Antrag, und zwar kommen wir zur Abstimmung über die Nr. II des Antrags der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 5/991. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Gibt es Enthaltungen? Dann ist der Antrag hiermit einstimmig angenommen. Danke.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 12 und wir kommen zum Tagesordnungspunkt 14

Abschiebestopp für Roma in den Kosovo Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1063 -

dazu: Entschließungsantrag der

Fraktionen DIE LINKE und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

- Drucksache 5/1149 -

Wünscht jemand aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung. Bitte, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben diesen Antrag eingebracht, weil er eine aktuelle Relevanz hat und hoffen natürlich auf breite Unterstützung, auch wenn ich, das muss ich jetzt noch einmal erwähnen nach

dem Ausruf vorhin von Herrn Heym, der hier einen Ausdruck genutzt hatte, der immer wieder für eine der Menschengruppen, um die wir uns hier sorgen, als Diskriminierung verwandt wurde, mal eben so im Raum hat stehen lassen, was ich für absolut nicht hinnehmbar halte. Das muss ich an dieser Stelle noch einmal sagen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war auch kein Witz von meinem Kollegen Herrn Adams, der Sie deshalb um Entschuldigung bei eben dieser Menschengruppe gebeten hatte, für die wir jetzt sprechen wollen, weil wir uns Sorgen um sie machen. Wie Sie wissen, gibt es einen Erlass, den der Bundesinnenminister unterzeichnet hat, ein Abkommen mit dem Kosovo, das die wechselseitige Rückübernahme ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei regeln soll.

Ich möchte Sie noch einmal auf die Situation der Roma hinweisen, wie sie von Amnesty International im letzten Bericht wiedergegeben wurde. Roma leben am Rande der Gesellschaft, und zwar gilt das europaweit. Sie gehören zu den am meisten sozial benachteiligten Gruppen. Romagemeinschaften leiden in ganz Europa unter massiver Diskriminierung. Ihnen werden oftmals Rechte auf Wohnen, auf Arbeit, auf medizinische Versorgung, auf Ausbildung verweigert. Oft sind sie Opfer von Zwangsumsiedlungen, rassistischen Übergriffen und Misshandlungen, auch durch die Polizei im Übrigen. In vielen Ländern wird ihnen die Staatsbürgerschaft verweigert. Roma und Ashkali und Ägypter aus dem Kosovo sind vor Verfolgung nach dem Krieg geflohen bzw. nach den ethnischen Gewalterfahrungen von 2004. Wir wissen es, viele leben seit vielen Jahren auch hier unter uns. Die Bischofskonferenz, die Migrationskommission derselben, hat ebenfalls vor frühzeitiger Abschiebung von Roma und anderen Minderheiten in den Kosovo gewarnt. Ich würde gern den Hildesheimer Bischof Trelle zitieren, der seine Sorge ausdrückte über die Situation von Familien mit Kindern, die in unserem Land geboren oder aufgewachsen, hier integriert sind und eine Zukunftsperspektive in Deutschland haben. Er sagt: „Sie haben kaum einen Bezug zum Kosovo und müssen in eine ihnen unbekannte fremde Heimat zurückkehren, deren Sprache sie häufig nicht oder nur sehr mangelhaft beherrschen. Ihnen eine Zukunftsperspektive in Deutschland zu eröffnen, ist ein Gebot der Menschlichkeit.“

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben diesen Antrag heute hier eingebracht, weil wir darauf hoffen, dass die Ausländerbehörde des Freistaats per Erlass dazu anweisen wird, keine

Abschiebungen von Roma, Ashkali oder Angehörigen der Ägypter aus dem Kosovo durchzuführen, und wir möchten darauf hinwirken, dass ein bundesweiter Abschiebestopp verfügt wird. Dazu gibt es schon diverse Petitionen und Aufrufe. Wir hoffen, dass sich dem der Thüringer Landtag heute fraktionsübergreifend anschließt, um ein Zeichen für Menschlichkeit zu setzen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort hat die Abgeordnete Kanis von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe mich sehr intensiv mit Berichten aus dem Kosovo und den Darstellungen der Bundesregierung dazu befasst. Gelesen habe ich dazu, dass die Wohnsituation im Kosovo sehr schwierig ist, dass es Probleme insbesondere mit Eigentumsfragen gibt, neue Besitzer in Häusern wohnen, wenn sie überhaupt noch stehen und die ehemaligen Besitzer keinen Zugang mehr haben, dass auch Wohnraum nur sehr begrenzt vorhanden und wenn, dann nur unzureichend isoliert oder beheizbar ist. Ich konnte auch nachlesen, dass in den Städten slumartige Siedlungen am Rande der Stadt zur Unterkunft für Roma und ähnliche Minderheiten vorhanden sind. In den ländlichen Gebieten ist die Angst vor ethnischer Gewalt und Repressalien so groß, dass sie meist nur in sogenannten Romasiedlungen wohnen und dadurch wieder isoliert, ausgegrenzt und perspektivlos leben. Die soziale Absicherung in Form von Sozialhilfe ist nur für wenige und dann auch bei Weitem nicht annähernd ausreichend möglich. Probleme gibt es nach den Berichten auch mit den Meldestellen. Papiere, die für die Ausreise aus Deutschland ausreichten, werden im Kosovo nicht anerkannt. Dadurch bekommen die Menschen keine Unterstützung durch die staatlichen Behörden. Unterstützung erfolgt in der Regel nur über Familien, die im Ausland leben und ihre Familienmitglieder im Kosovo finanziell unterstützen. Bricht dies weg, vermehrt sich das Elend der bereits dort lebenden Menschen und birgt so weitere Risiken für zurückzuführende Menschen. Bei der Gesundheitsvorsorge fehlt es an medizinischer Versorgung, vor allem in den abgelegenen Siedlungen, oder sie ist so teuer, dass eher darauf verzichtet wird selbst bei lebensbedrohlichen Krankheiten. Als Einkommensquelle dient oftmals nur eine gelegentliche Tageslohnarbeit als Erwerbstätigkeit. Auch bei der Bildung für Kinder und Jugendliche gibt es Probleme. Die Kinder, die die meiste bzw. die ganze Zeit ihres Lebens in Deutschland verbracht

haben, sprechen in der Regel deutsch, zum Teil romanis, aber in der Regel kein serbisch und kein albanisch. Damit ist für sie ein erfolgreicher Schulbesuch nicht möglich. Es gibt für sie kaum oder keine Ausbildungschancen, kaum Arbeitsmöglichkeiten und eine Abschiebung kommt im Prinzip einer Entwurzelung dieser Kinder und Jugendlichen gleich.

Ich wollte mit meiner Familie unter keinen Umständen dort unter diesen Bedingungen leben und dabei gehöre ich ja nicht einmal einer dieser Minderheiten an, um die es in diesem Antrag geht. Demgegenüber steht die Einschätzung der Bundesregierung, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert hätten und weiter verbessern werden, aber auch die Einschätzung, dass keine staatlichen Repressalien für die Angehörigen von Minderheiten zu befürchten seien, greift für mich zu kurz, da die Repressalien ja nicht von staatlicher Seite zu erwarten sind. Deshalb fordere ich im Namen meiner Fraktion, jedes Schicksal einzeln zu prüfen und dies schließt die persönlichen Lebensperspektiven insbesondere von Kindern und Jugendlichen ein. Alle Möglichkeiten sollten genutzt werden, dass die verschiedenen Bleiberechtsregelungen im Interesse des Einzelnen völlig ausgeschöpft werden. Durch die Härtefallkommission, die es in Thüringen gibt und die auch bereits genutzt wurde, sollten die Situation und die persönlichen Schicksale jedes Einzelnen intensiv geprüft werden. Nach der Ratifizierung des Rücknahme- und Sicherheitsabkommens durch den Kosovo, welches zwischen den Staaten geschlossen wurde und auf völkerrechtlicher Grundlage zustande kam, hat Thüringen nach § 23 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet nur dann eine Möglichkeit für eine separate Regelung, wenn diese im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern erfolgt. Dies muss unbedingt durch die FDP gemeinsam mit der CDU im Bund erfolgen. Eine eigene Thüringer Möglichkeit über eine Entscheidungsbefugnis liegt, wie bereits erwähnt, in der Einrichtung einer Härtefallkommission, die in § 23 a Abs. 1 dieses Gesetzes geregelt ist. Damit erreichen wir für die 48 in Thüringen lebenden Betroffenen eine schnellere Entscheidung als möglich wäre, wenn wir eine Bundesratsinitiative ergreifen, für die die Unterstützung durch die anderen Bundesländer erst hergestellt werden müsste. Solange keine Regelung auf Bundesebene erfolgt, ergibt für uns die Zustimmung zu Ihrem Antrag keinen Sinn, so gern wir uns im Interesse der Betroffenen eine generelle Lösung wünschen. Danke.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kanis. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Berninger von der Fraktion DIE LINKE.