Aber ich bin mir sicher, dass wir uns, wenn wir über den Bericht 2008 in absehbarer Zeit hier diskutieren, ebenfalls über Gegenwart und Zukunft streiten. Wo Sie ja recht haben, haben Sie ja recht und da nehme ich das auch an. Ich danke.
Das kommt ja immer darauf an, wie man Kontakte zur Prüfbehörde pflegt. Aber da kann man sich überraschen lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mehr über Gegenwart und Zukunft streiten wir und hier machen sich noch einmal einige Anmerkungen aus meiner Sicht erforderlich, weil wir bisher eine sehr oberflächliche Diskussion erlebt haben. Manche Probleme wurden bisher vollkommen ausgeblendet.
Nur am Rande möchte ich anmerken, Herr Kowalleck, als Berichterstatter sollte man wiedergeben, wie das Abstimmungsverhalten im Ausschuss war und da gab es eine mehrheitliche Empfehlung für die Entlastung der Landesregierung. Aber meine Kollegin Birgit Keller hat ja darauf schon verwiesen,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Lehmann und auch Herr Dr. Pidde haben hier zu Recht dargelegt, wie sich unter den gegenwärtigen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen die Einnahmesituation des Freistaats entwickeln wird.
Wenn ich diese Reden aber bewerte, waren sie eine Art Kapitulation vor den Realitäten und haben wenig Hoffnung für alle Betroffenen, die vom Landeshaushalt in irgendeiner Art und Weise abhängig sind oder damit in Zusammenhang stehen, entwickelt. Eigentlich hätte ich von beiden erwartet, da sie auch die Landesregierung stellen, dass sie in dieser Situation diese Art Hoffnung doch zumindest ansatzweise vermitteln.
Da bin ich aber überzeugt, sie haben selbst die Dimension entwickelt - 3 Mrd. €. Wie sollen denn 3 Mrd. € allein durch Ausgabenkürzungen auch nur ansatzweise dargestellt werden? 3 Mrd. €, das ist mehr als der gesamte Kommunale Finanzausgleich und mehr als die gesamten Personalkosten, wenn ich die Blöcke einzeln betrachte. Wie soll das das Land aus eigener Kraft schaffen?
Deshalb bin ich überzeugt, wir brauchen eine Fortführung der Diskussion zur Föderalismusreform II, wo der Versuch unternommen wurde, die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu zu ordnen. Das ist ja vollkommen gescheitert. Da vermisse ich bisher Signale der Landesregierung. Wir haben jetzt noch die Zeit, mit dem Bund die Diskussion zu führen. Wir führen mit den Kommunen die Diskussion, vonseiten der Landesregierung auch sehr oberflächlich - zum Schluss hat eben das Verfassungsgericht die Grundsätze entwickelt und festgelegt, dass die Kommunen einen Anspruch haben auf eine angemessene Finanzausstattung, und zwar auf Grundlage des Aufgabenkatalogs.
Notfalls müssen wir mit dem Bund in gleicher Richtung reden und diskutieren, dass wir einen Anspruch haben auf eine angemessene Finanzausstattung, und zwar entsprechend der Aufgaben, die wir als Land zu erfüllen haben. Wir können die entstehende Deckungslücke von 3 Mrd. € aus eigener Kraft nicht schließen. Wer das den Leuten verspricht, dass man das durch Kürzungen hinbekommt, auch die FDP, es gibt ja keinen Vorschlag. Ihr Minivorschlag mit den Pensionszahlungen, das unterliegt ja nicht einmal den Schwankungen der jährlichen Inflation, geschweige denn, dass das ein struktureller Vorschlag ist.
Natürlich können wir auch über eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform diskutieren. Die wird aber keine 3 Mrd. € bringen. Wir reden dort ja über eine Dimension, was auch schon viel ist, bis 500 Mio. € mittelfristig, allerdings nur, wenn wir die Landesebene in diese Diskussion einbeziehen. Wir
brauchen nicht über eine Funktional-, Verwaltungsund Gebietsreform zu diskutieren, die sich nur auf kommunaler Ebene bewegt. Wir müssen auf der Landesebene beginnen, die Dreistufigkeit, die Sonderbehörden, Mittelbehörden usw. Aber da die Illusion zu haben, die Deckungslücke, die sich jetzt aufmacht, zu schließen, das hat nichts mehr mit der Realität zu tun. Gegebenenfalls redet die Landesregierung ja jetzt noch, möglicherweise die Finanzministerin, und wird dann, vielleicht in Ergänzung der Redner der Regierungskoalition, die von mir jetzt angemahnte Strategie mal darlegen.
Ein Hinweis noch an Frau Lehmann: Im Innenausschuss hat die überörtliche Kommunalprüfung schon eine Rolle gespielt. Wir hatten das beantragt, der Antrag ist durch die GRÜNEN unterstützt worden, war auf der Tagesordnung. Wir werden das fortsetzen. Wir haben noch kein richtiges Verfahren gefunden, wie wir mit diesem Bericht der überörtlichen Prüfung umgehen. Da müssen wir auch noch einmal eine Diskussion führen, ob wir das Gesetz zur überörtlichen Prüfung noch einmal nachbessern müssen, denn auch auf kommunaler Ebene ist völlig unklar, wie man mit diesen Prüfungsberichten umgeht. Da ist selbst strittig, ob die Gemeinderäte und Kreistage dort überhaupt ein Recht haben, mit der Verwaltung in den Dialog zu treten, wie man mit der Prüffeststellung aus der überörtlichen Prüfung umgeht. Im Gesetz ist nur geregelt, es wird der Gemeinde übergeben und der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, aber kein Verfahren. Also auch darüber müssen wir reden. Wir können sicherlich im Ausschuss darüber diskutieren. Sie sorgen ja dauernd dafür, dass der Innenausschuss wie alle anderen Ausschüsse nicht öffentlich ist. Wir haben natürlich die Variante, es hier ins Plenum zu holen, aber es sind ja immer wieder Einzelfälle. Das ist auch nicht das effektive Verfahren. Wenn dort die CDU Änderungsbedarf sieht, sind wir gern bereit, sehr frühzeitig dort in eine Diskussion einzutreten, um das Gesetz der überörtlichen Prüfung nochmals nachzubessern.
Die SPD ist ja heute in einer sehr komplizierten Situation. Sie müssen heute das Regierungshandeln der Althaus-Regierung absegnen, was Sie damals aber heftigst kritisiert haben. In der Situation möchte ich nicht sein. Herr Dr. Pidde hat ja so einen ganz kleinen Ansatz von Kritik gehabt; im Haushalts- und Finanzausschuss nicht, da haben Sie uneingeschränkt der Landesregierung für 2007 die Entlastung erteilt. Wir wissen, es ist natürlich kompliziert, dieses Verfahren. Aber ein bisschen mehr Kontinuität in Ihrem Handeln und Zurückerinnern an die Position aus dem Jahre 2007 wäre angeraten. Was heute gar nicht diskutiert wurde, was der Präsident des Landesrechnungshofs in einem Zeitungsinterview noch mal thematisiert hat und was auch Gegenstand des 2007er-Berichts war, war die Tatsache, dass die Landesregierung immer noch
keinen Umgang mit den alternativen Finanzierungsmodellen gefunden hat. Da geht es um eine Größenordnung von 600 Mio. €. Der Präsident des Landesrechnungshofs hat zu Recht angemahnt, dass bisher eine Erfolgskontrolle fehlt. Auch dort fordern wir die Landesregierung auf, sich diesbezüglich nun mal zu äußern. Ist die Forderung des Landesrechnungshofs überzogen oder ist sie berechtigt? Der Landesrechnungshof hat ja formuliert, diese Erfolgskontrolle ist zwingend vorgeschrieben. Da soll auch im laufenden Verfahren, also während der Nutzungsdauer, überprüft werden, ob diese alternative Finanzierung tatsächlich kostengünstiger ist als die klassische Finanzierung über den Haushalt. Auch dort erwarten wir noch einmal eine Positionierung der Landesregierung. Wenn Herr Dr. Pidde noch einmal zu Recht auf Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform verweist, macht er noch einmal auf eine der ungelösten Baustellen dieser Landesregierung aufmerksam. Erst vor wenigen Tagen hat der Fraktionsvorsitzende der CDU gesagt, Kreisgebietsreform usw. ist tabu. Er hat jetzt wieder einen neuen Vorschlag gemacht, nämlich die kommunale Gemeinschaftsarbeit über Kreisgrenzen hinaus zu qualifizieren. Da müssen wir aber das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit erst einmal insgesamt wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Es schafft nämlich einen breiten Raum für entdemokratisierte Strukturen, wo der Bürger nicht mitzureden hat und die Gemeinden auch nicht. Deshalb, wenn sie tatsächlich die kommunale Gemeinschaftsarbeit qualifizieren wollen, auch zwischen den Landkreisen, müssen wir das Gesetz insgesamt reformieren. Ich darf heute schon ankündigen, dass unsere Fraktion hierzu dem Landtag Vorschläge unterbreiten wird. Bereits in der 3. und 4. Legislaturperiode waren diese Vorschläge zur Demokratisierung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit Gegenstand von Diskussionen hier im Landtag. Damals hat die CDU Alleinregierung und die Mehrheit hier im Landtag bedauerlicherweise das alles vom Tisch gewischt. Jetzt bleibt es abzuwarten nach den Ankündigungen vom Fraktionsvorsitzenden der CDU, ob sich da vielleicht auch ein Umdenkungsprozess abgespielt oder ergeben hat.
Eine letzte Anmerkung, weshalb unsere Fraktion der Landesregierung für den Haushaltsvollzug keine Entlastung geben kann: Auch 2007 hat die Landesregierung mit dem Haushaltsgesetzgeber - und wir sind Herr des Verfahrens - Katz und Maus gespielt. Eine Haushaltsabweichung im dreistelligen Millionenbereich ohne wesentliche Beteiligung des Landtags ist aus meiner Sicht doch schon sehr fragwürdig. Da fragt man sich, warum hier im Landtag umfassende Haushaltsdiskussionen geführt werden, wenn dann die Landesregierung im Haushaltsvollzug doch mehr oder weniger macht, was sie will. Dort noch einmal die Aufforderung an die Landesregierung: Akzeptieren Sie die Haushalts
kompetenz des Landtags und betrachten Sie zumindest beim Haushaltsvollzug den Landtag als Partner und nicht als jemanden, den Sie durch fragwürdige Regelungen auch im Haushaltsgesetz und in der Landeshaushaltsverordnung umgehen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben noch nichts von der Landesregierung gehört, wie auch nur ansatzweise die angegebenen Kürzungsziele erreicht werden sollen, außer der Verunsicherung von verschiedenen Partnern, die vom Landeshaushalt abhängig sind, wie die Schulen in freier Trägerschaft, was wir gestern diskutiert haben. Hier ist die Landesregierung in einer Bringschuld gegenüber dem Landtag um die Diskussion zu versachlichen.
Eine abschließende Anmerkung zur FDP: Wenn Sie nicht aufhören, das Gemeinwesen infrage zu stellen durch permanente finanzielle Aushöhlung, stellen Sie sich selbst in diesem politischen System infrage und der Wähler auf Bundesebene hat das offenbar erkannt. Danke.
Danke, Herr Abgeordneter. Aus der Mitte des Hauses liegen mir jetzt keine weiteren Redewünsche vor. Gibt es die bei der Landesregierung? Das ist auch nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Landesregierung.
Wir stimmen ab über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 5/1316 zu dem Antrag der Landesregierung auf Entlastung für das Haushaltsjahr 2007. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen von CDU und SPD. Gegenstimmen? Mit großer Mehrheit der Fraktion der LINKEN. Stimmenthaltungen? Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Ich danke Ihnen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu dem Antrag des Thüringer Rechnungshofs. Wir stimmen auch hier über die Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses in der Drucksache 5/1317 zu dem Antrag des Thüringer Rechnungshofs auf Entlastung für das Haushaltsjahr 2007 ab. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen der FDP, CDU, SPD und DIE LINKE. Ich frage nach Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Schlechterstellung von Kindern und Alleinerziehenden verhindern - Sparpaket ablehnen, finanziellen Mehrbelastungen für den Freistaat entgegentreten Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1307 dazu: Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/1358
Herr Präsident, meine Damen und Herren, in der ersten Sitzungswoche des Bundestages nach der Sommerpause, also in der Woche vom 13. bis 17.09., wird die konservativ-liberale Bundesregierung ihr Sparpaket zur Diskussion in den Bundestag einbringen. Meine Damen und Herren, dieses Sparpaket stellt eine Umverteilung von unten nach oben dar, dieses Sparpaket enthält Angriffe auf die sozialen Sicherungssysteme, ja, diese sollen beseitigt werden. Das, meine Damen und Herren, widerspricht dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Das, meine Damen und Herren, bedeutet eigentlich Systemveränderung. Nicht die Besserverdienenden werden stärker finanziell herangezogen zur Finanzierung der sozialen Lasten, nicht die Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise werden zur Verantwortung gezogen, nein, die Zeche für die Krise sollen die Erwerbslosen, Geringverdienenden und Familien und damit letzten Endes die Kinder bezahlen.
Wir wollen mit unserem Antrag auf eine besondere Gruppe von ihnen aufmerksam machen, nämlich auf Kinder und auf Alleinerziehende. Wir wollen deren Lage nicht noch verschärfen. Wir wollen, dass dazu auch der Landtag Position bezieht. Welche Auswirkung hat die Streichung bzw. die Kürzung des Elterngeldes auf diese Gruppe? Kinderarmut, die jetzt schon vorhanden ist - jedes vierte Kind in Thüringen lebt von Hartz IV -, wird noch verschärft und es werden vor allem noch weitere Kinder hinzukommen.
In Thüringen leben 21.551 Alleinerziehende; der Frauenanteil davon beträgt 90 Prozent, das heißt, die überwiegende Anzahl der Alleinerziehenden sind Frauen und die sind von diesem Sparpaket besonders betroffen. Das heißt, dieses Sparpaket verstößt nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern es ist auch noch frauenfeindlich. 9.482, das sind 44 Prozent, der Alleinerziehenden sind auf Hartz IV angewiesen. Im Thüringer Kindersozialbericht der Uni Jena können wir nachlesen, über 50 Prozent aller Alleinerziehenden in Thüringen müssen mit we
niger als 1.500 € auskommen. Nun will man diese Summe noch absenken. Wenn dieses Sparpaket Wirklichkeit wird, bedeutet das letzten Endes eine Verstärkung der Armut, es bedeutet aber auch, dass die Soziallasten für unsere Kommunen zunehmen werden und damit auch die Kommunen weiter in ein finanzielles Desaster getrieben werden und auch die Armut unserer Kommunen zunimmt.
Wir wollen, dass sich der Landtag dazu positioniert und die klare Aussage trifft, nein, wir in Thüringen brauchen dieses Sparpaket nicht. Dass unser Antrag Wirkung zeigt, beweist der Antrag von der CDU und der SPD. Danke.
Danke, Herr Abgeordneter. Wünscht aus den Fraktionen von SPD und CDU jemand das Wort zur Begründung des Alternativantrags? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung erstattet Sofortbericht zu Nummer I des Antrags der Fraktion DIE LINKE und zu Nummer I des Alternativantrags. Für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Ministerin Taubert.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, zu den vorgenannten Anträgen in Drucksache 5/1307, „Schlechterstellung von Kindern und Alleinerziehenden verhindern - Sparpaket ablehnen, finanziellen Mehrbelastungen für den Freistaat entgegentreten“, und dem Alternativantrag möchte ich berichten.
Mit dem Sparpaket beabsichtigt die Bundesregierung Haushaltseinsparungen in Größenordnungen von 80 Mrd. €, davon im nächsten Jahr rund 11 Mrd. €. Unabhängig davon, wie die Sparpläne der Bundesregierung ausfallen werden, steht jedoch fest, eine Aufkündigung des Sozialstaats darf es in keinem Fall geben. Eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte muss auf allen politischen Ebenen mit Augenmaß und sozial ausgewogen erfolgen.
Nach den derzeitigen Überlegungen der Bundesregierung soll es die tiefsten Einschnitte allerdings gerade bei den Sozialleistungen geben. Die Haushaltskonsolidierung darf aber nicht einseitig zulasten der Schwächeren der Gesellschaft gehen, wie dies offenbar bei den beabsichtigten Neuregelungen zum Bundeselterngeld geschehen ist. Nach einem Referentenentwurf - ich betone, Referentenentwurf - des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sollen folgende Änderungen beim Bundeselterngeld vorgenommen werden:
Aufhebung der Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes bei Bezug von Arbeitslosengeld II und bei dem Bezug des Kinderzuschlags, Absenkung der Ersatzquote ab einem zu berücksichtigenden Einkommen von 1.200 € von 67 Prozent auf 65 Prozent, Nichtberücksichtigung von pauschal besteuerten Einnahmen, Nichtberücksichtigung von Einnahmen, die nicht im Inland versteuert werden. Das Elterngeld soll nicht nur bei arbeitslosen SGB-II-Beziehern, sondern auch bei erwerbstätigen Empfängern von SGB II, den sogenannten Aufstockern, angerechnet werden. Zudem sieht der Entwurf vor, bei der Berechnung des Elterngeldes die Einkünfte aus Minijobs nicht mehr zu berücksichtigen. Auch Bezieher des Kinderzuschlages, die ohne diese Leistung in das SGB-II-System fallen würden, wären von den Plänen betroffen. Das Elterngeld würde bei ihnen auf den Zuschlag angerechnet.
Das Elterngeld wurde erst vor drei Jahren mit großem finanziellen und medialen Aufwand eingeführt. Die Evaluation der Leistung hat gezeigt, dass sie von den Eltern gut angenommen wird. So war auch in Thüringen das Elterngeld bisher ein Erfolg. Die Zahl der bewilligten Anträge stieg von rund 15.600 im Jahr 2007 auf knapp 20.000 im vergangenen Jahr. Überlegungen, das Elterngeld auf Leistungen nach dem SGB II anzurechnen, halte ich für nicht akzeptabel. Es wäre der falsche Weg, der zudem für eine Zunahme von Familien- und Kinderarmut sorgen würde. Die jetzige Regelung, die das Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags von der Anrechnung freistellt, schloss an das Bundeserziehungsgeld an. Auch damals erfolgte keine Anrechnung. Wesentliche Gründe waren die Betreuungsleistungen der Eltern anzuerkennen und finanzielle Einschränkungen in den ersten Lebensmonaten des Kindes auszugleichen. Das Elterngeld enthält in seiner Nachfolgeleistung für das Bundeserziehungsgeld von Beginn an auch eine sozialpolitische Komponente, die durch das Mindestelterngeld umgesetzt wird. Mit der vollständigen Anrechnung des Elterngeldes würde der finanzielle Engpass, in den auch gerade Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem SGB II mit der Geburt eines Kindes geraten, verschärft. In der Konsequenz würden sich die Situationen von Kindern von SGB-II-Empfängern wesentlich verschlechtern. Im Referentenentwurf vorgesehene Regelungen für erwerbstätige Bezieher von SGB-II-Leistungen, von Beziehern des Kinderzuschlags und sogenannten Minijobbern sind meines Erachtens ebenfalls nicht zu akzeptieren. Die ostdeutschen Länder und insbesondere Thüringen sind aufgrund des niedrigen Lohnniveaus und der hohen Anzahl der sogenannten Aufstocker besonders betroffen. In dieser Zielgruppe betrifft es wiederum insbesondere Frauen, die überproportional Teilzeittätigkeiten, Minijobs und zu gering entlohnte Tätigkeiten ausüben. Sie tun dies in aller Regel, weil ihnen bisher keine andere Chance zur beruflichen Integration geboten werden konnte.
Zusammenfassend treffen derartige Überlegungen zur Reduzierung des Elterngeldes genau diejenigen Eltern, für die jede Reduzierung des Elterngeldanspruchs spürbar ist. Dies trifft insbesondere auch Alleinerziehende und es betrifft immer Kinder, für deren Bedürfnisse dann zwangsläufig ein geringeres Familieneinkommen zur Verfügung steht. Angesichts der ursprünglichen Begründung zum Gesetz würde mit derartigen Überlegungen zudem signalisiert, dass die Betreuungsleistungen von Eltern, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, nicht anerkennungswürdig sind.
Meine Damen und Herren, ohne dass wir hier zum derzeitigen Zeitpunkt über empirisch gesicherte Daten verfügen, lässt sich zusammenfassend feststellen: Die seitens der Bundesregierung bisher angestellten Überlegungen im Hinblick auf das Bundeselterngeld sind familien- und sozialpolitisch der falsche Weg. Aber, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, alles, was bisher vorliegt, ist lediglich ein Referentenentwurf. Ich gehe davon aus, und die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass diese Überlegungen nicht realisiert werden. Bekanntlich sind vonseiten des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend Veränderungen angekündigt worden. Deshalb ist es zum jetzigen Zeitpunkt weder möglich noch angebracht, die Auswirkungen im Detail zu beschreiben. Beschreiben lässt sich hingegen, was die Landesregierung in der noch kurzen Legislaturperiode zur Verbesserung der Situation von Familien auf den Weg gebracht hat. Allen voran steht das am 1. August in Kraft getretene Kindertageseinrichtungsgesetz. Dieses Gesetz steht für bessere frühkindliche Bildung, die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für mehr Mitbestimmung der Eltern und für eine auch im bundesweiten Vergleich herausragende Förderung und Betreuung der Kinder und Unterstützung der Familien. Nicht zuletzt werden damit bis zu 2.400 neue qualitativ hochwertige Personalstellen für Erzieherinnen und Erzieher geschaffen.
In diesem Zusammenhang wurde das Thüringer Erziehungsgeldgesetz ebenfalls novelliert. Es wird nun ohne Unterbrechung unmittelbar im Anschluss als Anschlussleistung an das Bundeselterngeld gewährt. Weiterhin entfällt die bisherige Abtretung für die Zeit der Inanspruchnahme einer Kindertageseinrichtung und von Kindertagespflege.
Mit der Initiative zur Integration und Armutsbekämpfung, Nachhaltigkeit, kurz TIZIAN, und deren konsequenter Umsetzung und beabsichtigter Fortführung werden zielgerichtet hilfsbedürftige Familien unterstützt. Unter dem Dach dieser Initiative werden unter Zuhilfenahme des Europäischen Sozialfonds und der Leistungen des SGB II 37 Integrationsprojekte für ca. 1.200 SGB-II-Empfänger durchgeführt. Für die Erwachsenen geht es um die Überwindung persönlicher Problemlagen und die Heran
führung an den Arbeitsmarkt. Einer der Schwerpunkte ist die Unterstützung von Alleinerziehenden. Darüber hinaus werden rund 2.000 Kinder durch die Projektträger unterstützend gefördert. Dieses Projekt stärkt diejenigen Familien und ihre Kinder, die auf besondere Hilfe angewiesen sind und sich nicht aus eigener Kraft aus ihren individuellen Notlagen befreien können. Derzeit werden die Projekte evaluiert. Die Landesregierung beabsichtigt die qualitative Weiterentwicklung und bedarfsgerechte Fortführung.
Ein Weiteres: Das Schulungsprogramm wird trotz aller Anlaufschwierigkeiten ein Beitrag zu einer gesünderen Ernährung von Kindern sein. Auch das ist konkrete Familienunterstützung. Die Sicherung und der Ausbau des Kinderschutzes ist ein weiterer Schwerpunkt. Hier gilt es, Bewährtes weiterzuentwickeln und auszubauen. Stichwortartig sei die Förderung der Kinderschutzdienste, die Etablierung regionaler Netzwerke und eines Frühwarnsystems, die Gewährleistung der Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, die Fortbildung von Kinderschutzfachkräften, die Kooperation von Jugendhilfe mit Kindertageseinrichtungen und Schule und der Einsatz von Familienhebammen genannt.
Das im Mai 2010 gestartete Landesarbeitsmarktprogramm berücksichtigt ebenfalls in besonderer Weise die Belange Alleinerziehender und berufliche Integration arbeitsloser Eltern. Die Verbesserung der Situation von Alleinerziehenden und ihrer Kinder ist sowohl unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Teilhabe als auch der Sicherung des Fachkräftebedarfs wichtig, erforderlich und wird zunehmend steigen.
Umfassende, dauerhafte Hilfen und Angebote im Bereich der Kinderbetreuung sowie geeignete Beratungsangebote und individuelle Unterstützungsleistungen sind insgesamt notwendig. Mit dem bereits erwähnten Kindertageseinrichtungsgesetz und den differenzierten Beratungsangeboten der Jugend- und Sozialhilfe sind diese Voraussetzungen in Thüringen vorhanden. Über die landesgesetzlichen Leistungen und die kommunalen Angebote hinaus sind dabei die Möglichkeiten des Europäischen Sozialfonds eine wertvolle und unverzichtbare Hilfe. Verstärkt erfolgt die Nutzung des ESF zur Überwindung sozialer Problemlagen von Familien, Kindern und Jugendlichen. TIZIAN ist nur ein Beispiel dafür. Darüber hinaus spielt der Aspekt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch im Aktionsprogramm „Fachkräftesicherung“, das am 28.06.2010 vom Wirtschafts- und Innovationsrat auf Initiative des TMWAT beschlossen wurde, eine wichtige Rolle und ist dort als Handlungsfeld aufgeführt.