Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

In der Öffentlichkeit wird drängender die Frage nach einer Gebietsreform und in diesem Zusammenhang nach der Kreisfreiheit der Stadt Suhl gestellt. Der Stadtrat Suhl hat dazu am 24. März 2010 eine Erklärung verabschiedet, diese der Ministerpräsidentin übermittelt und die Landesregierung zum Handeln aufgefordert. In einem Antwortschreiben vom 21. April 2010, unterzeichnet von Minister Schöning, wird darauf verwiesen, „dass die Landesregierung im Licht der demographischen Entwicklung, der allgemeinen Haushaltsentwicklung und vor dem Hintergrund der Degression des Solidarpakts II durch unabhängige Gutachter prüfen lässt, ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen eine Funktional- und Gebietsreform zu Einsparungen und Effizienzgewinnen auf kommunaler Ebene und im Landeshaushalt führt. In Auswertung des Gutachtens wird die Landesregierung dann eine Entscheidung über weitergehende Maßnahmen treffen.“

Ich frage die Landesregierung:

1. An wen wurde die Erstellung des Gutachtens vergeben und bis wann soll es vorliegen?

2. Was sind die entscheidenden inhaltlichen Kriterien, nach denen das Gutachten erstellt werden soll, insbesondere bezüglich der Perspektive der kreisfreien Stadt Suhl?

3. Wie wird die Landesregierung nach Kenntnisnahme und Auswertung des Gutachtens die weitere Herangehensweise an eine Funktional- und Gebietsreform in Verbindung mit den kommunalen Gebietskörperschaften gestalten?

(Staatssekretär Dr. Spaeth)

4. Wann ist mit einer Position der Landesregierung in dieser Frage zu rechnen?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Geibert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld zu der im Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfung möglicher Einsparungen und Effizienzgewinne durch eine Funktional- und Gebietsreform beantworte ich für die Landesregierung wie folgt - ich fasse die Antworten zu den Fragen 1 bis 4 zusammen: In der Koalitionsvereinbarung zwischen den Landesverbänden der CDU und SPD vom Oktober 2009 ist unter Punkt 18 der Auftrag an die Landesregierung enthalten, im Lichte der demographischen Entwicklung, der allgemeinen Haushaltsentwicklung und vor dem Hintergrund der Degression des Solidarpakts II durch unabhängige Gutachter prüfen zu lassen, ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen eine Funktional- und Gebietsreform zu Einsparungen und Effizienzgewinnen auf kommunaler Ebene und im Landeshaushalt führt. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Landesregierung in Auswertung dieses Gutachtens eine Entscheidung über weitergehende Maßnahmen treffen wird und die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement vor Ort dabei berücksichtigt werden muss.

Die Landesregierung bereitet die Umsetzung des Prüfauftrags derzeit vor. Die Meinungsbildung der Landesregierung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass ich die von Ihnen gestellten Fragen derzeit nicht beantworte. Sie können aber davon ausgehen, dass auch die Entwicklungsmöglichkeiten der kreisfreien Städte im Freistaat Thüringen im Rahmen der Prüfung betrachtet werden. Wie an dieser Stelle schon mehrfach, auch heute, erwähnt, soll die Auftragsvergabe demnächst erfolgen und der Landtag über das Ergebnis im zuständigen Ausschuss zu gegebener Zeit unterrichtet werden. Vielen Dank.

Es gibt keine weitere Nachfrage dazu, so dass ich nun die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Renner, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 5/1389 aufrufen kann.

Danke, Frau Präsidentin.

Verbreitung eines Buches über Muslime durch den Ausländerbeauftragten beim Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit - Teil I

Im August 2010 versandte der Ausländerbeauftragte beim TMSFG, Eckehard Peters, ein Buch des Autors Norbert G. Pressburg mit dem Titel „Good Bye Mohammed“. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde das Werk wie folgt rezensiert: „Pressburgs fragwürdiger Gebrauch arabischer Termini, eine bizarre Argumentationsstruktur und höhnische Äußerungen über Muslime lassen Zweifel an seiner Expertise und Intention aufkommen.“ Der Ausländerbeauftragte beim TMSFG gibt an, dieses Buch im Rahmen eines Projektes „Integration und Bildung“ an Multiplikatoren zu verschicken. Bereits im Juni 2010 veröffentlichte der Ausländerbeauftragte eine eigene Rezension des Buches in einer Pressemitteilung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Durch wen, in welcher Menge und in welcher Form wurden die Exemplare des genannten Buches im Verantwortungsbereich der Landesregierung angeschafft?

2. Nach welchen Kriterien und an wen wurde das genannte Buch in welcher Stückzahl durch den Ausländerbeauftragten verteilt bzw. versandt?

3. Welche Kosten sind jeweils für Kauf und Versand entstanden?

4. Welchen Projektinhalt, welches Projektziel, welche Projektlaufzeit hat das genannte Projekt „Bildung und Integration“, in dessen Rahmen das genannte Buch angeschafft und verteilt wurde?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Dr. Schubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Renner beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Der Beantwortung möchte ich voranstellen, dass sich der Ausländerbeauftragte in dem mit der Anfrage angesprochenen Sachverhalt nicht mit der Landesregierung abgestimmt hat.

Zu Frage 1: Vom Ausländerbeauftragten beim Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit wurden 500 Exemplare des genannten Buches durch Bestellung direkt beim Verlag angeschafft.

Zu Frage 2: Das Buch wurde Verantwortungsträgern in den Bereichen Bildung, Kultur, öffentliche Verwaltung, Religion und Integrationspolitik zugelei

(Abg. Leukefeld)

tet. Als Kriterium gilt nach Angaben des Ausländerbeauftragten die Einschätzung, dass es sich bei der Zielgruppe zum einen um Multiplikatoren und zugleich um Personen handelt, die an wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen interessiert sein dürften. Pro Adressat wurden ein bis zwei Exemplare versandt. Sofern die Ausländerbeauftragten der Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen das Buch erhalten haben, wurde es ihnen in mehreren Exemplaren zugesandt.

Zu Frage 3: Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 5.652,06 €. Versandkosten sind nur entstanden bei Adressaten, die nicht vom Behördenkurierdienst erreicht wurden und lassen sich im Nachhinein nicht genau beziffern.

Zu Frage 4: „Bildung und Integration“ ist der Projekttitel für öffentliche Veranstaltungen und Publikationen, mit denen der Ausländerbeauftragte seit Jahren das Nachdenken über migrations-, integrations- und flüchtlingspolitische Themen in der Öffentlichkeit anzuregen bestrebt ist. Dabei sollen durch themenspezifische Erwachsenenbildung Sachkenntnisse in den genannten gesellschaftspolitischen Bereichen verbreitet und zugleich ein besseres gegenseitiges Verständnis von Einheimischen und Zugewanderten erreicht werden. Die Projektlaufzeit ist das jeweilige Haushaltsjahr. Danke.

Es gibt dazu keine Nachfragen, so dass ich als Nächstes die Anfrage der Frau Abgeordneten König, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 5/1390 aufrufe.

Verbreitung eines Buches über Muslime durch den Ausländerbeauftragten beim Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit - II

Ich lese den einführenden Text dazu nicht noch mal vor, sondern nur die vier Fragen. Ich frage die Landesregierung:

1. Wer ist Projektträger und wer sind die Projektpartner im genannten Projekt?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Aussage des Ausländerbeauftragten über das Buch, wonach der Stoff „didaktisch klug“ gegliedert sei und „das Buch auch historisch interessierte Jugendliche ansprechen könnte“ vor dem Hintergrund geäußerter inhaltlicher und politischer Kritik an dem Buch?

3. Hält die Landesregierung das genannte Buch für geeignet, einen Beitrag für Integration und Bildung zu leisten und wie begründet sie ihre Auffassung?

4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Aussage des Ausländerbeauftragten, dass

die vermutete Benutzung eines Pseudonyms und die Veröffentlichung in einem sogenannten books on demand-Verlag Ausdruck befürchteter „Gewalttaten radikaler Muslime“ und „radikalislamischer Einschüchterungen“ seien und in welchem Wechselverhältnis sieht die Landesregierung derartige Äußerungen mit verbreiteten islamophoben Vorurteilen und Stereotypen?

Herr Staatssekretär Dr. Schubert, Sie haben noch einmal das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie bereits bei der vorangegangenen Anfrage möchte ich voranstellen, dass der Ausländerbeauftragte sich auch mit dem in dieser Anfrage angesprochenen Sachverhalt nicht mit der Landesregierung abgestimmt hat.

Zu Frage 1: Projektträger ist der Ausländerbeauftragte beim Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit.

Zu Frage 2: Der Ausländerbeauftragte hat mit dem Buch auch seine persönliche Einschätzung zur Diskussion gestellt. Die Landesregierung nimmt keine Bewertung von populären wissenschaftlichen Sachbüchern vor. Gleichwohl macht sich die Landesregierung die oben genannten Aussagen in der Frage nicht zu eigen.

Zu Frage 3: Nein. Wie bereits in der Antwort zu Frage 2 mitgeteilt, ist es nicht Aufgabe der Landesregierung, Bücher zu bewerten. Gleichwohl kann nach kursorischer Prüfung des Buches eingeschätzt werden, dass die enthaltenen Aussagen dem Integrationsanliegen widersprechen. Es ist davon auszugehen, dass die zukünftige Ausländerbeauftragte, die wahrscheinlich demnächst berufen wird, in dieser Frage andere Schwerpunkte vornehmen wird.

Zu Frage 4: Jetzt muss ich mich entschuldigen, Frage 4 ist bei uns nicht richtig angekommen. Ich würde sie schriftlich nachreichen, wenn das okay ist. Bei uns ist das nur bis Frage 3 angekommen. Es war jetzt auch allgemeines Erstaunen bei uns auf der Bank.

Vielleicht fehlt ein Zettel. Es gibt Nachfragen von der Frau Abgeordneten Berninger und der Frau Abgeordneten Renner. Bitte, Frau Abgeordnete Berninger.

(Minister Dr. Schubert)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Hat die Landesregierung in irgendeiner Weise interveniert, nachdem Sie nun der Auffassung sind, dass dieses Buch oder der Inhalt des Buches nicht dem Integrationsgedanken entspricht?

Ja, wir haben die weitere Verbreitung des Buches gestoppt.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Mehr nicht?)

Als ersten Schritt.

Frau Abgeordnete Renner, Sie wollen jetzt nicht mehr fragen? Aber Herr Abgeordneter Kuschel.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich überlasse die Frage meiner Kollegin König.)

Schön. Frau Abgeordnete König, bitte.