Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben gestern schon in der Aktuellen Stunde recht umfassend das Pro und Kontra einer Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke in Deutschland diskutiert. Dass dieses Thema die Deutschen bewegt, ist unstrittig. Hier stehen durchaus eine Reihe von Vorbehalten, von Ängsten und Sorgen im Raum, die es zu entkräften gilt. Aber es gehört einfach zur Wahrheit dazu, dass das derzeitige Konzept einer sicheren Energieversorgung auf einer breiten Mischung verschiedener Energieträger basiert. Hier garantieren vor allem Kohle und Kernenergie die Versorgungssicherheit in Deutsch
land. Das hat etwas mit Grundlastfähigkeit zu tun, das hat auch etwas mit Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Maßstab zu tun, was die Strompreise betrifft.
Mein Kollege Heym ist in seinem gestrigen Beitrag schon auf diese Frage eingegangen, deswegen werde ich sie nicht weiter vertiefen. Ich plädiere jedenfalls dafür, bei der Betrachtung dieses Themas durchaus auch den Rest der Welt im Auge zu behalten, denn hierbei geht es nicht nur am Rande um bezahlbare Strompreise für Wirtschaft und Bürger in Deutschland.
An dieser Stelle verweise ich auch auf die deutliche Aussage der Bundesregierung, was den drastischen Umbau der Stromversorgung in den nächsten Jahren betrifft. Ich darf daran erinnern, dass der Anteil der erneuerbaren Energien im Energiemix in den nächsten Jahren entscheidend ausgebaut werden wird. So soll deren Anteil von derzeit 16 Prozent in diesem Energiemix bis zum Jahr 2050 auf 80 Prozent ausgebaut werden. Hauptproblematik sind hierbei jedoch praktikable Speichermöglichkeiten, insbesondere für die Wind- und die Solarenergie, um diese Energieform grundlastfähig zu machen.
Deshalb sehen wir als CDU die Atomkraft als Brückentechnologie, um diesen Übergang zu den erneuerbaren Energien gerade auch unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit und bezahlbarer Strompreise erfolgreich zu gestalten. Hier ist eindeutig auch die Wissenschaft gefordert, neue Speichertechnologien zu entwickeln, um eventuell auch diesen Übergangszeitraum nach Möglichkeit entsprechend zu verkürzen.
Ich will das nicht verhehlen, selbstverständlich ruft die Regelung zur Verlängerung der Laufzeit um 8 bzw. 14 Jahre durchaus auch bei uns Fragen auf, so zum Beispiel die Frage der Sicherheit der Anlagen.
Nach Bundesumweltminister Röttgen müssten etwa 500 bis 600 Mio. € je Meiler investiert werden, um die älteren Anlagen an die Sicherheitsstandards der jüngeren Anlagen heranzuführen. In welchem Zeitraum soll das geschehen? Oder: Natürlich steht auch immer wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit die Frage der Endlagerung bei dieser Technologie. Warum leitet man nicht einen größeren Teil der zu erwartenden Konzerngewinne in einen Fonds zur Finanzierung dieser Endlagerung?
Die im Antrag der LINKEN geforderte Berichterstattung der Landesregierung unter Punkt 1 wird deshalb durch uns als durchaus „erhellend“ gesehen. Auch verschiedene Fragen Ihres Antrags unter Punkt 2 bzw. Ihres Änderungsantrags sind durchaus diskutabel,
wobei ich jedoch ausdrücklich den Punkt der Rückführung der Übertragungsnetze ausnehme. Aber ich möchte an dieser Stelle noch mal deutlich darauf verweisen, dass wir uns erst ein Urteil zu diesem Thema erlauben können, wenn wir auch den konkreten Gesetzentwurf der Bundesregierung kennen, und auch dann erst kann man sich eine Meinung bilden, ob wir den Entwurf für zustimmungspflichtig im Bundesrat halten oder auch nicht.
Aus diesen Gründen plädiere ich für die Überweisung Ihres Antrags sowie auch Ihres Änderungsantrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dirk Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste und Zuschauer, wir haben ja in diesen Plenartagen die Debatte um den Atomausstieg, die Laufzeitverlängerung, beschlossen durch die Bundesregierung, schon öfter geführt, ich muss das nicht noch einmal wiederholen. Aber ich möchte ganz kurz feststellen, wie wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE beurteilen. Dieser Antrag ist wichtig, weil der Atomausstieg elementare Folgen für Thüringen hat,
wirtschaftliche Folgen für unsere Stadtwerke, wirtschaftliche Folgen für die Anlagenproduzenten zur Umwandlung erneuerbarer Energien, die wir zuhauf hier in Thüringen haben. Es ist auch ein wichtiger Antrag, weil er die Möglichkeit in sich birgt, weiter Licht in das Dunkel der Transportpraxis von radioaktiven Stoffen hier in Thüringen zu bringen. Wir haben heute Mittag in der Fragestunde und gestern in der Debatte schon erleben müssen, wie undurchsichtig diese Materie ist und wie schnell man da auch mal ins Stolpern kommen kann, wenn dann z.B. Landesämter für den Straßenschutz benannt werden. Es ist absolut wichtig, auch wenn die CDUFraktion sagt, wir sind dafür, dass Atomenergie länger genutzt wird, dass wir die Debatte um Endlager führen. Wenn Sie das so wichtig finden, dann stellen Sie sich doch mal der Aufgabe, ein Endlager zu suchen. Dann stellen Sie sich doch mal der Aufgabe - und da bin ich ganz gespannt, was die Landesregierung sagt -, zu beurteilen, ob das nicht in Thü
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen Licht in das Dunkel bringen und wir werden nicht müde zu kritisieren, dass diese Laufzeitverlängerung das Verhältnis von 20:80 weiter zementiert. 20:80 bedeutet in dem Fall, 80 Prozent der Stromproduktion werden kontrolliert von vier Anbietern. Allein vier Anbieter, das ist meiner Meinung nach, liebe FDP, kein guter Wettbewerb, aber ich habe den Eindruck, dass Sie ohnehin von Lobbyismus mehr verstehen als von gutem breiten Wettbewerb.
Zuletzt möchte ich noch den Koalitionsvertrag - von uns oppositionellen Politikern gern zitiert - zwischen SPD und CDU bemühen. Sie schreiben darin, dass die Stadtwerke außerordentlich wichtig seien für eine neue Energiepolitik, für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes. Recht haben Sie und dann gibt es eigentlich nur eine Sache, sich gegen diese Laufzeitverlängerung zu stellen, weil sie schädlich für Thüringen ist. Ich freue mich auf eine Debatte im Ausschuss und auf die Erläuterungen oder den Bericht der Landesregierung.
Vielen herzlichen Dank, Herr Adams. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Weber für die Fraktion der SPD.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen mich ohne Redekonzept an dieser Stelle, das heißt aber nicht ohne Konzept, denn einfache Wahrheiten braucht man nicht groß aufzuschreiben, das ist eindeutig. Der Antrag der LINKEN geht in vielen Bereichen über das hinaus, was wir für gut und was wir für notwendig halten, aber er hat in der Grundintention eine entscheidende Aussage. Diese entscheidende Aussage tragen wir als SPD-Fraktion voll und ganz mit, und die heißt, keine längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke.
Da wir diese Grundintention mittragen, kann ich Ihnen an dieser Stelle versichern, es wird vonseiten der SPD-Fraktion weder im Ausschuss noch im darauf folgenden Plenum eine Pro-Stimme für irgendeinen Kompromiss an dieser Stelle geben. Es wird ganz klar das Signal von der SPD verfolgt und wir werden auch im Abstimmungsverhalten deutlich machen, die SPD wird keinem Kompromiss zustimmen, der in irgendeiner Form längere Laufzeiten für Atomkraftwerke vorsieht.
Vor diesem Hintergrund ist keine lange Rede notwendig. Ich beantrage namens meiner Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Danke schön.
Vielen herzlichen Dank, Herr Weber. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hellmann für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Die eigentliche Gefahr liegt darin, die Gefahr nicht zu erkennen. Die Atomenergie, meine Damen und Herren, ist eine Gefahr, die offensichtlich verkannt wird aus Trägheit, aus Bequemlichkeit oder noch schlimmer,
man will sie verkennen seitens bestimmter Interessenvertreter. Die Atomenergie ist eine veraltete, extrem gefährliche und teure Energiegewinnung.
Seit die Atomenergie hoffähig gemacht wurde, etwa seit 1957 mit der Gründung von Euratom, hat es Hunderte von Störfällen in Osteuropa gegeben, in Westeuropa, in den USA, in Japan und überall auf der Welt, wo Atomenergie produziert wird. Herr Weber, Sie waren gestern sehr aktuell, Sie haben gestern hier eine interessante Information gegeben; heute ist es noch so, dass alle drei Tage ein Störfall im Prinzip registriert werden muss. Das muss man sich vorstellen. Die Vielzahl dieser Störfälle zeigt, dass diese Technik nicht sicher ist und auch nicht sein kann. Allein die Problematik der Materialermüdung, die Problematik der Materialalterung lässt keine Unfehlbarkeit der Technik zu. Aus diesen Gründen ist unter anderem die Laufzeit der Atomkraftwerke begrenzt worden. Dazu kommt, dass menschliches Versagen nie auszuschließen ist, wie wir im Falle von Tschernobyl erleben mussten. Deshalb wäre es auch völlig unzulässig, einen Supergau wie in Tschernobyl für Westeuropa und Deutschland auszuschließen. Was das bedeuten würde, das soll eine Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage der LINKEN im Bundestag belegen. Ich zitiere, wie gesagt, Ausführungen des Bundeswirtschaftsministeriums: „Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden eines Supergaus in Deutschland beliefe sich auf rund 5.000 Mrd. €. Bei einem Unfall im AKW Krümmel/
Elbe müssten je nach Windverhältnissen ca. 1,2 Mio. Menschen evakuiert werden. Hamburg wäre auf Jahrzehnte unbewohnbar, etwa 100.000 Menschen würden an Krebs erkranken.“ Ich halte diese Darstellung, abgesehen von dem materiellen Schaden, insbesondere was den Personenschaden anbelangt, für noch reichlich untertrieben angesichts dessen, dass im Falle von Tschernobyl selbst in Bayern noch stark erhöhte Radioaktivität gemessen wurde.
Meine Damen und Herren, einen Supergau darf es einfach nicht geben, ein Supergau darf einfach nicht passieren, selbst wenn die Chancen der Sicherheit 1:1 Mio. stehen. Diese eine Chance für diese Katastrophe ist eine Chance zu viel. Dazu kommt, dass man kein Katastrophenszenario hat, wenn wirklich so etwas eintreten sollte. Die Bundeswehr darf jedenfalls nicht eingesetzt werden, so das Ergebnis einer Fernsehdiskussion vor Kurzem. Wie soll eine Katastrophe in Mitteleuropa eingedämmt werden? Das ist das große Fragezeichen, das nicht beantwortet werden kann. Der Bundesumweltminister hatte noch vor den Verhandlungen mit den Energiekonzernen verkündet, dass die alten Meiler gegen Flugzeugabstürze auch des Typs A 380 zu sichern sind. Diese Forderung haben die Energiekonzerne offensichtlich erfolgreich abgebogen; 50 Mrd. € sind den Energiekonzernen für das gesamte Sicherheitspaket - also das ist mehr als nur Sicherung gegen Flugzeugabsturz ganz offensichtlich zu viel. Selbst wenn diese Nachrüstung erfolgen würde, hilft es uns wenig. Was machen wir - nur einmal rein hypothetisch angenommen oder hypothetisch betrachtet -, wenn Terroristen drei Großraumflugzeuge auf ein und dasselbe Atomkraftwerk lenken? Auch das ist eine Frage, die nicht positiv beantwortet werden kann, wie ich meine.
Schließlich und letztlich gibt es kein sicheres Atomendlager trotz mancher Beteuerungen. Am Montagabend im Fernsehinterview musste der Bundesumweltminister diese Tatsache eingestehen. Aber nicht nur, dass es für die bereits vorhandenen Tausende Tonnen von Atommüll keine Lösung gibt; mit der Laufzeitverlängerung wird es so sein, dass jährlich 2.000 Tonnen dazukommen. Dazu kommen Tausende von Tonnen Atommüll durch die kontaminierten Atommeiler, die abgebaut werden müssen. Auch diese kontaminierten Teile müssen Platz finden in einem Endlager. Alles ungeklärt!
Meine Damen und Herren, von den von mir soeben erläuterten fünf Sicherheitsrisiken würde jedes für sich ausreichen, um die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke zu rechtfertigen, so wie das meine Partei schon seit Jahren fordert. Die Bundesregierung knickt ein vor den Forderungen der Atomlobby, vor den Forderungen der vier großen Energiekonzerne und beschließt eine durchschnittliche Laufzeit von 12 Jahren. Das ist unter den genann
Das ist ein Spiel mit der Gesundheit und dem Leben der heutigen und der künftigen Generationen. Es ist zu hinterfragen, was die Motivation für ein solches Tun ist. In der „Wirtschaftswoche“ Nummer 34 konnte man ab Seite 34 ff vor einigen Tagen sehr aufschlussreiche Informationen erhalten. Nebenbei bemerkt ist diese „Wirtschaftswoche“ ganz sicher frei von dem Makel, ein rotes oder ein grünes Blättchen zu sein.
Ich zitiere aus der „Wirtschaftswoche“ Nummer 34, Seite 34: „Die Chefs der vier großen deutschen Energiekonzerne zeigten sich in den vergangenen Wochen wütend, aufgebracht und unversöhnlich, ganz entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit, sich in Hinterzimmern irgendwie noch mit der Regierung diskret zu einigen. Die Wut gipfelte in der Drohung, alle deutschen Atomkraftwerke auf einmal abzuschalten.“