Protokoll der Sitzung vom 09.09.2010

(Abg. Kellner)

elle Bürde können wir den Kommunen jetzt so nicht mit auf den Weg geben, dass sie das als Pflichtaufgabe zu behandeln haben und das auch noch vor dem Hintergrund, dass es momentan ja so aussieht, dass der Kommunale Finanzausgleich eventuell aus der Haushaltsdebatte herausfallen wird, das werden wir sehen. Das heißt, die Kommunen sind momentan überhaupt noch nicht in einer sicheren Position, um zu sagen, wie ihr Haushalt aussehen wird, wie die Zuführungen sein werden. Deshalb bitte ich Sie, dass wir das im Ausschuss noch mal besprechen. Danke.

(Beifall FDP)

Vielen herzlichen Dank, Frau Hitzing. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Döring für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „LINKE piesacken SPD mit Bibliotheksgesetz“,

(Beifall DIE LINKE)

so lautet eine Schlagzeile der OVZ vom 6. September. Natürlich ist es den Kollegen der LINKEN unbenommen, sich selbst als kleine sirrende Plagegeister zu betrachten, aber ich kann Ihnen versichern, Frau Klaubert, dass wir uns durch Ihre Aktionen nicht beeindrucken lassen.

(Beifall CDU, SPD)

Mancher reißt sich eben ein Bein aus und, Frau Klaubert, mancher steht in der Zeitung als einer, der sich die Beine ausreißt.

(Beifall SPD)

Worum geht es bei dem von den LINKEN eingebrachten Gesetzentwurf? Er gibt wortwörtlich einen interfraktionellen Änderungsantrag wieder, den wir gemeinsam mit der LINKEN Mitte 2008 - Frau Klaubert hat es gesagt - eingebracht haben. Dieser Änderungsantrag richtete sich gegen den seinerzeit von der CDU-Fraktion vorgelegten Entwurf eines Bibliotheksrechtsgesetzes. Sein weiteres Schicksal ist ja ebenfalls bei vielen hier im Hause noch bekannt, der Änderungsantrag scheiterte und der CDU-Entwurf erlangte Gesetzeskraft, was ja angesichts der damaligen Mehrheitsverhältnisse nichts Überraschendes war. Ebenso wenig überraschend ist es für meine Fraktion, dass DIE LINKE diesen Änderungsantrag erneut dem Landtag vorlegt,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Wir erinnern uns daran.)

auch wenn die heutige Urheberin dieser Initiative in einer Pressemitteilung so getan hat, als wäre das Gott weiß was für eine revolutionäre Tat. Wenn Sie also denken, Frau Kollegin Klaubert, Sie könnten

uns mit unseren früheren Positionierungen schrecken, dann irren Sie sich.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das hat Müntefering auch gesagt.)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Wir stehen nämlich zu dem - im Gegensatz zu Ihnen -, was wir gesagt haben. Den Änderungsantrag haben wir ja damals aus gutem Grund zusammen mit Ihnen erarbeitet und so in den Landtag eingebracht.

(Zwischenruf Abg. Ramelow DIE LINKE: Ist leider abgelehnt worden.)

Wir wollten gesetzlich den Anspruch eines jeden Thüringers auf Zugang zu einer sachgemäß ausgestatteten allgemeinen Bibliothek in erreichbarer Nähe eines Wohnorts verankern; wir wollten eine Bibliotheksentwicklungsplanung und wir wollten rechtlich eine außerhalb des KFA veranschlagte Beteiligung des Landes an der Finanzierung. All das wollten wir seinerzeit. Ich verrate kein Geheimnis, dass diese Zielstellung auch noch heute für uns gilt. Aber, meine Damen und Herren, anders als DIE LINKE, der nichts anderes einfällt, als unsere alten Anträge aus der Tasche zu ziehen, haben wir uns intensiv mit dem gesetzlichen Instrumentarium beschäftigt, um wirklich zu überlegen, wie können wir den Bedürfnissen im kulturellen Bereich wirklich Rechnung tragen. Das haben wir dann auch weiterentwickelt und wir sind gerade aufgrund intensiver Beratung mit den Kulturverbänden zu der Auffassung gelangt, dass einzelne Spartengesetze dem Kulturbereich als Ganzes in Thüringen nicht wirklich weiterhelfen.

(Beifall SPD)

Wir meinen, dass es nicht wirklich etwas bringt, ein Einzelgesetz zu haben, isoliert ein Musikschulgesetz und womöglich noch ein separates Jugendkunstschulgesetz. Wir wollen etwas Umfassendes, Innovatives entwickeln. Die SPD-Fraktion tritt für eine gesetzliche Festschreibung der gesamten Kulturförderung des Landes ein.

(Beifall SPD)

In einem solchen Kulturfördergesetz müssten dann natürlich auch die besonderen Bedarfe in den einzelnen Einrichtungssparten, in Bibliotheken, Musikschulen, Jugendkunstschulen, aber auch anderer dann rechtlich systematisiert und gewürdigt werden. Das wäre nach unserer Auffassung ein zeitgemäßer, ganzheitlicher Novellierungsansatz.

Meine Damen und Herren, wer aufmerksam den Koalitionsvertrag gelesen hat, weiß auch, dass wir uns mit der CDU darauf verständigt haben, die Chancen und möglichen Eckpunkte eines solchen Gesetzes zu prüfen. Frau Rothe-Beinlich hat das beschrieben.

(Abg. Hitzing)

(Beifall CDU)

Ausdrücklich ist in der Koalitionsvereinbarung, wenn Sie sie gelesen haben, auch die Rede davon, bei einer solchen gesetzlichen Neuregelung den besonderen Förderbedarf der verschiedenen einzelnen Sparten zu berücksichtigen. Dass dies natürlich angesichts der Haushaltssituation alles andere als leicht wird, das ist mir bewusst; es geht eben nicht, wie Sie es immer beschreiben, man hat ein Füllhorn mit lauter Hundert-Euro-Scheinen und das kann man nur so ausschütten, und wenn das leer ist, dann wird einmal Knips gemacht, dann haben wir ein neues Füllhorn und das kann man dann wieder ausschütten, als wenn das die Situation des Landes in Thüringen wäre. Die Haushaltssituation ist eine andere, das wissen Sie ganz genau. Deshalb weiß ich auch ganz genau, dass es auf diesem Weg natürlich manch Widerstand zu überwinden gilt. Aber in der Politik ist nun einmal, um es mit Max Weber zu sagen, das Bohren dicker Bretter oft nötig und notwendig.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich folgendes Resümee ziehen: Obwohl wir nach wie vor hinter den Einzelpunkten des Entwurfs stehen, erscheint uns die gewünschte Novellierung inzwischen zu kleinteilig und daher nicht wirklich sachgerecht. Was wir wollen, ist ein umfassendes, die unterschiedlichen Spartenbelange aufgreifendes und zu einem größeren Ganzen vereinendes Kulturfördergesetz. Wir werden um die konkrete Ausgestaltung in nächster Zeit - es wird sicher einen längeren Zeitraum brauchen - diskutieren und dann natürlich auch uns über diesen Prüfauftrag hier unterhalten. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Döring. Das Wort hat jetzt noch einmal Abgeordnete Dr. Birgit Klaubert.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Hans-Jürgen Döring, ich weiß nicht, tut das weh, wenn man hier vorn steht

(Beifall DIE LINKE)

und sich dermaßen verbiegen muss innerhalb so kurzer Zeit? Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion hat jetzt seinen Kollegen Döring gelobt.

Ich beginne mal mit dem, was Hans-Jürgen Döring jetzt gesagt hat. Er verwies darauf, dass aus der damaligen Sicht für die Einbringung eines Gesetzentwurfs für ein Thüringer Bibliotheksgesetz und die Änderungsvorschläge zum Bibliotheksrechtsän

derungsgesetz die Notwendigkeit bestand, so etwas zu tun, um dann die Kurve zu bekommen, dass man heute darauf verzichtet, über einzelgesetzliche Regelungen die Bibliotheken besonders zu schützen, weil man - in welcher Zeit auch immer - ein Kulturfördergesetz auf den Tisch legen möchte. In Ihrem Koalitionsvertrag steht, Sie wollen prüfen, ob ein solches Kulturfördergesetz in Thüringen möglich ist und wie man das macht. Ich kann Sie da zunächst einladen. Wir werden am nächsten Freitag in der neuen Bühne am Park in Gera eine Diskussionsveranstaltung zu eben diesem Thema durchführen. Da haben wir uns auch einen Referenten eingeladen. Wir würden Ihnen anbieten, dass Sie zu dieser Veranstaltung bei uns Lernende sein können, dann brauchen Sie sich auch nicht mehr so zu verbiegen.

(Beifall DIE LINKE)

Zum anderen: Jetzt muss ich schon die Möglichkeiten der modernen Technik rühmen. Wenn man in diesem Landtag eine Rede hält, kann man noch ganz lange nachlesen, was man dem Volke so gesagt hat. Auf die Frage von Frau Hitzing und von Herrn Kellner, was man sich denn so unter einer angemessenen Bibliotheksversorgung vorstelle, möchte ich darum bitten, dass beide Kollegen sich auf Hans-Jürgen Döring zubewegen. Der hat nämlich damals in der Debatte zu den beiden Gesetzentwürfen vor dem Hintergrund der Bildungsausschussreise nach Finnland erklärt, was eine angemessene Bibliotheksausstattung ist und dass man die in Thüringen durchaus braucht. Die Anhörungsprotokolle aus dem Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kunst damals geben ein beredtes Zeugnis dafür ab, wie man eine solche Bibliotheksdichte in Thüringen auch organisieren könnte. Das will ich jetzt nicht weiter erörtern.

Auf Ihre Äußerungen hat Ihnen allerdings damals Herr Schwäblein gesagt: „Ihnen etwas beizubringen, ist, wie einem Ochsen ins Horn zu zwicken.“ Das fand ich damals ziemlich unangemessen, heute bin ich mir nicht mehr so sicher.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Sie hingegen haben dem Herrn Schwäblein vorgeworfen, „er sei als Bettvorleger gesprungen und als Bettvorleger gelandet“. Den Vorwurf muss ich Ihnen leider zurückgeben. Ich hoffe nicht, dass ich dafür einen Ordnungsruf bekomme. Ich habe ja zitiert.

Auf Frau Rothe-Beinlich möchte ich noch einmal eingehen. Ich weiß, dass Sie damals als außerparlamentarische Kraft durchaus uns an der Seite standen und diesen Weg zu einem Thüringer Bibliotheksgesetz mit begleitet haben. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass Sie noch einmal die einzelnen Passagen des Gesetzentwurfs erläutert haben. Das Problem ist, dass ich den Eindruck habe, dass nicht alle verstanden haben, was in der Be

(Abg. Döring)

gründung unseres Gesetzentwurfs steht, was ich in meiner kurzen Begründung zusammengefasst habe und was Frau Rothe-Beinlich noch einmal in einer etwas ausführlicheren Art dargelegt hat. Wir sind mit unserem Gesetzentwurf darauf eingegangen, dass wir den Satz streichen wollen, dass die Bibliotheken freiwillige Aufgaben sind, weil nicht einmal die Thüringer Kommunalordnung diesen Begriff für eine freiwillige Aufgabe explizit in einem Gesetz verankert. Auch das ist zum damaligen Zeitpunkt diskutiert worden und wir sind auch darauf eingegangen, dass es darum geht, bei den öffentlichen Bibliotheken zu sichern, dass diese öffentlichen Aufgaben auch realisiert werden können. Ich habe vorhin dankbar auf die Frage von Frank Kuschel gewartet. Die hat er nämlich immer gestellt, wenn es darum ging, wie wir ein solches Bibliotheksgesetz finanzieren, und von der CDU damals gesagt worden ist, das geht alles gar nicht. Durch die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs seien wir nicht in der Lage, eine solche Zweckbindung festzuschreiben. Und er hat Ihnen mit der Frage eigentlich schon die Antwort gegeben: Es ist durchaus möglich, dass man eine solche Zweckbindung festschreibt, wenn man nämlich ein Gesetz hat und im Übrigen sollte man mal sehr genau darüber nachdenken, wie es um den Kommunalen Finanzausgleich als Ganzes bestellt ist. Wer sich heute hier herstellt und sagt, wir wissen überhaupt noch nicht, wie der Kommunale Finanzausgleich aussieht, demzufolge können wir kein solches Gesetzesverfahren in Gang setzen, dem sei gesagt, der solle sich lieber darum kümmern, dass wir den KFA in ordentlicher Art und Weise bekommen.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Bemerkung kann ich mir an dieser Stelle auch nicht sparen: Wir haben kein Geld in den Kassen. Gut, das muss man konstatieren. Verantwortlich ist dafür im Wesentlichen die Bundespolitik, verantwortlich sind Sparprogramme, die keine Sparprogramme, sondern Streichprogramme sind, aber der Haushalt 2010 ist aufgestellt worden mit einem zusätzlichen Volumen von 20 Prozent mehr gegenüber dem Haushalt des Vorjahres. Wieder muss ich die SPD-Kollegen zitieren, wieder namentlich HansJürgen Döring, der sagt, „jetzt haben wir 20 Prozent mehr im Kulturhaushalt“. Dann kommen uns die IstListen ins Haus, dann sehen wir in den Ist-Listen zum 30.06., wie viele dieser Mittel noch nicht abgeflossen sind und für uns stellt sich die Frage: Warum sind diese Mittel nicht abgeflossen, gab es keinen Bedarf, stellt man eine Sparbüchse zur Seite oder was tut man mit diesen Mitteln, die zur Hälfte des Jahres nicht abgeflossen sind?

Noch besser ist dann die Frage nach einer Einnahme im Haushalt des Ministers für Wissenschaft, Bildung und Kultur, nämlich nach einer Einnahme aus Kunstverkäufen. Ich gestehe, die Frage war eher so ein bisschen deshalb gestellt, weil da einfach

1 Mio. € an Einnahmen stand. Dann haben wir eine Antwort am heutigen Tag erhalten, dass das Bild ich hoffe, dass ich es richtig verstanden und in Erinnerung habe - „The Madonna with the Christ Child and Saint bruno“ von de Ribera offensichtlich verkauft worden und eine Teilsumme von 1 Mio. € in den Landeshaushalt geflossen ist. Auf die Nachfrage, was ist denn dort eigentlich geschehen, habe ich zur Antwort bekommen, das wird mir nachgeliefert. Als meine Kollegin Renner nachfragte, wie denn so ein Vorgang in der Landesregierung organisiert wurde, ist gesagt worden, das werden wir nachgeliefert bekommen. Inzwischen haben wir gesucht und gefunden, dass dieses Bild im Schlossmuseum Weimar hängt oder hing und dass es zu den bedeutenden Kunstwerken gehört und dass ein Teilbetrag von 1 Mio. € - wir wissen ja noch nicht, wie viele Teilbeträge insgesamt folgen werden - eine beachtliche Summe ist. Aber dieses Schlossmuseum Weimar gehört nun wieder zur Stiftung Weimarer Klassik. Jetzt stellt sich die Frage, wieso ist eine Einnahme aus einem Verkauf des Schlossmuseums Weimar, welches eigentlich zur Stiftung Weimarer Klassik gehört und welches zu den großen Kunstwerken gehört,

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Viel- leicht ist Seemann auch mit verschwunden?)

im Haushalt verzeichnet - der Kollege Döring sagt jetzt, das war bekannt, aber er scheint zu den wenigen im Freistaat zu gehören …