Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wir führen die Debatte nicht zum ersten Mal, das ist schon angesprochen worden
- auch nicht zum letzten Mal, wir werden noch einen Gesetzentwurf hier im Haus zu besprechen haben -, aber Ihre Argumente, Frau Hitzing, sind nicht besser geworden. Es bleibt bei dem alten Dilemma der FDP. Heute Vormittag unter TOP 10 verlangen Sie lautstark Steuersenkungen und am
Nein, die Kosten steigen und das heißt, mehr Geld ausgeben. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Politik ist nicht, zu formulieren, was man alles schön machen könnte, wenn es keine Restriktionen gäbe, sondern Politik heißt, unter gegebenen Bedingungen, auch unter gegebenen finanziellen Bedingungen möglichst gute Lösungen für alle Beteiligten zu finden und einen fairen Ausgleich zu gewährleisten - und dieser Aufgabe stellen Sie sich hier in überhaupt keiner Weise.
Ich will einen zweiten Punkt ansprechen. Sie tragen ja auch an bestimmten Stellen politische Verantwortung, in Sachsen zum Beispiel, wenn ich das richtig weiß, sind Sie in einer Koalition. Die sächsische Landesregierung sieht gerade vor, die Zuschüsse für die Schulen in freier Trägerschaft um sage und schreibe 9 Prozent zu kürzen. Ich weiß nicht, mit welchen Argumenten die FDP hier jede Kürzung verneint und dort drastische Kürzungen mitträgt. Das müssten Sie vielleicht dann hier auch noch mal erklären. Jedenfalls ist das ein Widerspruch, der hier in der Debatte völlig eklatant ist. Ich will ganz deutlich sagen, mein Interesse ist, dass wir auch in Zukunft die Schulen in freier Trägerschaft in angemessener Weise fördern. Sie leisten eine hervorragende Arbeit und das sollen sie auch in Zukunft tun können. Trotzdem will ich an dieser Stelle noch mal deutlich sagen - und das ist von mehreren Rednerinnen und Rednern hier angesprochen worden: Diese Debatte, alle Kinder müssen uns doch gleich viel wert sein, dieser Grundsatz ist erst einmal völlig richtig, aber wenn er verbunden wird mit der Frage, wie viel Geld geben wir für welches Kind im Schulsystem aus, da sträuben sich mir die Nackenhaare, weil daran eben gerade nicht der gleiche Wert von Kindern festzumachen ist. Es ist doch eine absurde Vorstellung, dass man für jedes Kind im Schulsystem genau die gleiche Summe ausgeben muss, damit die Schüler gleich viel wert sind - eine absurde Vorstellung.
Vielen Dank, Herr Minister. Sie geben mir gerade noch mal das Stichwort, auf meinen Zwischenruf einzugehen. Ich hatte mit meinem Zwischenruf gefordert, gleich viel auszugeben und Sie sind jetzt genau bei dem Punkt. Sie hatten dargelegt, dass, wenn Sie Ihre Kürzungen in dem benannten in Aussicht gestellten Gesetz nicht durchführen würden, müsste man in Zukunft mehr ausgeben. Bitte beantworten Sie uns doch mal, wie Sie zu dieser Aussage kommen, gerade vor dem Gesichtspunkt, wenn wir die freien Schulträger nicht hätten und alle Schülerinnen und Schüler in einer staatlichen Schule beschulen müssten, wären die Kosten dann nicht noch viel höher und sind die privaten bzw. die Schulen in freier Trägerschaft nicht eher eine Kostensenke?
Ich komme gleich auf Ihre Frage zu sprechen, will aber zunächst mal das Argument noch zu Ende bringen, weil das auch für Ihre Frage eine Rolle spielt. Wir haben auch im staatlichen Schulsystem natürlich unterschiedliche Schülerkosten. Wir haben zum Beispiel unterschiedliche Schülerkosten in einer kleinen oder in einer großen Schule über das Sockelfaktorenmodell. Natürlich ist es so, wenn wir kleine Schulen haben, dass wir pro Schüler höhere Kosten haben, als wenn wir Schüler in einer großen Schule konzentrieren. Es ist völlig klar, dass auch im staatlichen Finanzierungssystem Schüler, die in Förderschulen gehen, natürlich deutlich höhere Kosten verursachen als Schüler, die nicht in eine Förderschule gehen. Also daran festzumachen, dass uns die Kinder gleich viel wert sein müssen, das ist absurd. Kinder sind uns alle gleich viel wert, aber sie brauchen unterschiedliche Bedingungen, sie brauchen unterschiedliche Förderung - und diesen Unterschieden gerecht zu werden, das verstehe ich unter richtigem Umgang mit dieser Situation.
Jetzt zu Ihrer Frage, Herr Kollege Adams. Es ist leider ein Trugschluss, dass in dem Umfang, wie Schüler in Schulen in freier Trägerschaft gehen, die Kosten im staatlichen Schulsystem sinken, weil es nur in Ausnahmefällen so ist, dass eine Schule in freier Trägerschaft eine staatliche Schule komplett ersetzt. In aller Regel sieht das so aus, dass die Klassen dann etwas kleiner werden in den umliegenden Schulen, weil einzelne Kinder aus diesen Schulen dann wechseln in eine Schule in freier Trägerschaft. Das ist der erste Punkt. Das aber würde die Pro-Kopf-Schülerkosten im staatlichen System
weiter vergrößern, denn zunächst mal muss ich die Lehrer und die Schulen weiter vorhalten. Ich kann eine Klasse deshalb nicht abschaffen, weil zwei oder drei Schüler weniger in diese Klasse gehen. Deshalb haben wir das Phänomen, dass die Kosten im System der Schulen in freier Trägerschaft weiter steigen, ohne dass sich in diesem Umfang die Kosten im staatlichen Schulsystem reduzieren. Und mit dieser Situation müssen wir zunächst mal umgehen.
Wir diskutieren auch, wie wir die Kostenstrukturen im staatlichen Schulsystem effizienter gestalten können. Und wir werden in den nächsten Jahren sicher auch die Überhänge abbauen können, die jetzt noch da sind, aber im Moment sind sie da. Sie sind da durch ein Gerichtsurteil, wir haben sie zu finanzieren. Aber es ist doch absurd zu sagen, nur weil durch ein Gerichtsurteil und daraus entstandene Lehrerüberhänge an den staatlichen Schulen höhere Kosten entstanden sind, muss ich diese höheren Kosten auch an die Schulen in privater Trägerschaft weitergeben. Das ist ein absurdes Argument. Deshalb sagen wir, das wollen wir zurückführen, wir nehmen nicht die tatsächlichen Kosten, sondern die notwendigen Kosten, um eine Schule zu betreiben, um diese ungerechtfertigte Mehrzahlung eben nicht weiterzugeben.
Frau Sojka, Sie haben an dieser Stelle gesagt, man dürfe allerdings auch bei Überfinanzierung in der Bildung nicht sparen. Da bin ich etwas anderer Auffassung. Ich gebe Ihnen recht, wir dürfen an der Qualität von Bildung nicht sparen und, ich glaube, da sind wir uns einig. Trotzdem müssen wir uns auch im Bildungssystem die Frage stellen: Wie können wir die Bildungsleistungen auch kostengünstig für die Bürger erbringen? Nicht einfach Gelder wegstreichen, ohne auf die Qualität zu achten, aber zu schauen, wie wir die gleiche Qualität vielleicht noch effizienter erbringen können. Das wird in den nächsten Jahren insbesondere den Berufsschulbereich betreffen, wo wir zum Teil sehr, sehr kleine Berufsschulklassen haben und uns die Frage stellen müssen: Können wir das nicht auch effizienter organisieren? Natürlich wird das zum Teil mit weiteren Wegen verbunden sein, hier müssen wir möglicherweise Ausgleich finden, aber auch da muss die Frage erlaubt sein: Geht die gleiche Qualität auch zu effizienteren Kosten?
Wo ich ein Fragezeichen machen möchte - Sie haben ja angesprochen, dass wir zu hohe bürokratische Zwänge beim Personal für die freien Schulen aufbauen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie sich das genau anschauen konnten, was da vorgeschlagen ist. Es ist ja so, dass die Lehrer, die in den Fächern eingesetzt werden, für die sie ausgebildet sind, die in der Schulart eingesetzt werden, für die sie ausgebildet sind, die müssen nur angemeldet werden, da gibt es überhaupt keine bürokratischen Hürden, die freien Schulen melden diese Lehrer,
fertig. Die Frage der Genehmigung kommt dort ins Spiel, wo Lehrer schulartfremd oder fachfremd eingesetzt werden, und hier gibt es in der Tat den Genehmigungsvorbehalt, ein Kontrollmechanismus, bei dem man auch sagen könnte, na gut, wir können den auch wegfallen lassen und einfach blind darauf vertrauen, dass das schon alles seine Ordnung hat. Da sage ich, da kenne ich auch Träger, da hätte ich die Gewissheit, dass das auch ohne diese Regelung gut läuft, aber das kann ich nicht an jeder Stelle haben. Und wir müssen ja auch über solche Aufsichtsregelungen sicherstellen, dass die Qualität gewährleistet ist. Gerade im berufsschulischen Bereich gibt es schon hin und wieder Tendenzen dann vielleicht auch aus Kostengründen, eben mit weniger Qualität zu arbeiten. Deshalb sage ich, da, wo Lehrer fachfremd oder schulartfremd eingesetzt werden, bedarf es eines gewissen Kontrollinstruments. Ich glaube, das ist keine Überregulierung, man kann sich hier sicher im Verständnis aufeinanderzubewegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was auch immer wieder kommt, ist das Argument, wenn jetzt die Finanzierung für die Schulen in freier Trägerschaft zurückgefahren wird, dann setzt eine Situation ein, bei der sich nur noch Eltern mit ausreichendem Geldbeutel dann diese Schulen leisten können. Ich bitte Sie, dazu mal einen Blick in das Schulgesetz zu werfen. Das Schulgesetz schreibt vor, dass wir nur solche Schulen in freier Trägerschaft genehmigen dürfen, bei denen sichergestellt ist, dass nicht der materielle Hintergrund der Eltern zu einer Sonderung der Schüler führt.
Das heißt, die Schulen in freier Trägerschaft müssen ihre Elternbeiträge so gestalten, dass keine soziale Selektion erfolgt, und dafür gibt es natürlich auch Möglichkeiten. Man kann für Schüler aus bestimmten Einkommensverhältnissen dann vielleicht keine oder nur geringe Elternbeiträge erheben und man kann für Eltern, die sich das eher leisten können, höhere Elterbeiträge erheben. Da ist durchaus Spielraum drin. Das Argument, wenn da Elternbeiträge möglicherweise einen größeren Umfang annehmen, dann sei sofort die soziale Selektion da, dieses Argument zieht nicht. Das Schulgesetz verbietet es sogar, so zu verfahren, sondern die Schulen in freier Trägerschaft sind gehalten, genau das zu verhindern.
sind - das wissen Sie und die öffentliche Debatte zeigt das auch - in sehr schwierigen Verhandlungen nicht nur über den Haushalt des kommenden Jahres, das ist die aktuelle Verhandlung, sondern jeder, der die Finanzentwicklung des Freistaats kennt, weiß, dass wir auch in den nachfolgenden Jahren schwierige finanzielle Situationen zu meistern haben. In dieser Situation müssen wir alle Ausgaben abklopfen und fragen, wo kann ich effizienter werden, wo kann ich Mittel wegnehmen und wo kann das nicht passieren. Dieser Aufgabe stellen wir uns, der stellen wir uns auch im Bildungsbereich, und zwar auf eine Art und Weise, dass die Bildungsqualität nicht leidet. Das wäre mit mir nicht zu machen. Bildungsqualität darf nicht leiden, aber mehr Effizienz müssen wir auch an dieser Stelle suchen. Sonst ist es auch gar nicht möglich, in einem Landeshaushalt in dem notwendigen Umfang Konsolidierung betreiben zu können.
Sie wissen, der Haushalt des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur umfasst mehr als 2 Mrd. €, das ist ein erheblicher Anteil am Landeshaushalt. Deshalb habe ich mich eben nicht auf den Standpunkt gestellt, an dieser Stelle darf gar nichts passieren, sondern auch an dieser Stelle müssen wir auf effizienten Einsatz der Steuermittel achten und das will ich tun.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister Matschie. Zu Wort gemeldet hat sich jetzt der Abgeordnete Barth für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister, drei Punkte. Punkt 1 zum Thema „Sparen“: Sie haben ähnlich wie Frau Sojka ja auch an uns die Frage gestellt, wo wir denn sparen wollen, und an uns den Vorwurf gerichtet, heute Morgen hätten wir Steuern senken wollen und im Übrigen jetzt bis heute noch nie gesagt, wo wir sparen wollen. Ich erinnere zum einen ganz allgemein daran, dass es hier in dem Haus im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen zum Haushalt des Jahres 2010 nur eine Fraktion gegeben hat, die wirklich in nennenswerter Anzahl und in nennenswertem Umfang hier Einsparvorschläge gemacht hat,
und zwar ganz konkrete auch in Ihrem Haus, und da ging es nicht nur um Kaffeemaschinen, da ging es auch um Höherstufung in Schulämtern z.B., wo wir gesagt haben, das sollte man vielleicht doch überlegen, ob das notwendig ist bzw. wo wir beantragt haben, das zu streichen. 525 Einzelanträge sind es gewesen mit dem Gesamteinsparvolumen
von 480 Mio. € etwa. Also der Vorwurf, wir hätten hier keine Vorschläge gemacht, der geht weit ins Leere.
Sie sind es gewesen - und Sie sind ja im Nebenberuf auch Parteivorsitzender, auch wenn das kaum noch jemand merkt - mit Ihrer Partei, Herr Minister, die hier im Landtag an anderer Stelle dafür gesorgt hat, dass Strukturen geschaffen werden mit Agenturen, mit Beauftragten; Sie sind es gewesen, die hier dafür gesorgt haben, dass langfristig Mittelbindungen hier verursacht worden sind mit Landesarbeitsmarktprogrammen und ähnlichen Dingen Geld, was dann an anderer Stelle fehlt, Geld, was natürlich dann eben auch in der Bildung fehlt. Also bitte, dieser Vorwurf ist so einfach wie falsch. Das ist echt zu billig und das sollte Ihnen auch zu billig sein
wie auch das Zweite, Herr Minister. Aus der Formulierung im Antrag „Die Landesregierung wird aufgefordert, nach dem Grundsatz zu handeln, dass dem Land alle Kinder gleich viel wert sind.“ hier tatsächlich die Schlussfolgerung zu ziehen, wir hätten beantragt, dass für jedes Kind auf jeder Schule, egal wo im Land und egal in welcher Schulform gleich viel Geld auszugeben sei. Dazu gehört schon viel Boshaftigkeit und viel auch politische Absicht, das misszuinterpretieren.
Dass ich Ihnen jetzt nicht Dummheit unterstelle, Herr Minister, liegt nicht daran, dass ich einen Ordnungsruf vermeiden will, sondern es liegt daran, dass ich Ihnen das tatsächlich nicht unterstelle. Wir kennen uns lange genug. So dumm, das falsch zu interpretieren, sind Sie wirklich nicht. Ganz im Gegenteil - Sie sind viel intelligenter, als das zu tun. Umso billiger und umso armseliger ist es eigentlich, diese Fehlinterpretation hier so vorzutragen.
Letzter Punkt und drittens, Herr Minister, zum Thema Sachsen: Abgesehen davon, dass Sie im Jahr 2007, als Sie in Sachsen mitregiert haben, die freien Schulen mal wegen der Finanzierung vor das Verfassungsgericht in Sachsen getrieben haben, muss ich, da wir hier im Thüringer Landtag sind, nicht erklären, was die sächsische Landesregierung gerade tut und was sie lässt. Ich verlange ja von Ihnen auch nicht, dass Sie mir erklären, was es mit Bildungsgerechtigkeit zu tun hat, dass der rot-rote Senat in Berlin die Zugangsberechtigungen zu den Gymnasien im Losverfahren verteilt. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Barth. Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? Das ist nicht der Fall.