Ich kann nur mutmaßen, dass es Ihnen nicht wichtig genug war, hier das Recht fortzuentwickeln. Ich bleibe ein grenzenloser Optimist; ich hoffe darauf, dass wir nachher in der Abstimmung natürlich eine Mehrheit dafür haben werden, das Recht der Wahlen in Thüringen weiterzuentwickeln. Es macht viel Sinn, einmal darüber nachzudenken, wie viele Chancen und wie aussichtsreich es denn wäre, wenn eine junge Frau, ein junger Mann im Alter von 16 Jahren nach den nächsten Kommunalwahlen sich an den gestern neu gewählten Verfassungsgerichtshof wendet und genau mit dem Bezug auf den Artikel 45 sagt: Was ist das eigentlich? Warum darf ich in Thüringen nicht wählen? Ich glaube, da werden wir eine interessante Entscheidung bekommen. Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Hey von der SPDFraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Adams, ich darf sagen, dieser Gesetzentwurf ist auch bei uns im Innenausschuss - nicht nur dort, aber auch im Innenausschuss - sehr intensiv behandelt worden. Die Diskussion war, Sie wissen das, angeregt, sie war stellenweise kontrovers. Wir haben auch dort noch einmal alle Argumente zum Für und Wider der Ein
führung des Wahlalters mit 16 bei Kommunalwahlen diskutiert. Das war nicht nur im Innenausschuss so. Jetzt müssen Sie auch nicht in die Protokolle der vorangegangenen Plenarsitzungen schauen, um nachzusehen, was Matthias Hey denn zu diesem Thema gesagt hat. Diese Mühe erspare ich Ihnen gern. Meine Fraktion, die Fraktion der SPD, hat große Sympathien für den Antrag der Bündnisgrünen, nach wie vor.
Wir werden diesem Gesetzentwurf aber heute hier nicht zustimmen können. Politik ist manchmal seltsam. Es gibt, Herr Adams, Sie wissen das, eine Koalition aus CDU und SPD, die ist durch einen Koalitionsvertrag untermauert. In diesem Koalitionsvertrag ist das Anliegen Ihres Gesetzentwurfs kein Bestandteil. Jetzt können Sie sagen, Herr Hey, jetzt verstecken Sie sich doch nicht immer hinter diesem Koalitionsvertrag. Da hätten Sie sogar ein Stück weit recht, weil es ja gar nicht möglich ist, in einem Vertrag, der fünf Jahre gilt, sämtliche politischen Entscheidungen für diese fünf Jahre abschließend zu regeln. Das stimmt dann schon. Aber so ein Vertrag ist eine Richtschnur der Zusammenarbeit zwischen Partnern. Alles, was da nicht drinsteht, was darüber hinausgeht, hat man dann eben bilateral mit dem Koalitionspartner zu regeln. Unser Partner hat eine andere Auffassung zum Wahlalter mit 16 und unterschiedliche Auffassungen sind ja auch legitim und in der Politik durchaus an der Tagesordnung. Bevor Sie jetzt weiter auf die SPD schimpfen, ich habe eben schon erfahren, dass ich dann in meinem Verhalten eher schäbig bin, dann seien Sie bitte auch ehrlich, Herr Adams, und das richte ich auch an DIE LINKE: Wenn im letzten Herbst hier in Thüringen eine andere politische Konstellation zustande gekommen wäre als die, die wir heute haben, dann würde genauso verfahren werden. Dann gäbe es einen Vertrag - Sie wissen das, Herr Adams - und was über diesen Vertrag hinausgeht, darüber muss man reden. Wenn es keine Übereinstimmung gibt, wenn man sich nicht einigen kann, dann kommt keine Entscheidung zustande, die der Partner nicht mitträgt. Das wäre genau dasselbe.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber in dem Vertrag stün- de Wahlalter 16.)
Ja, in diesem Falle muss ich Ihnen recht geben, Frau Rothe-Beinlich. In diesem Falle wäre mit Sicherheit auch dieser Gesetzentwurf heute nicht das Problem, welches er jetzt darstellt. Ich habe ja gesagt, es ist nicht in sämtlichen Fällen so. Es geht ja generell um die Art und Weise, wie man mit dem Partner umgeht. Das hat auch etwas mit Verlässlichkeit in der Politik zu tun. Ich will auch gerne noch einmal auf eine Parteikollegin von Ihnen ver
weisen, Herr Adams, das ist die Frau Christa Goetsch, die ist grüne Senatorin in Hamburg. Dort regiert Schwarz-Grün. Das ist eine interessante politische Konstellation und Sie wissen das, dort sind vor rund acht Wochen noch die Fetzen geflogen, das war im August. Da hat man dann zu einem Sonderparteitag der Basis eingeladen, da sollte darüber entschieden werden, ob denn überhaupt diese Konstellation fortgesetzt werden soll aus ganz anderen, unterschiedlichen Gründen. Die haben in Hamburg ganz andere Sorgen, da ging es nicht um das Wahlalter mit 16. Diese Senatorin hat die aufgebrachte Basis beschwichtigt und folgenden interessanten Satz geprägt: „Koalition ist auch immer ein Zugeständnis.“
Ich bedaure also einerseits ausdrücklich, dass das Anliegen dieses heute hier behandelten Gesetzentwurfs mit großer Wahrscheinlichkeit keine Mehrheit finden wird. Sie sehen mich andererseits hier auch in einer relativ großen Gelassenheit. Ich will Ihnen auch gerne erklären warum. Die Einführung eines abgesenkten Wahlalters bei Kommunalwahlen ist zwar zumindest diesmal wahrscheinlich in Thüringen nicht möglich, aber nach meiner Einschätzung ist das nur eine Momentaufnahme und das wird nicht immer so bleiben.
Wissen Sie, es gibt ja so Gesetzesvorhaben, von denen weiß man, dass das sehr lange dauern kann. Da hat man schon so eine Ahnung, bis die mal umgesetzt werden. Aber bei dieser Thematik müssen wir uns nicht besonders fit halten, um genug Ausdauer zu haben, damit man irgendwann mal in ein oder zwei Jahrzehnten erlebt, dass das endlich Wirklichkeit wird. Ich glaube, dass auch Thüringen in nicht allzu ferner Zukunft genau wie in einigen anderen Bundesländern auch das Wahlrecht reformiert - nicht in dieser Legislatur, vielleicht dafür aber in der nächsten. Das, lieber Herr Adams und liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, ist sehr wohl ein Ausblick, der mich innerlich wesentlich froher macht, als ich es gleich in der Abstimmung sein werde. Ich danke Ihnen.
Danke, Herr Abgeordneter Hey. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete König von der Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wählen mit 16 - was gibt es da eigentlich noch dazu zu sagen nach den Debatten im Innenausschuss und auch den Reden, die es hier bereits im Landtag schon dazu gab. Meiner Meinung nach sind eigentlich die Argumente ausge
tauscht, wobei das einen falschen Vorgang suggeriert, weil es erscheinen lässt, als ob die CDU Argumente gehabt hätte,
Argumente, die glaubwürdig sind, Argumente, die in irgendeiner Art und Weise überzeugen können. Warum sage ich das? Zum einen hat Herr Kellner in einer Landtagsdebatte geäußert, dass er nicht in Abrede stellen will, dass sicherlich auch 16-jährige politisch Interessierte sich ihre Meinung bilden und artikulieren können. Ich denke, das ist nicht unbedingt nur bei 16-Jährigen der Fall, das hat man vielleicht auch früher. Man hat aber auch das Gegenteil später. Das heißt, das Argument, was Herr Adams hier vorhin als ein Kontraargument angeführt hat, hat die CDU selber wieder in Abrede gestellt. Von daher glaubwürdige Argumente, Argumente, die man diskutieren könnte, die in irgendeiner Art und Weise Sachargumente sind, gibt es nicht. Dem entspricht auch die Junge Union, welche sich nämlich positiv zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat und die erklärt hat, dass es natürlich bei der Absenkung allein nicht bleiben darf. Nur, niemand hat gesagt, dass es um eine reine Absenkung des Wahlalters geht. Natürlich müsste dieses dann begleitet werden. Natürlich müssten entsprechende Partizipationsprojekte, möglicherweise auch entsprechende Änderungen der Lehrpläne an den Schulen stattfinden.
Die Shell-Studie hatten wir gestern. Ich muss ehrlich sagen, ich hatte gehofft, dass die CDU-Fraktion diesen ihren Antrag zur Aktuellen Stunde ernst nimmt, und zwar so ernst nimmt, dass sie heute auch ein entsprechendes Abstimmverhalten an den Tag legt, denn eine allgemeine Absenkung des Mindestwahlalters wäre ein gesellschaftliches Signal,
dass junge Menschen zur Wählerschaft und damit zu der mitbestimmenden aktiven Population einer demokratischen Gesellschaft gezählt werden. Sie lehnen dies ab und die SPD windet sich. Eines Ihrer eigenen Wahlthemen, eine Ihrer eigenen Forderungen, denn auch Sie wollen - früher jedenfalls einmal - die Absenkung des Wahlalters auf 16. Sie haben schlicht und einfach vergessen, es mit in die Koalitionsverhandlungen aufzunehmen oder sie haben es geopfert. Gut ist keiner der beiden Gründe.
Jetzt stecken Sie in der Zwickmühle, jetzt erklären Sie Ihr Abstimmungsverhalten und eigentlich stehen Sie ja dem Antrag positiv gegenüber. Wenn dem so wäre, dann würde ich zumindest Applaus auch bei anderen Abgeordneten, die nicht aus Ihrer Fraktion sind und die sich für diesen Antrag aus
Am Anfang steht immer die Wahl. Sie haben sich entschieden für eine Koalition, in der Partizipation von Jugendlichen und eine wahre Politik für Jugendliche eine untergeordnete Rolle spielt. So ist es jedenfalls, wenn Sie die Wahlalterherabsenkung auf 16 ablehnen, welches Sie heute aller Wahrscheinlichkeit nach machen. Nichtsdestotrotz gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die CDU-Fraktion von gestern auf heute möglicherweise die ShellStudie nochmals in die Hand genommen hat, möglicherweise sich nochmals wissenschaftliche Erkenntnisse zu Rate gezogen hat und vielleicht dann doch ihr Abstimmungsverhalten ändert. Ich habe im Innenausschuss die CDU-Fraktion gefragt: Wovor haben Sie eigentlich Angst?
Diese Frage haben Sie bis heute nicht beantwortet. Die Frage stelle ich Ihnen wieder. Wovor haben Sie eigentlich Angst? Was macht Ihnen Angst, wenn 16-Jährige oder auch 17-Jährige auf kommunaler Ebene wählen können? Macht Ihnen Angst, dass Jugendliche sich Links der Mitte positionieren, zumindest die Mehrheit? Macht Ihnen Angst, dass Sie Ihre Politik unter kritischen Augen von Jugendlichen beäugen lassen müssten? Wenn Sie ein demokratisches Verständnis hätten, so wie es die Shell-Studie beispielsweise explizit argumentiert, dann würden Sie heute hier zustimmen und es wäre eine Bereicherung für uns alle. Es wäre eine Bereicherung, wenn wir Jugendlichen in Thüringen mitteilen könnten, dass wir ihre Ideen, ihre politischen Vorstellungen, ihre Wünsche nicht nur hören wollen, sondern auch zumindest zum Teil so wahrnehmen wollen, dass wir sie umsetzen. Ich hoffe, dass es bei der CDU-Fraktion vielleicht doch einen oder zwei gibt, oder drei oder vier, die sich möglicherweise einfach nachher hier aus dem Saal entfernen, so dass die Mehrheiten ganz klar sind, nämlich für Jugendliche in Thüringen,
verfolgt, vor allem Herrn Adams, der ja die Ausführung gemacht hat im Vorfeld, dass er nicht die Hoffnung hat, dass man mit Argumenten überzeugt, dass eigentlich das Ergebnis feststeht und wir uns heute - ja, ich sage mal, nur um die Zeit totzuschlagen - noch einmal darüber unterhalten. Ich denke, das ist der falsche Weg. Wenn ich hier rede, wenn wir hier im Parlament sprechen, haben wir immer die Hoffnung und den Anspruch, dass wir letztendlich auch überzeugen, nicht nur im Ausschuss, sondern auch hier in dieser Runde. Da macht man es sich zu einfach, wenn man meint, wir bräuchten gar nicht mehr groß zu reden. Dann hätten wir uns die Zeit überhaupt sparen können, hätten den Punkt zur Abstimmung aufgerufen, hätten die Hände gehoben und da wäre die Sache erledigt gewesen. Aber das ist nicht mein Demokratieverständnis und schon gar nicht hier im Parlament. Ich mache mir schon die Mühe und versuche zu überzeugen. Ich mache mir die Mühe, die Abgeordneten dafür zu gewinnen, dass sie vielleicht noch einmal darüber nachdenken und unsere Entscheidung nachvollziehen können. Ich wünschte mir natürlich noch viel mehr, wenn Sie sich anschließen würden. Denn es ist nicht so, dass wir unser Land nicht weiterentwickeln wollen, das wäre schlimm. Aber wenn man es daran festmacht, wer zukünftig wählen darf und wer nicht und unabhängig davon, ob es gerechtfertigt ist oder nicht, wenn man es am Alter festmacht - natürlich gibt es auch ein paar Hinweise in der Shell-Studie, darauf komme ich noch -, ist es meiner Ansicht nach zu kurz gesprungen. Das Wahlrecht ist ein hohes Gut. Eine Wahl und eine Stimme, die man hat zur Wahl, ob auf kommunaler Ebene, auf Landtags-, Europa-, Bundesebene, muss man verantwortungsvoll wahrnehmen. Ihr ursprünglicher Antrag, ich darf Sie vielleicht noch mal daran erinnern, es spricht ja gar keiner mehr so richtig darüber, sondern man sagt nur, lasst einfach die 16-Jährigen auch wählen. Das sind Bürger dieses Landes und sie haben die nötige Reife, das auch zu tun und wer das nicht macht, der versteht das alles nicht und will verhindern und will unser Land nicht weiterentwickeln.
Der ursprüngliche Antrag, den Sie eingebracht haben - die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - da geht es um Politikverdrossenheit, um abnehmende Wahlbeteiligung.
Eine rückläufige Wahlbeteiligung zeigt, dass sich die Bevölkerung vom politischen Prozess abwendet und die Akzeptanz von Politikern schwindet. Das ist die Begründung, die Sie mit anführen, warum man die 16-Jährigen doch wählen lassen soll und die
demographische Entwicklung spielt hier auch eine Rolle, die zunehmende Veralterung und die Jugendlichen können ihre Ansinnen,
Ich halte das für eine fatale Richtung, die man hier einschlägt, wenn man Alt gegen Jung ausspielt und das noch am Wahlrecht festmacht. Aber ich komme gleich mal dazu, um über Politikverdrossenheit und unsere Argumente vorzutragen. Ich werde das etwas detaillierter machen, außer dass ich nur rede, dass es eigentlich nicht geht und dass die Reifheit noch nicht da ist und überhaupt. Nein, ich werde es etwas ausführlicher machen.
Ich möchte nur vorwegstellen, Politikverdrossenheit ist ein ernstes Thema. Ich möchte auch den Ist-Zustand nicht kaschieren oder loben, aber das Wahlalter ab 16 herabzusetzen halte ich für den falschen Ansatz, um Jugendliche für Politik zu begeistern.
Gemach, nur Geduld, Herr Adams. Die Politik und Politikverdrossenheit ist kein Thema nur für Jugendliche, vielmehr zieht es sich durch alle Schichten der Bevölkerung. Aber genau diese Bevölkerungsgruppen haben alle das Wahlrecht. Sie werden mir wohl zustimmen müssen, dass es an der Möglichkeit zu wählen nicht liegen kann. Auch wenn die Wahlen der zentrale Akt des Volkes zur Gestaltung der Politik sind, Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz, so darf man es darauf nicht beschränken. Politikverdrossenheit setzt dort an, wo die Menschen sich auf das Recht zur Wahl als einzigen Weg zur Partizipation verlassen. Das berühmte Recht, alle vier bis fünf Jahre sein Kreuz machen und sich dann zurückziehen, beflügelt die schlechte Resonanz auf Politik, Politikerinnen und Parteien. Ich könnte die Liste noch ausbauen. Gerade dadurch, dass sie sich nicht auf das Wählen verlassen können, entwickeln und entdecken Jugendliche immer neue Wege, wie sie ihre Interessen verwirklichen.
Und das, meine Damen und Herren, wird benötigt, um das Interesse für Politik zu wecken und Demokratie begreifbar zu machen. Eine Auswertung der Bundeszentrale für Politische Bildung bestätigt, dass die Wahlbeteiligung der jungen Wählerschichten deutlich unter dem Durchschnitt liegt, aber das Engagement Jugendlicher in neuen gesellschaftlichen und politischen Formen wie Bürgerinitiativen sehr hoch ist. Wir müssen die jungen Menschen