Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Der Erhalt und die Unterstützung der mittelständischen Wirtschaftsunternehmen bilden eine wichtige Grundlage für ein starkes Thüringen. Das ist das Bestreben meiner Fraktion.

(Beifall FDP)

(Minister Reinholz)

Die notwendigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für diese Projekte sind inhaltlich und lagemäßig so auszugestalten, dass die Eingriffe in die Natur kompensiert werden. Ein ausgewogenes Verhältnis von Versiegelungen, Entsiegelungen und Inwertsetzung muss die zukünftige Vorgabe sein.

(Beifall FDP)

Im Bericht zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie von 2008 liegt der bundesweite Flächenverbrauch bei 113 ha/Tag. In Thüringen erweiterte sich dieser Verbrauch der Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 2,67 ha/Tag - Stand von 2009.

Das bundesweit formulierte Ziel, bis zum Jahr 2020 die Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr auf 30 ha/Tag zu reduzieren, muss für Thüringen Ansporn sein, den Flächenverbrauch ebenfalls auf ein Drittel zu reduzieren.

Vergleicht man jedoch die momentanen Verbrauchszahlen, so ist eine deutliche Reduzierung zurzeit nicht erkennbar. Darum ist eine realistische Aussage zum Nachhaltigkeitsziel, welches sich die Landesregierung stellt, von großem Interesse sowie mit welchen Mitteln sie beabsichtigt, diese umzusetzen.

Ich vertrete die Auffassung, dass ein nachhaltiges Flächenmanagement neben den planerischen Vorgaben im Landesentwicklungsplan, den Regionalund Bauleitplänen durch einen Aktionsplan zu unterstützen ist. In diesem Aktionsplan muss auf die lokalen und individuellen Besonderheiten der verschiedenen Regionen eingegangen werden, denn ein Universalkonzept für alle Regionen wird hier nicht funktionieren.

Im Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung, den Flächenverbrauch zu reduzieren. Ich zitiere: „Um dieses Ziel zu erreichen, sind Brachflächen wieder in Wert zu setzen und vorrangig innerörtliche Lagen zu entwickeln.“ Eine vielversprechende Zielstellung, jedoch total widersprüchlich zur Handlungsweise der Landesregierung, denn im Jahr 2010 setzt die Landesregierung die Mittel für Revitalisierung für private Antragssteller aus. In der 25. Plenarsitzung forderte die FDP-Fraktion die Landesregierung auf, eine Begründung für das Aussetzen der Fördermittel bei Revitalisierung von Brachflächen für private Antragsteller abzugeben. Bis heute konnte keine endgültige Aussage seitens der Landesregierung getroffen werden.

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz präsentiert die Fördermöglichkeit unter anderem für private Antragsteller im Rahmen der Revitalisierung weiter auf ihrer Internetseite. Die raumverträgliche Nutzung der Brachflächen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung bei der Neuinanspruchnahme von Flächen. Baumaßnahmen sowie die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen bei grundsätzlicher Eig

nung vordringlich auf diesen Flächen ausgeführt werden. Es gilt vorrangig: Flächenrecycling steht vor Neuausweisung.

(Beifall FDP)

Eine behutsame und nachhaltige Innenstadtentwicklung und Baulückenschließung sind weitere Instrumente, die zur Reduzierung beitragen. Dies sind keine hausbackenen Vorschläge der FDP und bestimmt nicht besonders neuartig, jedoch effektiv, wenn man es tut. Aber wenn der Nachhaltigkeitsbeirat und die Landesregierung weitere innovative Ideen benötigen - mein Büro steht jederzeit für Sie offen.

(Beifall FDP)

Sehr geehrte Abgeordnete,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Selbst den Satz musst Du ablesen.)

Ist das verboten?

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja, das steht so in der Geschäftsordnung zu freier Rede.)

Meiner Meinung nach nicht.

Stimmen Sie unserem Alternativantrag zu. Ein langfristig geplantes Flächenmanagement mit gezielten Maßnahmen trägt zur wirtschaftlichen Entwicklung, bedarfsgerechten Verkehrsplanung und einer Inwertsetzung der Naturlandschaft bei. Vielen Dank. Das habe ich auch abgelesen, Herr Mohring. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Untermann. Als Nächster spricht der Abgeordnete Weber von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zunächst einmal möchte ich mich bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für diesen Antrag bedanken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Antrag ist wichtig. Es ist an der Zeit, dieses Thema intensiv zu diskutieren. Wie viele Flächen kann und darf Thüringen verbrauchen? Dieser Bereich der Nachhaltigkeitsstrategie muss unter den Aspekten der Ökologie, der Wirtschaftlichkeit, aber auch dem demographischen Wandel diskutiert und evaluiert werden. Besonders der demographische Wandel stellt uns vor veränderte Fragestellungen, die wir nachhaltig für die Zukunft beantworten müssen. Ihr Antrag steht im Übrigen auch im Einklang mit unserem Koalitionsvertrag. Der Kollege Unter

(Abg. Untermann)

mann hat es - wenn auch aus meiner Sicht falscher Intention - bereits zitiert. Das Ziel, den Flächenverbrauch auf „Netto-Null“ festzusetzen, ist ein hochmotivierter Ansatz, wenn man bedenkt, dass - wie schon mehrfach gesagt wurde - die Fläche im Bundesgebiet, die jeden Tag versiegelt wird, bei über 100 Hektar liegt. Es gibt da verschiedene Zahlen, ich hatte jetzt 94, eben sind 113 gefallen, aber es ist auf jeden Fall so, dass es um die 100 Hektar am Tag sind, die im Bundesgebiet pro Tag neu versiegelt werden. Deswegen brauchen wir eine grundlegende Bestandsaufnahme, das ist wichtig. Sie dient nicht nur dem Nachhaltigkeitsbeirat, sondern auch der Meinungsbildung in den Auschüssen und ist von grundlegender Bedeutung. Wir müssen die Ergebnisse dieser Betrachtungen und der Bestandsaufnahme in den Landentwicklungsplan einarbeiten.

Lassen Sie mich noch abschließend einige Anmerkungen zu Ihrem Vorschlag zur Änderung der Gemeindefinanzierung machen, die ich für gänzlich ungeeignet halte. Es stellt sich hierbei aus meiner Sicht die grundsätzliche Frage, inwieweit Sie hier in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen oder diese teilweise negieren wollen. Infolgedessen müsste die Finanzierungsgrundlage zwischen Land und Kommunen völlig neu erörtert werden. Nach derzeitiger Sachlage befürchte ich, dass dieser Antrag auf Leuchtturmprojekte abzielt und in der Fläche des Freistaats leider nur bedingt Wirkung entfalten könnte. Thüringen ist ein Flächenstaat, wir sind dezentral verwaltet. Aus dieser Sachlage heraus ergeben sich weitere Grundfragen, welche es zu beachten gilt. Wir möchten etwas Grundsätzliches erreichen, eine Politik mit Maß und gerader Linie gestalten. Gerade in solchen Fragen der Nachhaltigkeit könnte es verheerend sein, wenn wir einfach nur das Richtige wollen, es aber nicht ganzheitlich angehen. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Debatte im Ausschuss und beantrage die Überweisung an die Ausschüsse für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz sowie Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Gleiches gilt für den Alternativantrag der FDP. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Als Nächster spricht der Abgeordnete Kummer von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja sehr schön, dass wir uns im Hohen Haus alle einig sind, dass wir etwas gegen die Flächenversiegelung tun müssen. Aber ich möchte bei Frau Schubert anschließen, in der Richtung ist in der Vergangenheit schon sehr viel geredet worden, leider ist viel zu wenig pas

siert. In den letzen 20 Jahren haben wir in Thüringen zu verzeichnen, dass sich jährlich die versiegelte Fläche um 1 Prozent vermehrt. Das heißt, die Flächenversiegelung steigt zehnmal mehr als bei unseren Vorfahren, und das, obwohl wir immer weniger Leute werden. Ein Trend der unbedingt gestoppt werden muss und bei dem zu verzeichnen ist, dass uns auch gerade noch die besten landwirtschaftlichen Flächen verloren gehen. Wenn ich an Gewerbegebiete denke wie das Erfurter Kreuz, die Goldene Aue, da haben wir Böden, die europaweit ihresgleichen suchen, die von hervorragender Qualität sind und die allein von der täglichen Flächenversiegelung von über 2 Hektar eine dauerhafte Versorgung von 20 Menschen wegnehmen. Wir könnten auf dieser Fläche, die täglich versiegelt wird, 20 Menschen dauerhaft ernähren. Das ist in Anbetracht der Welternährungssituation ein Frevel, den wir uns nicht weiter leisten können.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, gefördert wurde diese Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren massiv durch die öffentliche Hand. Ich möchte hier an die Eigenheimzulage erinnern. Das Umweltbundesamt weist aus, dass für Gewerbeansiedlungen auf der grünen Wiese etwa 100 Mio. € pro Jahr zur Verfügung gestellt werden; welche Probleme das dann mit sich brachte, das wissen wir. Ich möchte z.B. an die Investitionspauschale erinnern. 25 Prozent von Investitionen, die Unternehmen in den neuen Bundesländern zur Verfügung gestellt worden sind - geschenktes Geld -, es wurde nur eine Bedingung daran geknüpft, es musste sich um einen Neubau handeln. Wer in einen Altbau investierte, bekam diese 25 Prozent nicht. Also eine gezielte Lenkung hin zur Neuversiegelung durch die öffentliche Hand, die in Sonntagsreden immer wieder bedauert wurde.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, das muss aufhören. Wir haben in Thüringen viele Absichtserklärungen in der Vergangenheit gehabt. Auch der im Moment gültige Landesentwicklungsplan hat sich deutlich gegen diese Zunahme von Flächenversiegelungen geäußert. Da ist z.B. bei der Neuausweisung von Gewerbeflächen - ich denke da u.a. an das Gewerbegebiet Queienfeld - davon gesprochen worden, dass diese Flächen nur für großflächige Industrieansiedlungen und Gewerbeansiedlungen zur Verfügung stehen sollten. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben dort Ansiedlungen zu verzeichnen, die in den Gewerbegebieten, in den Innenstädten, in der Umgebung problemlos unterzubringen gewesen wären. Ich möchte an die großflächigen Einzelhandelsansiedlungen denken, die wir, obwohl der damalige Landesentwicklungsplan schon klar festgestellt hat, dass wir Überkapazitäten in der Richtung haben, trotzdem in Thüringen weiter zu verzeich

(Abg. Weber)

nen hatten. Also auch hier ist die Lenkungsfunktion des Landesentwicklungsplans nicht so gewesen wie gedacht, und wenn wir jetzt unsere Hoffnungen in die Wirkung des nächsten Landesentwicklungsplans setzen, meine Damen und Herren, im Jahr 2025 wird er vielleicht greifen. Ich gebe zu, die Fläche, die bis dahin noch versiegelt wird, ist mir deutlich zu groß.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es für unsere Fraktion Zeit, mit dem Reden aufzuhören. Was wir brauchen, ist eine klare, verpflichtende Regelung, dass für zu versiegelnde Flächen gleich große Flächen entsiegelt werden müssen. Dazu wird es in der nächsten Zeit eine Gesetzesinitiative unserer Fraktion geben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, dass wir die Ausschussberatung zu den beiden Anträgen jetzt schon nutzen können, um auch in der Richtung noch gemeinsam in die Diskussion zu kommen, und freue mich auf die Debatte. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kummer. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie möchten nicht mehr sprechen?

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich habe mich nicht gemel- det.)

Gut. Dann hat das Wort der Abgeordnete Krauße von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist zwar schon alles gesagt, aber eben noch nicht von mir. Ich werde das jetzt auch nicht nachholen, denn ich will die Ausschussberatung nicht vorwegnehmen. Es ist natürlich klar, im Ausschuss werden wir alle Aspekte, die dieses Thema berühren, ansprechen und, wie ich unseren Ausschuss kenne, sogar Aspekte, die weit darüber hinausgehen. Der Minister hat die Ziele klar benannt; meine Vorredner sind schon weit ins Detail gegangen. Insofern kann ich mich kurzfassen. Ich beantrage die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz federführend und an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Wünscht die Regierung noch mal das Wort? Ich sehe auch keine

weiteren Wortmeldungen. Dann frage ich: Ist das Berichtsersuchen erfüllt? Ich sehe keinen Widerspruch. Dann kommen wir zur Abstimmung zu Nummer 2 des Antrags. Es wurde beantragt Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz und an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr, der Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz als federführender Ausschuss. Gibt es dazu andere Meinungen?

Dann stimmen wir erst einmal ab über den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Wer dafür ist, dass der Antrag in Nummer 2 an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Ich sehe keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Das ist nicht Fall. Dann ist der Antrag an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr einstimmig überwiesen.