Protokoll der Sitzung vom 23.02.2011

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Barth.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Bundesministerin Frau Anette Schavan hat gefordert, Bundesuniversitäten einzurichten, die direkt vom Bund gefördert werden, und hat zur Begründung angeführt, dass dieses Modell sich für die Förderung von Spitzenforschung und Spitzenlehre besonders gut eignen würde und dass es auch dazu beitragen könnte, die Fortsetzung der Exzellenzinitiative nach dem Auslaufen der dritten Förderperiode sicherzustellen. Das war sozusagen das gedankliche Gebäude, in dem sich Frau Schavan bewegt hat, um die Strukturen zu erhalten, die man mit viel Geld durchaus an den Exzellenzstandorten geschaffen hat. Es ist zunächst sicherlich ein nachvollziehbares Ansinnen, dass man sagt, man will Strukturen, die man mit öffentlichem Geld geschaffen hat, auch nicht wieder verkommen lassen. In Wahrheit muss man aber dazu sagen, es war nie das Ziel der Exzellenzinitiative, dass nach Auslaufen der Bund diese Universitäten quasi übernimmt und auf diese Art und Weise durch die kalte

Küche oder Hintertür - oder wem welches Bild dann auch am besten gefällt - sich in dieser Form in die Bildungspolitik einbringt. Es gibt, liebe Kollegin Kaschuba, noch ein anderes Beispiel, also nicht nur das KIT und die Universität in Lübeck, auch die Bundesuniversitäten sind im Prinzip Bundeswehruniversitäten, die im überwiegenden Teil zumindest vom Bundesbildungs- und vom Bundesverteidigungsministerium finanziert werden. Zivile Hochschulen aber sind ganz klar Bestandteil des Bildungsföderalismus und ich will für uns und für meine Fraktion ausdrücklich bekennen, dass das nach unserer Meinung auch so bleiben soll. Ich weiß, dass wir in unserer eigenen Partei

(Beifall FDP)

dort auch unterschiedliche Diskussionen haben, das ist in anderen Parteien hier und da durchaus auch so, aber bei uns ist die Frage an der Stelle eindeutig, weil es natürlich auch ein Standortwettbewerb ist, auch zwischen den Ländern ganz ausdrücklich. Für uns sind die Universitäten und die Fachhochschulen auch die einzigen Einrichtungen, die strukturell junge Menschen ins Land holen, die das als Auftrag haben und das auch erfolgreich umsetzen. Deswegen ist es aus meiner und aus unserer Sicht ganz wesentlich, dass es bei diesem Wettbewerb auch bleibt. Da kann man sich wünschen, dass sich das auf den Wettbewerb in Forschung und Lehre reduziert, aber angesichts der Kassenlagen, die sich in absehbarer Zeit nicht ändern werden, wird es auch ein ökonomischer Wettbewerb bleiben. Alles andere zu versprechen oder in Aussicht zu stellen, ist zumindest mal Augenwischerei.

Insofern glaube ich, dass der Antrag, über den wir morgen reden, über das Kooperationsverbot an der Stelle, tatsächlich auch die inhaltlich richtige und zielführende Diskussion ist, weil - gerade in Jena gibt es die ersten Erfolge auch in der Exzellenzinitiative - dieser Wettbewerb durchaus auch Früchte trägt. Die unterschiedlichen Ausgangspunkte hat der Minister ausdrücklich richtig beschrieben.

Was aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus Sicht meiner Fraktion auch wiederum nicht funktioniert, ist, dass wir hergehen und sagen, einerseits wollen wir den Bildungsföderalismus erhalten, wir wollen alleinig die sein als Land, die bei unseren Hochschulen bestimmen und das Sagen haben, und andererseits sagen, in unserem Landeshaushalt sparen wir aber und wir haben einen höheren zweistelligen Millionenbetrag im Haushalt 2011 gegenüber dem Haushalt 2010 weniger eingestellt für unsere Hochschulen, und dass dann der Minister in der entsprechenden Debatte im Bundestag auftritt und sagt, wir wollen zwar weiter allein entscheiden, aber mehr Geld vom Bund brauchen wir trotzdem. Irgendwo, finde ich, muss man sich da entscheiden. Wer die Musik bezahlt, hat natürlich auch ein gewisses Anrecht darauf, dass er mitbestellt, welche

(Abg. Metz)

Musik gespielt wird. Deshalb sage ich ganz ausdrücklich, wir halten von diesem Vorschlag der Bundesuniversitäten herzlich wenig, aber von der Art und Weise, wie wir im Moment unsere Hochschulen finanzieren, auch nicht viel mehr. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Voigt von der CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Thema der Aktuellen Stunde „Bundesuniversitäten“. Also leistungsstarke Universitäten mit hohem Finanzbedarf sollen mittelfristig in die Zuständigkeit des Bundes wechseln, das ist die Frage, die Frau Schavan aufgeworfen hat. Im Namen meiner Fraktion kann ich sagen und im Namen unserer Koalition, dass wir stolz sind auf das, was die Thüringer Universitäten und Hochschulen repräsentieren, und wir deswegen natürlich auch zuvorderst unsere Hochschulen weiterentwickeln wollen, aber natürlich mit gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle. Deswegen können Bundesuniversitäten nicht der richtige Weg dafür sein.

(Beifall SPD)

Klar ist, dass nach dem Auslaufen der Exzellenzinitiative 2017 es natürlich eine Debatte über die dauerhafte Finanzierung exzellenter Strukturen im Bildungswesen geben wird. Es wird natürlich um die Fragestellung gehen: Wie kann sich der Bund intensiver auch an der Entwicklung von Exzellenz im Hochschulbereich beteiligen? Natürlich haben wir die Debatte nicht erst seit der Äußerung von Frau Schavan, sondern sie ist deutlich älter. Schon bevor die Exzellenzinitiative im Jahr 2000 diskutiert worden ist, wurde darüber gesprochen, ob die Humboldt-Universität ähnlich dem Modell der ETH Zürich entwickelt werden soll. Wenn man sich das mal vor Augen führt, ist natürlich auch klar, dass die ETH in Zürich mit knapp 15.000 Studierenden, 400 Professoren und einer Bezuschussung der Schweizer Bundesregierung in Höhe von rund 790/800 Mio. € in besonderer Art und Weise gefördert wird. Ist das ein Modell, das für Deutschland tragen kann? Ich glaube, dass der Wettbewerbsföderalismus in Deutschland sich in einer anderen Art und Weise ausgeprägt hat. Insofern sollten wir auch das genau im Blick behalten, wenn es darum geht, wie kann Exzellenz, also wie kann die Spitze in Deutschland besser gefördert werden. Und als jemand, der an einer sehr guten amerikanischen Universität studiert hat, kann ich nur sagen, in der Spitze sind amerikanische Universitäten zwar vielleicht besser, aber die Bedingungen an allen deut

schen Universitäten sind deutlich besser, verglichen mit dem Community College bis hin zu den Universitäten. Das muss doch eigentlich unser Ziel sein, dass ein Hochschulabschluss in Deutschland - egal an welchem Ort geleistet - exzellente Forschung und exzellente Lehre bedeutet. Das ist doch ein Credo, was wir auch für das Hochschulsystem in Deutschland zulassen sollten.

Nun geht es darum, was kann man aber als Land realistischerweise auch vom Bund fordern. Ich glaube, dass es da eher um die Förderung von Spitzenforschung zwischen Bund und Ländern gehen muss. Denn wir müssen sehr viel stärker nicht die Bundesuniversität in den Blick nehmen, sondern die Fragestellung, wie kann sich der Bund zum Beispiel bei der Fragestellung der sonstigen Forschungseinrichtungen beteiligen? Ich glaube, dass wir hier künftig die außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärker mit Bundesmitteln unterstützt sehen sollten. Hier sollten wir zu einer einheitlichen Kofinanzierung durch Bund und Länder kommen. Der Finanzierungsanteil des Bundes schwankt hier derzeit zwischen 50 und 90 Prozent. Ich glaube, nur allein dadurch kann man Exzellenz sicherstellen, indem man nämlich sicherstellt, dass gute Forschung in Verbindung mit hervorragender Lehre auch an den Universitäten weiter Einzug hält. Deswegen gilt für uns in Thüringen natürlich, dass wir die Idee der Bundesuniversität auch messen an dem, was der Bund bisher da geleistet hat. Da kann ich nur sagen, Lübeck hat es vorgemacht. Da hat der Bund 2010 quasi ein komplettes Institut übernommen, aber darüber hinaus ist an Qualitätssprung in der Universitätslandschaft nicht viel passiert. Deswegen glaube ich, nur finanzielle Löcher stopfen, das hilft nicht. Nur dort investieren, wo wir jetzt schon Spitze haben, wird auch allein nicht ausreichen. Klar ist auch, dass die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sich hüten werden, ihre Exzellenzuniversitäten in die Hoheit des Bundes abzugeben. Das ist natürlich auch eine Wahrheit, die bei der Debatte nicht aus dem Blick verloren gehen darf.

Deswegen gilt für uns in Thüringen: Leitbild der Thüringer Hochschullandschaft weiterentwickeln, gute Standorte weiter stärken, das im Hochschulpakt und bei den Zielvereinbarungen im Blick behalten, natürlich eine leistungsorientierte Mittelvergabe und letztlich auch darüber nachdenken, wie können wir Leistungsanreize auch in der Professorenschaft stärken, sprich, sind Diskussionen um Tenure Track usw. nicht auch innerhalb der Thüringer Hochschullandschaft sinnvoll. Vernetzung und Offenheit für Unternehmen und Forschungseinrichtungen, das muss ein weiterer Weg sein, weil ich glaube, wir haben exzellente außeruniversitäre Forschungsinstitute, die noch näher angebunden werden müssen an unsere Einrichtungen in Thüringen. Wenn wir das alles schaffen, Forschung stärken mit

(Abg. Barth)

Unterstützung des Bundes an den Stellen, wo es auch nötig ist, einfordern, dann wird uns eines gelingen, nämlich sowohl in der Breite stark zu sein, aber auch in der Spitze noch besser zu werden. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Minister Christoph Matschie, wir haben nun unisono die Botschaft vernommen, dass offenkundig die Idee der Schaffung von Bundesuniversitäten hier im Thüringer Landtag nicht gerade auf positives Echo getroffen ist. Jedenfalls habe ich so alle Äußerungen von allen verstanden, die sich heute hier zu Wort gemeldet haben. Ich gestehe aber auch, dass ich ein wenig verwundert bin, mit welcher Freude und Vehemenz auf die morgige Debatte zum Kooperationsverbot verwiesen wurde. Dass ich jetzt dazu etwas sagen muss, werden Sie sehr gut verstehen. Es handelt sich dabei um einen Antrag von uns, der sich sehr kritisch mit dem Kooperationsverbot in der Bildung beschäftigt und der in der letzten Woche erst im zuständigen Ausschuss behandelt wurde. Wenn man jetzt hier die Reden gehört hat, insbesondere auch von Peter Metz als bildungspolitischen Sprecher der SPD, mag man ja glauben und genau das haben mich eben einige gefragt -, dass wir uns morgen alle sehr einig sind, dass wir endlich über das Kooperationsverbot und die Bildung diskutieren müssen und dessen Aufhebung auf den Weg zu bringen haben. Sie werden aber morgen dessen Ablehnung erleben, außer es geschehen hier doch noch Wunder, an die ich mitunter fast nicht mehr glaube, aber ich hoffe natürlich immer mit der Kraft unserer Argumente, noch den einen oder die anderen zu überzeugen. Denn ich gehe fest davon aus, dass morgen unser Antrag abgelehnt werden wird, der sich für die Aufhebung des Kooperationsverbotes einsetzt. Das ist schon in gewisser Weise paradox, wenn man sich die jetzige Debatte anschaut und wie alle betonen, wie schön und wichtig und gut die morgige Debatte hier sein wird. Das Ergebnis steht aber leider offenkundig bei den Regierungsfraktionen schon fest, Sie werden unseren Antrag ablehnen, auch noch unterstützt durch die FDP. Das finde ich nicht besonders redlich und schon gar nicht inhaltlich stringent, wenn wir uns die heutige Fragestellung anschauen. Deutlich ist also geworden, was ich natürlich hier auch noch einmal ausführen möchte, dass auch unsere

Fraktion die Schaffung von Bundesuniversitäten ablehnt, weil auch wir meinen, dass es eine breite und bedarfsgerechte Finanzierung aller Hochschulen in Deutschland braucht und dass die Idee, einzelne Universitäten als Leuchttürme aufzubauen, und so der schwierige Trend der Eliteuniversitäten - ich will das gar nicht verhehlen, dass ich die Entwicklung durchaus sehr kritisch begleitet habe, die von RotGrün, also auch von uns damals von Bundesebene mit auf den Weg gebracht wurde - aus unserer Sicht der falsche Weg war. Zudem sind die verfassungsrechtlichen Fragen ungeklärt. Ich sage nur noch einmal Stichwort Kooperationsverbot und die Antwort auf die Frage, welche Universität denn nun Bundesuniversität werden sollte, das ist noch vollkommen im Dunkeln. Viele wissen wahrscheinlich, dass die Fernuniversität Hagen diesbezüglich im Gespräch gewesen ist und dass der Bund sich die „Rosinen“ in der Hochschullandschaft herauspickt und die universitäre Breitenförderung den Ländern überlässt, auch und gerade angesichts der Finanzsituation, die wir ja alle kennen. Das können und werden wir nicht akzeptieren. Zumindest da habe ich doch den Eindruck, dass wir uns alle einig sind, aber mitunter täuschen Eindrücke ja auch, denn man konnte ja eben auch in der Debatte den Eindruck gewinnen, wir wären uns alle einig, was die nicht Zeitgemäßheit des Kooperationsverbots in der Bildung anbelangt.

Wichtig ist aus unserer Sicht ein ausgewogenes Verhältnis von Forschung und Lehre und da mein Kritikpunkt auch noch einmal an der Exzellenzinitiative, die wir hatten, weil sich da das Augenmerk maßgeblich auf die Förderung der Forschung konzentriert hatte und weniger auf die Lehre. Wir meinen, dass der Bund, wenn er sich stärker im Hochschulbereich engagieren will, auch und gerade die Lehre im Blick haben muss und den schon jetzt unterfinanzierten Hochschulpakt - auch das ist vorhin schon angesprochen worden - besser ausstatten sollte. Wir fordern daher Frau Schavan auf, sich um die Finanzierung aller staatlichen Hochschulen zu kümmern und sich für die Abschaffung des Kooperationsverbots konsequent einzusetzen. Damit auch Bund und Länder immer dann, wenn es sinnvoll, geboten und auch politisch gewünscht ist, in allen Bildungsbereichen direkt und konstruktiv zusammenarbeiten können, ist aus unserer Sicht eine Aufhebung des Kooperationsverbots und eine Neuregelung der gesamtstaatlichen Bildungsverantwortung im Grundgesetz notwendig. Ich habe ja im Ausschuss mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass auch unser Ausschussvorsitzender Herr Dr. Voigt von interessanten Diskussionsprozessen in der Union berichtet hat zu diesem Thema. Wir sind gespannt, wann dann auch ein Ergebnis kommt. Insofern lassen Sie mich mit einem Zitat schließen, wenn Sie gestatten, Frau Präsidentin. Margret Wintermantel, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, betonte im Rahmen der

(Abg. Dr. Voigt)

Diskussion um diesen Vorstoß von Frau Bundesministerin Schavan, das Zitat lautet: „Was wir brauchen, ist eine intensivere Kooperation zwischen Bund und Ländern bei der Finanzierung der Hochschulen.“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Frau Abgeordnete. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall, auch seitens der Regierung nicht.

Dann schließe ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Kinderlärm ist Zukunftsmusik - Für ein kinder- und familienfreundliches Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/2315

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Gumprecht von der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kinder lärmen. Dieser Lärm ist dennoch mit dem Lärm von Autos oder Flugzeugen oder Industrieanlagen nicht vergleichbar, denn solcher Lärm kann krank machen und bedarf der gesetzlichen Beschränkung. Das Lachen, das Schreien, das Toben, das Plappern und Weinen sind Geräusche des täglichen Lebens. Sie sind, wenn Sie wollen, echt Bio. Die Bundesregierung hat sich vor wenigen Tagen mit dem Thema Kinderlärm beschäftigt und zunächst eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beschlossen. Ja, Kinder dürfen lärmen und ich hoffe, dass noch weitere Änderungen folgen werden. Wir wollen mit der Aktuellen Stunde neben dieser wichtigen Facette Kinderlärm besonders das Thema Kinder- und Familienfreundlichkeit in den Mittelpunkt stellen. Vergleichen Sie laut Juris die Zahl der Urteile zum Kinderlärm im Bundesgebiet in den letzten fünf Jahren, so ergibt sich eine Zahl von 33, in Thüringen beträgt die Zahl Null. Ähnlich sah es bei der Anzahl der Beschwerden beim Bürgerbeauftragten aus. Einzig 2007 wurden zwei Beschwerden zum Lärm im Wohnbereich und zum Lärm an Spiel- oder Sportstätten eingereicht. Eine aktuelle Nachfrage bei Frau Liebaug ergab nun, dass diesbezüglich in diesem Jahr allein drei Beschwerden vorliegen.

Kinderfreundlichkeit, meine Damen und Herren, ist eine Frage der Einstellung, der man weder mit Geld

noch mit Gesetzen begegnen kann. Wie kinderfreundlich ist Thüringen? Wie kinderfreundlich sind die Thüringer? Sind diese drei neuerlichen Beschwerden Einzelfälle oder zeigen sie ein neues Symptom an? Ich denke, nein. Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren eine Menge dazu getan. Ich erinnere an die Familienoffensive oder auch an die Novellierung des Kindertagesgesetzes im vergangenen Jahr. Der Gesetzgeber hat auch eine Menge Geld in die Hand genommen und gibt sie für Kinder und Familien aus. Aber Familienpolitik ist mehr als eine monetäre Angelegenheit; Kinderfreundlichkeit ist eine Einstellung.

Heute Morgen wurde in einem Beitrag im Radiosender MDR Info kritisiert, dass die Landtage in Aktuellen Stunden oftmals über Dinge reden, die nicht in ihrer Entscheidungskompetenz liegen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir nehmen heute die Änderung dieses Bundesgesetzes, nämlich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zum Anlass, um über Kinder- und Familienfreundlichkeit zu reden. Das hat der Kommentator aber leider nicht mitgelesen. Man sollte bis zum Ende lesen. Denn diese Gesetzesänderung beeinflusst unser eigenes Handeln in den Kommunen und im Land und das damit angesprochene Thema greift in unseren Alltag ein und fragt nach, wie wir mit Kindern und Familien zusammenleben wollen und dieses Zusammenleben auch in Zukunft gestalten werden.

Das Thema Familienfreundlichkeit - ich sagte es bereits - geht uns alle etwas an. Ich möchte daher an alle Verantwortlichen in den Thüringer Kommunen appellieren, die Intention des Gesetzes zu beherzigen. Stellen Sie unsere Kinder in den Mittelpunkt der Entscheidungen und in den Mittelpunkt unserer Städte und Gemeinden und heißen wir junge Familien willkommen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: An geltendes Recht muss man sich halten!)

Kinder und junge Familien sind nämlich die Wegbereiter für die Zukunft. Sie zu schätzen und ihnen Unterstützung, aber auch gesellschaftliche Anerkennung zukommen zu lassen, muss unsere Attitüde sein. Da sind Schilder auf Wiesen, sogar vor öffentlichen Gebäuden - der eine oder andere kann es bestätigen - „Kinder nicht betreten“ falsch.

Der Ausbau der Kinderbetreuung vor Ort ist eine Möglichkeit, die Förderung von Kindern und Jugendlichen eine weitere. In diesem Sinne ist gerade das Thema Kindertagesstätten in der letzten Zeit sehr stark in unseren Mittelpunkt gerückt worden. Mit dem Bildungsplan 0 bis 10 haben wir einen weiteren Akzent gesetzt. Thüringen hat viele Wege gesucht. Thüringen hat sich auch mit allen Akteuren auseinandergesetzt. Der „Runde Tisch Familien“ war eine Möglichkeit, sich daran zu beteiligen.

(Abg. Rothe-Beinlich)

Meine Damen und Herren, Kinderfreundlichkeit ist ein Markenzeichen des Standorts Thüringen und wir werden weiter daran arbeiten. Thüringen ist kinderfreundlich und will kinderfreundlich bleiben.

Eine persönliche Anmerkung zum Schluss: Ich wünsche mir viele lachende, singende, tanzende, ja lärmende Kinder. Sie sind unsere Zukunft. Ich freue mich persönlich auf meine Enkelin Sophie, auf ihr Lächeln, auf ihr Lachen, ja sogar ihr Weinen, das ist Musik in meinen Ohren. Meine Enkelin ist meine Zukunft. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Meyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stehe vor Ihnen als Vertreter für unsere Sozialpolitikerin und möchte heute das Thema ein bisschen aus der Sonntagsrede, Herr Gumprecht, herausholen in eine Mittwochsrede, in den Alltag und nicht immer nur davon reden, wie schön es doch ist, dass man Kinderlärm hört,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

sondern mal versuchen zu hinterfragen, warum es so ist, dass es dort ein Problem gibt.

Kommen wir mal in die Niederungen der rechtlichen Zuständigkeit und der Tatsache, dass die Koalitionsfraktionen CDU und FDP auf Bundesebene es geschafft haben, im Koalitionsvertrag Bemerkungen zu machen, die heißen: „Kinderlärm darf keinen Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen geben, wir werden die Gesetzeslage entsprechend ändern.“ Das schrieben diese beiden im Vollbesitz ihrer großen Wahlerfolge am 26. Oktober 2009 in einen Koalitionsvertrag. Ein Jahr passiert gar nichts, dann stellt eine kleine, aber feine Fraktion, Sie ahnen schon, welche ich meine, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, einen Antrag „Vorrang für Kinder auch beim Lärmschutz“