Protokoll der Sitzung vom 24.02.2011

viele Expertisen, wird nur sehr stiefmütterlich behandelt. Das ändert auch nichts daran, Sie haben das richtigerweise anders dargestellt, aber der Bericht ist eigentlich hier nicht Grundlage und Handlungsempfehlung für eine zukunftsfähige Politik.

Insofern, meine Damen und Herren, komme ich wieder zum Ausgangspunkt, wir haben allen Grund, gut und vernünftig zu den wirtschaftspolitischen Grundlagen für den Mittelstand in Thüringen zu debattieren. Wir tun das selbstverständlich gemeinsam im Zusammenhang mit Vergabegesetz und Mittelstandsfördergesetz. Aber für zukünftige Berichte, meine Damen und Herren, brauchen wir eine ganz andere Qualität, wenn wir den Herausforderungen gerecht werden wollen, die wir hier verschiedenerseits beschrieben haben. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Hausold. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kemmerich für die FDP-Fraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ja wir sind zu gleichem Thema wieder hier versammelt in der Runde und reden über das Rückgrat der Thüringer Wirtschaft, den Mittelstand. Ich bin selten einig mit den Kollegen der Linkspartei, aber der Vortrag von Herrn Staschewski hat jetzt nicht viel Erhellendes gebracht, was wir in Zukunft umsetzen wollen. Erlaubt wäre auch die Frage, Herr Staschewski, vielleicht können Sie mir da später noch Auskunft geben, wann wurde denn der Bericht erstellt und wann lag er dem Ministerium vor, denn es ist die Frage wichtig, reflektierte der Bericht wirklich nur auf die Phase vor oder innerhalb der Finanz- und Wirtschaftskrise oder reflektierte er auch auf das abgelaufene Jahr. Ein intensiver Punkt, der diskutiert wird und auch richtig diskutiert wird, ist der, dass festgestellt wird, das verarbeitende Gewerbe ist der Motor der Thüringer Wirtschaft. Das sind Automobilzulieferer, Elektrotechnik, Medizintechnik und anverwandte Gewerbezweige. Wir sagen immer, wir brauchen wettbewerbsfähige Unternehmen. Was ist denn das Problem, dass sie im Wettbewerb nicht vorn stehen? Sie stehen nämlich hinten, oftmals hinten in der Wertschöpfungskette. Wir produzieren Güter, die im globalisierten Wettbewerb am Ende der Wertschöpfungskette eingesetzt werden, die oft substituierbar sind und deshalb am Weltmarkt einen ersetzbaren Preis und einen vielleicht nicht so hohen Preis erzielen. Insofern müssen wir Tätigkeiten, Fördertätigkeiten, Wissenschaft fördernde Tätigkeiten, Verbindungstätigkeiten darauf richten, dass wir die Fertigungstiefe dieser Unternehmungen erhöhen können bzw. denen helfen können, diese zu er

höhen. Das heißt, dass wir auf die Unternehmen zugehen, ganz konkret mit diesen Unternehmungen sprechen und sagen, okay, was braucht ihr in punkto Ausbildungsreife der Lehrlinge, was braucht ihr im Sinne von Qualifikation der Mitarbeiter, was braucht ihr im Sinne von Forschungsleistungen der Universitäten, der universitären Einrichtungen, um uns auf diesem Weg zu helfen, im globalisierten, im Weltwirtschaftswettbewerb ein Stück nach vorn zurück in der Kette der Wertschöpfung zu kommen, um höhere Erträge zu erzielen. Höhere Erträge werden uns wiederum helfen, den Kreislauf nach oben in Gang zu setzen und am Ende auch im Wettbewerb national, international, europäisch und global höhere Löhne zahlen zu können. Da sind die Aussagen sehr schwammig, die ich vom Ministerium jetzt gehört habe. Insofern sollten wir uns da noch mehr Zeit nehmen, aber das wird auch bei der Diskussion um das Mittelstandsfördergesetz sicherlich noch Platz haben, hier wirkliche Lösungen herbeizuführen.

Ich habe es heute Morgen schon mal formuliert: Der hehre Ansatz ist sehr lobenswert und von uns nur zu begrüßen. Allerdings brauchen wir wirklich konkrete Taten, um den Unternehmungen Hilfe zukommen zu lassen. In einem anderen Fazit des Berichts wird davon gesprochen, zukünftig räumliche und sachliche Schwerpunktbildung bei der Investitionsförderung und Innovationsförderung vorzubereiten. Auch das ist sehr wichtig und es ist auch sehr schwierig. Das gilt für alle, die hier im Parlament sitzen. Das heißt im Umkehrschluss, wenn wir räumliche Schwerpunkte bilden, dass wir nicht mehr jeden Raum, jede Situation erfassen, fördern und berücksichtigen können. Da ist es sicherlich auch manchmal schmerzhaft zu sagen, ich muss mich für a oder b entscheiden. Da ist jetzt Politik gefragt, konkret zu werden und zu sagen, ich richte meine Förderpolitik an Leuchttürmen aus, an Sachen, wo wir sehr erfolgreich sind. Die Universitäten sind genannt worden, da sind auch industrielle Schwerpunkte wie z.B. das Erfurter Kreuz. Ich denke, da muss man auf Gutes Gutes koppeln und das bedeutet, an anderen Stellen auch mal Nein sagen zu können.

Wir sind bei einem Haushaltsproblem, wir können uns nicht alles Wünschenswerte mehr leisten. Das gilt auch für Förderpolitik. Wir müssen da Schwerpunkte setzen und die stärker machen, die stark sind und auch den Rest ein bisschen mitziehen können. Es steht auch in dem Bericht drin, dass wir den unternehmerischen Strategien Vorrang einzuräumen haben. Wir sollten nicht selber Industriepolitik in dem Sinn machen, dass wir in Entscheidungen reinreden oder sie sogar vorwegnehmen oder bestimmen. Wir sollen den Unternehmer und damit die Entscheidung fördern und fordern, dass er die Strategien entwickelt, in zukünftigen Märkten zu bestehen. Hier wird ausdrücklich auch genannt,

(Abg. Hausold)

Vorrang unternehmerischer Strategien zur Deckung des Fachkräftebedarfs. Die Unternehmen müssen entscheiden können, die Unternehmen müssen uns formulieren, wo müsst ihr uns helfen.

Ich habe heute Vormittag auch schon mal gesagt, es geht bei der Ausbildungsfrage darum, vollzeitberufliche Schulungen abzubauen zugunsten der dualen Ausbildung in Unternehmen. Es geht um Zweitausbildung, es geht darum, lebenslanges Lernen zu fördern. Das muss aus den Unternehmen herauskommen. Die Unternehmen müssen formulieren, was Schule leisten muss. Wir kennen die Diskussion als Unternehmer, wenn sie mit der Berufsschule im Klinsch sind, um festzulegen, was ist denn wirklich Gegenstand der schulischen Unterrichtung? Da graust es vielen Unternehmern, wenn Englischunterricht und anderes dann noch mal gelehrt wird, das muss vorausgesetzt werden, das muss abverlangt werden vom Lehrling, dass er sich dort auch selber weiterqualifiziert.

Wir brauchen die Dienstleistung, wir brauchen die Fähigkeiten, die uns im Wettbewerb weiterbringen, da muss mehr mit Unternehmen gesprochen werden und nach deren Gespräch muss eben auch wirklich eine Tat folgen oder Taten folgen, die bei der Umsetzung der Wünsche der Unternehmen dann berücksichtigt werden. Eine gute Idee ist in unseren Augen die Nutzung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten, die irgendwann einfach leerer werden mangels Nachwuchs für Weiterbildung, für das Thema lebenslanges Lernen.

Ein Punkt, der angesprochen wird, ist die Verbesserung des Standortmarketings. Herr Machnig hat uns vor Monaten erläutert, dass er wenig von der Denkfabrik hält. Ich kann nur sagen, es war immer eine Kampagne, die wirkte; zurzeit haben wir nämlich gar keine. Neben den großen Worten der Ankündigung ist auch hier noch keine Tat erfolgt, aber wir werden sicher wieder was hören. Auch da denke ich, der Thüringer Mittelstand braucht konkrete Unterstützung. Wenn Sie dann mit anderen Vertretern in der Thüringer Wirtschaft reden, die sich früher auf Messen innerhalb des deutschen Landes mit Unterstützung des Freistaats präsentieren konnten, deren Mittel in dem Haushalt jetzt gestrichen worden sind, dann tun wir hier etwas fehl.

Bei der Automobilzulieferindustrie, die nachweislich Schüsseltechnologie in Thüringen ist, ist es wichtig, dass wir uns in Frankfurt und in Hannover präsentieren. Mit die weltgrößten Messen finden da in Deutschland statt. Es ist wenig hilfreich, dass wir sagen, wir fördern nur noch Messeauftritte im Ausland, weil wir damit die zwei stärksten Messen in Europa zumindest nicht mehr von der Thüringer Politik her fördern.

(Beifall FDP)

Verbesserung des Gründungsklimas, Förderung eines positiven Unternehmerbildes einschließlich der sozialen Funktion - auch das ist eine sehr wohlklingende Ankündigung. Wir werden sehr genau hier verfolgen, dass dies auch geschieht. Auch da kann ich nur noch mal betonen: Wir brauchen ein Gründerklima, wir brauchen eine Nachfolgegeneration von jungen Menschen, die sich der Aufgabe stellen. Wir haben immer wieder die Situation, dass die nachfolgende Generation, auch diejenigen, die sich vor 20 Jahren oder vor 40 Jahren selbstständig gemacht hat, oftmals sagt: Was sich Vater und Mutter angetan haben, also was die Unternehmensgründer sich angetan haben, wollen die jungen Leute nicht mehr. Sie sagen, sie gehen in andere vermeintlich ruhigere Jobs, gehen in andere Gefilde leider oftmals auch, dass sie sagen, okay, wir verlassen Thüringen, wir verlassen auch Deutschland. Dem ist entgegenzuwirken. Da ist ein Prozess in Gang zu setzen, der über Jahre in die falsche Richtung gelaufen ist. Da ist unheimlich viel zu tun.

Zusammengefasst: Wir brauchen ein wirtschaftsfreundliches Klima in Thüringen, wir brauchen regional abgestimmte Konzepte zur Standortentwicklung. Wir brauchen eine wirklich effektive Senkung von Bürokratiekosten, das heißt regelmäßige Überprüfung aller Verwaltungsvorschriften. Da ist mir gestern Abend wieder beim parlamentarischen Abend des Handwerks ein immer wiederkehrender Sachverhalt entgegengetreten. Wenn ein Handwerksbetrieb aus dem Bereich, in dem die Hygienevorschriften eine Rolle spielen, nach zehn Jahren sagt, okay, ich verlängere meinen Mietvertrag und fange wieder an, bringe mein Unternehmen auf den modernsten Stand der Technik, dann ist es nach wie vor in Thüringen so, dass dann die Behörden kommen in breitester Basis und sagen, Sie haben den Bestandsschutz verloren, Sie fangen von vorn an. Da wird alles an Vorschriften durchgedrückt, was es da nur gibt. Auf die Nachfrage des Unternehmers, was wäre denn passiert, wenn ich meine zehn Jahre alte Fleischtheke, meine zehn Jahre alte Dunstabzugshaube im Bäckerhandwerk, meine zehn Jahre alte Einrichtung behalten hätte? Da bekommt er lapidar die Antwort, dann hätten Sie Ihren Bestandsschutz und es wäre nichts passiert. Das ist nicht wirtschaftsfreundlich, unternehmerfreundlich und innovationsfreundlich. Das konterkariert das Bemühen des Unternehmers, zu sagen, ich stelle mich der modernen Zeit. Ich will auch etwas Modernes für meine Kunden tun, ich will für mein modernes Thüringen stehen.

Servicequalität der Verwaltungen erhöhen, auch da will ich jetzt gar nicht gegen die Verwaltungsmitarbeiter reden. Aber auch da sind sicherlich ein paar Abläufe zu optimieren, die es wirklich ermöglichen, dass ein besseres Hand-in-Hand-Gehen von Verwaltung und Unternehmerschaft passiert, oftmals und nach wie vor fühlt sich der Unternehmer nicht

als derjenige, der auch daran mitwirkt, die Verwaltungen zu bezahlen, dieses Gemeinwohl zu organisieren, sondern eher Bittsteller ist für Almosen aus dem Staatsapparat.

Letztlich und schließlich ein wirklich nachhaltiges und ernsthaftes Überlegen, E-Government einzuführen im Sinne von Bürgern, aber natürlich auch im Sinne von Unternehmen. Dass Abläufe vereinfacht werden, auf den technischen Standard des Möglichen gebracht werden, auch hier sind wirklich Bürokratiekosten zu sparen. Denn auch Bürokratie bindet Mittel, bindet Geld und verhindert am Ende, auf Möglichkeiten, Lohngestaltung oder Wettbewerbssituationen einzugehen.

Lebensqualität, Kulturangebot, Familienfreundlichkeit, auch das bloße Pochen auf Tatbestände, die sagen, okay, unsere Kinder sind betreut, werden nicht nur dazu beitragen, dass wir einen guten Betreuungsschlüssel haben. Wir brauchen auch eine gelebte Betreuung. Da ist es nach wie vor schwierig, wenn ich um 16.50 Uhr in eine Kita komme und die Kinder schon angezogen vor der Tür stehen, wenn Kinder aufgrund von Krankheit von Lehrern mal außerhalb der Zeit nach Hause kommen - Gott sei Dank -, aber wie soll eine Mutter sich darauf einstellen, wenn das Mädchen oder der Junge hier mal zwei Stunden zu früh da sind, da brauchen wir noch neue Konzepte, um wirklich etwas für Thüringen zu tun. Vielen Dank so weit. Herr Staschewski, vielleicht bekomme ich noch die Auskunft, wie lange der Bericht schon bei Ihnen war.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kemmerich. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dirk Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Gäste, ich will eine Sache noch einmal sagen, die vielleicht eine Selbstverständlichkeit ist, aber zumindest am Ende der Debatte zeigt sich eines, dass der Mittelstand - für meine Fraktion kann ich ja hier sprechen - eine außerordentlich große Wertschätzung in diesem Parlament hat und dass wir das hier auch in dieser Diskussion ausdrücken wollen. Ich kann das auch ganz klar sagen. Ich will in der Debatte einfach einmal unterstellen, dass alle Vorrednerinnen und Vorredner viel Richtiges gesagt haben und ich mich als Letzter darauf beschränken kann, da, wo ich abweiche, das noch einmal deutlich zu machen. Ich will an der Stelle vielleicht eine Sache vorwegstellen zu dem, was Herr Kollege Kemmerich gesagt hat. Sie haben mehrfach das Muster in Ihrer Rede beschrieben, wenn der Staat - also das Parlament oder die Lan

desregierung - nur zu den Unternehmern gehen würde und sagen würde, sagt uns mal, was ihr haben wollt und dann tun wir das und dann wird alles gut. Also was braucht ihr an Ausbildung, da machen wir mehr Ausbildung, dann haben wir genug qualifizierte Fachkräfte. Ich habe meinen Zweifel, ob die Welt so einfach ist. Das ist ja die große Schwierigkeit, herauszufinden, was jetzt wirklich den Unternehmen hilft. Die Landesregierung kann ja nicht zu jedem einzelnen Unternehmer gehen und fragen, was brauchst du, und dann machen wir das, und was ist finanzierbar dabei. Das alles müssen wir in Einklang bringen und das stellt ja die große Schwierigkeit in der Wirtschaftspolitik dar. Sonst wäre es ja relativ einfach.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Sie können ja den Fachverband fragen.)

Vielleicht möchte ich eines noch voranstellen: Auch dieser Bericht enthält viel Richtiges, ist als Materialsammlung, als Datenerhebung wichtig, man kann nachlesen und sich in Diagrammen das noch mal sehr gut vor Augen führen, wo steht der Thüringer Mittelstand, wo haben wir Innovationspotenziale und wo haben wir Probleme. Auch viele Vorredner haben das gesagt, es findet sich natürlich viel Bekanntes darin. Ich will nur verweisen auf das Aktionsprogramm für Qualifikation und Fachkräftesicherung, das vorgestellt wurde. Hier kann man große Parallelen zu diesem Mittelstandsbericht finden. Der Mittelstand - so würde ich es einmal zusammenfassen und das ist meiner Meinung nach das Ergebnis dieses Berichts - in Thüringen ist etabliert, aber er ist immer noch fragil. Kleine Krisen können dazu führen, dass diese Unternehmen in Schwierigkeiten kommen. Ausschlaggebend dafür sind eine geringe Eigenkapitaldecke und Ähnliches, was alles hier schon richtig gesagt wurde.

Ich will einen Aspekt exemplarisch herausgreifen. Und zwar beschreibt der Bericht, dass wir immer weniger Gründungen in Thüringen haben und dass wir seit Ende 2006 sogar ein Negativsaldo bei den Gründungen haben. Das muss ich jetzt hier ganz klar in Richtung der CDU sagen: Das ist ein Zeitpunkt, an dem Sie Verantwortung lange schon getragen haben. Wenn Sie, Herr Heym, in Ihrer Rede so ungefähr dargestellt haben, das haben wir alles ganz super gemacht, dann muss man eine Sache ganz klar sehen, die Frage besonders der innovativen und technologieorientierter Gründungen ist ein Riesenproblem in Thüringen. Da müssen Sie auch ein Stück Verantwortung annehmen und Selbstkritik üben und einmal schauen, was man da machen kann.

Schauen wir einmal darauf - nur ganz kurz als Abriss -, was empfiehlt die Wirtschaftsliteratur, was empfehlen die Leute, wenn man Innovationen und Gründungen, speziell innovative Gründungen, fördern will. Da gibt es immer wieder drei Dinge. Das

(Abg. Kemmerich)

Erste ist, man muss Migration fördern, zweitens man muss die Frauen fördern, die ein enormes Innovationspotenzial haben. Man muss die Migranten fördern, weil sie einen extremen Leistungswillen haben, um hier voranzukommen, und sie sind mutig und risikobereit und gehen diesen ersten Schritt zur Gründung. Da müssen wir fördern und man muss Bildung fördern. Man muss die Bildung fördern. Da will ich mal eine Sache sagen: Gestern Abend hatte ich manchmal ein kleines Schütteln, wenn ich diese hausbackenen Vorstellungen, die da durch den FDP-Fraktionsvorsitzenden dargelegt wurden, sozusagen als Proklamation für Thüringen gelten sollten; wir wollen keine Innovationen im Bildungssystem, wir wollen keine neuen Wege ausprobieren. Das ist wirklich kein Beitrag dazu, Thüringen voranzubringen, das will ich Ihnen ganz deutlich sagen.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Haben Sie auch mit den Handwerkern gesprochen?)

Ich spreche regelmäßig mit Handwerkern. Ich will aber auch eine Sache noch einmal ganz deutlich machen, wenn ich über Migration spreche. Wir haben ja in der letzten Zeit - besonders auch hier im Bildungsausschuss und durch die Initiativen von Herrn Geibert, unserem Innenminister - eine Diskussion zunehmend bekommen, nämlich die Anerkennung ausländischer Abschlüsse.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das war un- ser Antrag.)

Ja, klar. Ich kritisiere Sie ja trennscharf an manchen Stellen. Wo es um die Bildung geht, da finde ich, da hat Herr Barth gestern keine gute Figur gemacht. Das können Sie sich auch mal so anhören. Jetzt komme ich zur CDU, lobe Sie erst einmal, dass Herr Geibert mit dabei ist, um dann aber eines deutlich zu machen: Die CDU hat es bis heute absolut versäumt, das Bekenntnis zu Deutschland als einem Einwanderungsland abzugeben und sich darauf einzustellen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

unmissverständlich klarzumachen, dass wir Einwanderung brauchen. Wenn man das einmal klar hat, dann weiß man nämlich auch, dass man solche Verfahren, solche Institutionen braucht, die uns bei so einfachen Sachen wie dem Anerkennen von Abschlüssen helfen müssen. Das kann die Handwerkskammer in Erfurt nicht selber machen. Die können nicht den malischen Maurer anerkennen und prüfen, was der für eine Qualifikation hat. Das muss anders organisiert werden. Das haben Sie versäumt. Wir wissen das alle noch aus dem Anfang des Jahrtausends, als Rot-Grün einen großen Schritt vorwärtsgegangen ist mit doppelter Staatsbürgerschaft.

(Beifall SPD)

Da haben Sie demonstriert gegen uns, sprechen vom Abendland, das untergehen wird, und heute hoffe ich, erkennen Sie, dass wir ohne eine gute Migrationspolitik keine gute Wirtschaftspolitik für den Thüringer Mittelstand hinbekommen.

Ich will einen weiteren Punkt nur noch einmal exemplarisch herausgreifen. Ich glaube, bei Ihnen, Herr Heym, klang das schon mal an. In dem Punkt 5.4 geht es um die Förderung der Wirtschaftsinfrastruktur. Man findet in diesem Bericht jede Menge über A 38, 71, 72, über Ihre geliebte Rhöntrasse, die Bundesstraßen, das alles findet man darin, aber wir finden nichts über Breitband darin, wir finden nichts über schnelle Netze. Ich sage nur eines: Wenn es die Politik der Thüringer Landesregierung sein soll, dass die Leute im Altenburger Land den USB-Stick ins Auto packen und dann schnell in eine Stadt fahren, die ein schnelles Netz hat, um dann eine E-Mail abzusenden, dann sind Sie auf dem Holzweg. Hier müssen wir ganz klar sagen, weniger Beton, weniger Investitionen in Beton und mehr Investition in das Breitband, das ist Infrastrukturpolitik, die wir GRÜNEN meinen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Da sind wir miteinander.)

Herr Heym, da sind wir ja schon wieder einer Meinung. Da komme ich noch einmal ganz kurz auf die Rhöntrasse zurück. Ich glaube auch, eine Sache muss man sehr deutlich noch einmal diskutieren: Da sind Sie in einer Argumentationsfalle, wenn Sie vorhin gesagt haben, es geht nicht darum, dass fremde Leute mal in die Rhön kommen und sagen, hier soll alles so bleiben wie es ist. Wenn man so denkt, dann ist man latent immer in der Abwehr, hier soll keiner herkommen. Wir wissen schon, wie das hier gut geht. Wir brauchen aber ein ganz offenes Klima,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein Klima zu mehr Internationalität hin. Da hilft es nicht viel, wenn man Leuten, nur weil sie 50 km entfernt leben, abspricht, über die Rhön sich ein Urteil zu erlauben, zumal sie Abgeordnete des Thüringer Landtags sind. Das passt nicht, das passt eigentlich auch nicht zu Ihnen. Sie sind doch Weltmann hoch zehn und das passt nicht zu Ihnen.

(Heiterkeit im Hause)

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: So weit wür- de ich nicht gehen.)

Herr Minister, ich wollte, nachdem wir uns vorhin so angelegt haben, jetzt auch einmal eine Lobrunde machen. Ich schaue mal, ob ich noch zu Ihnen komme. Ja, ich weiß nicht, ob das noch dahin kommt.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Habe ich was falsch gemacht?)

Zur Infrastruktur habe ich etwas gesagt. Ich glaube, wenn man versucht, etwas zusammenzufassen, dann müssen wir, und das ist mir hier noch nicht deutlich genug geworden, den demographischen Wandel betrachten. Nicht nur wenn wir über Gebietsreform in Thüringen streiten, auch wenn wir über wirtschaftliche Entwicklung streiten, müssen wir das im Blick haben. Wir müssen den Blick darauf wenden, dass wir Regionen haben, wenn wir dort heute große Industriegebiete ausweisen, ob wir morgen überhaupt noch genug Arbeitskräfte dort vor Ort haben. Darauf müssen wir schauen. Es hilft auch nichts, diesen demographischen Wandel immer wieder vorzuschieben und zu sagen, ah, darüber wollen wir nicht reden, es ist so unangenehm, zu erklären, dass wir Gebiete haben, in denen wir die Infrastruktur, die wir im Augenblick uns leisten, uns in Zukunft nicht mehr leisten können. Dieses Eingeständnis wäre ganz wichtig am Anfang. Ich finde auch, und das ist bei vielen deutlich geworden, Kreativität und Innovation - dazu habe ich etwas gesagt - hier sind Frauen, Migranten und Bildung unglaublich wichtig. Das müssen wir voranstellen. Ich will an der Stelle noch einmal etwas zur Frauenförderung sagen. Wir haben hier im Parlament ganz toll schon darüber diskutiert, aber wir müssen jetzt auch in die Puschen kommen, dass wir wirklich Programme bekommen, in denen wir jungen Frauen die Chance geben, wieder einzusteigen, wo wir unterstützend tätig werden, dass diese Frauen Verantwortung bekommen, dass sie eine besondere Unterstützung bekommen bei Gründungen, um hier Innovation und eine stabile mittelständische Wirtschaft aufbauen zu können.

Eine Sache möchte ich noch sagen, das fand ich interessant. Ich bemerke, ich beziehe mich auf Herrn Heym. Sie haben eine Sache herausgefunden, was ich ganz toll fand - die Kleingliedrigkeit des Thüringer Mittelstands, der Thüringer Wirtschaft. Sie fanden eine Textstelle, wo das als positiv dargestellt wird. Interessant ist, ich habe die Kleingliedrigkeit auch gefunden und darüber nachgedacht. Ich finde aber eine Textstelle, die das sehr ambivalent sieht, und zwar auf der Seite 38 wird hier geschrieben in dem Gutachten: „Die Kleinteiligkeit der Thüringischen Wirtschaft kann sowohl als Problem als auch als Chance verstanden werden.“ Ich glaube, dass diese Verliebtheit in die Kleingliedrigkeit ein falscher Weg ist. Ich glaube, dass diese Verliebtheit in die Kleingliedrigkeit außer Acht lässt, dass es mehr ein Problem ist. Die kleinen Unternehmen haben ein Riesenproblem, sich am Markt zu behaupten mit zu wenig Eigenkapital, zu wenig Möglichkeit, FuE zu betreiben und zu wenig Möglichkeit, auch selbst auszubilden. Das muss man hier ganz klar sagen. Ich glaube, natürlich hat jedes

Ding eine Chance, aber diese Kleingliedrigkeit ist mehr ein Problem.

Internationalität - habe ich schon gesagt - nach demographischen Wandel beachten, kreativ und innovativ sein, international sein, dazu habe ich alles gesagt. Die CDU muss hier mal aufhören, die Dagegenpartei zu sein, raus aus der Blockade und dann kommen wir gut voran. Wir können unseren Mittelstand gemeinsam gestalten und dann wird der Mittelstand weiter das kräftige Rückgrat der Thüringer Wirtschaft sein. Vielen Dank.