Protokoll der Sitzung vom 25.02.2011

dieses Jahr. Ich kann aber nur sagen, es gibt einen beschlossenen Haushaltsplan, Einzelplan 04 20 422 61. Dort hat der Haushaltsgesetzgeber 500 Referendarstellen genehmigt. Da sehe ich einen Widerspruch, auch darüber sollten wir reden.

Dann die Frage, wir sollen jedem, der hier erfolgreich absolviert hat, eine Perspektive im Schuldienst eröffnen? Das ist ja schön blumig ausgemalt, aber ein bisschen naiv, weil es am Ende nicht so kommen wird. Es ist so, wir brauchen die besten Köpfe und wir müssen unseren Bedarf decken. Deswegen ist es nur logisch, dass es eine gesunde Mischung gibt, dass wir den einen oder anderen nicht nehmen, dafür uns aber den einen oder anderen aus einem anderen Bundesland, der an irgendeiner deutschen oder ausländischen Universität studiert hat, hier hereinholen. Das tut uns insgesamt gut.

Dann zu dem Thema, auch in anderen Bundesländern gezielt junge Lehrerinnen und Lehrer abzuwerben - ich unterstelle abzuwerben. Davon halte ich gar nichts, dass man jetzt eine Kampagne startet und dann versucht, das eine Bundesland gegen das andere auszuspielen. Das heißt nicht, dass man die Möglichkeiten der Einstellung im Thüringer Schuldienst andernorts nicht bekannt macht. Ich gehe davon aus, da bin ich mir ganz sicher, dass das Thüringen sehr wohl tut und dass man sehr wohl weiß, dass es in Thüringen Stellen gibt. Das wird an den verschiedenen Universitäten und mit den Möglichkeiten, die man hat, durchaus realisiert.

Einen letzten Satz will ich noch einmal sagen zu Ihrer Forderung, dass Lehrkräfte mit Heterogenität umgehen sollen und dass das in die Studiengänge aufzunehmen ist. Ich bin gern bereit, dass wir dieses Thema auch im Ausschuss noch mal besprechen und dort genau hinhören, ob und in welchem Umfang und in welcher Qualität dies stattfindet. Ich kann nur sagen, dass dieser Landtag ein Lehrerbildungsgesetz vor einigen Jahren schon beschlossen hat, in dem festgeschrieben ist, dass jeder künftige Lehrer in Thüringen das Fach Förderpädagogik zu studieren hat. Das sollten Sie jetzt endlich einmal zur Kenntnis nehmen, weil ich zum dritten Mal in diesem Raum diese Forderung von Ihnen höre. Der Landtag hat dies längst beschlossen und ich hoffe und gehe davon aus, dass das an den Universitäten auch so umgesetzt wird. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Susanne Hennig von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Dann lassen Sie es doch.)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Dann lassen Sie es doch.)

Ganz so einfach geht es nicht. Ich finde die Debatte notwendig, wichtig und dringend. Wir führen sie seit mindestens zehn Jahren, also sie ist nicht neu. Ich bin einfach darüber erschrocken, mit welcher Naivität und mit wie wenig Hintergrund diese Debatte geführt wird. Ich finde, dieses Thema hat ein anderes Herangehen verdient. Da ich jetzt gehört habe, dass wir im Ausschuss durchaus dieses Thema noch einmal beraten werden, werde ich meine Rede etwas kürzer gestalten, werde auch die Zahlen, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier benannt hat, nicht noch einmal extra erwähnen, möchte aber schon die eine oder andere Kritik noch einmal loswerden.

DIE LINKE unterstützt grundsätzlich das Ziel dieses Antrags. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, wir diskutieren seit mehreren Jahren, wir diskutieren seit vielen Jahren die Überalterung der Lehrerschaft, Unterrichtsausfall, verschobene Alterspyramide, fächer- und flächenbezogener Personalmangel usw. Das Thema ist nicht neu - für keine Fraktion hier im Landtag, für keine beteiligte Fraktion an der Regierung in diesem Landtag. Das Einzige, was wir aber hören, wir können nur die Einstellungskorridore besetzen, die wir haben, und wir können im Grunde nichts tun. Da fange ich doch tatsächlich an, wirklich daran zu zweifeln, ob das Land Thüringen tatsächlich den Lehrerbedarf bis 2015 in irgendeiner Form händeln kann. Worin ich dem am Ende allerdings recht gebe, ist ein Stückchen die Blumigkeit des GRÜNEN-Antrags. Das, was wir hier haben, gerade wenn es um Schlussfolgerungen geht, sind aus meiner Sicht sehr allgemeine und pauschale Forderungen, die man sich genau anschauen muss. Das mache ich am Ende meiner Rede. Vorher würde ich gern noch einmal auf Ziele und Beschlüsse verweisen, die der Landtag schon einmal gefasst hat.

Die SPD-Fraktion hat im Februar 2009 einen Antrag gestellt, allen Lehramtsanwärtern bei Bestehen der Zweiten Staatsprüfung eine unbefristete Einstellung im Arbeitsumfang von 100 Prozent im Schuldienst anzubieten. Im zweiten Punkt, Ausbildungskapazitäten des Landes und die Attraktivität der Lehramtsstudiengänge deutlich zu steigern, hat damals der Abgeordnete Döring gesprochen. Ich möchte kurz zitieren:

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Hört, hört.)

(Abg. Emde)

„Auch hierzulande wird eine riesige Personallücke im Lehrerbereich aufreißen. Wichtiger noch, diese Entwicklung wird bereits in Kürze einsetzen, rasch an Dynamik gewinnen und innerhalb eines kurzen Zeitraums ein dramatisches Ausmaß annehmen.“ Weiter hinten: „Denn es dürfte jedem, der auch nur eine minimale Kenntnis der Grundrechenarten besitzt, ebenso klar sein, dass weder die vom Kulturministerium in diesem Schuljahr vorgenommenen Einstellungen von 35 Nachwuchspädagogen noch der im kommende Schuljahr geplante Einstellungskorridor von 100 Stellen, noch die jährlich 500 Neueinstellungen ab 2011 ausreichen werden, um den schon in Kürze immensen Personalbedarf wirklich zu decken.“ - so weit der Abgeordnete Döring.

Die CDU-Fraktion hat einen Alternativantrag gestellt. Da heißt es in Punkt 2: „... in den künftigen Jahren den Einstellungskorridor mit dem Ziel zu erweitern, ab dem Jahr 2011 jährlich etwa 500 Neueinstellungen vorrangig mit Thüringer Absolventen vorzunehmen.“

Wer heute schon richtig zugehört hat, Kultusminister Matschie hat 300 Neueinstellungen angekündigt für 2011. Die CDU hatte im Landtag schon einmal 500 Stellen beschlossen. Insofern kann man schon sehen, was Beschlüsse im Landtag wert sind.

(Beifall DIE LINKE)

Im Wahlprogramm der SPD heißt es, allen Lehramtsstudenten an Thüringer Hochschulen nach erfolgreichem Studium ein Übernahmeangebot in Thüringen zu machen. Der Minister im Kultusbereich gehört der SPD an. Im Koalitionsvertrag heißt es, 2.500 Stellen bis 2015 zu schaffen. Herr Abgeordneter Emde hat uns gerade auseinandergesetzt, dass aus seiner Sicht 400 bis 500 Stellen ausreichend sind. Allein unter diesem Gesichtspunkt kann ich nicht nachvollziehen, warum, wieso, weshalb wir immer noch auf demselben Stand sind wie vor zehn Jahren. Wir haben bundesweit eine Situation, wo der Lehrerbedarf in die Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende geht. Sich dann hier hinzustellen und zu sagen, wir in Thüringen haben überhaupt kein Problem, Abwerben anderer Studierender aus anderen Bundesländern kommt überhaupt nicht infrage, halte ich erstens für fahrlässig und zweitens wirklich für naiv, wenn es darum geht, absehbar in den nächsten Jahren den Lehrerbedarf hier in Thüringen überhaupt ansatzweise decken zu können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich will gar nicht weiter auf die Analyse, was die Lehrerentwicklung angeht, eingehen. Das werden wir ausführlich im Ausschuss diskutieren. Auf was ich noch eingehen möchte, wo mir der Antrag der GRÜNEN nicht weit genug geht, ist der Punkt II.1. Natürlich muss jedem Lehramtsabsolventen, der

hier seine Ausbildung macht und in den Vorbereitungsdienst in Thüringen einsteigen möchte, ein Angebot gemacht werden, das ist doch völlig klar. Aber nur zu formulieren, „nach einem erfolgreichen Abschluss des Vorbereitungsdienstes eine berufliche Perspektive im Thüringer Schuldienst zu eröffnen;“, ist viel zu wenig. Eine berufliche Perspektive kann heißen befristet, Teilzeit, genau das, was wir erleben. Das heißt nicht, wie es die SPD schon einmal weitergehend formuliert hat, 100 Prozent unbefristet und tatsächlich eine Perspektive, auch in Thüringen zu bleiben.

(Beifall DIE LINKE)

In Punkt II.2. heißt es bei den GRÜNEN, „in anderen Bundesländern gezielt junge Lehrerinnen und Lehrer für die Aufnahme einer Tätigkeit in Thüringen zu werben,“. Ja, ich glaube, Thüringen braucht dringend auch den Nachwuchs aus anderen Bundesländern, aber das wird so lange ein schlafender Tiger sein, so lange wie wir überhaupt nicht einstellen können. Einmal brauchen wir nicht zu werben, wenn wir niemanden einstellen. Genau das muss die Landesregierung endlich begreifen, dass 300 Lehrer nicht ausreichen.

Mit dem Punkt II.3. im Antrag der GRÜNEN, Heterogenität in einem Modul in die Lehramtsausbildung aufzunehmen, bin ich so gar nicht einverstanden. Ich kann das auch kurz erklären, werte Abgeordnete. Wir haben 2007 ein Lehrerbildungsgesetz in Thüringen, das heißt nicht wir, sondern die CDUFraktion hat ein Lehrerbildungsgesetz in Thüringen beschlossen, was unattraktiv ist, was unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse nach sich zieht, was niemanden dazu bewegt, in Thüringen tatsächlich auch seinen Weg in der Lehrerausbildung zu suchen. Da reicht es aus meiner Sicht nicht aus, zu sagen, wir brauchen ein weiteres Modul, sondern aus meiner Sicht brauchen wir eine Reform der Lehrerausbildung,

(Beifall DIE LINKE)

weg von den schulartspezifischen Ausbildungen hin zur altersspezifischen Lehrerausbildung. Nur dann haben wir tatsächlich eine Chance, auch in den nächsten Jahren die Qualität der Bildung zu sichern und die Herausforderungen, die der Kultusminister ja durchaus zu Recht benannt hat, auch zu erreichen.

(Beifall DIE LINKE)

Für mich gehört auch dazu, natürlich die Gleichwertigkeit der Studienumfänge zu schaffen, natürlich eine gleichwertige Vergütung zu schaffen und natürlich wegzukommen von dem Mantra kleine Schüler - kleines Studium, große Schüler - großes Studium. Das ist eine Unsäglichkeit für den Lehrerberuf; nicht zu vergessen Chaos in der Lehrerbildung. So lange es die Landesregierung nicht in den Griff bekommt, die Lehrerausbildung in Jena auch perso

nell auf gestandene Füße zu stellen, werden uns immer mehr Studierende weglaufen.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern sehe ich durchaus Diskussionsbedarf. DIE LINKE steht in dem Moment auch auf der Seite der GRÜNEN. Wir haben etliche Vorschläge in den letzten Jahren eingebracht und werden die auch erneuern. Aus meiner Sicht ist die Debatte, die wir jetzt führen, viel zu kurz gegriffen. So lange dieses Land nicht den Mut hat, Geld in die Hand zu nehmen, um Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, werden wir 2015 unser blaues Wunder erleben.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Peter Metz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die GRÜNEN beantragen, die Landesregierung aufzufordern, dem Landtag über die prognostizierte Personalentwicklung im Lehrerbereich bis 2020 und über die Anstrengung der Landesregierung zur Abwendung des sich abzeichnenden künftigen Lehrermangels zu berichten. Das halte ich für richtig. Der Bericht ist aus Sicht der SPD-Fraktion auch ausreichend abgegeben worden.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es sind einige Fragen nicht beantwortet worden.)

Jedem Absolventen eines Lehramtsstudiums in Thüringen eine berufliche Perspektive im Thüringer Schuldienst zu eröffnen, gezielt weitere Junglehrerinnen und Junglehrer aus den anderen Bundesländern abzuwerben, das halte ich für eine Diskussion, die wir auch im Ausschuss tatsächlich führen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht sicherlich auch darum, eine öffentliche und transparente Debatte darüber zu führen, aber auch keine skandalisierende Diskussion. Auf Initiative der SPD-Fraktion heißt es im Koalitionsvertrag, beide Parteien wollen einem drohenden Lehrermangel in Thüringen frühzeitig begegnen. Die Koalitionspartner sind sich einig, dass bis 2015 ein Ersatzbedarf im Umfang von 2.500 vollzeitbeschäftigten Einheiten besteht.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Dann fangen Sie doch nun mal an.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden die Aktualität dieser Forderungen in dem Koalitionsvertrag im Ausschuss mit Ihnen diskutieren. Die Regierungskoalition hat die von den GRÜNEN thematisierte Problematik also schon vor Längerem

erkannt und sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf konkrete Problemlösungen verständig. Ich bitte um Überweisung des Themas an den Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Metz. Für die FDPFraktion hat sich Frau Abgeordnete Franka Hitzing zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte vorweg sagen, dass ich den Antrag sehr spannend finde und ganz besonders war ich gespannt auf Nummer I des Antrags, nämlich die Beantwortung der von Ihnen gestellten Fragen, Frau Kollegin Rothe-Beinlich.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir auch.)

Mir fehlen vier Antworten.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für mich ist das nicht beantwortet und ich möchte das bitte so verstanden wissen, dass das Berichtsersuchen aus meiner Sicht nicht erfüllt ist.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht können wir da mal noch etwas mehr dazu bekommen, das wäre nett.

Zu Nummer II Ihres Antrags: Hier geht es im ersten Punkt um die Absolventinnen und Absolventen für den Vorbereitungsdienst und später auch um deren Perspektive. Ich werde die Zahlen selbstverständlich nicht wiederholen, die wir heute schon gehört haben. Frau Rothe-Beinlich hat sehr viele Zahlen genannt, die auch in den letzten Tagen in der Presse zu lesen waren. Für mich stellt sich nur an einer Stelle die Frage, das können wir aber sicherlich auch später im Ausschuss noch einmal besprechen: Zum 1. Februar dieses Jahres sind also 200 Stellen vorgesehen für den Vorbereitungsdienst, das ist auch im Amtsblatt vom 21.12.2010 des Ministeriums zu lesen, für all die verschiedenen Schularten. Das würde also bedeuten, dass noch mal 400 Stellen rein rechnerisch zum 1. August dann in diesem Jahr folgen werden. Das wäre natürlich ausgesprochen fortschrittlich für Thüringen, weil die Situation genauso ist, wie sie von allen Vorrednern hier beschrieben worden ist.