Protokoll der Sitzung vom 25.02.2011

Zu Nummer II Ihres Antrags: Hier geht es im ersten Punkt um die Absolventinnen und Absolventen für den Vorbereitungsdienst und später auch um deren Perspektive. Ich werde die Zahlen selbstverständlich nicht wiederholen, die wir heute schon gehört haben. Frau Rothe-Beinlich hat sehr viele Zahlen genannt, die auch in den letzten Tagen in der Presse zu lesen waren. Für mich stellt sich nur an einer Stelle die Frage, das können wir aber sicherlich auch später im Ausschuss noch einmal besprechen: Zum 1. Februar dieses Jahres sind also 200 Stellen vorgesehen für den Vorbereitungsdienst, das ist auch im Amtsblatt vom 21.12.2010 des Ministeriums zu lesen, für all die verschiedenen Schularten. Das würde also bedeuten, dass noch mal 400 Stellen rein rechnerisch zum 1. August dann in diesem Jahr folgen werden. Das wäre natürlich ausgesprochen fortschrittlich für Thüringen, weil die Situation genauso ist, wie sie von allen Vorrednern hier beschrieben worden ist.

Die Lehrer sind an einer Stelle sehr erfahren: Wir haben sehr viele sehr erfahrene Lehrer und Lehrerinnen in den Schulen, das geht natürlich einher mit dem entsprechenden Alter, denn erfahren sein und

(Abg. Hennig)

ganz jung zu sein klappt fast nie, also man muss schon einige Jahre im Dienst gewesen sein. Diese Kluft sehen wir auch, das wird ein Spagat, denn wir haben auch die Floating-Lehrer. Der Herr Minister ist dankenswerterweise noch einmal darauf eingegangen. Sie wissen, im letzten Jahr haben wir über das Thema Floating-Lehrer hier im Plenarsaal gesprochen. Ich hatte einen Antrag dazu eingebracht, diese Teilzeitvariante aufzuheben, also schneller als es angedacht ist, um eventuell mit genau diesen freizusetzenden Stunden dann auch Unterrichtsausfall zu kompensieren. Ich kann an einer Stelle überhaupt nicht verstehen, dass gesagt wird, wir haben kaum Unterrichtsausfall. Das sehe ich nicht. Möglicherweise ist es tatsächlich so, dass wir im bundesweiten Durchschnitt besser sind als die anderen Bundesländer, aber man muss sich nicht nach unten korrigieren und auch nicht nach unten orientieren, sondern an der Stelle kann man mal bei sich bleiben. Aus meiner praktischen Erfahrung sehe ich schon sehr viele Ausfälle. Die werden natürlich in irgendeiner Art und Weise kompensiert, das ist ganz einfach dem Berufsethos der Lehrer geschuldet, dass sie versuchen wollen, ihre Schüler so gut wie möglich auszubilden. Und wenn durch Krankheitsfälle oder andere Umstände Kollegen nicht im Haus sind, dann versucht man das zu kompensieren. Das ist aber natürlich qualitativ zu hinterfragen, wie diese Vertretungsstunden dann gefüllt sind.

Das ist ein ganz natürliches Thema und ich möchte gern den Begriff „randgenäht“ in das Spiel bringen. Die Schulen sind aus meiner Sicht schon ziemlich randgenäht, was das Personal betrifft. Erfahrene ältere Kollegen, das geht jedem Menschen so, das ist eine ganz natürliche Angelegenheit, das geht uns auch so, je älter man wird, je erfahrener man ist, je anfälliger kann man eventuell aber auch auf bestimmte Krankheiten sein. Mit zunehmendem Alter ist man einfach nicht mehr ganz so hart im Nehmen - Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel, Herr Blechschmidt, ich sehe das schon. Aber es gibt logischerweise auch Krankheiten und Ausfälle und die muss man kompensieren. Deshalb ist der Weg, neue Leute einzustellen, selbstverständlich der richtige. Dass wir uns die Floating-Lehrer nicht dazugeholt haben oder dass es einfach nicht möglich war, viel schneller als es nun planmäßig sein wird, das bedaure ich außerordentlich, wo doch Thüringen Bildungsland Nummer 1 in der Bundesrepublik Deutschland sein will.

(Beifall FDP)

Im Übrigen möchte ich noch einmal darauf hinweisen, als ich im letzten Plenum zum Thema mitteldeutsches Abitur, mit diesem Begriff unter anderem gearbeitet habe, da hat man mir gesagt: Wir wollen mal nicht so hochmütig sein Bildungsland Nummer 1 und Vorreiter. Und heute operieren wir mit

demselben Begriff - also an manchen Stellen ist er dann wohl doch angebracht.

Zu Ihrem Punkt 2, Frau Rothe-Beinlich und die Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, wir brauchen sicherlich auch aus anderen Bundesländern junge Leute, wenn es darum geht, dass Fachkombinationen in anderen Bundesländern ausgebildet werden, die in Thüringen nicht ausgebildet werden. Dazu sage ich Ja, in jedem Falle. Das bringt das Leben und die Praxis so mit sich. Aber grundsätzlich zu sagen, wir müssen eine Kampagne starten - ich will das mal ein bisschen überspitzt sagen -, glaube ich, funktioniert so nicht. Erinnern Sie sich an die Haushaltsdebatte, da waren wir uns alle ziemlich einig, wir müssen gerade in dem Bereich des öffentlichen Dienstes sehr sparsam umgehen mit Neueinstellungen etc. Da sage ich, auf der einen Seite wollen wir weniger Leute einstellen, auf der anderen Seite wollen wir Leute abwerben. Das ist sicherlich von Fach zu Fach und auch von Bereich zu Bereich unterschiedlich, aber geht für unsere Begriffe ein bisschen an der Realität vorbei. Deshalb würden wir dem so auch nicht zustimmen. Aber wir haben mit Sicherheit die Möglichkeit, das im Ausschuss genauer zu besprechen, wie es auch gemeint ist. Ich will auf keinen Fall eine Wortklauberei betreiben, was die Worte „jedem Absolventen, jeder Absolventin“ betreffen, wie wir das schon gehört haben.

Zum dritten Punkt: Sie sagen ausdrücklich, dass Sie möchten, dass ein verpflichtendes Modul zum Umgang der Lehrkräfte mit Heterogenität in die Bildungsgänge der einzelnen Universitäten und Hochschulen aufgenommen wird, wenn es darum geht, unsere zukünftigen Lehrer auszubilden. Ich habe mir einmal angesehen, wie überhaupt die Lehrerausbildung momentan organisiert ist in Thüringen. Wir haben die drei Punkte: wissenschaftlich-künstlerisches Studium, das pädagogisch-praktische Ausbildungsmodul und dann die Lehrerfort- und Lehrerweiterbildung. In den Ausbildungsinhalten ist für alle Lehrämter die Vermittlung der Bildungswissenschaften, Grundlagen der Sprecherziehung sowie die für das entsprechende Lehramt relevanten Kenntnisse aus Förderund Sonderpädagogik schon mal enthalten. Das ist eventuell jetzt nach Ihrer Sichtweise möglicherweise nicht ausreichend, aber ich möchte noch einmal darauf eingehen, das ist drin. Wir haben ja nun auch die unterschiedlichen Studiengänge an den Universitäten Jena, Ilmenau, Erfurt und Weimar und da ist ein gravierender Unterschied schon zu sehen in der Art und Weise, wie mit den Praxissemestern umgegangen wird. Das macht die Universität Jena anders als Erfurt beispielsweise, integriert die Studenten schon früher in das harte Leben der Schule, so will ich es mal sagen. Das befürworten wir ausgesprochen, denn ich denke, nach vier Jahren theoretischem Studium und dann dem Eingang in den praktischen

Bereich in der Schule, das erscheint mir ein bisschen zu spät. Manche Lehramtsanwärter sind dann nach vier Jahren geschockt, wenn Sie sehen, was mit dem, was Sie studiert haben, passiert und wie Sie in der Schule bestehen müssen. Deshalb favorisieren wir schon diese Variante, wie die Universität Jena das jetzt fährt, schon länger macht, dass also die jungen Leute früher das praktische Leben erkennen. Denn manches Mal, das ist ja leider nun auch so, erkennt ein Lehramtsstudent an irgendeiner Stelle, dass es vielleicht doch nicht das Wahre oder das Richtige für Ihn ist.

Ich sehe ein großes Problem an der Stelle, wenn Sie sagen, für alle dieses Modul mit in die Ausbildung, also noch größer im Hinblick auf das, was danach kommt. Ich unterstelle mal, es wird schwierig werden für eine Persönlichkeit Pädagoge sowohl den Bedarf eines Kindes mit einem massiven Förderbedarf als auch des Kindes mit ganz normalen Anlagen, als auch des Kindes mit einer hochbegabten förderspezifischen Anlage unter einen Hut zu bekommen in einer Klasse, und das so, dass allen drei jetzt genannten Gruppen, da gibt es ja auch noch mehr, Rechnung getragen wird und dass alle optimal ausgebildet werden, so will ich es mal sagen. Also da müsste dann das Thema der Klassenfrequenzen und der Größen der Klassen und der Mehr- oder Ein-Pädagogen-Variante noch einmal besprochen werden. Das zieht natürlich schon einiges mit sich. Denn wir haben ja den Anspruch, die Schüler in Thüringen optimal auszubilden und zu unterrichten. Das heißt natürlich, den Blick nicht nur in die eine Richtung zu wenden, sondern auch in die Richtung der hochbegabten Schüler, die wir auch nicht vergessen dürfen, die auch einer Förderung bedürfen, einer anderen Förderung, aber es ist ausdrücklich eine Förderung. Auch diese Schülerinnen und Schüler müssen gefördert werden. Und wir dürfen nicht den großen Bereich derer vergessen, die weder hochbegabt sind noch einen Förderbedarf haben bezogen auf Lernschwächen etc., sondern die die „normalen“ Schüler sind. Nur weil sie nicht auffällig sind, kann man sie nicht vergessen und eventuell weniger wichtig nehmen. Da sehen wir ein großes Problem und aus meiner Sicht möchte ich ganz gern den Bogen wieder hinbekommen noch einmal zu dem Thema Umgang der Lehrkräfte mit Heterogenität. Da wiederhole ich mich sehr gerne. Das machen natürlich die jetzt arbeitenden Pädagogen auch. Die geben sich die größte Mühe, Sie bilden sich weiter, der eine oder andere mehr, der andere weniger, aber grundsätzlich ist das Angebot da. Die Kollegen machen auch innerhalb der Schulen und der Schulamtsbereiche Fortbildungsveranstaltungen, reden miteinander, um genau diesen Bedarf decken zu können, denn Integration ist eingezogen in die Schulen, und zwar heute schon. Das machen die Schulen heute schon in einem gewissen Maß, nicht so gewaltig viel, wie das jetzt hier in diesem Antrag zu vermuten ist,

aber wir haben die Integration in den Schulen und das wird unterstützt durch die sonderpädagogischen Fachkräfte und die Sonderpädagogen, die aus den Förderzentren zur Unterstützung hinzukommen.

Ein letztes Wort noch zu Frau Hennig: Sie sprachen von einer altersspezifischen Ausbildung. Das müssten wir dann auch einmal klären. Wenn Sie von altersspezifischer Ausbildung reden, dann stelle ich mir das so vor: Sie sagen zum Beispiel, es gibt einen Lehrer, der wird ausgebildet für die Altersgruppe Klasse 7, 8, 9. Muss dieser Pädagoge dann in all den Fächern so fit sein, dass er die Schüler in der Altersgruppe korrekt und auch fachspezifisch unterrichten kann, dass da nicht nur bunte Blumen zum Schluss herauskommen? Das ist natürlich auch eine sehr hohe Anforderung, denn bei alldem, was wir wollen, steht Leistung und das Wissen, das die Schüler erlernen wollen, aber auch nicht im Hintergrund. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Wenn das ein Pädagoge dann hinbekommen soll, für diese altersspezifische Gruppe alles unterrichten zu können, da habe ich auch so meine Bedenken.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Darum geht es gar nicht, es geht um Regelschul- und Gymnasiallehrer, die gemeinsam ausge- bildet werden müssten.)

Darum reden wir darüber. Wenn Sie sagen alterspezifisch, verstehe ich das eben so und da lasse ich auch gerne noch einmal mit mir sprechen zu diesem Thema. In Teilen würden wir Ihrem Antrag zustimmen können, in einigen Teilen nicht. Grundsätzlich bitte ich darum, dass wir das Ganze im Ausschuss weiter bereden. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hitzing. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe eben gerade gesehen, dass sich Herr Minister Matschie auch noch einmal gemeldet hat. Denn mir ging es genauso wie meiner Kollegin Franka Hitzing und ich dachte, ich warte erst einmal ab, ob vielleicht sich andere bemüßigt sehen, den erbetenen Bericht zu vervollständigen, denn zu etlichen Punkten haben Sie in der Tat nichts gesagt. Sie haben nichts gesagt zu den Mangelfächern. Sie haben die einzelnen Problemfelder nicht aufgeschlüsselt - so wie wir es gewünscht hatten - nach Schularten, welche Probleme Sie sehen und welche Vorschläge Sie da ma

(Abg. Hitzing)

chen. Insofern möchte ich auch jetzt schon einmal beantragen, dass wir die Weiterberatung des Berichts und gegebenenfalls die Vervollständigung des Berichts noch einmal im Ausschuss aufrufen.

Ich möchte aber auch noch einmal auf ein paar Punkte eingehen, die hier genannt wurden. Zum einen bin ich froh, dass Herr Emde, der jetzt wieder hier ist als einer der beiden bildungspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen, der auch, wie er selber vorhin sagte, sich bemüht hat, den Bericht noch zu ergänzen, der hier vorgetragen wurde. Aus unserer Sicht ist das Berichtsersuchen nicht erfüllt. Es sind etliche Punkte nach wie vor offen, aber uns geht es nicht um einen Schaufensterantrag oder eine Schaufensterdebatte, sondern um eine ernsthafte und inhaltlich fundierte Auseinandersetzung auch im Ausschuss. Deshalb würde ich mir wünschen und war auch sehr froh, Herr Emde, dass Sie vorgeschlagen haben, weiter im Ausschuss zu debattieren, dass wir auch über den Bericht noch einmal im Ausschuss ins Gespräch kommen.

Dann, liebe Kollegin Hitzing, werden wir uns selbstverständlich auch die einzelnen Punkte noch einmal anschauen. Die sind nicht in Stein gemeißelt, sondern wir wollen, das wissen wir alle, gerade in der Bildungspolitik immer einen größtmöglichen Konsens, allerdings natürlich nicht zulasten der Qualität von Bildung. Aber hier wollen wir einen tragfähigen Kompromiss finden. Wenn Sie daran mitarbeiten wollen, sei es DIE LINKE oder auch die FDP, ich hoffe auch alle anderen, freuen wir uns darauf.

Ich möchte aber auch noch einmal auf den Punkt der Förderpädagogik zu sprechen kommen, die bereits erwähnt wurde, weil sie auch jetzt schon Teil der Ausbildung mit ist. Ich stelle voran, liebe Kollegin Hennig, Sie wissen das auch, dass wir selbstverständlich für eine grundsätzliche Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung werben. Wir waren 2007, als dieses Gesetz hier im Landtag verabschiedet wurde, bekanntermaßen nicht als Fraktion im Landtag vertreten, haben aber aus der außerparlamentarischen Opposition damals einen Alternativvorschlag vorgestellt, der etliche Punke beinhaltet hat, die Sie schon nannten, wo wir uns stark gemacht haben für eine gemeinsame Ausbildung eben nicht in der Kürze oder Länge auch orientiert an der jeweiligen Schulart, sondern eine fundierte Ausbildung, die letzten Endes auch zu grundsätzlichen Änderungen führt, nämlich auch was beispielsweise die Vergütung der Lehrerinnen und Lehrer abgelangt. Denn dieses Mehrklassensystem in den Lehrerzimmern, was wir auch jetzt schon haben, insbesondere auch durch die Herausforderung Gemeinschaftsschule, die wir wollen, weil da ganz unterschiedliche Lehrerinnen und Lehrer, unterschiedliche Schularten zusammentreffen. Ich glaube, da gibt es noch jede Menge Diskussionsbedarf. Aber seien Sie versichert, dass es von uns sowohl

noch Vorschläge, Anträge, Gesetzesinitiativen mit Blick auf die Lehrerinnen-/Lehrerausbildung geben wird genauso wie zur Problematik der Vergütung.

Um noch mal auf die Förderpädagogik zu sprechen zu kommen: Förderpädagogik ist nicht gleich Umgang mit Heterogenität, das ist schon noch ein Unterschied. Förderpädagogik ist gut und wichtig, keine Frage, sie ist auch ein wichtiger Bestandteil. Nichtsdestotrotz gibt es - und das mit gutem Grund - auch gut ausgebildetes Personal für spezifische Schwierigkeiten beispielsweise oder Beeinträchtigungen, die Kinder mit sich bringen. Da sage ich, wenn Inklusion gelingen kann und soll, dann muss natürlich auch das Fachpersonal mitgehen an die Schule, an die ganz normale Schule, die inklusive Schule sein soll. Dass das noch nicht in ausreichendem Maße stattfindet, das wissen wir. Aber auch dieses Thema werden wir sicherlich noch einmal gesondert betrachten. Umgang mit Heterogenität heißt aber ganz genau - und das ist die spannende Herausforderung, liebe Frau Hitzing -, dass Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich in die Lage versetzt werden, mit ganz unterschiedlichen Kindern umzugehen, da sage ich jetzt ganz deutlich, von dem hochbegabten Jungen oder dem hochbegabten Mädchen bis hin zu einem Kind, was erhebliche Schwierigkeiten oder Beeinträchtigungen mit sich bringt. Das ist natürlich eine Herausforderung. Da müssen wir nachdenken, wie sich der Rechtsanspruch auf individuelle Förderung tatsächlich für jedes Kind so umsetzen lässt, dass man dem einzelnen Kind und seinen Bedarfen und Bedürfnissen gerecht wird. Dass das mitunter nicht mit einem Lehrer oder einer Lehrerin pro Klasse gemacht ist, das ergibt sich, glaube ich, von selbst. Ich sage Ihnen aber auch, es gibt bereits viele Schulen, gerade auch im Grundschulbereich, die z.B. mit Wochenplänen arbeiten, wo in der Tat jedes Kind einen anderen Plan auf dem Tisch hat gemäß dem eigenen Stand des Könnens, gemäß den eigenen Kompetenzen, die das Kind mitbringt. Das bedeutet jede Menge Mehrarbeit für die Lehrerinnen und Lehrer. Ich habe da wirklich Hochachtung, wie das konsequent durchgezogen werden kann, ohne die Lehrerinnen und Lehrer und die Schülerinnen und Schüler zu überfordern. Wie wir sie dabei unterstützen und wie wir gegebenenfalls auch mit anderen Konstellationen arbeiten, genau das werden wir diskutieren müssen.

Ich will auch noch einmal sagen, wir sind ja nicht von ungefähr auf eine sehr pragmatische - und manche haben es hier „blumig“ genannt - Formulierung gestoßen, weil wir uns auch nicht den Vorwurf machen lassen wollten, völlig unrealistische Forderungen aufzumachen. Wir hatten selbstverständlich die Anträge der SPD, die hier schon benannt wurden, vorher gelesen und kennen auch die Beschlusslagen der einzelnen Fraktionen und Parteien zur Problematik Neueinstellung oder zur Frage,

wie viele Referendare eine Anstellung, eine Möglichkeit für den Vorbereitungsdienst hier in Thüringen bekommen. Deshalb haben wir genau diese Vorstellungen so auch eingebracht. Wie schon gesagt, wir sind offen für die Diskussion und freuen uns auf eine ernsthafte Debatte, auf eine ernsthafte Diskussion. Vielleicht holen wir uns sogar noch externen Sach- und Fachverstand in den Ausschuss. Das würde auch ich mir gerade bei der Frage durchaus wünschen, denn unser Ziel muss oder sollte ja sein, dass wir 2015 nicht - wie Susanne Hennig es prognostiziert hat - ein blaues Wunder erleben, sondern dass wir Thüringen zukunftsfest machen mit Blick darauf, dass es tatsächlich junge Lehrerinnen und Lehrer gibt, die hier den Schuldienst bereichern. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Minister Matschie möchte sprechen, bitte schön.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, der Landtag hat in der Tat eine wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit der Gestaltung von Schulpolitik und in der Frage der Lehrersituation an den Schulen, natürlich auch insbesondere als Haushaltsgesetzgeber. Trotzdem will ich hier auch ganz deutlich sagen: Alarmismus in dieser Frage ist nicht besonders glaubwürdig und er hilft am Ende auch den Schulen nicht. Ich habe es vorhin deutlich gemacht. Wir haben eine Ausgangssituation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass wir immer noch in erheblichem Umfang Lehrer gezwungenermaßen in Teilzeit beschäftigen müssen, dass wir in erheblichem Umfang Personalüberhänge, insbesondere an Regelschulen und Gymnasien, haben. Wir müssen mit dieser Situation zunächst einmal umgehen und realistisch schauen, was ist in einer solchen Situation an Personalpolitik möglich. Frau Hennig, es ist eben nicht so, dass wir uns hinstellen oder dass ich mich hier hingestellt hätte und gesagt hätte, wir können nichts tun, sondern im Gegenteil, ich habe deutlich gemacht, dass wir den Einstellungskorridor wieder deutlich ausgeweitet haben, dass wir planen, in diesem Jahr 300 neue Stellen zu besetzen. Das ist ganz klar die Richtung, die wir brauchen, wenn wir eine Verjüngung der Lehrerkollegien hinbekommen wollen. Ich will es auch an dieser Stelle noch mal sagen, einige haben es schon deutlich gemacht. Das hat nichts damit zu tun, dass ältere Lehrerinnen und Lehrer nicht leistungsfähig sind, sondern es hat damit etwas zu tun, dass wir eine Altersmischung an den Schulen brauchen, wo jüngere und ältere Lehrer gemeinsam arbeiten. Diese

Altersmischung ist nicht mehr gegeben. Das Durchschnittsalter liegt bei 51 Jahren. Deshalb brauchen wir einen Einstellungskorridor, der es möglich macht, neue Lehrerinnen und Lehrer nachzuziehen.

Ich will auch ganz deutlich sagen, Frau Hitzing, wenn Sie hier wieder gefordert haben, wir müssen das Floating noch schneller beenden und gleichzeitig wollen, dass wir mehr junge Lehrer einstellen, dann befinden Sie sich in einem Zielkonflikt. Sie müssen doch mal versuchen, sich das klarzumachen, wenn ich die Beschäftigung derjenigen ausweite, die jetzt in Teilzeit sind, dann habe ich doch noch weniger Möglichkeiten, einen Einstellungskorridor für junge Lehrerinnen und Lehrer zu machen. Beides gleichzeitig zu fordern, das geht nicht. Deshalb bitte ich Sie, mal im Kopf zu klären, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wäre eine politische Entscheidung.)

Zum Unterrichtsausfall, der hier wieder angesprochen worden ist: Natürlich gibt es an Schulen auch Unterrichtsausfall. Natürlich ist es nicht immer so, dass, wenn Lehrer krank werden, sofort Ersatz da ist. Und jede Unterrichtsstunde, die ausfällt, ist eine zu viel, sage ich auch ganz deutlich. Aber - Herr Emde hat das deutlich gemacht - wir haben auch im Vergleich der Bundesländer es sehr gut geschafft, wirklich den Unterrichtsausfall zu minimieren. Der Ausfall ist in den letzten Jahren auch noch weiter zurückgegangen. Wir sind jetzt bei 2 Prozent Unterrichtsausfall. Das ist immer noch zu viel, sage ich auch ganz deutlich, aber es ist ein Wert, der im Vergleich der Bundesländer sehr gut ist. Wenn wir uns jetzt mal hernehmen, was Unterrichtsausfall ist, der darauf zurückzuführen ist, dass Lehrer nicht eingestellt worden sind, weil wir für bestimmte Fächerkombinationen keine Bewerber hatten, dann sind wir bei einer Zahl von 0,05 Prozent der Stunden der Stundentafel, die geplant ausfallen müssen. Da bitte ich Sie, doch einfach mal die Kirche im Dorf zu lassen und nicht Horrorszenarien an die Wand zu malen,

(Beifall CDU)

sondern gemeinsam mit uns darum zu kämpfen, dass die Quote des Unterrichts, der ausfallen muss, weiter verringert wird, aber auch mal anzuerkennen, wie sehr sich Lehrerinnen und Lehrer, Schulämter, Schulleiter bemühen, dass der Unterrichtsausfall möglichst gering gehalten wird.

Frau Rothe-Beinlich, Sie haben jetzt noch mal angefordert, dass die Zahlen alle im Detail hier vorgetragen werden. Ich glaube, hier ist der Ort, wo wir eine grundsätzliche Verständigung herbeiführen müssen, eine politische Debatte. Ich glaube, es macht wenig Sinn, hier Zahlenkolonnen vorzutra

(Abg. Rothe-Beinlich)

gen. Ich kann Ihnen das im Ausschuss gern alles liefern, das ist überhaupt keine Frage.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wäre schön.)

Ich finde, hier das Plenum ist der Ort, an dem wir uns über die Grundlinien austauschen. Deshalb wollte ich Sie jetzt nicht damit traktieren, hier Zahlenkolonnen vorzutragen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum denn nicht hier?)

Im Ausschuss können Sie die Zahlen gern bekommen, das ist überhaupt gar keine Frage.

Ich will auch noch mal deutlich machen: Natürlich brauchen Lehrerinnen und Lehrer bei der Übernahme neuer Aufgaben und Herausforderungen wie einer stärkeren Individualisierung des Unterrichts, der Frage der Inklusion, das Lenken des gemeinsamen Lernens, einer flexiblen Schulausgangsphase Unterstützung. Diese Unterstützung bekommen sie auch. Natürlich gibt es die weiteren Fortbildungsangebote, die dazu notwendig sind, natürlich versuchen wir, vor Ort Unterstützung zu geben über die Schulämter. Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam diese positiven Wege unterstützen, anstatt Alarmismus in dieser Frage zu machen. Wir nutzen alle Möglichkeiten, die wir haben, um eine vorausschauende Personalpolitik zu machen, heute schon dafür zu sorgen, dass wir nicht in einigen Jahren in Personalschwierigkeiten kommen. Es ist auch deutlich geworden in der Debatte, dass es komplizierte Voraussetzungen sind. Es ist eben nicht der Normalfall, dass sich Schülerzahlen halbieren. Das ist genau passiert mit dem Geburtenknick Anfang der 90er-Jahre. Darauf eine Personalpolitik zu machen, ist eine komplizierte Aufgabe. Ich denke, sie ist lösbar und ich freue mich, wenn ich dabei Ihre Unterstützung habe.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Da sich schon in der Debatte Widerspruch gegen die Erfüllung des Berichtsersuchens geregt hat, frage ich zur Abstimmung, sind Sie mit der Erfüllung des Berichtsersuchens einverstanden, so zeigen Sie das mit Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Zustimmung also bei CDU und SPD, Gegenstimmen bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Damit ist das Berichtsersuchen als erfüllt bestätigt.

Es wurde von der Mehrzahl der Redner gewünscht, dass der Sofortbericht weiter im Fachausschuss beraten wird. Dazu muss die Zustimmung aller vorliegen, die die Beratung des Sofortberichts verlangt haben. Ich frage, sind die Fraktionen von CDU,

SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einverstanden, dass der Sofortbericht weiterberaten wird? Ja. Dann stimmen wir über die Überweisung des Sofortberichts zur Weiterberatung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist Zustimmung bei den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Sehe ich keine, damit ist der Sofortbericht an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Weiterberatung überwiesen.

Wir kommen jetzt zur Überweisung des Antrags in Nummer II an den Ausschuss, das ist mehrfach beantragt worden. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag in Nummer II auch an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen.