Protokoll der Sitzung vom 25.02.2011

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Heinz Untermann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich gleich an meinen Vorredner anschließen

(Beifall CDU, FDP)

in den hauptsächlichen Begründungen und werde das auch hier nicht noch einmal wiederholen. Ich denke, er hatte viele Sachen deutlich gesagt.

Meine Damen und Herren von der GRÜNEN-Fraktion, als ich diesen Antrag durchgelesen habe, musste ich mehrere Male schauen, was wollen Sie denn eigentlich. Für mich ist es eine reine Berichterstattung. Aber ich will versuchen, doch noch einige Dinge dazu zu bemerken. Es wurde richtig von allen Vorrednern gesagt, Klimaschutz ja, aber nicht, wie Sie das wollen. Das können Sie sich alle vorstellen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Okay, machen Sie einen Vor- schlag!)

(Beifall FDP)

Weder das Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Baden-Württemberg noch das Stufenmodell der IHK in Berlin findet unsere hundertprozentige Zustimmung. In beiden Sachen gibt es Dinge, die man sicherlich übernehmen kann, aber es gibt auch Sachen, die mit uns einfach nicht gehen. Ich möchte zum Beispiel auf das baden-württembergische Modell kurz eingehen. Baden-Württemberg ist mit der Größe, Struktur und Bevölkerung gar nicht mit Thüringen zu vergleichen. Also sollte man solche Dinge mit Vorsicht genießen und nicht unbedingt hundertprozentig übernehmen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber beim Polizeigesetz machen wir das.)

Wir sind nicht bei der Polizei, wir sind jetzt hier beim Klima.

(Beifall CDU, FDP)

Ich will es einmal an einem Beispiel sagen. Wie wollen Sie dem Häuslebauer erklären, der finanziell gar nicht in der Lage ist, sich so eine Sache einbauen zu lassen, die ihm Geld kostet, was er gar nicht hat? Das ist eine Sache, die sollte man jedem selbst überlassen, wie schon richtig gesagt,

(Beifall FDP)

Selbstverantwortung. Unsere Menschen sind so selbstbewusst und auch so verantwortungsbewusst, dass sie das so machen. Das Gesetz ist weiter von solchen Auflagen und Pflichten erfüllt für den Bestand durchzogen. Die Eigentümer werden gezwungen, erneuerbare Energien beziehungsweise Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Weiterhin enthält das Gesetz unzählige bürokratische Ausnahmeregelungen und Untergliederungen, welche mich teilweise an einen Irrgarten erinnern. Das ist kein Thema zur Beseitigung von Bürokratie und Unübersichtlichkeit.

Mit dem Stufenmodell der IHK Berlin, des Bundes und der Berliner Mietervereine sollen nur solche energieeffizienten und klimaschützenden Maßnahmen zur Erfüllung der Grenzwerte vorgegeben werden, die Härten für Mieter und Gebäudeeigentümer vermeiden. Das ist im Ansatz in Ordnung, aber wenn ich dann weiterlese: Bei niedrigen Einkommen wird eine Unterstützung und bei Empfängern von SGB II ein Klimabonus vorgeschlagen, meine Damen und Herren, wer soll das bezahlen? Das geht nicht oder wollen Sie die Energiepreise oder die Steuern erhöhen? Da haben Sie einen Effekt, der ist gleich null. Man sollte sicherlich - wenn wir das vorhaben sollten - aus beiden Modellen/Gesetzen das heraussuchen, damit das Beste für das Klima getan wird, dass aber keiner zu etwas gezwungen wird, das aber auch keiner missbrauchen darf. Danke schön.

(Beifall CDU, FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Schubert zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die SPD-Fraktion dem Thema sehr viel aufgeschlossener gegenübersteht als die CDUFraktion. Danke noch einmal, Frau Doht, für Ihre Stellungnahme dazu. Ich hoffe, dass Sie insbesondere auf die Vorredner einwirken können, was das tatsächliche Anliegen ist, was wir damit verfolgen, und dann hoffentlich auch die Koalition insgesamt zu dem Ergebnis kommt, dass man hier durchaus etwas machen kann, ohne die Menschen überzustrapazieren. Dafür müssen Sie sich auch etwas näher damit befassen, z.B. mit dem Stufenmodell. Da gibt es vier Seiten, wo Vorschläge gemacht werden für Härtefallregelungen, das in Antwort auf das, was Herr Untermann gerade angesprochen hat.

Zum Thema Selbstverantwortung, Herr Scherer: Wie das mit Selbstverantwortung ist, wissen wir, wenn wir in die Autoindustrie schauen. Als ich auf der dena-Tagung danach gefragt habe, was denn mit energiesparenden Modellen weitergeht, da hat ein Vertreter gesagt, dass die Leute diese Benzinschleudern kaufen. Also so viel zur Eigenverantwortung. Es geht doch darum, einen Rahmen zu definieren, und dieser Rahmen ist so breit, dass in diesem Rahmen Hausbesitzer selbstverantwortlich ein Klimaschutz-Gebäudegesetz umsetzen können. Ich habe Ihnen ja gerade erläutert, wie viel Spielraum solch ein Stufenmodell lassen würde.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Barth?

Selbstverständlich.

Bitte, Herr Barth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Kollegin, Sie sprachen gerade davon, was man alles machen kann. Uns trennt ja nicht die Frage, ob man was machen kann, sondern ob man etwas machen muss. In diesem Zusammenhang will ich Sie fragen, ob Ihnen im Rahmen Ihrer Befassung mit dem Thema schon mal jemand über den Weg gelaufen ist, der sein Haus quasi freiwillig schlecht dämmt,

weil er der Meinung ist, zu wenig für Heizung zu bezahlen?

(Beifall FDP)

Er dämmt aber vielleicht sein Haus überhaupt nicht, weil es nicht die entsprechenden Anreize gibt, das zu tun; das ist es ja gerade.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe FDP)

Uns schwebt ein Gesetzentwurf vor, der wirtschaftlich ist, weil die Energiepreise steigen. Viele Hausbesitzer scheuen einfach diese hohen Investitionen. Deswegen braucht es die Kombination aus einem Rahmen, den das Gesetz vorgibt, zusammen mit entsprechenden Förderprogrammen. Die werden sich rechnen, weil die Energiepreise steigen; darum geht es doch. Herr Barth, Sie müssten eigentlich mit wehenden Fahnen zustimmen, denn das ist doch beste Mittelstandsförderung, das haben Sie noch nicht verstanden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An der Stelle muss ich den Wirtschaftsminister mal ausdrücklich loben. Er hat nämlich verstanden, dass es im Prinzip ein Mittelstandsförderungsprogramm ist.

(Unruhe FDP)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Vor allem für eine alleinstehende 70-Jährige mit einem Vierseithof.)

Ich möchte die Abgeordneten bitten, dass Sie der Frau Abgeordneten Schubert zunächst zuhören, und dann gibt es noch ausreichende Möglichkeiten, sich selbst zu Wort zu melden.

Jetzt habe ich fast den Faden verloren. Ich war dabei stehen geblieben, dass auch das Gesetz soziale Härtefälle mit abfedern muss, das ist klar. Eigentlich hat Herr Untermann ja gesagt, dass man darüber reden muss, wie man das ausgestaltet. Ich glaube, so ablehnend, wie Sie hier gesprochen haben, sind Sie im Prinzip gar nicht. Lassen Sie uns doch diesen Antrag zum Anlass nehmen, das zu beraten im Ausschuss, und lassen Sie uns gemeinsam ein Gesetz auf den Weg bringen, ein Gesetz, das denkmalschützerische Belange berücksichtigt, das berücksichtigt, dass es Menschen gibt, die sich diese Anfangsinvestition nicht leisten können, ein Gesetz, welches sich möglicherweise vom Stufen

modell abschaut, dass man die Vorgaben so staffeln kann, dass z.B. eine Frau mit einem Vierseithof, die alleinstehend ist, erst einmal über viele Jahre gar nicht in die Verlegenheit kommt, etwas zu machen usw. Insofern möchte ich die Debatte, die jetzt hier stattgefunden hat, zum Anlass nehmen und bitten, den Antrag zu überweisen, damit wir dann fachlich und sachlich im Bauausschuss weiter darüber diskutieren können. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte darauf verweisen und bitte dann auch noch um Auskunft an mich, da dieser Antrag ja ein Berichtsersuchen umfasst, der Sofortbericht erteilt worden ist und es die Möglichkeit der Fortberatung des Berichts im Ausschuss gibt. Dieser Antrag könnte gestellt werden. Ich muss aber darauf hinweisen, dass dann alle, die die Beratung des Berichts verlangt haben, diesem Verfahren zustimmen müssten. Das können wir aber am Ende der Aussprache zu diesem Bericht noch vereinbaren. Es hat zunächst das Wort Herr Abgeordneter Weber für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuschauer auf der Zuschauertribüne, was aus meiner Sicht in der gesamten Aussprache völlig zu kurz gekommen ist, ist die Tatsache, dass wir hier in Thüringen in der Tat eine andere Substanz im Gebäudesektor und vor allem auch im Anlagensektor haben als in den alten Bundesländern, und natürlich auch als in Baden-Württemberg. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns klar werden, welche Besonderheiten Thüringen hat. Gemeinsam mit allen anderen neuen Bundesländern ist die Situation so, dass Anfang der 90er-Jahre fast 100 Prozent der Heizungsanlagen ausgetauscht wurden gegen Zentralheizungsanlagen, zum damaligen Zeitpunkt moderner Technik. Das ist auch statistisch belegt. Das bedeutet aber, dass wir jetzt 20 Jahre nach dieser Umstellungswelle den Effekt haben werden, dass diese Anlagen aus Altersgründen, aus Verschleißgründen das Zeitliche segnen und relativ zeitnah ausgetauscht werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir als politische Verantwortungsträger diese Situation nicht nutzen, um bei den Menschen dafür zu werben, dass sie bei der Umstellung darüber nachdenken, welche Potenziale der Erneuerbaren in diesem Bereich gehoben werden können, dann verpassen wir eine riesige Chance.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch keinen Widerspruch zwischen der Frage des

Denkmalschutzes und dem Einsatz der erneuerbaren Energien. Ganz im Gegenteil, ich danke den GRÜNEN für die aus meiner Sicht hervorragende Veranstaltung zu dem Thema „Verbindung erneuerbarer Energien und Denkmalschutz“.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war eine gute Sache, das war ein guter Dialog, der da geführt wurde. Da ist auch deutlich geworden, dass nicht zwangsläufig jedes Fachwerkhaus mit Styroporplatten beplankt werden muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Etwas verändern kann man auch in anderen Bereichen, da gibt es viele Möglichkeiten. Worüber reden wir aber? Wir reden über die Frage: Was hat Baden-Württemberg gemacht im Jahr 2007 und Sie haben den Kontext hergestellt - was hat Berlin versucht auf den Weg zu bringen? Im Jahr 2010 ist der dritte Entwurf von Frau Lompscher aus Berlin vorgelegt worden, der ist sehr umstritten in Fachkreisen. Es gibt Leute, die sagen, das ist das erste Klimaschutzgesetz ohne Klimaschutz. Darauf brauchen wir nicht näher einzugehen. Das Entscheidende ist, in Berlin gibt es Kräfte vonseiten der SPD, des BUND und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die ein Stufenmodell fordern. Im Gegensatz dazu war das Gesetz in Baden-Württemberg vor dem Bundesgesetz zu den Erneuerbaren da, deswegen war die Notwendigkeit in Baden-Württemberg gegeben, es ist eine weitblickende Regelung gewesen, Neubauten mitzuregeln. Ob man nach dem Bundesgesetz noch eine Regelung für Neubauten braucht, die Frage kann man sich durchaus stellen, ich sehe das in der Tat für nicht notwendig an, denn das wird im Bund geregelt. Was aber nicht geregelt wird, ist die Frage, wie wir mit dieser Umstellungswelle infolge der Sanierungswelle nach den Neunzigern umgehen. In der Tat müssen wir uns die Frage stellen, die muss man aber in Richtung Bund stellen, wie schaffen wir es, dass Fördermittel für energetische Sanierung und für die haustechnische Umrüstung da ankommen, wo sie gebraucht werden. Das ist eine entscheidende Frage, die wir stellen müssen. Deswegen müssen wir auch mit Blick auf Berlin die Frage stellen, ob die Gießkannenförderung, wie sie momentan gemacht wird, tatsächlich zielführend ist.

Es gibt nachgewiesenerweise zwei Phasen im Leben von Familien, in denen investiert wird. Die erste Phase ist, die Menschen sind jung, gründen Familien und ziehen in ihre entweder eigenen oder gemieteten vier Wände. Dann ist eine bautechnische Veränderung im Regelfall angebracht, das wird dort gemacht. Aber die Situation ist, dass diese jungen Familien kein Geld haben, um diese Dinge energetisch sinnvoll zu gestalten. Die zweite Phase ist, wenn die Menschen am Ende ihres Erwerbslebens stehen und in Ruhestand gehen, dann wird noch mal saniert. Es ist nachgewiesen, dass dies so ist. Da ist die höchste Sanierungsquote. Dann wieder

(Abg. Schubert)

um bekommen sie keine langfristigen Kredite, denn versuchen Sie mal mit 65 Jahren auf die Bank zu gehen und zu sagen, ich würde gern für eine Bausanierung einen Kredit auf 25 oder 30 Jahre aufnehmen. Den werden Sie von keinem Kreditinstitut kriegen. Deswegen müssen wir über eine lebenssituationsorientierte Komponente und über eine bessere Steuerung der Fördermittel nachdenken. Das können wir aber nicht in Thüringen, das müssen wir mit Blick auf den Bund vorschlagen. Und was wir auch machen müssen, da gebe ich Ihnen recht, in der Frage des Mietwohnungsbaus müssen wir über eine mietspiegelorientierte Förderung nachdenken. Denn natürlich ist es so, dass der Hauseigentümer theoretisch 11 Prozent der Sanierungskosten umlegen kann. Der bekommt es aber am Mietwohnungsmarkt nicht. Sie bekommen keine 3 Prozent umgelegt in Thüringen, ganz einfach, weil der Markt das nicht hergibt, und vor dem Hintergrund, weil diese Kosten nicht bezahlt werden, weil es auch eine soziale Frage ist an der Stelle. An der Stelle müssen wir darüber nachdenken, kann man da mietspiegelorientiert stärker fördern nach dem Motto, eine junge Familie in Sömmerda muss mehr Fördermittel bekommen als Doppelverdiener in München. Das ist nun einmal so. An der Stelle, denke ich, müssen wir über eine bessere Streuung nachdenken.