Protokoll der Sitzung vom 25.02.2011

(Beifall FDP)

(Abg. Marx)

Zur Sache: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es ist evident und kann auch gar nicht anders sein, dass jemand, der staatliche Fördermittel bekommt, diese auch zweckmäßig, also dem Zweck der Förderung entsprechend zu verwenden hat.

(Beifall FDP)

Das ist überall so. Ich habe Ihnen hier mal einen zehnseitigen Zuwendungsbescheid mitgebracht, da geht es um eine kleine Baumaßnahme an einer Bushaltestelle in einem Dorf. Auf zehn Seiten ist da aufgeschrieben, was im Zusammenhang mit der Zuwendung öffentlicher Mittel dort alles zu berücksichtigen und einzuhalten ist, worauf zu achten ist und woran man sich zu halten hat, wenn man nicht Gefahr laufen will, die Fördermittel wieder zurückgeben zu müssen. Das ist richtig so.

Natürlich kann jemand, der nicht bereit ist, die zweckgemäße Verwendung der Mittel im Vorhinein zuzusichern, oder bei dem sich im Nachhinein herausstellt, dass er es nicht gemacht hat, kein öffentliches Geld bekommen.

(Beifall FDP)

Herr Kollege Adams, an der Stelle hat Ihre Logik oder Ihr Vortrag den entscheidenden Sprung. Es geht eben nicht in der Analogie um die Frage der Gewerbeerlaubnis, wo irgendwelche Anforderungen im hier diskutierten Maße nachzuweisen sind, sondern es geht um die Frage, wenn jemand dann für irgendeinen Zweck öffentliche Mittel beantragt,

(Beifall FDP)

dann muss er nachweisen, dass er die auch entsprechend dem Zweck gemäß einzusetzen bereit und willens ist. Deshalb finde ich die beiden Vorträge - insbesondere mit Blick auf unseren Alternativantrag - der Koalitionsfraktionen hier schon reichlich bemerkenswert. Der eine sagt, wir haben im Kern nur ein Bedenken und das ist die Frage, dass wir - mit dem Stichwort Gesinnungsschnüffelei belegt - eine Drittverantwortung installieren wollen mit der Erklärung der Bundesregierung, dagegen haben wir Bedenken. Wir haben keine Bedenken dagegen, dass das jeder für sich erklärt. Das ist das, was Frau Marx kurz hier eben vorgetragen hat, und trotzdem ist es genau das, was wir mit unserem Antrag erreichen wollen, nämlich zu sagen, wir wollen, dass jeder, der die Mittel erhält, das für sich selbst erklärt und niemandem mehr diese Verantwortung, diese Haftung für Erfüllungsgehilfen - so heißt das juristisch - aufzuerlegen. Das ist der Inhalt unseres Antrags. Trotzdem lehnen Sie ihn ab. Diese Logik hat sich, wenn es denn eine war, das will ich offen sagen, mir so nicht erschlossen.

(Beifall FDP)

Ich habe die Reden aus der letzten Debatte zu diesem Landesprogramm und im Zusammenhang

auch mit der Antiextremismuserklärung noch mal durchgeschaut. Ich bin wirklich gespannt, wie sich auch DIE LINKE verhalten wird, denn die Kollegin König hat in der letzten Debatte hier gesagt, dass es Ihnen ausschließlich darum geht, dass die Partner in dem Programm dazu verpflichtet werden, ihre Partner, ihre Referenten, die sie einladen, Organisationen, mit denen sie zusammenarbeiten, zu überprüfen, ob diese möglicherweise Linksextremisten wären. Das ist mit unserer Erklärung, mit unserem Alternativantrag eben genau ausgeschlossen. Deshalb werbe ich an dieser Stelle noch mal ganz ausdrücklich um Unterstützung dafür, dass wir das genauso machen.

(Beifall FDP)

In diesem Sinne ist es auch hier eine neue Chance. Ich habe das ja auch wahrgenommen, dass es in der Verhandlung zum Landesprogramm Schwierigkeiten zwischen den Koalitionspartnern gegeben hat. Nun sind das aber nicht die Beratungen zum Landesprogramm, sondern das ist eine parlamentarische Sitzung mit Anträgen. Hier hat man auch eine neue Chance, dieses Ziel, das man in den Verhandlungen nicht erreichen konnte, auf parlamentarischem Weg in das eigene Programm hineinzubringen. Dazu möchte ich Sie ausdrücklich aufrufen und sagen, dass wir Ihnen diese Chance auch ganz bewusst bieten wollen.

Im Kern, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es doch gar nicht um die Frage Antiextremismuserklärung ja oder nein. Das wird das Abstimmungsverhalten dann auch zeigen. Im Kern geht es doch um viel mehr, es geht um die Frage, um die Deutungshoheit über die Frage: Wer ist gut und wer ist böse auf dieser Welt? Der Schlagabtausch, den wir vorgestern hier erleben durften im Zusammenhang mit einem Dringlichkeitsantrag der Fraktion DIE LINKE, hat gezeigt, dass auch mit scharfen Waffen geschossen wird. Der Kollege Ramelow hat hier einen sehr emotionalen und lautstarken Vortrag gehalten, hat sich dann nahezu hysterisch ereifert, als Kollege Voigt für die CDU-Fraktion gegen die Dringlichkeit gesprochen hat. Und am Abend durften wir dann lesen, dass der Kollege aus der CDU-Fraktion ein Hassprediger sei. Das sind die rhetorischen Mittel, mit denen hier gearbeitet wird. Da geht es schlicht um die Frage: Wer ist gut und wer ist böse?

(Beifall CDU, FDP)

Die Antwort wird gleich mitgeliefert. Da sitzen die Guten und irgendwo dort fängt der Bereich der Bösen an. Das ist ganz klar und das ist ganz deutlich, es geht nämlich nicht einfach nur um die Frage, wer ist Antifaschist,

(Unruhe CDU, SPD)

sondern es geht um die Frage, wer in Ihrem Sinne Antifaschist ist. Diese Deutungshoheit, wer nicht für uns ist, ist gegen uns, das ist genau die Art und

Weise der Argumentation, und Sie messen da auch mit zweierlei Maß. Wenn Sie einen Aufruf starten, Büros zu besetzen oder zu besuchen oder zu blockieren, wenn Sie einen Aufruf starten zum Schottern, auch ausdrücklich wissend, dass es Rechtsbruch ist

(Beifall FDP)

- ich zitiere aus dem Aufruf: „Wir wissen, dass dies nicht vom Bürgerlichen Gesetzbuch gedeckt ist.“ -, wenn Sie auch Klage erheben gegen Plakate, gegen Äußerungen, die nicht mehr gemacht werden dürfen, wenn Sie dann auch im Rahmen Ihrer eingeladenen Kreise eben es nicht sichern wollen, dass es dort nicht zu Randale kommt, dann sind es Dinge, die gut sind. Dann sind es Dinge, die zu einem guten Zwecke dienend von allen erduldet werden müssen. Wenn Sie aber selbst Gefahr laufen, ein paar Spritzer abzubekommen, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, verkehrt sich das Ganze in das Gegenteil und dann werden all die Mittel, deren berechtigte Handhabe Sie allen anderen absprechen, plötzlich zu willkommenen Mitteln und Methoden, um sich selbst eine weiße Weste zu bewahren. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, funktioniert so nicht.

(Beifall CDU, FDP)

Diese politische Deutungshoheit über die Frage Gut und Böse, die wollen Sie auch gern global erreichen, also nicht nur im Parlament und in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Bildung. An der Stelle wird nämlich auch diese Ausstellung, um die es da in Suhl gerade geht, ganz besonders interessant. Ich rede hier nicht über die Frage: Meinungsfreiheit ja oder nein. Von der Meinungsfreiheit ist diese Ausstellung ganz bestimmt gedeckt. Aber ich rede über die Frage, ob diese Ausstellung im öffentlichen Raum so stattfinden muss, wie sie in Suhl stattfindet, ob sie dort eigentlich so stattfinden darf. Diese Frage beantworte ich Ihnen ganz klar mit Nein, weil im öffentlichen Raum diese Ausstellung nämlich auch alsbald

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Dieser Redebeitrag wird Ihnen präsentiert vom Pressesprecher der Union.)

das ist genau das, was ich jetzt meine -, weil diese Ausstellung im öffentlichen Raum nämlich den Anschein erweckt, als wäre sie die öffentliche Meinung.

(Unruhe DIE LINKE)

Wenn dann eine Mitarbeiterin des Schulamtes Schmalkalden-Meiningen gar noch dazu aufruft, diese Ausstellung im Rahmen des Schulunterrichts zu besuchen, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, halte ich das unter dem Aspekt der politischen Bildung für wirklich höchst bedenklich.

(Zwischenruf Abg. Ramelow: Sehen Sie mal in das Grundgesetz, Herr Kollege.)

Ich will Ihnen jetzt einfach einmal vorlesen, was die Landeszentrale für politische Bildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der sich unsere Landeszentrale mit Sicherheit anschließen würde, zu der Antiextremismus-Ausstellung aufgeschrieben hat. Sie hat aufgeschrieben: „Es widerspricht dem Beutelsbacher Konsens“ und jeder, der ein bisschen mit Bildung zu tun hat, weiß, dass das die Prinzipien sind, die beiden, in dem die zentralen Grundprinzipien der politischen Bildung beschrieben werden -, es widerspricht ihm „fundamental, wenn zum Beispiel konservative Politiker, Meinungen und Organisationen in die Nähe von Rechtsextremisten gestellt werden. Die Ausstellung ist insofern ideologisch einseitig ausgerichtet. In Teilen handelt es sich um reine Agitation und hat mit politischer Bildung nichts zu tun.

(Beifall CDU, FDP)

Die Ausstellung ist daher aus Sicht des Ministeriums für die politische Bildung, insbesondere im Rahmen und im Umfeld des schulischen Unterrichts, nicht geeignet und nicht zu empfehlen.“

(Beifall CDU, FDP)

Ich bin sicher, wenn wir unserer Landeszentrale die Frage stellen, wie sie das einschätzt, wird ihre Einschätzung nicht weit von der der Kollegen aus Mecklenburg-Vorpommern sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Sinne bitte ich Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Alternativantrag, um zu sichern, dass wir mit dem Geld, was wir aufwenden als Land, mit dem Geld, was wir aufwenden für den Zweck in unserem Land für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit zu werben, ohne Gesinnungsschnüffelei,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Von Toleranz kann man bei Ihnen aber nichts spüren.)

sondern jeden Zuwendungsempfänger für sich selbst einfach einschätzen und erklären zu lassen, jawohl, mit dem Zweck der Förderung, nämlich mich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen, mit diesem einfachen Grundkonsens kann ich mich einverstanden erklären, auf dem bewege ich mich, und den zu stärken, dafür werde ich diese Mittel ausschließlich verwenden. Das kann nicht zu viel verlangt sein, und wer das nicht unterschreiben kann, der darf und kann auch kein Geld aus diesem Programm bekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Renner das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich wollten wir eine Debatte zu den juristischen Fragen um die Extremismusklausel, aber schon Frau Meißner hat die Debatte auf das Inhaltliche gelenkt, Herr Barth hat noch eines draufgesetzt, deswegen zuerst auch noch ein paar inhaltliche Vorbemerkungen. Natürlich bleiben wir bei unserer Kritik an der Extremismusklausel. Wir sind gegen eine Gesinnungsüberprüfung bei Projekten für Demokratie und

(Beifall DIE LINKE)

gegen Rechtsextremismus. Ich möchte auch noch einmal an dieser Stelle Frau Ministerin Taubert ganz herzlich danken. Sie hat in der Debatte um das Landesprogramm zu unserem Entschließungsantrag sich ganz eindeutig und klar positioniert

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und - ich denke, wir alle haben es auch positiv in Erinnerung - die Betroffenen in Thüringen, die Projekte, die Institutionen haben auch dieses Signal empfangen und sind auch dafür sehr dankbar. Ich glaube, das sollten wir an dieser Stelle noch einmal festhalten. Weil eben so gesagt wurde, es ist ja klar, aus welcher Ecke das kommt, möchte ich noch mal darauf hinweisen: Die Kritik an der Extremismusklausel geht weit über den Bereich der Politik und der Betroffenen hinaus. Das Land Berlin ist schon genannt worden; hinzu kommen das Land Sachsen-Anhalt, das Land Brandenburg und das Land Mecklenburg-Vorpommern haben die Rücknahme gefordert, weiterhin der Zentralrat der Muslime und der Zentralrat der Juden in Deutschland, der DGB, die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, Aktion Sühnezeichen.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Alles Linksradikale.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da kann man nicht sagen, das ist ganz klar, aus welcher politischen Ecke das kommt. Oder würden Sie sagen, DGB, Kirche, Zentralrat und so weiter, das lässt sich diskreditieren?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Die sind alle von der LINKEN.)

Ich denke nicht. Es gab 1.500 Protestschreiben zwischenzeitlich an Frau Ministerin Schröder in Berlin, darunter auch renommierte Wissenschaftler wie zum Beispiel der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin Prof. Benz. Die politischen, die fachlichen und die juristischen

Einwände wurden weggewischt in Berlin. Deswegen blicken jetzt so viele Träger und Projekte auf das Land Berlin, das Widerspruch eingelegt hatte und jetzt prüfen muss, ob auch der Klageweg beschritten wird. Die Landesregierung - ich sage bewusst die Landesregierung, vorhin hieß es an einer Stelle, das ist nur das Sozialministerium, das ist nicht richtig - hat sich klar und deutlich ausgesprochen in Thüringen. Ich möchte auf einen TAZ-Artikel verweisen vom 15.02.2011. In diesem Artikel ging es um die Frage, wie verhalten sich die Länder zur Extremismusklausel, und darin, ich zitiere den TAZ-Artikel, heißt es: „Das von CDU und SPD regierte Thüringen werde bei der Vergabe von Landesmitteln keine Erklärung verlangen,