Protokoll der Sitzung vom 25.02.2011

Daher erwarten wir auch von der Landesregierung, dass, soweit diesbezüglich anderweitige Anhaltspunkte vorliegen - und da ist es egal, ob Links- oder Rechtsextremisten -, eine unverzügliche Prüfung

erfolgt und gegebenenfalls Zahlungen unterbunden bzw., falls nötig, auch zurückgefordert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen: Aus unserer Sicht wäre die Einführung einer Antiextremismusklausel auch in Thüringen in rechtlicher wie auch in politischer Hinsicht unproblematisch. Wir werden jedoch mit Rücksicht auf unseren Koalitionspartner nicht dem Alternativantrag der FDP zustimmen, weil wir uns bei der Erarbeitung des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit darauf verständigt haben, dass das Bekenntnis der Zuwendungsempfänger zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Selbstredend lehnen wir natürlich auch den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält der Abgeordnete Adams das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Gäste hier auf der Tribüne, ich wollte eigentlich ganz kurz mich nur dafür aussprechen, dass eine Landesregierung natürlich das tut, was Sie jederzeit tun kann, im Kontakt mit der Bundesregierung, wenn Sie dort Fördermittel weiterreicht, Zwischenempfänger ist, natürlich auch prüft, ob das alles ordnungsgemäß ist. Das machen Landesregierungen an tausenden Stellen regelmäßig und das wäre meiner Meinung nach der Antrag der LINKEN gewesen. Frau Meißner hat mit ihrem Beitrag allerdings hier die Debatte um Rechtsstaatlichkeit eröffnet und der wollen wir GRÜNEN uns nicht entziehen. Frau Meißner, Sie müssen erkennen, dass der moderne Rechtsstaat dem Bürger, jedem Bürger erstens die Freiheit gewährt und zweitens jedem Bürger unterstellt, dass er rechtstreu ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Erst wenn ein Gericht festgestellt hat, dass er nicht rechtstreu war, dann gibt es die Sanktionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wenn Frau Meißner auf die Veröffentlichung des Verfassungsschutzes verweist, dann verwechseln Sie etwas. Wer dort drin vorkommt, wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil man sich nicht sicher ist, weil man gesicherte Erkenntnisse erlangen will, ob derjenige treu dem Rechtsstaat sein muss. Aber nicht jeder Mensch, der da drinsteht, ist ein Verfassungsfeind.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielleicht hätten Sie die Chance beim Abschied von Herrn Huber noch einmal nutzen sollen, sich mit ihm über seine zukünftige Tätigkeit zu unterhalten. Dann wäre Ihnen aufgefallen, dass nur das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, nur dieses Bundesverfassungsgericht feststellt, welche Organisation verfassungswidrig ist oder nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist unserer Erörterung hier vollkommen entzogen. Ich bin auch sehr daran interessiert, wie die Landesregierung darauf noch einmal eingehen wird. Der Schnüffelstaat allerdings unterstellt jedem alles und sagt natürlich dann auch gerne einmal, bitte schaut noch mal bei eurem Nachbarn nach, könnte da etwas vielleicht sein. Woran soll denn eine ordnungsgemäße Initiative festmachen, ob es sich um einen Extremisten handelt oder nicht? Ich mache das jetzt mal ganz plakativ. Sollen denn Kirchgemeinden, die gemeinsam in einem Auto oder mit einem Bus am Wochenende nach Dresden gefahren sind und noch ein paar Leute mitgenommen haben, vorher darüber diskutieren, wen Sie mitnehmen, ob das vielleicht ein Verfassungsfeind ist. Wollen Sie da am Anfang eine Erklärung abverlangen? Wollen wir jeden Morgen hier bei einer Plenarsitzung beginnen mit einer Erklärung zur FDGO?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nein, wir unterstellen uns das und ich bin mir ganz sicher, dass hier in diesem Raum nur Menschen sitzen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung dieses Staates schützen und fortentwickeln wollen. Da bin ich mir absolut sicher.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Da gibt es gar keinen Beifall, haben Sie das gemerkt?)

Herr Abgeordneter Adams, einen kleinen Moment bis sich alle wieder beruhigt haben. Dann steht Herr Dr. Voigt dort und möchte Ihnen eine Frage stellen. Gestatten Sie diese?

Ich bitte darum.

Bitte, Herr Dr. Voigt.

(Abg. Meißner)

Von Demokrat zu Demokrat, ist Ihnen die Unterscheidung zwischen verfassungsfeindlich und verfassungswidrig bekannt, wonach diejenigen, die verfassungswidrig sind, aktiv verboten werden, aber die, die verfassungsfeindlich sind am Ende natürlich nur beobachtet werden. Denn wenn Ihre Argumentation, die Sie gerade eingeführt haben, stimmen soll, dann würde auch die NPD von solchen Programmen gefördert werden müssen. Und das wollen wir doch beide nicht, oder?

Herr Voigt, auch da ist der Beifall schwach. Sie müssen sich mal anschauen, was das Programm fördert. Und wenn die NPD einen Antrag stellen könnte, indem Sie glaubhaft darlegt, dass sie sich gegen Rassismus wendet und gegen Antisemitismus und Xenophobie und das alles, wenn die NPD einen solchen Antrag vorlegt und die Bundesfamilienministerin das genehmigt, müsste das so gemacht werden. Das ist die bittere Diskussion, die wir hier in dieser Demokratie aushalten müssen. So entwickelt sich der Rechtsstaat fort und nicht durch Verbote. Nicht durch Verbote, meine sehr verehrten Damen und Herren, bringen wir unseren Verfassungsstaat voran.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das war aber nicht die Antwort auf die Frage.)

Die Antwort auf die Frage ist ganz klar. Die Widrigkeit und Feindlichkeit ist mir in ihrer unterschiedlichen Kategorisierung natürlich vollkommen klar. Ich bin aber auf Feindlichkeit eingegangen, weil die Kollegin Meißner auch von Feindlichkeit gesprochen hat und ich habe Ihnen ganz klar auch hier meine Position erläutert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich noch einmal ganz kurz der FDP zuwenden mit ihrer Demokratieklärung light. Das überzeugt nicht und es erstaunt vor allen Dingen, weil Ihr Kollege Stefan Ruppert im Bundestag ganz deutlich gesagt hat, dass er diese Erklärung für unnütz hält, weil er allen unterstelle, dass sie natürlich Freunde der Demokratie sind. Deshalb denke ich, es ist keine Zumutung für die Landesregierung, zu prüfen, ob diese Klausel, dass diese abzugebende Erklärung nötig ist, mit der Verfassung übereinstimmt, besonders dem Gleichheitsgebot hier richtig genüge getan wird.

Ich will auch der FDP, weil Herr Barth wieder so rangegangen ist, eines noch einmal in das Stammbuch schreiben. Das, was Sie hier von Menschen verlangen, die sich für Demokratie engagieren, die Erklärung, dass sie Demokraten seien, wäre das

Gleiche, als wenn Sie von jedem Wirtschaftsunternehmen vor der Erteilung einer Gewerbeerlaubnis verlangen würden, dass sie sich zu höchster Qualität verpflichten,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

dass sie sich zu einem weltoffenen Wettbewerb verpflichten und dass sie niemals unlautere Mittel im Wettbewerb gegen ihre Kolleginnen und Kollegen einsetzen werden. Sie würden im Dreieck springen, wenn so etwas verlangt werden würde. An dieser Analogie sollten Sie erkennen, wie falsch Ihre Forderung ist. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Marx zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, über die sogenannte Extremismuserklärung haben wir bereits in unserer letzten Plenarsitzung ausdrücklich und ausführlich diskutiert, da ging es um die politische Bewertung. Heute wird eine rechtliche Bewertung von der Landesregierung abgefragt. Voranstellen möchte ich, grundsätzlich kann rechtlich und auch politisch nicht beanstandet werden, wenn der Zuwendungsgeber von den Zuwendungsempfängern im unmittelbaren Verhältnis Verfassungstreue fordert. Ich denke, das ist hier auch in diesem Haus Konsens. Ich darf in diesem Zusammenhang auch einmal daran erinnern, dass unlängst seitens der Fraktion der LINKEN wie auch der GRÜNEN die Landesregierung dazu befragt wurde, wie es habe dazu kommen können, dass ein rechtsradikaler Unternehmer in Gotha Wirtschaftsfördermittel erhalten hat. Da hat es inzwischen einen Rückforderungsbescheid gegeben. Das ist gut so, dass es da einen Rückforderungsbescheid gibt. Ich denke, darüber sind wir uns einig.

(Beifall CDU)

Das wäre nicht rechtsstaatlich, wenn es keinen Rückforderungsbescheid in dem Fall geben soll. Das vielleicht für Sie noch mal zum Nachdenken.

Fragwürdig wird es dann, wenn die Zuwendungsempfänger für die Verfassungstreue Dritter im Wege einer Garantiezusage einstehen sollen und da gibt es die rechtliche Problematik, die wird unterschiedlich bewertet. Unter Juristen gibt es immer viele Meinungen, unter Parteien dann auch. Politisch hat hier zumindest Frau Ministerin Taubert in der letzten Plenarsitzung das Erforderliche gesagt. Auch rechtlich begegnen der Ausforschungsklausel

Bedenken wegen ihrer Unbestimmtheit und einer möglichen Unverhältnismäßigkeit hinsichtlich der Anforderung an Prüfungsmöglichkeiten und Kompetenzen der Zuwendungsempfänger. Darauf haben Sie zu Recht eben schon hingewiesen. Wie soll man das im Einzelnen abfragen und erforschen können, wenn es nicht offenkundig zugängliche Informationen über jemanden gibt, mit dem man zusammenarbeitet?

Frau Abgeordnete Marx, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Adams?

Aber gern.

Bitte, Herr Adams.

Frau Kollegin Marx, ich schätze Sie ganz außerordentlich als Juristin, deshalb wollte ich noch mal nachfragen: Ist Ihnen denn bewusst, worauf die Rückforderung der GFAW beruht, auf welchen Normen und auf welchen direkten Paragraphen aus dem Zuwendungsbescheid? Ich glaube, das ist der entscheidende Unterschied zu der Thematik, die wir hier diskutieren. Ist Ihnen das bewusst?

(Beifall DIE LINKE)

Da wurde als Rechtskonstruktion natürlich auch genutzt, dass man gesagt hat, er hat unzureichende und unzutreffende Angaben bei der Antragstellung gemacht. Gut, aber da könnte man auch abfragen, ob jemand verfassungstreue Zwecke verfolgt, denn es waren auch Europafördermittel. Das war auch der politische Ansatz, der hier von den Oppositionsfraktionen bei ihren Fragen verfolgt worden ist, sonst hätte ich Ihre Anfragen falsch gelesen. Sie haben das auch für einen politischen Skandal gehalten und nicht für einen juristischen. Sie haben sich eigentlich gar nicht interessiert für die Förderrichtlinien in der GFAW und haben auch noch gefragt, ob der Verfassungsschutz da nicht der GFAW hätte viel mehr Auskunft erteilen müssen, was ich als Juristin nun wiederum für rechtlich problematisch halte, weil der Verfassungsschutz keine SCHUFA ist. Soweit zu dem Komplex.

Wie gesagt, wir waren uns eigentlich alle einig hier im Haus, dass es nicht gut ist, dass dieser Unternehmer gefördert worden ist (aus Versehen) und jetzt das Geld von ihm zurückgefordert wird.

Zur Ausforschungsklausel, Herr Adams, da teilen wir durchaus Ihre Bedenken in der praktischen Durchsetzbarkeit, das haben wir auch schon politisch diskutiert und auch rechtlich ist es umstritten. Daher ist es meiner Fraktion - es ist klar, dass wir hier auch unterschiedliche Auffassungen in der Koalition haben - durchaus sympathisch, dass der Berliner Senat Rechtsmittel gegen diese Klausel des Bundesprogramms eingelegt hat, also diese Drittzusicherung, nicht die eigene. Trotz der von meiner Fraktion geteilten rechtlichen Bedenken halten wir es aber auch für ausreichend, dass der Berliner Senat mit letztlicher Wirkung für alle Bundesländer jetzt den Rechtsweg beschreitet. Es ist auch ein Irrtum, weil das ein bisschen so durchklingt in Ihrem Antrag, wenn Sie sagen, je mehr Leute klagen, um so größer würde das Bewusstsein für eine mögliche Rechtswidrigkeit eines Vorgangs. Juristen ticken nicht so. Da reicht es, wenn ein Einzelner Klage erhebt, dass man an Recht und Gesetz gebunden Fragen prüft. Da muss man keine Massenklage erheben und auch keine Massenbundesländerklagen und auch keine Massenbundesländerwidersprüche. Wir wollen in Thüringen von Rechtsmitteln absehen, schlicht aus einem ganz einfachen Grund, wir wollen nämlich den aktuellen Fördermittelabfluss nicht gefährden. Die Einlegung von Rechtsmitteln würde die Gefahr hervorrufen, dass Fördermittel des Bundes nicht ausgereicht werden können. Da uns die Arbeit der Projekte am Herzen liegt, halten wir die Einlegung von Rechtsmitteln neben denen des Landes Berlin durch das Land Thüringen nicht für sinnvoll und auch nicht für erforderlich. Wir werden Ihren Antrag daher ablehnen.

Ich komme zum Alternativantrag der FDP. Auch diesem stimmen wir nicht zu. Wir halten es nicht für angemessen und erforderlich, den Trägern vor Ort, die ihrerseits Vertrauen genießen müssen, um Mittel zu erhalten und auch ihre Erklärung abgegeben haben, dann eine solche Erklärungsabnahme von Dritten aufzuzwingen. Deswegen werden wir beiden Anträgen die Zustimmung verweigern. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion erhält der Abgeordnete Barth das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, keine Angst, ich will das hier nicht alles vorlesen, aber in Zeiten wie diesen muss man mit dem Zitieren etwas vorsichtig sein, deswegen habe ich ein bisschen Papier mitgebracht.

(Beifall FDP)