dass ich an dieser Stelle einfach sagen muss, es ist peinlich, sich auf ihn zu berufen und es ist noch peinlicher, ihn zu unterstützen.
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich habe nicht heute die SZ zitiert, sondern ihn bezüg- lich Bundesnetzwegeplan.)
Ich würde mich jetzt mal dafür einsetzen, dass Frau Siegesmund hier weitersprechen kann. Es sind weitere Redeanmeldungen möglich.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Schön, dass Sie auch mal unruhig werden bei dem Thema. Das finde ich doch sehr amüsant, dass dann doch der eine oder andere Fakt Sie zum Nachdenken zwingt.
Ein Wort zu den Kosten. Es ging vorhin um die soziale und um die ökonomische Frage. Zunächst einmal: Wir wissen, Atomstrom ist schon jetzt weitgehend verzichtbar für die Stromversorgung in Deutschland. Obwohl die Atomstrommenge in Deutschland seit Jahren tendenziell zurückgeht, erzielen wir enorme Überschüsse. Das heißt, wir exportieren Strom - jährlich um die 14 Mrd. Kilowattstunden. 14 Mrd. Kilowattstunden werden exportiert, das heißt, Atomkraft ist also für die Sicherstellung der Stromversorgung in der Bundesrepublik mindestens mit diesen 14 Mrd. Kilowattstunden überhaupt nicht nötig.
Weder sind die erneuerbaren Energien teuer, noch Atomstrom billig. Ich möchte es schon immer gern im Verhältnis sehen. Sie haben vorhin gesagt, was Fukushima und die Katastrophe uns kosten werden. Ich habe Ihnen gesagt, was das für den Betreiber Tepco kostet, ich habe Ihnen noch nicht gesagt, was Endlager kosten und viele andere Dinge, die für uns in der Bundesrepublik von Bedeutung sind Kosten, die im Übrigen die Endverbraucher zu zahlen haben.
Das zeigt übrigens auch das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten, in dem steht, dass es völlig egal ist, ob die Restlaufzeiten um zwei, 12 oder 15 Jahre verlängert werden. Am Ende wird Strom dadurch nicht billiger. Man braucht neue, gute und kreative Ideen. Deswegen empfehle ich einen Blick in das Gutachten - mit dem arbeitet auch der Bundesumweltminister.
Unsere Forderungen und Schlussfolgerungen für Thüringen sind klar und unser Entschließungsantrag macht deutlich, worum es geht.
Folgende sechs Punkte möchte ich gern einfach noch einmal hervorheben, um deutlich zu machen, was für uns GRÜNE wichtig ist: Erstens - das habe ich jetzt ausführlich ausgeführt - den schnellstmöglichen und endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft;
zweitens - eine Novellierung des Landesentwicklungsprogramms; drittens - eine Energiewende, unter anderem durch mehr Energieeffizienz; viertens
ein Klimaschutzgebäudegesetz; fünftens - Thüringen und die Stadtwerke. Zu den Punkten will ich jetzt noch kurz etwas sagen:
1. Ich bin sehr froh über die klaren Worte der Ministerpräsidentin heute in Bezug auf die Atomkraft. So manche Formulierung, die Sie heute hier vorgetragen haben, hätte vielleicht auch dem gemeinsamen Entschließungsantrag gutgetan, wenn denn nur aus all dem, was heute hier vorgetragen wurde, auch Taten folgen würden. Ich habe die Ministerpräsidentin so verstanden, dass sie sich auf jeden Fall vorstellen kann: Das Moratorium hat langfristige Folgen, mit anderen Worten - die sieben gehen nicht wieder an das Netz. Wenn ich Sie so richtig verstanden habe - was ich mir sehr wünschen würde -, dann wären Sie deutlich weiter als die Fraktion.
Wir fordern die Landesregierung daher auf, sich der Verfassungsklage der Bundesländer Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz gegen die Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke einzusetzen. Das wäre die Konsequenz aus dem, was Sie hier sagten.
2. Durch die Novellierung des Landesentwicklungsprogramms müssen Vorrangflächen und Vorgaben für den Ausbau der erneuerbaren Energien endlich verbindlich gesetzlich festgelegt werden.
Das soll sicherstellen, dass bis 2025 mindestens 50 Prozent und spätestens 2050 100 Prozent des Energiebedarfs in Thüringen aus regenerativen Energien abgedeckt werden können. Das ist unser Ziel.
3. Die Landesregierung muss Rahmenbedingungen schaffen, die die Reduzierung des Energieverbrauchs und der Emissionen im Verkehr fördern. Sie haben heute ganz viel über Energieeffizienz gesagt. Der Bereich Verkehr wurde aber völlig ausgespart, aber Energieeinsparung, übrigens besonders im Verkehrsbereich, ist das A und O. Ich zitiere an der Stelle auch mal den sehr, sehr unverdächtigen Meinhard Miegel, der in „Exit - Wohlstand ohne Wachstum“ schreibt: „Wir vergeuden ein Drittel der Energie sinnlos und endliche Ressourcen wie Erdöl gedankenlos und verbrauchen diese, um uns ein Süppchen zu kochen.“ Recht hat er - was Energieeffizienz angeht, haben wir noch viel zu tun. Wir müssen übrigens auch viel lernen.
Herr Mohring, ein Wort zu dem Glas hier im Hause. Passivhäuser werden ganz oft mit sehr viel Glas gebaut. Es dämmt im Übrigen auch sehr gut, weil
es inzwischen moderne Formen gibt, Fenster in Häuser einzusetzen. Durch Dreifachverglasung geht Ihnen keine Energie verloren, im Gegenteil.
4. Die Länder haben im Erneuerbare-EnergienWärmegesetz des Bundes die Aufgabe übertragen bekommen, den ordnungsrechtlichen Rahmen für die energetische Sanierung im Gebäudebestand zu setzen. Die Landesregierung hat hier bislang wenig getan, obwohl sie heute in ihrer Regierungserklärung den Passus „die energetische Gebäudesanierung vorantreiben“ hatten. Ich habe den wohl gehört, aber Eigentum verpflichtet eben auch zum konkreten Klimaschutz. Unsere Fraktion arbeitet schon länger und wird - das kann ich hier schon ankündigen - im nächsten Plenum einbringen ein Klimaschutzgebäudegesetz für den Bestand, das klare Kriterien für die wirtschaftliche Nutzung von regenerativen Energien in Gebäuden auch festlegt. Wir wollen es gern konkret und legen es deswegen vor.
5. Stärken Sie den Ausbau der Windkraft - es ist nicht mehr die Zeit, ideologische Scheuklappen anzulegen - und stärken Sie auch die Möglichkeit, sogenannte Bürgerwindkraftparks zu errichten, denn das stärkt im Übrigen auch die Akzeptanz.
Ganz oft ist es so, dass Bürgerinnen und Bürger sagen, ja, wir wollen Erneuerbare, ja, wir wollen Windkraft und spätestens bei der Debatte, wo stehen die am Ende, hört dann aber der Konsens auf. Eine Brücke, das wissen wir, ist die Frage der Akzeptanz durch Bürger, Windkraft zu stärken. Da setze ich zumindest auch an dieser Stelle auf das Wirtschaftsministerium, das das hoffentlich auch im Blick hat und das sicherlich auch auf einen guten Weg bringt.
Ich komme zum Schluss: Wir wollen Energie in Bürgerhand. Das deutet sich an bei der Frage der Windenergie. Es gibt inzwischen viele Bürgerkraftwerke in Thüringen; Ilmenau, Weimar, Jena, viele mehr haben Bürgerkraftwerke initiiert. Es gehört zur Frage der Energie in Bürgerhand auch die Rekommunalisierung der Stadtwerke. Ich erwähne die Stadtwerke deswegen unter anderem, weil es gut möglich sein muss, landesseitig auch unterstützend zu helfen bei der Frage des Rückerwerbs von E.ON-Anteilen. Herr Ramelow hat es angesprochen. Es gibt einen Glücksfall unter den vielen. Der auslaufende Konzessionsvertrag der Stadtwerke Jena-Pößneck hat dafür gesorgt, dass die Stadtwerke ab sofort einen Strommix anbieten, der völlig auf Atomstrom verzichtet;
Herr Mohring, diese merkwürdige Rechnung, die Sie vorhin aufgemacht haben, dass Landesliegenschaften, wenn wir sie auf Ökostrom umstellen, dafür sorgen würden, dass woanders mehr Atomstrom ankäme, das verstehe ich weder mathematisch, das ist auch nicht logisch, weil sie natürlich das wissen Sie doch am besten - Angebot und Nachfrage am besten auf dem Markt damit regeln, dass Sie mehr Ökostrom nachfragen.
Jetzt will ich, weil uns GRÜNEN das gern vorgeworfen wird - und ich sage auch, da sind wir immer noch im Diskussionsprozess und debattieren heftig -, auch noch etwas zum Ausbau der Netze sagen. Sie haben in dem gemeinsamen Entschließungsantrag der vier Fraktionen eine relativ windelweiche Formulierung. DIE LINKE liest vermutlich daraus, wir wollen keine 380-kV-Trasse, die FDP liest vermutlich daraus, wir wollen die 380-kV-Trasse. Es ist nicht klar, was Sie wollen. Wir sagen - ja, man kann viel interpretieren -, prüfen Sie den Ausbau der Netze. Das ist unser Wunsch.
Holzschnittartig Politik machen und sagen, wir brauchen den Ausbau der Netze, deswegen genügt uns die 380-kV-Trasse nicht, wenn Sie die Beweislast antreten, dass nur mit der 380-kV-Trasse gewährleistet ist, dass ökologisch erzeugter Strom alternativlos auch transportiert werden kann, sind wir zu jeder Debatte bereit. Aber es muss auch ein Prüfen aller Alternativen geben.
Ich will ganz zum Schluss auf einen Punkt noch eingehen, den Bernd Ulrich vergangene Woche in der „ZEIT“ schrieb. Er sagte: „Vielleicht ist das Jahrhundert eines ungehemmten, eines jugendlichen, ja pubertären Optimismus an diesem 11. März zu Ende gegangen.“ Das war der ZEIT-Titel vergangene Woche. Und er schrieb weiter: „Von Zweifeln geplagt war er schon immer, der Optimismus, und floh doch immer wieder in die nächste Stufe des Fortschritts, von der Kohle ins Öl, vom Öl in die Atomkraft.“ „Man braucht“ - so schließt er - „keine Liebe für die jetzige Weltbürgerschaft, es reicht schon Verstand.“