Dem kann ich nicht folgen. Eine Bannmeile durch die Jürgen-Fuchs-Straße - und auch das war Ihre Idee, Herr Mohring - ist für uns einfach ein Unding. Ich will das ganz klar sagen, wir bestreiten, dass eine Bannmeile durch die Jürgen-Fuchs-Straße im Sinne dieses Mannes gewesen wäre.
Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung spricht heutzutage nichts mehr für eine Bannmeile, aber alles dagegen. Sie entspricht nicht unserem Parlamentsverständnis. Machen wir es wie die Kollegen in Schleswig-Holstein, schaffen wir sie ab.
Ich beantrage abschließend die Überweisung beider Gesetzentwürfe federführend an den Innenausschuss und begleitend an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als nächster Abgeordneter hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Bergner für die FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind schon teilweise bemerkenswerte Innenansichten, die sich hier ergeben, wenn man neu in diesem Haus einsteigen darf. Bemerkenswert finde ich, nebenbei gesagt, auch, dass sich eine Dreiviertelstunde nach geplantem Sitzungsbeginn die Regierungsbank schleppend füllt. Ich hoffe, dass wir in Zukunft nicht hin und wieder mal das Herbeizitieren anwenden müssen, das wäre schade.
Bemerkenswert finde ich auch die Art und Weise der Auseinandersetzungen und die Art und Weise auch von Vorwürfen. Herr Kollege Ramelow, zu dem Thema Blockparteien möchte ich an dieser Stelle klar und deutlich sagen: Es war der Terror der SED, es war der Terror der sowjetischen Besatzungsmacht, der dazu geführt hat, dass Parteien in diesem Land gleichgeschaltet werden konnten.
Ich stehe persönlich - wenn das notwendig sein sollte - sehr gern zur Verfügung, um die Vergangenheit auszudiskutieren. Das kann ich als jemand sagen, der zu DDR-Zeiten nicht Mitglied einer Partei war und der den Weg über Junge Gemeinde und Studentengemeinde gegangen ist und da wundert mich einiges, was ich hier in diesem Haus sehen muss.
Zum Thema Bannmeile: Es gibt Aspekte, die sprechen sehr für die Abschaffung, es gibt Aspekte, die haben zur Einführung geführt. Ich denke, man muss das miteinander oder gegeneinander sauber abwägen, um dann hinterher zu einer Lösung zu finden, die Bürgerrechte nicht einschränkt, aber auch die Arbeitsfähigkeit des Parlaments nicht einschränkt. Bürgerrechte allein hängen nicht nur von einer Bannmeile ab. Die Bürgernähe vor allem hängt ab von den Inhalten und, ich denke, nach der Art und Weise der Debatten, wie ich sie hier im Haus erlebt habe, können wir an den Inhalten gemeinsam noch sehr feilen, meine Damen und Herren.
Deswegen sagen auch wir, wir wollen sauber abwägen, sorgfältig abwägen und beantragen deswegen die Überweisung an den Innenausschuss. Und, Herr Adams, ich bewerbe mich ebenfalls um kurze, pragmatische Redelängen. Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich frage in die Runde: Gibt es weitere Wortmeldungen? Bitte schön, Herr Blechschmidt.
Frau Präsidentin, werter Kollege Fiedler, in aller Höflichkeit, weil Sie heute Geburtstag haben, in aller Sachlichkeit, weil ich Sie als Kollegen achte, aber prinzipiell politisch natürlich auch als Kontrahent noch mal hier vorn ein paar Worte und Klarstellungen.
Ich versuche eigentlich, meine Beiträge immer akustisch deutlich zu sprechen und intellektuell nachvollziehbar. Ich habe an keiner einzigen Stelle davon gesprochen, dass die SED die friedliche Revolution betrieben hat - im Gegenteil. Das habe ich nirgendwo gesagt. Wenn gewollt, Sie können gern in mein Manuskript einblicken und das Protokoll nachlesen. Im Gegenteil, wie gesagt.
Das Zweite: Ich habe nirgendwo von undemokratischen Prozessen in den letzten Jahren gesprochen, sondern von Mehrheitsentscheidungen, die im Haus hier getroffen worden sind, so wie sie getroffen worden sind. Und der rote Faden, den die LINKEN seit 1990 mit Blick auf die Bannmeile gezogen haben, den habe ich formuliert und auch nichts anderes.
Wir haben damals, als die Jürgen-Fuchs-Straße mit in die Bannmeile hineingezogen worden ist, deutlich artikuliert, wir gehen davon aus, wenn Jürgen Fuchs sich äußern könnte, wäre er dagegen gewesen. Wir haben unsere Adresse außerhalb der Bannmeile gelegt.
Demzufolge nehmen Sie bitte zur Kenntnis, unsere Adresse ist eine andere geworden. Auch hier hat sich die Zeit verändert und demzufolge gehe ich davon aus, dass wir mit Blick auf die Abschaffung der Bannmeile einer Meinung sind. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will in Ergänzung zu dem, was unser innenpolitischer Sprecher, der Abgeordnete Fiedler, gesagt hat, noch einige Worte anmerken. Ich will zuerst aufgreifen, dass wir als CDU-Fraktion selbstredend, was wir beantragt haben in dem Justizausschuss und auch im Innenausschuss, uns einer ausführlichen Debatte über die Bannmeile im Thüringer Landtag stellen werden und nach einem Diskussionsprozess das Für und Wider abwägen werden.
Aber ich will auch einmal wenige Punkte anmerken, bevor wir in die Diskussion in den Ausschüssen gehen, und da die Ausschüsse ja regelmäßig nicht öffentlich tagen, auch noch mal die öffentlichen Argumente vortragen, bevor wir dann wieder in einer zweiten Lesung hier im Parlament eine abschließende Entscheidung treffen. Es bleibt neben dem Argu
ment, das der Abgeordnete Fiedler genannt hat, dass wir auch einen Raum brauchen, dass wir auch Raum für unsere eigene Polizei, die wir gestern gemeinsam gelobt haben für ihre wichtige Arbeit, dass wir ein sicheres Bundesland sein können, dass die Bürger sich wohlfühlen und auch wissen, sie sind in Sicherheit, dass wir also auch Raum für unsere eigene Polizei schaffen müssen für den Fall, dass es nicht friedlich bei Demonstrationen zugeht, dass nicht die Arbeitsfähigkeit des Parlaments gewährleistet werden kann und dass möglicherweise wir dann nicht Zugang zu unserem eigenen freien Parlamentsgebäude bekommen. Dafür braucht es Raum und dafür muss man regeln, in welcher Form, mit Hausrechten, mit Bannmeilenrechten oder einer anderen Form, man diese Sicherheit für die Polizei schafft.
Ich will auch einen zweiten Punkt nennen und der ist für uns nicht ganz unwichtig. Sie kennen die Debatten, die geführt werden, wenn Nazis und braune Horden in Thüringen aufmarschieren. Ich will diese Frage stellen: Was passiert, wenn Nazis und braune Horden hier vorm Thüringer Landtag aufmarschieren? Wo bleibt dann der Ruf nach Sicherheit für dieses Parlament und Schutz für dieses Parlament, damit wir frei und ungestört auch debattieren, unser Mandat ausüben können? Wenn die ersten Nazis hier vor der Tür stehen und den Zugang zum Parlament versperren, da bin ich auf Sie gespannt, die dann sagen, wir brauchen Schutz, wir müssen ins Parlament hineinkommen.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Polizei ist doch trotzdem da und für uns gilt: Ge- sicht zeigen!)
Wir müssen in Ruhe über diese Parlamentsfrage nachdenken. Deswegen bitte ich, dass auch das Parlament Zeit hat zum Diskutieren, und deswegen, sehr geehrter Herr Adams, es gibt auch eine Geschäftsordnung in diesem Thüringer Landtag und dort heißt es: erste und zweite Lesung und regelmäßig auch Beratung in den Ausschüssen. Wir wollen diese ordentliche Ausführung der Geschäftsordnung auch nutzen. Es drängt uns keine Eile, einen ordentlichen demokratischen Diskussionsprozess zu führen.
Dass wir 1989 - nicht nur Sie, auch viele andere in diesem Haus - auf die Straße gegangen sind, war auch ein Zeichen dafür, dass wir Freiheit wollten, auch frei unsere Meinung sagen können und auch frei darüber debattieren können wollten. Deswegen gehört auch in einem freien Parlament dazu, dass man eine ausführliche Debatte führt. Diese freie De
batte muss auch bei der Bannmeile sein, selbst wenn viele in diesem Haus meinen, sie gehört einfach abgeschafft. Aber wir haben auch dafür Sorge zu tragen, dass es in diesem Freistaat Thüringen auch einen Rechtsrahmen gibt, der am Ende auch Sicherheit schafft, damit die Freiheit auch genutzt werden kann, und das werden wir in Ruhe tun.
Ich will noch einmal ein Wort zur Jürgen-FuchsStraße sagen. Sie wissen, dass es auf unseren Vorschlag zurückgeht, dass diese Straße vor dem Thüringer Landtag Jürgen-Fuchs-Straße heißt. Wir wollten diesen Bürgerrechtler, aus Thüringen kommend, in besonderer Weise ehren, weil er dafür eingestanden ist in einer Zeit, als man nicht frei seine Meinung sagen durfte, in einer Zeit, in der, wenn sich drei Mann auf der Straße getroffen haben, als zusammenrottende Leute verhaftet wurden und als Dissidenten in die Kerker gesperrt und von Stasi bespitzelt wurden, Jürgen Fuchs sich zu Wort gemeldet hat und für Freiheitsrechte eingestanden ist und er möglicherweise deshalb gestorben ist, weil die Drangsalierer und die Diktatur der alten Zeit sein Leben und möglicherweise seine Gesundheit stark beschädigt haben. Deswegen wollten wir Jürgen Fuchs hier ehren.
Aber es hat überhaupt nichts damit zu tun, dass der befriedete Raum um den Thüringer Landtag das, was Jürgen Fuchs wollte, einschränkt, sondern wir müssen auch sicherstellen, dass zu jeder Zeit auch das freie Parlament frei tagen und seine Meinung artikulieren kann. Das eine bedingt das andere. Deshalb wollen wir jetzt eine sachliche Debatte in den Ausschüssen führen, auch in Ruhe, auch mit Experten. Wir wollen eine gute Güterabwägung machen und dann zurück in das Parlament kommen. Ich appelliere an alle: Lasst uns dies gemeinsam tun, und bitte nicht so, dass die eine Fraktion von der anderen schon vorher zu einer abschließenden Meinung gezwungen werden kann. Vielen Dank.
Fragen noch einmal eingehen, die der Fraktionsvorsitzende Mohring hier gestellt hat. Er hat ja recht, Innenausschuss-Sitzung ist eine nicht öffentliche Sitzung und warum sollte man diese fachliche Diskussion nicht auch zum Teil hier führen. Das zeigt dann, Herr Mohring, dass Sie in dieser Frage Demonstrationsrecht, Versammlungsrecht doch nicht so richtig firm sind.
Ich habe vorhin ganz bewusst, ohne es näher auszuformulieren, den Begriff „Kooperationsgespräche“ hier in den Raum geworfen. Was sind denn Kooperationsgespräche? Das kann doch auch die zukünftige Arbeitsweise sein. Da sitzen dann diejenigen, die die Versammlung beantragt haben, die Ordnungsämter, Polizei und Hausherren zusammen und in diesen Gesprächen - und ich habe viele von diesen Gesprächen schon passiert, da komme ich zu Ihrem ersten Argument - spielen polizeitaktische Fragen immer eine wesentliche Rolle. Die Aufhebung der Bannmeile heißt doch nicht, dass diejenigen, die demonstrieren, sich immer genau bis 10 Zentimeter vor den Landtag stellen. Diese Kooperationsgespräche, die - ich will mal behaupten - zu Hunderten in Thüringen in Rathäusern und in Landratsämtern geführt worden sind, haben immer zu guten Ergebnissen geführt in Richtung Polizei, in Richtung Demonstranten, in Richtung auch der Gegendemonstranten und in Richtung der Verwaltung. Das funktioniert in Thüringen hervorragend.
Ich frage mich, warum man das infrage stellt, warum das hier funktionieren kann. Genau das Gleiche muss man zu dieser Problematik sagen, die man natürlich sehr ernst nehmen muss, Herr Mohring. Nazis, Nichtdemokraten vor den Parlamenten, die wollten doch auch in die Rathäuser und in die Landratsämter.