Protokoll der Sitzung vom 20.11.2009

Jetzt habe ich mich mit der FDP auseinandergesetzt, jetzt will ich mich auch eine Sekunde mit dem Antragsteller auseinandersetzen.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Wir bitten darum.)

Es gibt ein Nachhaltigkeitsprinzip und im Rahmen der Nachhaltigkeit geht es auch immer darum, eine hohe Recyclingquote zu haben. Im umweltpolitischen Bereich ist das gut, in der Politik ist eine hohe Recyclingquote nicht unbedingt ein Ausdruck von Qualität.

(Beifall SPD)

Und was Sie hier machen, ist nichts anderes, als dass Sie Anträge recyceln, die Sie in der letzten Legislaturperiode eingebracht haben.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Und die SPD.)

Wie gesagt, ich finde, im umweltpolitischen Bereich macht das Sinn, in der Politik macht das wenig Sinn. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen,

(Beifall SPD)

weil, wenn man wie Bodo Ramelow gestern - und ich unterstreiche diesen Satz -, wer mehr Politik wagen will, der muss auch mehr Politik können, und wenn man mehr Politik können will, muss man Realitäten zur Kenntnis nehmen. Und auch die Weltmacht, die Supermacht Linkspartei, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass es rechtliche Rahmenbedingungen gibt, die wir zur Kenntnis zu nehmen haben.

(Beifall CDU, SPD)

Das ist Verfassungsrecht, das ist Gemeinschaftsrecht, das ist Wettbewerbsrecht.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Auch das ist ein SPD-Antrag.)

Dazu komme ich gleich, Herr Kuschel.

Deswegen würde ich Sie bitten, doch mit uns ein Spiel nicht zu spielen, ein Spiel, das da lautet: Und dann bringen wir das, was wir gestern schon mal gesagt haben, wieder in den Landtag ein, um möglichst eines zu erreichen, die neue Landesregierung oder die Koalitionsfraktionen lehnen ab, um damit sagen zu können, das ist gar keine neue Politik. Das wollen Sie hier vorführen, damit zeigen Sie aber eines, das Thema ist Ihnen relativ egal. Ihnen geht es um einen Vorführeffekt und das nenne ich „Nichtpolitikfähigkeit“.

(Beifall CDU, SPD)

Deswegen lassen Sie mich eines klar sagen und das steht auch in unserem Koalitionsvertrag. Jetzt rufen Sie nicht wieder, das sei alles Ankündigung.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Na, das ist es doch.)

Warten Sie doch mal. Sie haben offensichtlich keine Erfahrung.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Doch.)

Nein. Eine Landesregierung ist nicht in der Lage, wenn sie zwei Wochen im Amt ist, sofort und unmittelbar einen Gesetzentwurf vorzulegen. Das müssten Sie eigentlich wissen. Wir werden daran arbeiten und es gilt das, was im Koalitionsvertrag steht. Dass wir ein Vergaberecht erarbeiten, das europarechtskonform ist und das sich an bestimmten Standards orientiert, und ich sage hier zu, im ersten Halbjahr 2010 wird hier im Landtag ein solches Vergabegesetz vorliegen, das wir dann miteinander beraten können.

(Beifall SPD)

Jetzt noch mal zurückkommend: Wenn man sich den Antrag anschaut, dann muss ich sagen, er hat viele Gesichtspunkte, die ich teile, aber er nimmt bestimmte Rechtsfragen nicht zur Kenntnis, nämlich zum Teil verfassungsrechtliche, zum Teil wettbewerbsrechtliche, zum Teil gemeinschaftsrechtliche. Das gilt insbesondere für den Bereich der Tariftreue. Da müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es inzwischen europäische Rechtsprechung gibt. Auch - ich will das gern noch mal wiederholen - die Weltmacht Linkspartei ist nicht in der Lage, europäische Gesetzgebung nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern wir haben Vorgaben, und zwar die Vorgaben der sogenannten Rüffert-Entscheidung sind klar: Öffentliche Auftragnehmer dürfen Aufträge nicht an Einhaltung örtlicher Tarifverträge koppeln. Bindung kann allenfalls gerechtfertigt werden bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen und staatlich festgesetz

ten Mindestlöhnen. Das sind die Voraussetzungen. Wenn Sie nun fordern, wir sollten einen Thüringer Mindestlohn machen - das fordern Sie, einen landeseigenen Mindestlohn -, so will ich an Folgendes erinnern: Das halte ich auch politisch, ordnungspolitisch und auch wirtschaftspolitisch für einen kompletten Irrweg. Ich will auch sagen, warum. Wer einen solchen Weg beschreitet, der beschreitet den Weg, dass wir zukünftig einen Standortwettbewerb haben um die möglichst niedrigen Löhne in Deutschland. Diesen Standortwettbewerb möchte ich nicht. Er wird im Übrigen dann zulasten der neuen Bundesländer gehen und das ist ein ökonomisch und sozialpolitisch völlig falscher Weg.

(Beifall CDU, SPD)

Ich verstehe ja, dass Sie mir schwer zuhören können. Es ist trotzdem die Wahrheit. Sie müssen sich an Wahrheiten gewöhnen. Es macht keinen Sinn, sich Dinge auszudenken, die sich schön auf Parteitagen anhören, die aber keine Sekunde, keine zehn Meter außerhalb des Parteitagsgeländes in der Realität zum Zuge kommen. Daran müssen Sie sich gewöhnen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Der Grundsatz gilt auch für die SPD.)

Deswegen eine klare Aussage: Wir werden einen solchen Gesetzentwurf machen; der wird im ersten Halbjahr vorliegen. Ich will ein paar Eckpunkte nennen: Wir wollen die Einhaltung der nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz zu zahlenden Entgelte durchsetzen. Wir werden dort die Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit und auch die ILO-Kernarbeitsnormen aufnehmen. Wir werden für umweltverträgliche Beschaffung Vorschläge machen. Wir wollen eine mittelstandsfreundliche Losteilung. Wir wollen eine Kontrolle über den Nachunternehmereinsatz. Wir wollen eine Überprüfung unangemessen niedriger Angebote und wir wollen Sanktionen bei Verstößen. Das halte ich auch für gerechtfertigt. Ich will es an einem Beispiel sagen, etwa beim Thema umweltverträgliche Beschaffung. Ich finde, wir müssen damit beginnen, auch über die Grenzen und die Fehler kameralistischer Finanzpolitik zu reden, weil die Kameralistik Investitionen davon abhängig macht, wie im Jahr der Investition das billigste Angebot ist. Wenn ich aber über Investitionsgüter entscheide, die 20, 30 Jahre z.B. bei Häusern genutzt werden, dann nützt mir diese Betrachtung wenig. Dort brauche ich Lebenszyklusbetrachtung, die z.B. Energieeinsatz berücksichtigt. Dann komme ich in der Konsequenz zu einer anderen Wirtschaftlichkeitsberechnung und ich komme auch in der Konsequenz dazu, dass die Investition, die am Anfang vielleicht die teurere ist, über 20, 30 Jahre, wenn ich etwa Energiekosten berücksichtige, die kostengünstigere ist, und deswegen müssen wir solche

Standards auch aufnehmen.

(Beifall SPD)

Das werden wir tun. Dafür stehe ich, dafür steht diese Koalitionsfraktion. Deswegen finde ich es auch richtig, dass wir in den Ausschüssen beraten und nach einem suchen - nach einer guten Lösung. Es gibt auch bürokratische Monster in bestimmten Gesetzen, da stimme ich den Kollegen der Fraktion der FDP ausdrücklich zu. Die müssen wir auch identifizieren. Ich halte nichts davon, ein Mikromanagement so weit zu treiben, dass in der Tat Unternehmen damit überfordert sind. Aber ich glaube, man kann Entscheidungen auch anders machen. Man kann Vergabeentscheidungen so machen, dass sie Standards genügen und trotzdem unbürokratisch sind.

Zum Schluss möchte ich noch mal den Fraktionsvorsitzenden der CDU ansprechen, der gestern in einem bemerkenswerten Beitrag folgenden Satz gesagt hat. Er hat vom roten Füllfederhalter und der schwarzen Tinte gesprochen. Das ist ein schönes Bild. Ich sage, am Ende ist es gut, wenn man einen roten Füllfederhalter hat und schwarze Tinte, aber entscheidend ist - wer führt den Füllfederhalter. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt weitere Redeanmeldungen, für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Barth.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister, ich will gar nicht inhaltlich jetzt über das, was Sie gesagt haben, reden. Ich möchte nur Sie an einer Stelle um Mäßigung bitten. Sie nehmen für die Landesregierung in Anspruch, dass Sie erst seit zwei Wochen im Amt sind und noch keine Gesetzentwürfe vorlegen können, das ist alles völlig in Ordnung und akzeptiert. Wenn es aber hier einen Kollegen gibt, der aus 18 Jahren Berufserfahrung berichtet, dann ist es nicht Aufgabe eines Mitglieds der Landesregierung und es steht Ihnen auch nicht zu, das in irgendeiner Weise intellektuell zu diskreditieren. Das verbitte ich mir, das ist nicht der Stil, mit dem wir hier miteinander umgehen sollten. Wir können in der Sache immer streiten, aber persönlich sollten wir ein gewisses Mindestmaß an Formen wahren. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Jetzt hat sich für die Landesregierung Minister Machnig noch einmal gemeldet. Daran müssen Sie sich gewöhnen, dass ich die Frau über diesen Geschäftsbereich bin.

(Beifall DIE LINKE)

Es gab zwar weitere Redemeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Die Landesregierung hat natürlich jederzeit das Recht, sich sofort zu Wort zu melden. Sie könnten sich also jetzt entscheiden, sofort an das Mikrofon zu gehen, dann würde ich Sie aufrufen, Herr Minister, und dann rufe ich die weiteren Abgeordneten auf.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich will darauf unmittelbar antworten. Ich finde, es gehört auch ein bisschen dazu, die Arbeit der Zuspitzung zu betreiben. Ich meine das auch nicht persönlich, auch nicht auf den Kollegen bezogen. Aber man muss auch mal sagen können, wenn man bestimmte Dinge nicht mitträgt. Wenn man sie nicht mitträgt, ich finde, dann gehört das auch dazu - das haben Sie ja auch getan. Ich habe Ihrer Rede gestern sehr genau zugehört. Bei allem Respekt, ich musste dann auch mal raus zum Telefonieren. Es tut mir leid. Ich gebe mir Mühe zuzuhören, weil ich das sehr ernst nehme, auch Argumente, die hier vorgetragen werden. Ich habe Sie nicht kennengelernt als jemanden, der ein Blatt vor den Mund nimmt. Ich habe Sie nicht kennengelernt, der nicht auch zuspitzt. Deswegen meine Bitte, ich gehöre auch zu der Fraktion offener Aussprache. Ich glaube, im Parlament tut ein Debattenstil gut, wo wir auch offen, ehrlich und auch kontrovers miteinander diskutieren.

(Beifall SPD)

Ich habe den Kollegen nicht angreifen wollen, sondern ich wollte es mal auf den Punkt bringen und wollte ein bisschen zuspitzen, mehr war es nicht. Ich denke, wir sollten offen und auch kontrovers miteinander hier im Parlament diskutieren.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Hausold noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, also Herr Minister Machnig, auch wenn ich dafür bin, dass wir politisch miteinander debattieren auch mit entsprechendem Einsatz natürlich, das gehört zum Parlamentarismus, aber so ganz - nehmen Sie mir es nicht übel - verstehe ich Ihre Aufregung an einigen Punkten hier überhaupt nicht. Ich meine, ich hatte in meinem Beitrag für meine Begriffe deutlich gemacht, dass ich einige Hoffnungen durchaus auch an diese Koalitionsregierung, an der Ihre Partei beteiligt ist, hege. Ich muss mal sagen, Sie haben natürlich meine Hoffnung durchaus wieder ein bisschen ins Wanken gebracht. Das müssten Sie noch einmal besprechen. Da muss ich Ihnen einmal sagen, selbstverständlich gestehe ich Ihrer Regierung zu, dass Sie sich ein bisschen finden müssen und wenn ich so in manche Richtungen sehe, stelle ich mir auch immer wieder vor, dass das Finden noch ziemlich schwierig ist, ja, wir bemerken das auch hier im Hause.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist ja okay. Aber eins funktioniert nicht, also das Parlament kann nicht so lange warten,

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Das habe ich auch nicht gesagt.)

bis diese Regierung und Sie als Minister vielleicht in der Lage sind, Anträge aus den Reihen des Hauses und Gesetzentwürfe zu beraten. Da müssen Sie mal über demokratische und parlamentarische Praxis etwas nachdenken an der Stelle.

Dann will ich auch noch zu Ihrem ganz saloppen Hinweis auf Recycelbarkeit kommen. Wissen Sie, Herr Minister Machnig, uns ist klar, übrigens auch aus Debatten dieses Hauses, auch mit den Kolleginnen und Kollegen Ihrer vergangenen Fraktion in der zurückliegenden Legislaturperiode, dass die Frage einer Mindestlohnregelung auf Landesebene nicht unkompliziert ist. So weit stimmen wir überein. Gerade das verstehe ich auch darunter, dass wir über diese zentrale Frage miteinander in den Ausschüssen debattieren müssen; da geht es uns überhaupt nicht darum, also einzig und allein bei den Sätzen stehenzubleiben, die wir in den Gesetzentwurf eingebracht haben bei Zahlenwerten und -größen, aber debattieren müssen wir nun schon einmal darüber.

Was jetzt Recyceln betrifft, ich habe das vorhin nur angedeutet, aber dann kann ich Ihnen an der Stelle eines nicht ersparen, da möchte ich noch einmal auf unseren jetzigen - Christoph Matschie kommt aufs Stichwort, das ist auch gut - Kultusminister und Vor