Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

Das haben wir gerade eben gehört. Ich denke, damit besteht ein großes öffentliches Interesse und es sollte in öffentlicher Runde über alle hier aufgeworfenen Fragen diskutiert werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Noch eines, weil wir heute auch über diesen Plan N gesprochen haben, der sich klar für den Ausbau der Netze ausspreche. Die Frage ist immer, was ich unter Ausbau der Netze verstehe. In dem Plan N ist aufgezeigt, dass Ausbau der Netze eben auch sein kann, dass man neue Technologien zum Einsatz bringt. Da stehen unter anderem diese Hochtemperaturseile drin. Ich denke, das wäre eine Variante, die kostengünstiger wäre und keinen Eingriff in Natur und Landschaft bedeutet. Deshalb sage ich: Warum versuchen wir nicht, diesen Weg zu beschreiten? Und noch eins: Auch im Planfeststellungsverfahren hat man, bevor man einen Neubau favorisiert, alle Optimierungsmöglichkeiten zu überprüfen. Ich habe mir die Unterlagen ganz genau an

(Abg. Adams)

geschaut, weil ich mich damit schon seit Jahren sehr intensiv beschäftige. Diese Varianten der Optimierung sind im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden. Da sage ich schon, wir bleiben dabei, diese 380-kV-Leitung durch Thüringen nach Bayern ist nicht notwendig.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen seitens der Regierung. Ich schließe damit den zweiten Teil der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Zusammenarbeit der Landesregierung mit den Akteuren der Thüringer Wirtschaft“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/2522

Als Erstem erteile ich Abgeordneten Thomas Kemmerich von der Fraktion der FDP das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, es kommt noch keine Pause, es geht weiter.

(Zuruf Machnig, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Ich habe sowieso eine bes- sere Kondition als Sie, Herr Kemmerich.)

Das werden wir noch sehen.

(Heiterkeit FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, der Leiter des Wirtschaftsministeriums in Thüringen hat, zu den Kammern gewandt, gesagt, ihr seid nicht die Wirtschaft. Kammern sind - ich will es noch mal in das Gedächtnis rufen - der Zusammenschluss aller in Thüringen aktiven Unternehmen, teilweise in Handwerkskammern oder in IHKen unterteilt, davon haben wir jeweils drei. Sie sind der Verband der Wirtschaft und anderer Institutionen, die auf demokratische Art und Weise legitimiert sind, Sprachrohr eben dieser Wirtschaft in Thüringen zu sein. Natürlich haben diese Leute das nicht auf sich sitzen lassen und mit diversen, auch öffentlich gemachten Bekundungen ihr Unwohlsein und ihre Betroffenheit zum Ausdruck gebracht. Die IKHen und der VWT haben unter anderem gesagt, dass sie es unterlassen, im Vorfeld Diskussionen mit uns zu führen, ist unverständlich und bedauerlich. Es ist kein offener

und ehrlicher Umgang miteinander, wie wir ihn erwarten und wie er auch zwischen einem Wirtschaftsministerium und Kammern sowie Verbänden eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Ein Brief vom Hauptgeschäftsführer der IHK Erfurt an Ihren Bruder im Geiste, Herrn Schild, Sie werden mir beipflichten, dass öffentliche Diskussionen über das Für und Wider wirtschaftsfördernder Maßnahmen wenig sinnvoll erscheinen, wenn Sie bereits vollendete Tatsachen geschaffen haben.

Vorwurf an Ihre eben schon zitierte GRW-Richtlinie: Hier sind Kriterien geschaffen worden, wie z.B. Produktzertifikate, Ökodesignrichtlinien gibt es nicht. Sie machen Förderprogramme an Richtlinien fest, die nicht existieren. Das ist unredlich und auch nicht erfüllbar.

(Beifall FDP)

Sie fordern Zertifizierung nach EMAS und ISO 14001. 42 Unternehmen in Thüringen haben diese Normen bis jetzt erfüllt von 100.000 Thüringer Unternehmen. Wie wollen diese 999.956 diese Entscheidung, diese Förderrichtlinie erfüllen? Sie behindern den Thüringer Mittelstand.

(Beifall FDP)

Das Cluster Polymerat sagt, die für viel Geld entwickelte Trendatlas-Analyse hat auch dieser Verband bereits erstellt. Allerdings bei den Umsetzungen schaffen Sie, wollen Sie wieder Doppelstrukturen schaffen, teure Instrumente, die keinem nützen und Sie verletzten den Grundsatz der Subsidiarität.

(Beifall FDP)

Herr Bauhaus, Präsident der IHK zu Erfurt, hat auch noch mal gesagt, Vor diesem Hintergrund sei es fragwürdig, wenn ein Wirtschaftsminister in landeseigene Gesellschaften neue Betätigungsfelder mit zusätzlichem Personal schaffe, obwohl die private Wirtschaft vergleichbare Leistungen bereithält. Herr Grafe, Vizepräsident der IHK, hat Ihnen vorgeworfen, Sie vergiften die Atmosphäre. Nicht zuletzt hat heute Frau Zimmermann, Landesvorsitzende des VdU, nochmals angeprangert, dass das in das Abseitsstellen der Zeitarbeit nicht dienlich ist. Wir haben ausgeführt, die Atmungsfähigkeit der Wirtschaft ist durch Zeitarbeit bevorzugt, aber auf diese Kritik gehen Sie nicht ein. Ganz im Gegenteil, heute haben Sie sich - oh, Wunder, ich kann mich nicht erinnern, dass wir als Land Thüringen dahinterstehen - gemeinsam mit der IG Metall und dem Land Thüringen - ich weiß nicht, ob das Haus diesen Beschluss gefasst hat - für die Ächtung der Zeitarbeit ausgesprochen und waren sodann heute früh in Frankfurt.

Meine Damen und Herren, ein Minister für die Thüringer Wirtschaft handelt anders. Wenn Sie Ihr Amt hier profilsüchtig und profilsuchend dazu einsetzen, andere Tatbestände über Thüringen hinaus zu ver

(Abg. Enders)

wirklichen, so müssen wir das wirklich hier in Ächtung stellen und können das nicht akzeptieren.

(Beifall FDP)

Herr Machnig, wann haben Sie denn zuletzt über die Region hinaus bekannte Verbände in Thüringen vorgestellt, die Investitionsfähigkeit für Thüringen betont? Wann haben Sie denn etwas für Thüringen gemacht?

Frau Lieberknecht ist nicht da, aber auch die anderen Mitglieder der Regierung und natürlich auch der Regierungsfraktionen müssen sich die Frage gefallen lassen: Welche Signale werden denn von der Landespolitik im Bereich Wirtschaftspolitik ausgesandt? Welche Aussagen gehen an die möglichen Investoren, die Arbeitsplätze schaffen wollen, die dafür Sorge tragen wollen, dass die Leute in Thüringen bleiben? Welche Signale senden Sie? Sind es Signale, dass Thüringen investitionsfreundlich ist, hier zu investieren? Sind das Signale, die man aussendet durch ein Vergabegesetz, was seinesgleichen sucht in der Republik? Sind das Signale, die durch diese Richtlinie ausgesendet werden? Oder sind es eben Signale, dass Thüringen ein Experimentierfeld für eine marktskeptische Industriepolitik der 70er-Jahre ist mit instabilen und spontan sich ändernden Rahmenbedingungen.

Frau Lieberknecht, ich würde Sie gern fragen, ob denn der Investor lieber das Gespräch mit Ihnen sucht oder mit Herrn Tillich in Sachsen? Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke schön. Als Nächster spricht für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneter Dieter Hausold.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kemmerich, Marktskepsis - eine Politik, die Marktskepsis erkennen lässt, die kann ich zwar bei unserem Wirtschaftsminister in Thüringen nicht erkennen, aber da muss ich Ihnen einmal sagen, die Stichworte sind immer wieder dieselben bei Ihnen, die Ihr Verständnis von Wirtschaftspolitik deutlich machen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir haben wenigstens Verständnis.)

Haben Sie schon vergessen, dass wir eine Zeit hinter uns haben, in der uns unter dem Motto „Alles regelt der Markt und die freie Finanzwirtschaft“ diese Politik in die größte Wirtschaftskrise geführt hat, die wir in den vergangenen Jahrzehnten hatten? Haben Sie nicht bemerkt, Sie reden jetzt wieder darüber und freuen sich - ich mich auch - wir haben

Aufschwung. An dem Aufschwung haben Sie allerdings nichts...

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Die größten haben Sie hinterlassen.)

Nein, da irren Sie sich gewaltig, Herr Heym, aber das ist jetzt nicht das Thema.

Ich will darauf hinaus, diese Formulierung des Kollegen von der FDP macht ja klar, worum es in dem Antrag eigentlich geht.

Ich will zweitens sagen: Ich bin Zeiten gewöhnt, in denen von Herrn Wirtschaftsminister ehemals Reinholz und den Thüringer Kammern unisono in allen, aber auch allen Fragen buchstabengetreu die gleichen Mitteilungen verkündet wurden. Da muss ich Ihnen sagen, die, die am allermeisten verkündet wurden, immer in wortgleicher Übereinstimmung wie auch vom Ministerpräsidenten damals, Herrn Althaus, selbst. Das war: „Billiglohn ist ein Markenzeichen und ein guter Standortfaktor für Thüringen.“ Wohin uns diese Politik geführt hat, haben wir dann in den folgenden Jahren gesehen. Ich bin weit entfernt, in allen Punkten mit Herrn Machnig einer Meinung zu sein. Aber ausgerechnet, Herr Kemmerich, dem Minister hier vorzuwerfen, was haben Sie denn überhaupt gemacht, der von Regierungsseite in diesem Land das Thema dieser niedrigen Löhne in Thüringen überhaupt wieder einmal zur Regierungssache gemacht hat, das finde ich so etwas von daneben und das kritisiere ich ganz entschieden.

(Beifall SPD, DIE LINKE)

Ich will einmal Folgendes sagen, wenn es jetzt kritische Bemerkungen und Vorwürfe in dem einen oder anderen zwischen Kammern und dem Ministerium oder dem Minister gibt, natürlich, wenn es um Zusammenarbeit geht, dann geht es auch um gegenseitiges miteinander Debattieren, dann geht es auch um Kompromisse gegebenenfalls in bestimmten Positionen. Aber gerade bei dem Aufhänger für diesen Antrag ist nun mittlerweile so etwas von klar, dass wir auch im Zusammenhang mit Leiharbeit und den damit verbundenen minderen Löhnen als eine Zukunftsfrage für Thüringen eine grundlegende Veränderung brauchen. Da muss ich sagen, es ist lange genug in diesem Land öffentlich auch mit den Kammern in diesem Land debattiert worden, dass wir hier Veränderungen brauchen. Hinter verschlossenen Türen gab es oft sogar zumindest so eine halbe Zustimmung zu diesen Fragen. Dann muss ich mich schon - und die Frage stelle ich natürlich auch den Kammern an dieser Stelle - fragen, warum dann jetzt, wo an einem einzelnen Punkt, aber gut durchdacht aus meiner Sicht, auch einmal gehandelt wird, sofort wieder die ganze alte Mär aufgemacht wird - das ist schädlich für die Wirtschaft in Thüringen, das wird sozusagen unserem Land schaden - und das noch zur gleichen Zeit, wo

(Abg. Kemmerich)

alle unisono und ohne Differenz sagen, wir haben ein riesiges Fachkräfteproblem in den nächsten Jahren, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Die Zahlen sind heute schon in anderen Zusammenhängen genannt worden, ich will sie hier an der Stelle nicht wiederholen. Aber wir brauchen deshalb unbedingt eine Begrenzung von Leiharbeit, ein Zurückführen von Leiharbeit auf ihre ursprüngliche Funktion, nicht als Dauerzustand und gerade dann, wenn wir überall von Aufschwung reden und das konstatieren, muss das doch möglich sein.

Im Übrigen hat kürzlich das Bundesarbeitsgericht auch festgestellt, dass bei Leiharbeit künftig gleicher Lohn für gleiche Arbeit zur Pflicht werden soll. Vordergründig entschied das Bundesarbeitsgericht zwar hier nur über Formalien, aber in der Konsequenz geht es um Gerechtigkeit, eben nicht um Gleichmacherei in der Endkonsequenz. Wenn man es zu Ende denkt, steht das Urteil für eine wirtschaftliche Attraktivität und damit für die Beendigung des Status des Niedriglohns und eines wirksamen Gegensteuerns in dieser Hinsicht gerade auch gegen den Fachkräftemangel.

Deshalb will ich es noch mal deutlich sagen: Wirtschaftspolitisches Verständnis braucht das Verständnis für eine gute angepasste Lohnpolitik, die nicht nur Fachpotenzial hier in Form von guter Arbeit an sich ermöglicht, sondern die auch über Löhne aus dieser Arbeit ermöglicht, dass Menschen und Familien in diesem Land eine Zukunft haben und deshalb hierbleiben können, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)