Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

(Beifall FDP)

Jetzt der Öffentlichkeit zu suggerieren, unsere Unternehmen stützen ihren Erfolg auf die Ausbeutung der Leiharbeiter und wir müssten jetzt als Landesregierung diesen Sumpf trockenlegen, ist ein verheerendes Signal über die Landesgrenzen hinaus. Das Image unserer Wirtschaft hat Schaden genommen und das konnte man gestern in der FAZ auch gut lesen.

(Beifall FDP)

Es verwundert nicht, Herr Minister, dass Sie es geschafft haben, dass die Kammern nicht mal mehr einen Sinn darin sehen, in die Gremien - ich meine insbesondere den Wirtschafts- und Innovationsrat zu kommen, wenn Sie mit ihren Anregungen und Vorschlägen ins Leere laufen

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Es gibt keine, Herrn Heym.)

und nur für vorgefertigte Meinungen mit verhaftet werden sollen. Die Information, die ich habe, Herr Minister, war die, dass Sie sehr wohl im Vorfeld die Kammern und Verbände angeschrieben haben, haben auch ihre Vorstellungen abgefragt. Die haben in ihre Mitgliederschaft hinein mit großem Aufwand Meinungen eingesammelt, haben die Ihnen auch zugesteuert.

(Zwischenruf Minister Machnig: Zu welchen Thema?)

Unter anderem zu diesem Thema, wie Förderpolitik in Zukunft aussehen sollte. Davon ist aber nichts umgesetzt worden.

(Beifall FDP)

Ich kann Ihnen für meine Fraktion sagen, dass wir in dem Instrument „Zeitarbeit“ ein gutes Instrument sehen, um in den Betrieben flexibel auf die anziehende Konjunktur reagieren zu können und die Leute - und das haben wir auch schon im Januar hier gesagt und sagen es immer wieder deutlich -,

die in Zeitarbeit beschäftigt sind, genauso bezahlt werden sollen wie ihre fest angestellten Kollegen, die die gleiche Arbeit machen.

(Beifall CDU)

Ich kann mir auch nicht vorstellen vor dem Hintergrund des Arbeitsmarkts, dass unsere Betriebe nicht gut genug wüssten, dass sie gut beraten sind, sich um gutes Personal zu kümmern.

(Beifall CDU)

Das werden sie mittel-, kurz- und langfristig nur über vernünftige Löhne auch umsetzen können.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Ein Irrglaube!)

Bemerkenswert ist eben auch die Tatsache - Herr Kollege Lemb hat da jetzt einige Zahlen vorgetragen -, dass wir bis heute nicht wissen, wer denn überhaupt von dieser Regelung betroffen ist, wie viele schwarze Schafe es in der Thüringer Wirtschaft gibt,

(Beifall FDP)

die Sie identifiziert haben und die Sie da zum Handeln getrieben haben. Wenn es diese Zahlen gibt, dann kann man die sicherlich auch mit Namen und Hausnummer belegen. Die reine statistische Zahl, wie viele Zeitarbeiter und wie viel Entwicklung sie in den letzten Monaten haben, ist noch kein Indiz dafür, dass diese Leute so ungemein schlechter behandelt werden als ihre fest angestellten Kollegen.

(Beifall FDP)

Aber die Frage könnten wir eigentlich auch im Ausschuss noch einmal tiefer diskutieren.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Letzter Satz: Wir fordern Sie auf, Herr Minister, gehen Sie auf die Kammern und Verbände zu. Wir erwarten auch, dass Sie noch einmal Ihre Absicht überdenken, die Unterstützung der verschiedenen Cluster - Kollege Kemmerich hatte das angesprochen - zu zentralisieren. Unsere Wirtschaft braucht wirkliche Unterstützung und keine staatlich dirigistische Wirtschaftslenkung.

(Beifall CDU)

Wo das hinführt, das haben wir alle schon einmal erlebt. Seien Sie das, was in Ihrem Namen steht, der Minister der Wirtschaft.

Herr Abgeordneter Heym, ein Satz hat eigentlich kürzere Ausdehnungen.

(Abg. Heym)

Ja, Frau Präsidentin, ich bin wirklich bei meinem letzten Satz, Sie werden es erleben. Seien Sie bei Ihrem wirklich unbestrittenen Drehen für die Wirtschaft nicht von so einer gewerkschaftlichen Unwucht geprägt, das haben wir nicht nötig.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Recknagel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, ich glaube, ich habe es an dieser Stelle schon mal gesagt. Unser Dank gebührt dem Bundeskanzler Schröder. In der rot-grünen Bundesregierung hat er nämlich dafür gesorgt, dass die Zeitarbeit liberalisiert wurde. Das hat immense, unschätzbare Vorteile für den deutschen Arbeitsmarkt. Wir haben heute Rekordwerte an Beschäftigung. Und, Herr Wirtschaftsminister, das Format von diesem Bundeskanzler Schröder haben Sie bei Weitem nicht. Sie diffamieren hier dieses nützliche Werk. Ich möchte mich ausdrücklich dem anschließen, was Herr Adams eben gesagt hat.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was die GRÜNEN sagen.)

Es wird immer wieder davon gesprochen, es gäbe diesen Drehtüreffekt. Dazu gibt es eine Initiative der schwarz-gelben Bundesregierung, das zu unterbinden. Tatsächlich ist die Zeitarbeit aber diejenige Möglichkeit, gerade nach einer Rezession dynamisches Wachstum darzustellen, schnell wieder Beschäftigung aufzubauen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass nach Schwächephasen, nach Rezessionen es sehr lange gedauert hat, bis wieder Beschäftigung aufgebaut wurde. Wir haben immer einen wachsenden Bodensatz an Arbeitslosigkeit zurückbehalten. Diesmal ist es anders, unter anderem und hauptsächlich deswegen, weil die Zeitarbeit liberalisiert wurde. Nun gehen Sie hin, ohne Absprache, auch ohne Ankündigung und für die Thüringer Unternehmen völlig unplanbar, und entziehen im Wettbewerb, auch im Standortwettbewerb, den Thüringer Unternehmen die Investitionshilfe, die Sie nur noch Ihren Lieblingen zukommen lassen wollen. Sie entziehen diese Investitionsunterstützung insbesondere denjenigen, die gerade dynamisch wachsen. Herr Adams hat es eben dargestellt.

Wer eine bestimmte Zahl - Sie nannten, glaube ich, 50 Mitarbeiter - an Festbeschäftigten heute hat, einen großen Auftrag an Land zieht, dafür dynamisch wachsen muss und möchte, sich mit Zeitarbeit versorgt, weil er nicht weiß, ob er einen An

schlussauftrag später noch mal bekommt, Investitionen durchführen möchte, Investitionen in Maschinen, in Gebäude, der bekommt von Ihnen gerade keine Förderung mehr, und das ist unsäglich.

(Beifall FDP)

Herr Minister, Sie fügen der Thüringer Wirtschaft Schaden zu. Sie sind ein Risiko für die Chancen Thüringens und das kann so nicht weitergehen.

Herr Heym, es ist ganz interessant, was Sie eben gesagt haben. Das spricht doch dafür, dass diese wirtschaftspolitischen Kernentscheidungen, die dieser Wirtschaftsminister trifft, in der Koalition mindestens nicht abgesprochen, möglicherweise hinter dem Rücken der Agierenden durchgeführt werden. Diese Koalition ist nicht nur auf dem absteigenden Ast, diese Koalition scheint eine Gefahr zu sein für Thüringens Wirtschaft.

(Beifall FDP)

Kehren Sie um, nehmen Sie diese unsägliche Regelung zurück und kommen Sie zu dem zurück, was ein Bundeskanzler Schröder einmal für gut und für richtig durchgesetzt hat. Kehren Sie zu dem zurück, dass wir Zeitarbeit wieder als Chance begreifen, insbesondere für diejenigen, die es am Dringendsten brauchen, nämlich für die Geringqualifizierten in Thüringen. Hören Sie auf damit, ständig und ununterbrochen der Thüringer Wirtschaft vor das Schienbein zu treten und sie nur in Alibiveranstaltungen zu verschleißen, um anschließend sagen zu können: Wir haben ja mit allen gesprochen. Die Zustimmung der Thüringer Wirtschaft haben Sie nicht mehr.

(Beifall FDP)

Für die Landesregierung hat sich Minister Machnig zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon interessant, wenn man von einem untergehenden Schiff angegriffen wird, das untergehende Schiff, das niemals in die Verlegenheit kommen wird, hier in Thüringen Verantwortung zu übernehmen oder an anderer Stelle.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Warum sind Sie eigentlich in Thüringen Wirtschaftsminis- ter geworden?)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen nehme ich das gerne zur Kenntnis. Ich würde gerne ein paar Bemerkungen dazu machen, worum es eigentlich geht bei den Themen. Dabei geht es nicht um irgendeine formale Diskussion,

sondern ich will mal zitieren den CDU-Landtagsabgeordneten Gustav Bergemann, seines Zeichens Vorsitzender der CDA hier in Thüringen, der folgenden Satz gesagt hat: „Wir als CDA wollen bessere Einkommen für die Betroffenen ermöglichen und die strukturellen Verwerfungen des Arbeitsmarktes beseitigen.“ In dem Kontext taucht auch das Thema Leiharbeit auf. Wir müssen in Deutschland mal zur Kenntnis nehmen, wir haben höchste Beschäftigungsstände von 40 Millionen und mehr, aber das Niveau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse bewegt sich im Jahr 2010 oder 2011 auf dem Niveau des Jahres 2000. Das ist die Realität. Wir haben nämlich keinen Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Was wir an Zunahme haben sind Ein-EuroJobs, 400-Euro-Jobs und andere unterschiedliche Formen von prekärer Beschäftigung. Das ist die Realität, nachzulesen, wenn man es nicht glaubt, bei der Bundesanstalt für Arbeit. Das heißt, das, was wir an Beschäftigungsaufwuchs in bestimmten Teilen feiern, sind keine regulären, keine Good Jobs. Das ist die Wahrheit und darüber müssen wir in Deutschland reden, weil - jetzt komme ich zum Thema Leiharbeit - wir natürlich durch bestimmte Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt auch indirekte Effekte konstruiert haben. Was ist ein indirekter Effekt dieser ganzen Maßnahmen? - dass der Lohn in den letzten Jahren in Deutschland rückläufig war. Wir haben minus 4,5 Prozent Lohnentwicklung in den letzten fünf Jahren als einziges Land in Europa. Sprechen Sie mal mit Unternehmern oder mit Arbeitnehmern in Zeitarbeitsfirmen. Die sagen, hier herrscht eine Kultur der Angst, hier herrscht eine Kultur, dass wir unsere Interessen nicht durchsetzen können und hier herrscht eine Kultur des Lohndumpings, weil dort für die gleiche Tätigkeit 40 bis 60 Prozent weniger gezahlt wird als in normalen Beschäftigungsverhältnissen für die gleiche Tätigkeit. Was ist das besondere Kennzeichen der Leiharbeit in Thüringen? Die Leiharbeit in Thüringen ist jung, das sind sehr viele junge Männer, und wir haben eine Zunahme innerhalb von einem Jahr auf das andere um 46,8 Prozent, das ist bundesweit Spitze. Jetzt geht es um die Frage, wie setzen wir nur darum geht es mir - das Instrument der Leiharbeit sinnvoll ein und wie begrenzen wir dieses Instrument. Ich will Ihnen einmal vorlesen, was mir Randstad geschrieben hat, bekanntermaßen ein Leiharbeitsunternehmen. Die schreiben: „Sie haben in mir einen aktiven Mitstreiter, wenn es darum geht, den Missbrauch der Zeitarbeit zu verhindern.“ Das schreibt Randstad, ein Unternehmen, das Zeitarbeit macht, räumt ein, dass es viele Fälle von Missbrauch gibt.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: „Viele“ war aber nicht dabei.)

Doch, da waren viele Fälle dabei, weil heute jeder eine Zeitarbeitsfirma aufmachen darf, er braucht

noch nicht einmal einen Qualitätssiegel dafür. Damit wird Schindluder getrieben in Deutschland in erheblichem Umfang. Vor diesem Hintergrund wollen wir Zeitarbeit auf das zurückführen, worum es eigentlich geht, nämlich Auftragsspitzen abzufedern. Das steht jetzt in der Richtlinie. Wenn man eine Erweiterungsinvestition mit nur 10 Prozent Leiharbeit macht und - um bei Ihrem Beispiel zu bleiben - eine Investition in der Größenordnung macht man innerhalb von vier Wochen. Da braucht man zum Teil auch Kapazitätserweiterung, denn wenn man die nicht bräuchte, dann bräuchte man keine Investitionsförderung von mir, weil dann die Kapazitäten vorhanden wären. Man bräuchte nur zusätzliches Personal einzustellen, daran kann ich den Unternehmer nicht hindern, dazu braucht er aber keine Förderung in einem solchen Beispiel. Ach, Sie haben noch nicht einmal eine Firma von innen gesehen, mein Lieber, das ist doch Ihr Problem.

(Heiterkeit FDP)