Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

(Abg. Dr. Pidde)

Steigerung der Teilnahme möglich, sondern geht schwierig einher mit einer wirksamen Suchtprophylaxe. Das ist der Punkt, warum es geboten ist, das Gerichtsurteil entsprechend umzusetzen. Wagen wir einmal den Blick über den Tellerrand hinaus: In Großbritannien mit einem liberalisierten Markt im Bereich des Glückspiels gibt es prozentual gesehen - ich sagte Ihnen am Anfang die Zahl für die Bundesrepublik - vier- bis fünfmal so viele Spielsüchtige wie in der Bundesrepublik, das heißt die vierfache Zahl der Spielsüchtigen, wie wir sie in der Bundesrepublik haben nach Liberalisierung des Marktes. Eine Ausweitung des Angebots hat nach allgemeiner Erfahrung also immer auch einen Anstieg der Süchtigenzahlen zur Folge. Das ist ein wichtiger Punkt in dieser Debatte, der gehört noch einmal unterstrichen; die sozialpolitischen Folgen einer Liberalisierung in diesem Bereich kann man nicht einfach so hinnehmen, die muss man vorher deutlich in den Mittelpunkt der Debatte stellen. Das kann im Übrigen jetzt schon in der Bundesrepublik beobachtet werden, und zwar im Zusammenhang mit Spielautomaten. Dort haben übrigens auch andere Länder bereits Erfahrungen gesammelt. Ich nenne Australien, Großbritannien und wieder die USA, wo deutlich wurde, dass bei einer Liberalisierung die Suchtzahl entsprechend gestiegen ist und die noch mal deutlich macht, was das für uns heißen würde. Die European Gaming and Betting Association hat geschätzt, dass bei einer Liberalisierung des Sportwettenmarktes in der Bundesrepublik rund 10.000 Wettbüros entstehen würden. Diese Zahl, zusätzliche 10.000 Wettbüros, würde sogar noch die Zahl der momentan existierenden Spielhallen übersteigen und daher wohl nicht nur zu einem weiteren sozialen, sondern noch städteplanerischen Problem für die Kommunen werden. Lassen Sie mich das mit einem Augenzwinkern anmerken, weil das, glaube ich, zweitrangig ist, aber trotzdem genannt werden muss. Deswegen finde ich die Formulierung im Antrag der FDP, ich zitiere: „Kontrollierte Öffnung für seriöse Anbieter“ schon bemerkenswert und spannend. Ich finde es gefährlich, das in dieser Wortgruppe von vier Sätzen zusammenzufassen, weil erstens die Kontrolle nicht klar ist und zweitens Seriosität heißen würde, dass Sie sich für Suchtprävention auch ernsthaft interessieren. Das habe ich diesem Antrag nicht entnehmen können. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung wollte Glücksspielautomaten aus Gaststätten, Tankstellen, Einkaufszentren und Flughäfen verbannen und sie wollte strengere Auflagen für die mehr als 10.000 Spielhallen, die Deutschland bereits hat. Sie hat völlig richtig gesagt, Automaten bieten das höchste Suchtpotenzial bei Glücksspiel und müssen deswegen von der Regierung mit besonderer Aufmerksamkeit untersucht und geregelt werden. Was ist passiert? Gesundheitsminister Rösler hat die Drogenbeauftragte zurückgepfiffen, und das, obwohl die Spielverordnung 2006 geän

dert wurde, die wiederum deutlich gemacht hat, wir brauchen wesentliche Vorgaben, die das Suchtpotenzial gerade bei Automatenspielen eindämmen. So viel zum Thema des sozialpolitischen Engagements der FDP bei diesem Thema.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist noch einmal zu nennen, wo wir uns gerade bewegen; wir bewegen uns mitten in der Debatte. Ich finde es interessant, dass hier vom Sonderweg Schleswig-Holsteins berichtet wird, Schwarz-Gelb, ich weiß nicht, wo es hinführt, vielleicht dahin, dass das das große Eldorado für Spielhallen und -höllen wird. Ich hoffe nicht, aber es zeigt, dass unter Schwarz-Gelb andere Prämissen wichtiger sind als die Eindämmung der Spielsucht.

Jetzt lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz zur Frage der Online-Anbieter sagen. In § 9 des Glücksspielstaatsvertrags ist ein Punkt festgeschrieben, den wir als GRÜNE völlig ablehnen, da geht es um die Frage der Netzsperren. Wir sind nach wie vor bei der Position - Löschen statt Sperren. Das gilt auch in diesem Bereich. Das ist unsere Position und nicht nur die Frage der Suchtprävention, der sozialen Auswirkungen, die Frage der Kommunen, die Frage des Steigens der Zahlen im Bereich der Spielsucht, das ist ein Grund, diesem Glücksspielstaatsvertrag nicht nur sehr kritisch gegenüberzustehen, sondern auch unsere eindeutige und feste Position im Bereich der Netzsperren. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kellner für die CDU-Fraktion.

Frau Vizepräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann mich kurzfassen. Wir haben es 19.31 Uhr.

(Beifall DIE LINKE)

Als Erstes möchte ich der Ministerin danken für den Sofortbericht. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen, was die Ministerin heute uns verkündet hat, dass wir auf einem guten Weg sind und ich bin da sehr zuversichtlich, dass das auch den europäischen Rechtsanspruch und den verfassungsrechtlichen Grundsätzen standhalten wird, das, was hier auf den Weg gebracht werden soll. Der Europäische Gerichtshof hatte bemängelt, dass die Inhaber vom staatlichen Monopol zu stark ihre Produkte bewerben. Ein Monopol ist zulässig, das haben wir ja heute schon mehrfach gehört, doch nur unter der Begründung, dass dadurch die Spielsucht eingedämmt wird. Umfangreiche Werbung, nicht Wer

(Abg. Siegesmund)

bung generell, lassen eine versuchte Eindämmung der Spielsucht nicht erkennen, sondern vielmehr auf die Gewinnsteigerung durch das Spielen. Das steht im Kontrast zum Monopol. Ich denke, hier ist man jetzt den Weg gegangen, dass man mit der Eindämmung der Spielsucht das Monopol einerseits, aber auch auf der anderen Seite die Liberalisierung, die Öffnung des Marktes auch einen Schritt weiterkommt, was Suchtprävention anbelangt und was letztendlich auch die Graubereiche des Spielgewerbes mit anbelangt. Wir dürfen nicht vergessen, dass gerade in diesem Bereich der illegalen Spiele ein großer Markt liegt, den es gilt weitestgehend auszutrocknen. Ich denke, hier, meine Damen und Herren, haben wir den ersten Ansatz, wo wir begrenzt Spielwetten zulassen, zum Beispiel Sportwetten, wo man jetzt - das ist ja nun diese Experimentierklausel - ausprobieren wird und hinterher analysieren wird, wie sich diese bedingte Öffnung oder vorübergehende Öffnung bewähren wird. Ich denke, das ist der richtige Weg. Die generelle Öffnung und die generelle Liberalisierung der gesamten Wettspielbetriebe halte ich für wenig zielführend und das birgt natürlich eine große Gefahr, dass man der Suchtprävention doch nicht so Herr wird, wie man sich das vorstellen kann oder vorstellen will.

Zum anderen ist ein großes Anliegen auch das, was im Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird, dass vor allem die Suchtbekämpfung bei Jugendlichen im Vordergrund stehen muss. Hier sollte man auf jeden Fall alle Möglichkeiten nutzen, um gerade diese Altersgruppe vom Spiel abzuhalten.

(Beifall CDU)

Natürlich sind die große Gefahr die Spielautomaten, die Spielhallen. Auch die sind heute mehrfach benannt worden und werden auch kritisch betrachtet. Aber hier geht es in erste Linie auch um das Lotto- und Glücksspielgesetz und die Sportwetten. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass ein Großteil der Einnahmen genau zu diesem Zweck wieder verwendet wird, zur Suchtbekämpfung, aber auch für soziale, kulturelle und sportliche Belange. Auch das ist ein wesentlicher Beitrag, wo Suchtprävention geleistet wird, indem man Angebote schafft, vor allem den Jugendlichen Angebote schafft und ermöglicht, die sie so nicht hätten, und damit auch ein Stück weit an Prävention und Suchtbekämpfung mitwirkt.

Also wir werden noch genügend Möglichkeiten und Zeit finden im Ausschuss, dieses Gesetz zu beraten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass man hier einen breiten Konsens findet und hinterher ein Gesetz auf

den Weg bringt, was den Anforderungen, wie wir uns das weitestgehend vorstellen und wünschen, gerecht wird. In dem Sinne beantrage ich die Überweisung an den Ausschuss. Danke.

(Beifall CDU)

Herr Kellner, können Sie uns noch sagen, an welchen Ausschuss, an den Sozialausschuss?

(Zuruf Abg. Kellner, CDU: Innenausschuss.)

Innenausschuss, gut. Vielen herzlichen Dank.

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Kein Widerspruch.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung zu Nummer 2 des Antrags. Hier wurde Ausschussüberweisung an den Innenausschuss beantragt. Wer dieser Überweisung die Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, FDP, CDU und SPD. Gibt es Gegenstimmen? Nein, das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Das sind die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist die Ausschussüberweisung so angenommen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Mit Blick auf die Uhr wird nach 19.30 Uhr kein weiterer Tagesordnungspunkt aufgerufen. Gestatten Sie mir aber bitte noch zwei Hinweise. Zum einen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, erinnere ich daran, dass der Haushalts- und Finanzausschuss in 10 Minuten zusammentritt. Ich darf die Ausschussmitglieder bitten, sich im Sitzungsraum F 202 einzufinden in 10 Minuten. Der zweite Hinweis geht an die Mitglieder des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit. Dieser trifft sich morgen früh um 8.00 Uhr ebenfalls im Raum F 202. Ich darf die Ausschussmitglieder bitten, sich dort morgen 8.00 Uhr einzufinden, bevor wir um 9.00 Uhr morgen erneut mit dem Plenum beginnen. Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ende: 19.37 Uhr