Danke, Herr Abgeordneter Schröter. Es hat jetzt das Wort Abgeordneter Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Entwurf, den die Fraktion DIE LINKE heute vorgelegt hat, soll das bestehende Jugendstrafvollzugsgesetz aus dem Jahr 2007 geändert werden. Nach Auffassung der LINKEN entspricht dieses Gesetz weder den Vor
gaben des Bundesverfassungsgerichts noch internationalen Standards. Dem können wir uns anschließen, um das gleich vorwegzusagen. Auch sollen neuere Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung stärker berücksichtigt werden. Ohne jetzt hier zu langweilen, noch einmal die wichtigsten Inhalte dieses Änderungsentwurfs: Die Wiedereingliederung bzw. Resozialisierung soll als Vollzugsziel normiert werden, die Ausgestaltung der Vollzugsbedingungen, die sich an Alter, Strafart und Strafzeit orientieren, ist vorzunehmen, der Vollzug in Wohngruppen sowie der Anspruch auf Einzelunterbringung - darauf ist schon hingewiesen worden - wird sich hoffentlich mit dem Neubau in Rudisleben tatsächlich auch realisieren lassen, die Gewährleistung der Einbeziehung der Sorgeberechtigten und der Jugendämter bei der Planung des Vollzugs - das kann man gar nicht stark genug betonen, nebenbei bemerkt übrigens auch unsere Einbeziehung als Justizausschuss -, Aufstellung individueller Vollzugs- und Wiedereingliederungspläne, Vernetzung mit Trägern außerhalb des Vollzugs, der regelmäßige Vollzug der Jugendstrafe im offenen Vollzug bzw. in freien Formen - das wird bestimmt eine ganz interessante Debatte im Ausschuss werden, auf die sich möglicherweise anschließende Anhörung von Fachleuten zu diesem Thema bin ich schon ganz gespannt -, die Beteiligung der jugendlichen Strafgefangenen an Vollzugsplanung und -gestaltung des Vollzugsalltags also eine stärkere Betonung der Mitbestimmung -, die Bestimmung des Vorrangs von internen Konfliktregelungen vor der Verhängung von anderen restriktiveren Maßnahmen, die Verankerung des Systems der Vollzugsevaluation durch externe Wissenschaftler und - das ist schon gesagt worden - die Schaffung des Amtes eines Strafvollzugsbeauftragten. Im Ergebnis halten wir von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dies für sinnvolle Regelungen, die zu einer wirksamen Wiedereingliederung beitragen können. Sowohl die Einbeziehung der Jugendämter im Rahmen der Jugendhilfe nach SGB VIII als auch die Einbeziehung der Jugendlichen selbst können unserer Ansicht nach dazu beitragen. Wir gehen davon aus, dass die Kosten für diese vorgeschlagenen Änderungen nicht so dramatisch sein werden, vor allem dann, wenn man davon ausgeht, dass einiges davon durch den Neubau in Rudisleben sowieso schon Standard werden sollte. Wir erwarten, dass das Thema vor allem Personalkosten und auch die Aus- und Fortbildung der Justizvollzugsbediensteten, die schon da sind, betrifft. Ist die Analogie vermessen, zu sagen, dass auch in diesem Fall das Thema Umgang mit Jugendlichen ähnlich diskutiert und umgesetzt werden muss wie zum Beispiel bei der Frage, wie man Schulgesetze ändert. Es braucht einfach eine gewisse Zeit und gute Fort- und Weiterbildung davor. Wir hoffen, das im Justizbereich zeigen zu können. Unsere grüne Position dazu ist, dass wir diesem
Entwurf grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Wir unterstützen die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, so einiges ist schon gesagt worden zur Einbringung und auch den Redebeitrag des Kollegen Meyer haben wir jetzt schon gehört. Grundsätzlich gilt, dass alle Gesetze von Zeit zu Zeit einer Prüfung unterzogen und wenn nötig aktuellen Entwicklungen angepasst werden sollten.
So viel zu Grundlegendem, Kollege Hauboldt, wir kommen gleich auf den Inhalt. Allerdings muss ich Ihnen die Skepsis meiner Fraktion hinsichtlich der Richtung Ihres Gesetzentwurfs mitteilen. Es ist richtig, dass gerade im Jugendstrafrecht der erzieherische Gedanke keine kleine Rolle spielen sollte. Im Gegenteil, dank unseres fortschrittlichen Rechtsstaats hat das Jugendstrafrecht neben dem unumgänglichen Strafgedanken gerade auch die Chance, Entwicklungen der straffällig gewordenen jugendlichen Persönlichkeiten zu berücksichtigen. Soweit dürften wir uns einig sein. Aber, werte Kollegen der Linksfraktion, Sie müssen auch attestieren, bevor ein Jugendlicher in unseren Zeiten tatsächlich eine Strafe antreten muss, hat er sich zumeist mehrfach im Sinne geltender Gesetze schuldig gemacht und es haben sich alle bis dato gegebenen pädagogischen Maßnahmen als nicht zureichend erwiesen. Der Jugendstrafvollzug ist daher mitnichten eine Besserungs- oder Erziehungsanstalt. Zwar hoffen wir, dass ein Gefängnisaufenthalt auch eine erzieherische Wirkung hat - keine Frage -, aber er hat vor allem die Aufgabe, die Gesellschaft vor unbelehrbaren Jugendlichen zu schützen, also vor all jenen, die nachweislich eine Gefahr für sich selber, aber auch für andere darstellen könnten. In diesem Sinne könnten Sie sich tatsächlich auf Artikel 19 unserer Thüringer Verfassung berufen, auch wenn der eigentlich nichts mit Strafvollzug zu tun hat. In diesem heißt es in Absatz 1 - Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung zitiere ich: „Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine gesunde geistige, körperliche und psychische Entwicklung. Sie sind vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zu schützen.“ So weit, so gut. Das heißt, Kinder und Jugendliche sind nicht nur beispielsweise vor zerrütte
ten Elternhäusern zu schützen, sondern auch vor anderen kriminellen und gewalttätigen Jugendlichen. Ich mache diese Ausführung, um Folgendes herauszuarbeiten: Wir müssen sehr aufpassen, dass sich nicht das letzte Mittel des Rechtsstaats, nämlich der Strafvollzug, bloß in eine weitere pädagogische Maßnahme verwandelt.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Man möge alles tun, um Jugendlichen Chancen einzuräumen, wieder ein geschätztes und vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu werden. Aber wir dürfen bitte auch nicht die Augen davor verschließen, dass in einer JVA kein Platz für Kuschelpädagogik ist.
Chancen bieten - ja, das Ergreifen von Chancen, Fördern - ebenfalls ja, aber wenn objektiv erkennbar ist, dass der Gefangene am Ende am Ziel des Strafvollzugs nicht mitwirken will, muss dieser auch die Konsequenzen des eigenen Handelns spüren. Es ist für viele Betroffene vielleicht das erste Mal, dass ihnen hier jemand Grenzen setzt. Auch das darf gern als pädagogische Maßnahme verstanden werden. Auch wenn es jetzt sehr ins Detail geht, ich will Ihnen nur kurz an Ihrem eigenen Entwurf die Folgen Ihrer Initiative darstellen. Bis jetzt steht im Thüringer Strafvollzugsgesetz unter § 4 - Pflicht zur Mitwirkung - Folgendes - Frau Präsidentin, ich zitiere: „Die Gefangenen sind verpflichtet, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.“ Sie wollen nunmehr aus der Pflicht zur Mitwirkung ein Recht zur Mitwirkung machen. In völliger Unkenntnis der Sachlage entziehen Sie damit der Anstaltsleitung jedwede Möglichkeit, Fehlverhalten bzw. das Nichtmitwirken der Jugendlichen am Vollzugsziel ahnden zu können.
Sie haben einfach nicht verstanden, dass auch bisher die Pflicht zur Mitwirkung ein individuelles Recht der Gefangenen auf Nichtmitwirkung einschloss, nur musste der Gefangene bis jetzt mit Konsequenzen rechnen, wenn er sich objektiv gegen das Vollzugsziel gestellt hat. Bei Ihnen wird daraus ein „komm ich heut nicht, komm ich vielleicht morgen“. Dennoch werden wir einer Überweisung an den Ausschuss nicht im Wege stehen.
Ich bin aber skeptisch, dass sich Ihre gut gemeinten Ansätze entsprechend in einem eigenen Antrag wiederfinden werden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt sind wir beim Jugendstrafvollzugsgesetz. Die Novellierung dieses Gesetzes steht auch auf der Agenda der Koalition und Sie machen hier einen Aufschlag mit dem Gesetzentwurf, der im Wesentlichen - es wurde schon gesagt - einem Antrag entspricht, den Sie im Jahr 2007 schon einmal eingebracht haben.
Ihr Antrag ist von der Bestrebung erfüllt, den Haftalltag Jugendlicher resozialisierungsfreundlicher und offener auszugestalten als bisher. Hierzu finden sich eine Reihe von durchaus erwägenswerten Ideen. Sie sehen, Sie bleiben jetzt hier von einem Verriss wie über Ihr Discounter-FG verschont und - das sage ich gleich - auch wir befürworten hier eine Überweisung Ihres Antrags an den Justizausschuss.
Ich möchte doch aber gleich sagen, Herr Koppe, ich gehe da nicht mit, wenn Sie sagen, dass Resozialisierung in der Strafhaft keine Bedeutung mehr hat. Ich möchte hier den § 2 Jugendgerichtsgesetz zitieren: „Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.“ Das gilt für alle Rechtsfolgen, die das Jugendstrafrecht vorsieht, auch für die Strafhaft. Wir können nicht sagen, auch wenn Sie durchaus recht haben, dass die Strafhaft erst am Ende steht von vielen Maßnahmen, die nutzlos leider dann geblieben sind, dass dann Schluss mit lustig ist und jetzt hier nur die Härte des Gesetzes zuzuschlagen hätte. Da gehen wir nicht mit.
Ihr Antrag von der Linkspartei hat folgende Schwerpunkte: Sie möchten mehr Jugendlichen den offenen Vollzug ermöglichen, den Häftlingen einen Rechtsanspruch auf soziale Betreuung in und nach der Haft geben, die Jugendlichen an der Vollzugsplanung und Gestaltung des Vollzugsalltags mehr mitwirken lassen, den Rechtsschutz gegen Vollzugsmaßnahmen ausweiten, Wirkungsforschung und Vollzugsevaluation verankern und einen Strafvollzugsbeauftragten speziell für Jugendliche schaffen. Insgesamt sind hier viele positive Ansätze, ich sagte es bereits, jedoch muss man tatsächlich sehen, da komme ich wieder ein bisschen zu Herrn Koppe zurück, aber nur an den Anfang seiner Ausführung, nicht an das Ende, die eigenen Besonderheiten des Jugendstrafrechts spielen bei der Aus
gestaltung der Haft auch eine Rolle. Die Resozialisierung beginnt ja im Jugendstrafrecht nicht in der Jugendhaftanstalt. Im Jugendstrafrecht finden Sie ein ganz breites Angebot haftvermeidender Sanktionsmöglichkeiten. Der § 5 im Jugendgerichtsgesetz schreibt auch vor, dass mildere Maßnahmen vor der Strafhaft immer dann anzuwenden sind bzw. umgekehrt gesprochen - eine Strafhaft überhaupt erst dann in Betracht kommt, wenn mildere Maßnahmen, Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen. Der § 5 nennt Erziehungsmaßregel als Stufe 1, Zuchtmittel als Stufe 2 und Jugendstrafe als Stufe 3 als abgestuftes Sanktionssystem bei jugendlicher Kriminalität. Bei der ersten Stufe, bei den Erziehungsmaßregeln, haben Sie dann Auflagen wie die Teilnahme an sozialen Trainingskursen, da gibt es viele Modelle z.B. des Täter-Opfer-Ausgleichs. Auch da ist die Jugendgerichtshilfe immer beteiligt, können auch Jugendämter mit einbezogen werden. Das alles läuft, bevor überhaupt eine Strafe ausgesprochen wird. Dann in der Stufe 2, die mit dem altertümlichen Wort „Zuchtmittel“ bezeichnet wird, auch da geht es lange nicht um und in Haft, sondern auch wiederum los mit der Ableistung von Arbeitsstunden, Wiedergutmachungsauflagen etc.pp. Es ist auch möglich, eine Strafe unter Vorbehalt auszusprechen. Sie erteilen praktisch eine Bewährungsauflage und erst dann, wenn die nicht erfüllt ist, kommt es erst zu einer Sanktion, die dann am Ende vielleicht auch mal eine Strafhaft sein kann. Etwas lakonisch ausgedrückt können Sie sagen, wenn Sie als Jugendlicher nicht gerade ein sehr schweres Körperverletzungs- oder Tötungsdelikt begehen, können Sie einiges anstellen, bevor man als absolute Ultima Ratio Sie erstmals in die Jugendstrafhaft schickt.
Ich würde Ihnen dazu ja viel aus meiner anwaltlichen Praxis erzählen können, sowohl als Pflichtverteidigerin von Jugendlichen als auch als Opferanwältin, jedoch hindert mich meine anwaltliche Schweigepflicht daran. Sie müssen mir übrigens nicht böse sein, Frau Renner, wenn ich immer mal meine Anwaltserfahrungen hier anbringe, denn schon der Genosse Karl Marx pflegte zu sagen, das Sein bestimmt das Bewusstsein, das spricht auch für mich und diese Art des Vortrags.
Ich kann Ihnen aber jetzt, was hier die Jugendstrafhaft angeht, wärmstens einen Artikel empfehlen, der am 26.01.2011 im Zeitmagazin erschienen ist unter dem Titel „Zur falschen Zeit am falschen Ort“. Das ist ein Artikel, der unglaublich objektiv, eindringlich beschreibt, wo es richtig weh tut, eine unaufgehaltene Straftatenkarriere eines 16-jährigen Täters und die Erschütterung der Familie, deren 19-jähriger Sohn dann zum letzten Zufallsopfer dieses jugendlichen Täters geworden ist.
Ihre Kritik, es gäbe in der Jugendstrafhaft viel zu wenig offenen Vollzug, was Sie hauptsächlich bewogen hat, Ihren Antrag einzubringen, die muss durchaus hinterfragt werden. Wie ich bereits gesagt habe, die Jugendlichen, die dort einrücken, kommen bereits in aller Regel aus einer offenen Strafform, die aber dann leider nicht erfolgreich war. Es geht dann darum, jetzt, nachdem anderes nicht gefruchtet hat, gezielt den Freiheitsentzug zu verhängen, um - da unterscheide ich mich jetzt wieder von Herrn Koppe - jetzt nicht zu sagen, Schluss mit lustig, Klappe zu, sondern um stationär auf Jugendliche einwirken und die in der Regel schweren Sozialisierungsdefizite beheben zu können. Es ist dann manchmal auch eine Maßnahme im Sinne der Jugendlichen, die aus dem bisherigen Milieu, in dem sie bisher frei verkehrt haben und in dem sie vielleicht auch wieder verkehren könnten im offenen Vollzug, dann rauszunehmen und stationär auf sie einzuwirken. Das würde ich als den Schwerpunkt der Jugendstrafhaft bezeichnen wollen.
Auch jetzt ist schon nach dem derzeit geltenden Vollzugsrecht in § 13 des Jugendstrafvollzugsgesetzes aber immer zu prüfen, ob der Häftling für den offenen Vollzug in Betracht kommt. Es gibt auch jetzt nicht die Regel, einrücken heißt einrücken, sondern auch jetzt ist immer zu prüfen, kann der Jugendliche nicht doch auch im offenen Vollzug auch in der Jugendstrafhaft geführt werden. Aber eine generelle Priorität zu setzen, wie das in Ihrem Antrag geschieht, da habe ich Vorbehalte, da müssen wir mal sehen im Ausschuss, wie sich die Sachverständigen dazu stellen.
Es ist auch - wie schon angedeutet - bei der normalen Haft ja keinesfalls so, dass die Jungs - und Herr Bärwolff hat ja schon darauf hingewiesen, Mädels sind eher selten - etwa hier nur bei Wasser und Brot im Dunkeln sitzen. Selbstverständlich stehen auch den Jugendlichen, die dann in der Strafhaft gelandet sind, weil andere und mildere Mittel nicht ausgereicht haben, Resozialisierungsmaßnahmen und Hilfen zur Vorbreitung auf ein straftatfreies Leben zu. Aber, ich will es jetzt mal ein bisschen flapsig ausdrücken, eine Jugendhaftanstalt ist kein Schullandheim und sie wird es auch nicht werden können.
Den Vorschlag, den Sie gemacht haben zur Bestellung eines Strafvollzugsbeauftragten, finden wir durchaus auch erwägenswert. Es fragt sich allerdings, ob bei der Anzahl jugendlicher Strafgefangener, die ja doch nicht so übermäßig groß ist, Gott sei Dank, in unserem Land Thüringen, so eine Aufgabe einen extra Beauftragten braucht als eigene Behörde quasi oder ob diese Aufgabe nicht etwa auch von einem Mitglied der Strafvollzugskommission hier mit übernommen werden könnte im Landtag.
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluierung läuft seit dem letzten September und wird spätestens Ende dieses Jahres abgeschlossen sein, und damit Ihre Ideen, die, wie gesagt, größtenteils auch wirklich gut und auch vor allem gut motiviert sind, bei der bestehenden Novellierung mit geprüft werden können, werden wir einer Überweisung Ihres Antrag an den Justizausschuss zustimmen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Marx. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Hauboldt für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schröter, Herr Kollege Koppe, ich werde mit Sicherheit auch noch mal auf Ihre Ausführungen verweisen und mich damit inhaltlich auch mit dem sicherlich detailliert auseinandersetzen. Ich freue mich zunächst erst einmal, dass die Möglichkeit besteht, die Sie vorweg eingeräumt haben, dass wir die Diskussion im zuständigen Ausschuss weiterführen wollen. Das ist doch schon einmal ein positiver Aspekt. Insofern haben wir schon gegenüber der Diskussion aus dem Jahr 2007 etwas erreicht.
Ich will auch nicht noch mal den Exkurs in die Geschichte vornehmen. Der Kollege Schröter hat das ja schon vorweggenommen, was die Ursache war, weshalb wir uns 2007 mit dieser Materie beschäftigt haben. Ich will nur erinnern, es hat ja auch etwas mit der Föderalismusreform I zu tun. Die Zuständigkeit wurde auf die Länder übertragen. Wir haben diesbezüglich damals - das will ich durchaus noch mal benennen - die Zersplitterung in diesem Bereich kritisiert und haben das für nicht gut befunden. Aber selbst die Befürworter der Länderkompetenz haben darauf verwiesen, dass es bereits damals Bauchschmerzen gab. Ich darf erinnern, auch in Thüringen gab es eine entsprechende Arbeitsgruppe, die sich mit dieser Materie weiter auseinandergesetzt hat.
Meine Damen und Herren, Sie haben richtig darauf verwiesen, für uns war es wichtig, nach drei Jahren geübter, gelebter Praxis im Thüringer Jugendstrafvollzug nun eine Evaluierung des Gesetzentwurfs anzuzeigen. Ich verweise auch gern darauf, dass bereits in der Diskussion zum damaligen Zeitpunkt im Jahr 2007 sich bereits abgezeichnet hatte, dass die damals verabschiedeten Regelungen nicht das Optimale darstellen. Ein Beweis - und das wurde schon mehrfach hier benannt - ist ja auch die Frage der Schusswaffen, meine Damen und Herren. Im Jugendstrafvollzug bleiben die gesetzlichen Thüringer Regelungen hinter den internationalen Stan
dards zurück. Ich gebe gern zu, Herr Minister, die momentane Praxis ist schon eine andere und ist schon etwas positiver, als sie noch im Gesetzestext verankert ist. Insofern sage ich, die momentan gelebte Praxis in den Justizvollzugsanstalten im Jugendstrafvollzug ist schon etwas fortschrittlicher, als es die Gesetzeslage noch ausweist.
Meine Fraktion hat damals 2007 den Zustand durch ein eigenes Jugendstrafvollzugsgesetz kritisiert, Alternativen herausgearbeitet und aufgezeigt. Der heutige knüpft an - und da gebe ich Ihnen gern recht - an die Aussagen, die damals auch im Rahmen der Expertenanhörung gemacht worden sind. Die werden Sie in unserem Entwurf wiederfinden. Dadurch, denke ich, ist auch die Legitimation gegeben, einen Rückgriff auf diese Fakten, auf diesen Faktenstand zu machen. Insofern, Herr Kollege Schröter, da nehme ich die Kritik der Sozialromantik auf, die Sie uns immer gern vorwerfen, die ist allemal besser als die juristische Keule des Wegsperrens.
Ich sage Ihnen auch, das, was 2007 schon gut war, müssen wir ja nicht wegstreichen. Im Gegenteil, diesen Ball nehmen wir gern wieder auf und sagen, wir bringen es erneut in die Diskussion ein. Aber mit Vergleich auf die damalige Gesetzeslage - ich kann Ihnen ein Exemplar zukommen lassen, in dem das noch deutlicher wird und farblich unterschiedlich dargestellt ist - haben wir natürlich auch die jetzige Lage aufgegriffen - wie gesagt, die letzten drei Jahre und die Praxis, so wie sie sich vollzogen hat und eingearbeitet. Insofern unterliegen wir auch mit unserem Gesetzentwurf der Aktualität.
Meine Damen und Herren, der damalige CDU-Justizminister hatte ja der LINKEN in der Debatte vorgeworfen, wir hätten ein anderes Menschenbild. Da gehe ich gern mit. Das haben Sie uns auch heute noch einmal spiegelbildlich vorgehalten, da unterscheiden wir uns prinzipiell. Das sage ich ganz deutlich. Aber zumindest in den juristischen Exkursen und in den inhaltlichen Belangen einer Verbesserung des Jugendstrafvollzugs sollten wir zumindest den Versuch unternehmen, einen Konsens zu erarbeiten. Ich denke, das geht, das haben wir heute Morgen schon gehört, da ist ja unser Ausschuss ein Paradebeispiel dafür. Insofern habe ich da noch ein wenig Hoffnung, dass der eine oder andere Punkt auch eine Mehrheit finden wird.
Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf ist davon getragen, dass er die positiven Entwicklungspotenziale der straffällig gewordenen Jugendlichen fördern will und setzt auf die Förderung, Herr Kollege Koppe, das will ich an der Stelle noch einmal unterstreichen, im Gegensatz zu Ihrer Auffassung, die Sie uns auch so lapidar vorgeworfen haben, auch die Förderung des eigenen Engagements, des eigenen Verantwortungsbewusstseins
auf Mitwirkung, auf konsensuale Streitschlichtung statt auf Unterordnung, statt auf Disziplin und repressive Instrumente. Ich denke, das unterscheidet sich von der jetzigen gesetzlichen Regelung. Ich sage auch deutlich, wir schaffen keine Erholungsheime. Jugendstrafvollzug bleibt Jugendstrafvollzug, aber die Zielrichtung heißt für uns letztendlich Resozialisierung. Ich denke, da haben wir doch sehr ordentliche Punkte hier formuliert.
Wir schreiben fest, meine Damen und Herren, dass das soziale Netz von dem ersten Hafttag an bestehen bleiben muss. Wirksam werden muss das in Form der Zusammenarbeit der verschiedenen sozialen Träger und der Organisation mit den Gefangenen und mit der Jugendstrafanstalt, auch Eltern das will ich nicht verhehlen - und das soziale Umfeld des straffälligen Jugendlichen sollen in die Resozialisierungsmaßnahme von Anfang an mit einbezogen werden. Das, denke ich, ist auch ein Resozialisierungsziel, was die ganze inhaltliche Frage nicht gefährdet. Es muss unter allen Umständen verhindert werden - da sollten wir uns einig sein -, dass straffällig gewordene Jugendliche in eine sogenannte - die Gefahr besteht eben dann immer kriminelle Karriere abrutschen. Für eine erfolgreiche, dauerhafte Resozialisierung ist nach Ansicht meiner Fraktion eine lückenlose Einbettung - das hat Kollege Bärwolff vorhin schon formuliert - in ein soziales Netz der Hilfe, der Unterstützung, insbesondere der Jugendhilfe notwendig. Nach den derzeit geltenden Regelungen setzt eine intensivere soziale Netzwerkarbeit erst in der Phase der Entlassungsvorbereitung tatsächlich und auch wirklich ein. Wie die Untersuchungen zeigen, ist ja das Rückfallrisiko in der Phase gleich nach der Entlassung aus der Haft am höchsten. Deshalb muss die Vorbereitung auf diesen schwierigen sozialen Übergang vom ersten Hafttag an mit der Unterstützung dieses sozialen Netzes erfolgen. Aus der Praxis wissen wir, meine Damen und Herren, dass es für junge Gefangene nicht einfach ist, eine brauchbare Unterstützung, wie zum Beispiel von den ARGEn oder auch von den Jobcentern zu bekommen, weil es hier eben unnötige bürokratische Zuständigkeitsprobleme gibt. Auch die Möglichkeiten eines Abschlusses oder die Weiterführung von Ausbildung gestaltet sich in der Praxis schwierig. Hier muss und soll geprüft werden, ob es an der Ausgestaltung der derzeitigen Regelung liegt oder ob eben in der praktischen Umsetzung unbedingt nachgebessert werden muss.
Unser Antrag zum Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz soll ein Vorschlag, ein Diskussionsangebot für eine ernsthafte und umfassende Evaluierung des bestehenden Gesetzes sein. Die Fraktion DIE LINKE wird im Rahmen dieses Diskussionsprozesses mit dem Änderungsentwurf auch grundlegende Probleme angehen. Ich will nur kurz darauf verweisen - der dringend notwendige Ausbau des offenen