Ralf Hauboldt
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Danke, Herr Präsident.
Jugendstationen in Thüringen
Bisher sind in Thüringen in Gera und für den Bereich Jena/Saale-Holzland-Kreis sogenannte Jugendstationen eingerichtet worden, die an den jeweiligen Standorten Gera und Jena die Arbeit von
Jugendgerichtshilfe, Polizei und Staatsanwaltschaft „unter einem Dach“ zusammenfassen. Die Landesregierung hatte zu verschiedenen Gelegenheiten, z.B. in Plenardebatten und Ausschuss-Sitzungen geäußert, dass die Einrichtung weiterer Jugendstationen in anderen Thüringer Regionen und Städten ins Auge gefasst bzw. geprüft werde, insbesondere dort, wo der Anteil jugendlicher Straftäter unter 21 Jahren entsprechend hoch sei.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie stellen sich Struktur, Arbeitsabläufe und Arbeitsergebnisse der in Gera und Jena bestehenden Jugendstationen dar, insbesondere mit Blick auf ihre Wirksamkeit zur Senkung der Jugendkriminalität bzw. des Anteils jugendlicher Straftäter in „ihren“ Regionen?
2. Inwieweit und mit welchen Ergebnissen wurden bzw. werden diese Einrichtungen und ihre Arbeit durch wissenschaftliche bzw. kriminologische Forschung begleitet bzw. evaluiert?
3. Welche zustimmenden bzw. kritischen Äußerungen zu den Jugendstationen und ihrer Arbeit gibt es bisher von Fachorganisationen, aber auch Betroffenen oder Personalvertretungen bzw. Beschäftigten?
4. In welcher Form und in welchem zeitlichen Rahmen hält die Landesregierung den Ausbau des Projekts (insbesondere Eröffnung neuer Einrichtungen) für sinnvoll bzw. plant diesen?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kollegen der Fraktion der FDP, wie der Name schon sagt, haben Aktuelle Stunden aktuelle Anlässe, Sie haben sich zumindest darauf berufen. Ich gebe gern zu, meine Fraktion hat ähnlich in diese Richtung diskutiert, das Thema in einer Aktuellen Stunde zu bewerten, aber Sie haben ja selbst den Versuch unternommen, dieses Grundsatzproblem in fünf Minuten abzuarbeiten. Das ist relativ schwierig. Sie haben auch den Versuch gestartet, den 9. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz hier noch mit zu integrieren. Das ist ein Spagat, wo wir gesagt haben, dass dies so nicht machbar ist. Deshalb verweise ich gern auf den Tagesordnungspunkt 18 in der Hoff
nung, die nächsten drei Tage dieses Thema mit bearbeiten zu dürfen - schauen wir mal.
Die Aktuelle Stunde zum Datenschutz im Netz ist ja sicherlich, so ist es ja schon benannt worden, durch die neuesten Vorgänge motiviert: Facebook - Stichwort Fotos im Netz; der Versuch der SCHUFA, Facebook für ihre Zwecke zu nutzen und detaillierte Scorings als Personenprofile und Bewertungen der Kreditwürdigkeit zu erstellen. Frau Marx, Sie haben es ja deutlich gemacht, Sie haben mich jetzt von Apple weggebracht, ich kann jetzt für SAMSUNG werben, aber das mache ich nicht an dieser Stelle. Sie haben natürlich deutlich gemacht, wo genau die Knackpunkte zu suchen sind. Ich will auch darauf verweisen, die „Frankfurter Allgemeine“ hat am 09.06. dazu geschrieben, Frau Präsidentin, ich darf noch mal kurz zitieren: Die SCHUFA ist jetzt schon der Datenhorter mit dem größten Einfluss auf das Alltagsleben der Deutschen, schreibt kritisch über apolitische Techniker und fordert ausdrücklich eine Grundsatzdebatte, die notwendig sei. Mittlerweile hat der öffentliche Druck Wirkung gezeigt, die SCHUFA hat sich von ihren Facebook-Plänen verabschiedet.
Es wird immer deutlicher, meine Damen und Herren, die sogenannten sozialen Netzwerke - das ist auch schon einmal kurz angesprochen worden sind nicht das ultimative Kommunikationsparadies an sich - ich will Facebook nicht verdammen -, aber vor allem wenn man an die in einigen Fällen erschreckend deutlich gewordenen Prangerwirkung denkt, außerdem verschleiert ja auch der Begriff „sozial“ so ein bisschen, dass es bei diesen Strukturen in Wirklichkeit auch und ausschließlich um sehr kommerzialisierte und ökonomisierte Veranstaltungen geht. Wenn man den Begriff „soziales Netzwerk“ bewertet, Facebook und Co sind vor allem große, finanziell sehr potente Wirtschaftsunternehmen, deren Handeln ist durchaus von wirtschaftlichen Interessen und Zielen bestimmt, um letztendlich auch Geld zu verdienen und Profit zu machen. Damit werden soziale Beziehungen zwischen Menschen und die Privatsphäre letztendlich auch zur Ware, denn bei kommerziellen sozialen Netzwerken entstehen Informationen und Daten, die zur Ware werden. Das darf nach Ansicht meiner Fraktion nicht passieren. Menschen und ihre Privatsphäre sind keine Ware, dürfen nicht dazu gemacht werden, dürfen nicht zum Instrument von Firmen werden, um daraus Konsum zu generieren. Wie auch andere Datenschutzproblematiken mit anderen Wirtschaftsunternehmen zeigen, stehen sich diese kommerziellen Interessen und der Datenschutz sehr oft völlig konträr und unvereinbar gegenüber.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle sei noch mal den Anhängern der FDP ins Stammbuch geschrieben, es soll gesetzliche Einschränkungen von Unternehmensaktivitäten rechtlicher Natur geben,
auch verfassungsrechtlich ist dies zulässig, denn es gibt kein in den persönlichen Grundrechten zum Beispiel dem Datenschutz gleichwertiges Grundrecht der Gewerbefreiheit. Die Gewerbefreiheit wird durch den geltenden rechtlichen Rahmen bestimmt.
Meine Damen und Herren, die heutige Diskussion zeigt ja auch, hinsichtlich der Nutzungsbedingungen ist das deutlich geworden, bei Facebook gibt es erhebliche Defizite. Es bleibt der Aspekt „Selbstdatenschutz“, der sich auch für nichtkommerzielle Ausgestaltung von Netzwerken stellt. Das Engagement der Nutzerinnen und Nutzer für wirksamen Schutz ihrer Daten ist meines Erachtens unverzichtbar, aber auch der Selbstschutz, so denke ich, braucht eben bestimmte Rahmenbedingungen, sonst kann er nicht wirksam werden. Dass diese notwendigen Rahmenbedingungen vorhanden sind, ist auch und vor allem öffentliche und staatliche Aufgabe. Ich denke, das muss an dieser Stelle noch mal sehr deutlich gesagt werden. Danke schön.
Danke, Herr Präsident.
Gesundheitsgefahren im Justizzentrum Gera?
In einem Artikel der „Thüringer Allgemeinen“ vom 23. Mai 2012 unter der Überschrift „Schadstoffe im Justizzentrum in Gera“ wird berichtet, dass es im neuen Justizzentrum in Gera Probleme mit Schadund Giftstoffen im Gebäude bzw. in der Raumluft geben soll. In dem o. g. Artikel wird auch über zum Teil schwerwiegende Erkrankungsfälle von Beschäftigten berichtet. Schadstoffmessungen in der Liegenschaft sollen auch Überschreitungen von Grenzwerten für Giftstoffe ergeben haben. Schon im Jahr 2010 soll es im Justizzentrum Gera vergleichbare Probleme gegeben haben.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie stellt sich derzeit die Situation hinsichtlich Schad- und Giftstoffbelastung und daraus wahrscheinlich resultierenden Erkrankungen von Beschäftigten im Justizzentrum Gera dar, vor allem mit Blick auf Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe (Art und Konzentration der festgestellten Schad- stoffe, Kausalzusammenhang mit Zahl und Sym- ptombild der Erkrankungsfälle)?
2. Wie lange sind diese und gegebenenfalls andere für die Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe (z. B. Nutzbarkeit von Sitzungssälen) im Justizzentrum Gera relevanten Belastungen bekannt und welche davon waren gegebenenfalls schon zum Zeitpunkt der Bauabnahme bzw. Inbetriebnahme der Einrichtung ersichtlich?
3. In welcher Form wurde bzw. wird im vorliegenden Fall - gegebenenfalls mit welchen schon vorliegenden Ergebnissen - Ursachenforschung betrieben, insbesondere auch mit Blick auf eine mögliche Geltendmachung von Schadenersatz- und Baumängelhaftungsansprüchen?
4. Welche mit dem aktuellen Fall im Justizzentrum Gera vergleichbaren Fälle aus den Jahren 2002 bis 2012 sind der Landesregierung, bezogen auf neu errichtete oder sanierte Liegenschaften der Thüringer Justiz, bekannt?
Danke, Herr Minister. Mit Blick auf die Zeitabläufe, die Sie hier geschildert haben, dass es bereits nach Einzug - drei, vier Wochen nach Einzug - erste Beschwerden gab und mit dem Jahr 2010 dann auch bestimmte Verfahren eingeleitet worden sind: Sehen Sie hinsichtlich der Geltendmachung von Schadenersatzund Baumängelhaftungsansprüchen Probleme auf die Landesregierung zukommen oder sind diesbezüglich schon Vorkehrungen getroffen worden?
Konflikt um Präsidentenstelle beim Landgericht Mühlhausen?
Aus einem Artikel der „Thüringer Allgemeinen“ (TA) vom 21. April 2012 (Ausgabe Mühlhausen) ist zu entnehmen, dass es um die Besetzung der Stelle der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Landgerichts Mühlhausen einen Konflikt geben soll. Die endgültige Besetzung der Stelle, die nach dem Tod des vorherigen Amtsinhabers dann im April 2011 neu ausgeschrieben wurde, soll bisher nicht möglich gewesen sein, weil eine sogenannte Konkurrentenklage anhängig und bisher nicht entschieden sein soll. Mit dem Verfahren soll sich laut TA-Bericht der derzeitige Vizepräsident des Gerichts, der seit Anfang 2011 kommissarisch das Landgericht leitet, gegen die Entscheidung des Justizministeriums zur Wehr setzen, das sich bei der Stellenbesetzung für den derzeitigen Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts entschieden hat. Laut Medienbericht will nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar Anfang Mai über die entsprechende Beschwerde des bisher nicht berücksichtigten Mitbewerbers entscheiden. Mit der Beschwerde wendet sich der Mitbewerber gegen eine erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das seine Konkurrentenklage abgelehnt hatte.
Ich frage die Landesregierung:
2. Wie viele Stellenbewerbungen um die Besetzung der Präsidentenstelle des Landgerichts Mühlhausen lagen vor?
3. Wie viele sogenannte Konkurrentenklagen mit welchem Ausgang gab bzw. gibt es in den Jahren 2000 bis 2012 in Thüringen bezüglich der Besetzung von Richterstellen an Thüringer Gerichten, insbesondere zu welchen Leitungsfunktionen an welchen Gerichten?
4. Inwiefern ist die im Streit stehende Besetzung bzw. Personenauswahl für die Präsidentenstelle beim Landgericht Mühlhausen im Wege des sogenannten Stichentscheids gemäß § 49 Abs. 2 des Thüringer Richtergesetzes zustande gekommen?
Danke, Herr Präsident. Danke, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Anfragen. Eine oder zwei Nachfragen: Nimmt die Landesregierung solche Vorfälle zum Anlass, die Erarbeitung des Thüringer Richtergesetzes zu forcieren? Wenn ja, wann ist denn mit der Einbringung zu rechnen? Die Frage kommt Ihnen nicht ganz neu vor. Welche Rolle spielt bzw. welchen Stellenwert hat dabei auch eine eventuelle Novellierung des § 49 Thüringer Richtergesetz zu dem, worüber wir uns jetzt gerade verständigt haben?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Herr Fiedler, ich bin es, danke für den Hinweis.
Gut. Zurzeit im Amt.
Zu der heutigen Thematik, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Ich habe mich etwas gewundert, was Sie überhaupt bewogen hat, so ein durchaus brisantes Thema auf die Tagesordnung zu setzen.
Der Redebeitrag von Ihnen, Kollege Scherer, hat ja bewiesen, dass fünf Minuten nicht ausreichen, genau zu diesem Sachverhalt inhaltlich zu diskutieren.
Rechtzeitig Alarm schlagen, das können Sie gerne machen. Ich war übrigens auch erschrocken, als ich diese Zeitungsnotiz mit erschreckendem Foto von Ihrem Fraktionskollegen und Fraktionsvorsitzenden vernommen habe. Da sind ja Schlagwörter aufgetaucht, die eigentlich in dieser Thematik nichts zu suchen haben. Ich will das einmal vorwegnehmen.
Genau diese Schärfe, da hoffe ich doch, dass die auch seitens des Justizministeriums wieder herausgenommen wird, dass nämlich Dinge hineininterpretiert werden, die gar nicht drinstehen und wo auch durchaus eine subjektive Bewertung nachzuvollziehen ist. Ich sage es deutlich, solche gesellschaftlich relevanten und brisanten Themen, wie der Umgang mit Straffälligen, vor allem mit den zu langen Haftstrafen Verurteilten, sollten aus meiner Sicht sachlich fundiert und auch ernsthaft diskutiert werden.
Da bin ich dabei: Populistische Schlagabtausche auf dem Niveau und nach Art eines bestimmten Druckerzeugnisses, das kennen Sie alle, mit vielen großen und bunten Bildern und vier Buchstaben, denke ich, sind zu diesem Thema auch nicht angemessen. Ich denke und hoffe nicht, dass der Termin, der vielleicht am nächsten Wochenende ansteht, Sie irgendwo gereizt hat oder für Sie reizvoller ist, um dieses Bewusstsein, Angst oder auch dieses durchaus berechtigte Sicherheitsgefühl unter den Menschen hier noch einmal politisch auszuschlachten. Ich denke, das ist höchst gefährlich, wenn man sich auf dieses Glatteis begibt, meine Damen und Herren.
Ich habe, als das Thema das erste Mal aufgekommen ist, dieser Vertrag, der in der Öffentlichkeit dann eine Rolle gespielt hat, vernehmen dürfen, dass genau die am rechten Rand versucht haben, da zu fischen, meine Damen und Herren. Ich habe dann Plakate gesehen, auch bei mir in der Stadt „Kinderschänder an den Galgen“ oder „Todesstrafe für Kinderschänder“ mit der Unterschrift „Hier ist die Nationale Bewegung“. Das will ich genau nicht an dieser Stelle.
Unser Rechtsstaat, unsere Gerichtsbarkeit, meine Damen und Herren, sowie eine moderne Zivilgesellschaft ist und wird in der Lage sein, im Rahmen eines modernen Strafvollzugs darauf zu reagieren. Ich gebe Ihnen ja recht, meine Damen und Herren, das Thema Hafturlaub bzw. Vollzugslockerungen für Gefangene mit langen Haftstrafen - genannt Langstrafler - hier im Landtag zu diskutieren, das sollte geschehen. Allerdings, ich sage es noch einmal, ist die Thematik viel zu komplex, um sie hier in fünf Minuten im Rahmen einer Aktuellen Stunde abzuhandeln. Es ist deutlich geworden, das Nachjustieren am Gesetz ist in Ordnung, über Einzelheiten können wir doch gerne reden. Sie haben sie ja auch benannt. Da haben wir durchaus selbst eigene Aspekte bzw. Vorschläge, die wir im Rahmen
der Diskussion zu dem Gesetz gern einbringen möchten.
Meine Damen und Herren, das Thema, wenn der von zehn Ländern, darunter auch Thüringen, vorgelegte Musterentwurf hier beraten wird, Herr Fiedler, da sind Sie ja gern zur Debatte eingeladen. Wenn Sie jetzt hier Zwischenbemerkungen machen, gar nicht qualifiziert, sondern nur lautstark, fordere ich Sie auf,
ich kann es dann vielleicht nicht mehr, weil ich dann kein Abgeordneter mehr bin, aber Sie sind gern aufgerufen, sich inhaltlich an der Diskussion zu beteiligen.
Wir werden, meine Damen und Herren, eigene Regelungsvorschläge vorlegen, ähnlich derer, Sie können sich gern daran erinnern, bezüglich der Diskussion zum Jugendstrafvollzugsrecht und Jugendstrafvollzugsgesetz im Jahr 2007. Dort haben wir, ich meine, aus heutiger Sicht vernünftige Vorschläge vorgelegt. Inhaltlich ist zu sagen, dass sich die Notwendigkeit von Haftlockerungen - darauf haben Sie überhaupt nicht Bezug genommen, Herr Scherer - auch für den sogenannten Hafturlaub für Inhaftierte mit langer Haftzeit schon mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt. Das haben Sie außen vor gelassen.
Gut. Dann haben Sie einen anderen Ansatz. Ich bestreite das, was Sie hier formuliert haben. Einer der Leitsätze, abgeleitet aus der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes in der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1977 lautet, weil Sie sagen, es ist nicht wahr: Zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzugs gehört, dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. Die Möglichkeit der Begnadigung allein ist nicht ausreichend.
Vielmehr gebietet das Rechtsstaatsprinzip, die Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesetzt werden kann, und das dabei anzuwendende Verfahren ge
setzlich zu regeln. Nehmen Sie das ganz einfach zur Kenntnis. Ich plädiere dafür, das im Rahmen der Gesetzgebung zu behandeln, nehmen Sie es bitte so hin. Danke schön.
Danke, Herr Präsident.
Rücknahme von Tagesordnungspunkten
Der Bürgermeister setzt die Tagesordnung der Sitzungen für den Gemeinderat fest. Anträge von Fraktionen sind auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu nehmen. Dabei hat der Bürgermeister formell zu prüfen, ob eine Zuständigkeit des Gemeinderats besteht. Das Gesetz regelt darüber hinaus, dass eine Erweiterung der Tagesordnung nur unter engen Voraussetzungen möglich ist (vgl. § 35 Abs. 4 und 5 ThürKO). Vergleichbares gilt für die Landkreise.
Ich frage die Landesregierung:
1. Unter welchen Voraussetzungen kann der Landrat nach der Festsetzung der Tagesordnung und Ladung der Kreistagsmitglieder einzelne Tagesordnungspunkte aufheben und welche Mitwirkungskompetenz hat hierbei der Kreistag? Wie wird diese Auffassung begründet?
2. Inwieweit ist die Absetzung von Tagesordnungspunkten, die durch eine Fraktion beantragt wurde, nur unter vorheriger Beteiligung der antragstellenden Fraktion zulässig und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung auch mit Blick auf den eingangs erwähnten Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts?
3. Unter welchen Voraussetzungen kann nach der laufenden Rechtsprechung ein Antrag einer Fraktion nur unter vorheriger Stellungnahme durch die antragstellende Fraktion von der Tagesordnung genommen werden und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
4. Welche Rechtsfolgen entstehen für die Wirksamkeit der Antragstellung, sollte die Absetzung eines Tagesordnungspunkts durch den Landrat rechtswidrig erfolgt sein, und inwieweit ist ein solcher Antrag zur nächsten Sitzung des Kreistags erneut auf die Tagesordnung zu setzen? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
Danke schön. Herr Staatssekretär, eine Frage noch: Inwieweit muss die beantragende Fraktion die Rechtswidrigkeit prüfen bzw. die Prüfung durch die Kommunalaufsicht beantragen, wenn Sie in Ihren Ausführungen jetzt auch festgestellt haben, der Landrat hat rechtswidrig gehandelt? Insofern tritt meines Erachtens der Automatismus ein, dass zur nächsten Kreistagssitzung dieser Tagesordnungspunkt erneut aufgerufen werden muss.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn eine Mehrheit es gewollt hätte, ich denke, darüber sind wir uns einig, wäre eine Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs möglich gewesen.
Selbst die Fragen, die heute mehrfach aufgetaucht sind zu bestimmten Aspekten, zu neuen Verwaltungsstrukturen, die meine Fraktion vorgeschlagen hat, hätten im Ausschuss besprochen werden können und ebenfalls die Änderungsanträge gleichlautend bearbeitet werden können, wenn die Regierungskoalition gewollt hätte. Aber der politische Wille, meine Damen und Herren, war eben nicht da. Selbst bei diesem - Sie haben das Gesetz immer als Klein- und Stückwerk bezeichnet - überschaubaren Einstieg in die notwendige Modernisierung des Thüringer Datenschutzrechts ist das nicht gewollt. Das ärgert mich, meine Damen und Herren, das gebe ich gern zu.
Mit Reflexion auf meine Redner möchte ich natürlich noch eines kundtun, Herr Gumprecht. Sie haben darauf abgehoben, dass wir ein Scheingesetz eingebracht hätten. Das waren natürlich Scheinargumente, das möchte ich gleich wieder an Sie zurückgeben, was Sie hier zur Ablehnung vorgetragen haben. Sie wissen das ganz genau und das haben Sie zwischen den Zeilen auch noch einmal durchblicken lassen hinsichtlich der ganzen Abfolge der Neubesetzung oder Neubenennung des Datenschutzbeauftragten. Natürlich war es für uns im Rahmen dieser Zeitschiene ein Argument, genau darauf hinzuweisen, dass es aus der Sicht, wie mit dem ehemaligen Datenschutzbeauftragten umgegangen wurde, hinsichtlich seiner Ablehnung oder wie der Koalitionsstreit zur Neubesetzung, wie da sehr deutlich artikuliert worden ist, wie sich Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten geäußert haben bezüglich ihrer Kündigung. Das war letztendlich Anlass für uns zu hinterfragen, ob das jetzt bestehende Gesetz nicht durchaus Schwächen und Lücken aufweist, die es zu beseitigen gilt. Daraus machen wir doch gar keinen Hehl. Ich denke, wenn
man sich dieses Schauspiel anschaut, war es geradezu wichtig, das auch zu diesem Zeitpunkt an entsprechender Stelle hier auch einzubringen.
Frau Marx, auch in Ihre Richtung sei gesagt, ich hätte mich natürlich sehr gefreut, Ihr Leseexemplar oder Ihre 13 Seiten, die Sie studiert haben, und den Exkurs und den Gewinn, den Sie daraus gezogen haben, im Ausschuss zu diskutieren. Dazu wären wir jederzeit gerne bereit gewesen. Herr Adams, natürlich haben wir die eine oder andere Schwäche erkannt, da gebe ich Ihnen vollkommen recht, es wäre keine Majestätsbeleidigung gewesen, wenn man im Ausschuss den einen oder anderen Rückzug an der Stelle, dort, wo es notwendig gewesen wäre, angetreten hätte, keine Frage, da sind wir offen. Aber der Grundsatz im Gesetz hat zumindest gestimmt und das Anliegen, denke ich, ist auch okay. Was mich ein bisschen enttäuscht hat, ist das Argument, nein, es war eigentlich keins, aber der Hinweis, den der Kollege Bergner hier gegeben hat, bisher waren wir uns zumindest immer in der Frage Datenschutz fast einig. Heute haben Sie mich enttäuscht; das war nichts, was von Ihnen hier in der Richtung gekommen ist. Ich hätte mir, wie gesagt, auch in Richtung der Überzeugung eines Datenschutzzentrums zumindest mehr Intensität von Ihnen gewünscht. Die Frage ist natürlich heute: Wo ist der Datenschutzbeauftragte? Jetzt will ich nicht meckern, ich habe gehört, der ist in Berlin beim Bund, der hat dort wichtige Aufgaben. Aber es wäre natürlich auch nicht schlecht gewesen, gerade zu solchen Themen hier im Landtag anwesend zu sein. Ich hoffe, das wird sich ändern. Kein Vorwurf, wie gesagt, ich habe recherchiert, wir wissen, er ist beim Bundesbeauftragten, um dort diese Themen zu recherchieren.
Meine Damen und Herren, aber ich mache auch keinen Hehl daraus, steter Tropfen höhlt den Stein, deshalb möchte ich nochmals ein paar Argumente hier ins Feld führen. Wie Sie wissen, die Schwerpunkte unseres Gesetzentwurfs haben wir ja aus verschiedenen Gründen, aus der Brisanz und Aktualität heraus, so formuliert. Ich möchte darauf Bezug nehmen, dass mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. März 2010 der Datenschutz tatsächlich unabhängig von anderer staatlicher Kontrolle, Aufsicht bzw. Anbindung sein wird und sein soll. Wir als LINKE-Fraktion gehen davon aus, dass der Vorschlag zum Aufbau eines unabhängigen Datenschutzzentrums, wie es schon in Schleswig-Holstein erfolgreich arbeitet, für Thüringen ebenfalls sehr sinnvoll wäre, gerade mit Blick auf die europäischen Vorgaben. Hinzu kommt, dass die in der Diskussion befindliche, wie es Frau Marx auch schon benannt hat, EU-Datenschutz-Grundverordnung ebenfalls die umfassende Unabhängigkeit der datenschutzrechtlichen Strukturen betont. Wenn man hier wirklich eine Modernisierung und eine Stärkung der Unabhängigkeit der Daten
schutzstrukturen wollte und das sage ich durchaus noch mal mit Verweis auf die Bedenken, die hier geäußert worden sind, auch auf die letzte Debatte hier im Haus hinsichtlich der Definition des Datenschutzzentrums, wie wir es im Gesetzentwurf formuliert haben, als oberste Behörde -, wären wir jederzeit gesprächsbereit gewesen. Aber es gab bis jetzt keine Streichung zu dieser Passage, es wäre ein Argument gewesen in der Debatte im Ausschuss. Das sollte nicht sein, hat leider nicht stattgefunden.
Meine Damen und Herren, aber Sie möchten offensichtlich nicht wirklich - und das unterstelle ich einen kritisch arbeitenden Datenschutzbeauftragten mit ausreichend Personal und Ausstattung, außer die Kollegen der FDP haben jetzt darauf verwiesen. Insofern - das Stückchen stelle ich wieder her - sind wir d’accord, diese Aufstellung des Personals ist unumwunden unbedingt notwendig. Zum einen weil der Datenschutzbeauftragte nun auch den privaten Bereich bearbeitet und überwacht, also auch die privaten Unternehmen, zum anderen weil auch ohne diese Aufgaben selbst bei der Kontrolle im öffentlichen Bereich keine flächendeckende intensive Prüfung möglich wäre. Es ist ein Armutszeugnis für Thüringen, dass die massiven Datenschutzmängel in den Thüringer Kommunen zum Beispiel nur stichprobenartig bearbeitet werden konnten. Hier, denke ich, muss in Zukunft mehr passieren. Ich verweise auch, meine Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen wissen das, auf den Entwurf des 9. Tätigkeitsberichts des Thüringer Datenschutzbeauftragten. Dieser Entwurf ist ja nach wie vor noch vertraulich, aber er ist den Mitgliedern des Datenschutzbeirates bereits zugegangen und er liest sich - das ist meine Wertung - ob der vielen Verfehlungen wie ein Kriminalroman, nicht nur zu den Problemen im öffentlichen, sondern auch hier massiv zu den vielen Datenverfehlungen in Bezug auf den privaten Bereich. Die Diskussion dazu wird mit Sicherheit spannend werden, aber eins wird allein in diesem Tätigkeitsbericht schon deutlich: Der Personalmangel, das ist nichts Neues, um den Thüringer Datenschutzbeauftragten muss dringlichst behoben werden.
Meine Damen und Herren, unser Vorzeigemodell, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein, zeichnet sich ja durch eine sehr breite und intensive Informations- und Aufklärungsarbeit aus, dies auch deshalb, weil ein wichtiger Teil des Datenschutzes der Selbstschutz der Nutzer ist. Zu diesem Datenselbstschutz brauchen wir, brauchen die Nutzerinnen und Nutzer aber fundierte und kritische Informationen. Der neu gewählte Thüringer Datenschutzbeauftragte hat in Sachen Information und Öffentlichkeitsarbeit schon verstärkte Aktivitäten nicht nur in den Fraktionen, sondern auch von dieser Stelle aus, hier in diesem Haus, versprochen. Es ist zu hoffen, dass diese An
kündigungen bald auch in die Praxis umgesetzt werden.
Das Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein und Datenschützer in anderen Bundesländern scheuen sich auch nicht vor dem notwendigen kritischen Blick. Ich erinnere nur an die Phänomene wie Google Street View, wie Facebook und Twitter. Auch bei diesen Aspekten gibt es nach Ansicht meiner Fraktion in Thüringen, denke ich, erheblichen Nachholbedarf, zumal in der Vergangenheit der Thüringer Datenschutzbeauftragte gerade auch bei diesen Themen nach unserer Auffassung unzutreffend immer behauptete, dies seien doch keine Thüringer Themen, auch weil Thüringen keine Regelungskompetenz habe und es nicht um das Thüringer Datenschutzgesetz ginge. Derweil, das wissen Sie, betrachten andere Bundesländer, wie zum Beispiel auch Hamburg, angestoßen durch ihre Datenschutzbeauftragten Bundesratsinitiativen eben genau zu diesen Problemen.
In der ersten Lesung - darauf will ich kurz noch mal Bezug nehmen - wurde moniert, dass unser Gesetzentwurf zur unpassenden Zeit käme. Er käme mit Blick auf die noch laufende Diskussion auf EUEbene zu früh. Frau Marx hat das ja auch noch mal angeführt. Dem ist entgegenzuhalten, meine Damen und Herren, diese beiden zentralen Punkte transparentes Berufungsverfahren des Landesdatenschutzbeauftragten und Herstellung der umfassenden Unabhängigkeit - sind in dem einen Fall unabhängig von der aktuellen Diskussion der EU regelbar. In dem anderen Fall steht durch Urteil des Europäischen Gerichtshofs schon fest, was zu tun ist. Mit dem unabhängigen Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein gibt es ja auch schon einen funktionierenden Prototyp als Orientierung für Thüringen. Im Übrigen ist in Sachen Datenschutz in der heutigen hochtechnisierten und digitalisierten Gesellschaft immer eine Baustelle offen, so dass man in Sachen Datenschutzrecht in den meisten Fällen sagen kann, die entsprechende Initiative käme vielleicht zu früh oder auch zu spät. Die neuste und sehr umstrittene auch hier im Thüringer Landtag schon diskutierte Baustelle ist die Rolle der Provider als privater Sicherheitsdienst im Staatsauftrag bei der Durchsetzung des Urheberrechtsschutzes im Internet vor allem zugunsten großer Unternehmen und Konzerne. Das Ganze ist mittlerweile besser bekannt unter dem Stichwort ACTA. Mittlerweile haben ja die deutschen Provider sich öffentlich geweigert, diese sogenannte Polizistenrolle im Netz zu übernehmen. An dieser Stelle möchte ich an die kritische Position meiner Fraktion gegenüber ACTA erinnern. Ich sage Ihnen zu, meine Damen und Herren, dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf mit entsprechenden Änderungen durch unsere Fraktion mit zu ergänzenden Punkten wieder einbringen werden und das zu gegebenem Anlass, wenn die Landesregierung - und dieses Verspre
chen ist auch schon mehrfach gegeben worden schon ihre lange währende Ankündigung wahr macht und eine wirkliche Modernisierung des Thüringer Datenschutzrechts auf den Weg bringt. Die Diskussion und Verabschiedung der Datenschutzgrundordnung der EU und weiterer in das Themenfeld gehörender EU-Regelungen wird sicherlich auch im Landtag die Diskussion und die Arbeit der Modernisierung des Thüringer Datenschutzrechts befördern. Da bin ich voller Optimismus und Hoffnung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Fiedler
- ja, das ist nett -, Sie haben das ja beschrieben hinsichtlich unserer Vorstellung, dass das alles nicht praktikabel sei, aber, ich denke, Sie haben das Gesetz nicht vollkommen verworfen, so habe ich das Ihrem Redebeitrag hier entnommen. Da will ich mal ganz bei Ihnen sein, wenn wir es erreicht haben als Opposition, dass wir einen Anstoß oder eine Anregung gegeben haben für die Diskussion, eventuell bei der künftigen Gesetzgebung das alles zu berücksichtigen, dann haben wir unsere Rolle als Opposition zumindest heute erfüllt - insofern gern.
Auch bei Herrn Hey habe ich nicht eine grundsätzliche Ablehnung zur Kenntnis genommen. Er hat sich ein bisschen vergaloppiert, deswegen hat Herr Fiedler bestimmt auch gesagt, er ist nicht ganz bei Ihnen, was den Inhalt betraf. Der Spagat zum Kommunalwahlgesetz oder zur Kommunalwahlordnung ist ein bisschen dünn. Wenn Sie gesagt hätten, das Zeitfenster für das Landeswahlgesetz ist nun mal offen und deshalb müssen wir das in der heutigen Gesetzgebung beschließen, da kann man mitgehen, das wäre ein Argument gewesen, aber die Kommunalwahl ist dafür ein bisschen untauglich.
Auch die Diskussion, ich habe mir das noch einmal geben lassen, Herr Adams, als die Frage kam zu historischen Rathäusern. Ich habe mich heute bei meinem Wahlleiter in Sömmerda hinsichtlich Barrierefreiheit erkundigt. Wir haben die zu fast 95 Prozent gegeben. Es gibt wohl eine Einrichtung, wo das nicht ganz funktioniert. Aber auch wir haben in Sömmerda ein historisches Rathaus aus dem Jahr 1539, und auch dort ist die Barrierefreiheit gegeben. Insofern ist das kein Argument. Wir müssen keine alten Rathäuser abreißen, sondern mit ein bisschen gutem Willen und vielleicht dem einen oder anderen Euro, den man in die Hand nehmen müsste, kann man Barrierefreiheit herstellen. Da sind unsere Bürgermeister auch sehr weise, denke ich mal.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns heute in der zweiten Lesung der fünften Änderung des Landeswahlgesetzes. Meine Fraktion hat diesen Änderungsantrag vorgelegt. Den Inhalt haben wir
nicht nur im Innenausschuss, sondern auch im Justizausschuss als mitberatendem Ausschuss schon diskutiert. Der Änderungsantrag knüpft an kritische Positionen an, die ich bereits hier an dieser Stelle schon in der ersten Lesung benannt habe. Das sind Änderungen, die es ermöglichen sollen, dass die Wahlkreiseinteilung angesichts anstehender Gebietsumstrukturierung durch Gemeindefusionen flexibler zu handhaben ist, damit natürlich auch Verwaltungszuordnungen und -gliederungen sowie Verschiebungen der Wahlkreisgröße auf Wahlen hin einfach besser zu berücksichtigen sind. Ich denke, diese Argumente bilden den Schwerpunkt unseres Änderungsantrags.
Meine Fraktion hält es nicht für zielführend - und die Diskussion hat es gezeigt und die Zuschriften haben uns das bewiesen -, wenn über die Köpfe der Bürger hinweg zukünftig Wahlkreisgrenzen mitten durch Kommunen gehen sollen, wie dies zum Beispiel in Weimar vorgesehen ist. Dort gab es ja massive Hinweise nicht nur in unsere Richtung, sondern auch hier an das Parlament bzw. an die Landesregierung, dass der Neuzuschnitt ein unmöglicher Schritt sei. Damit wird nicht nur aus der Sicht des Ortsteilrats Schöndorf, sondern der Wille der Bürgerinnen und Bürger ignoriert, dass dort Strukturen gewachsen sind, was uns immer in der Diskussion, wenn wir mal die Frage über Gebietsstrukturen erörtern, dass gewachsene Strukturen nicht zur Kenntnis genommen werden, Bürgerinteressen nicht zur Kenntnis genommen werden und hier Entscheidungen am grünen Tisch vorgenommen werden. Das, denke ich, sollte so nicht Bestand haben. Doch hier wächst nicht zusammen das sage ich auch ganz deutlich, um bei so einem gut zitierten Spruch zu bleiben -, was nicht zusammengehört. Die Anregungen, meine Damen und Herren, die aus dem Ortsteilrat Schöndorf von dem Ortsteilbürgermeister, von interessierten Bürgerinnen und Bürgern gekommen sind, sollten wir ernst nehmen, sollte die Landesregierung ernst nehmen und bei künftigen Gesetzesvorhaben durchaus berücksichtigen.
Innerhalb der Gemeindegrenzen, meine Damen und Herren, soll es ja in größeren Kommunen, wie zum Beispiel Erfurt, sehr wohl möglich sein, dass mehrere Wahlkreise gebildet werden. Nun mögen manche einwenden, dass doch die Abgeordneten Vertreterinnen und Vertreter der ganzen Bevölkerung seien. Aber wenn die Zuordnung bzw. der Bezug von Abgeordneten zu ihren Wahlkreisen so einfach mal ohne Bedeutung wäre, muss man natürlich die Frage stellen: Warum gibt es dann noch Wahlkreiskandidaten oder Direktmandate im Landtag?
Also, meine Damen und Herren, es ist doch die lokale und regionale Zuordnung, die nicht ohne Be
deutung ist. Und wenn dem so ist, dann sollte die Einteilung eines Wahlkreises zumindest grundlegende Verwaltungseinheiten, die Gemeinden respektieren und diese nicht durchschneiden. Dass wegen des Grundsatzes der Vergleichbarkeit des Stimmgewichts der Wählerstimmen nicht immer jeder Landkreis unangetastet bleibt, denke ich, ist der Notwendigkeit geschuldet, diese beiden Interessen zum Ausgleich zu bringen. Das Argument der annähernden Spiegelbildlichkeit bzw. Widerspiegelung von regionalen Zugehörigkeiten bzw. regionalen Verwaltungszuordnungen ist im Übrigen keine exotische Erfindung von uns, meine Damen und Herren, sondern das gibt es seit Dezember 2011. Da gibt es den Staatsgerichtshof Baden-Württemberg. Dort existiert eine Wahlanfechtungsklage, die ist anhängig. Bei der geht es genau um das anstehende Problem, wie ist durch Trennung von Kommunen durch Wahlkreisgrenzen mit Blick auf Wahlrechtsgrundsätze und Verfassung dieses zu bewerten. Zumal die Möglichkeit der Wahlkreisgestaltung in der Vergangenheit auch in anderen Bundesländern, die ebenfalls nicht von der Versuchung frei waren, den einflussreichen bzw. beratenden regierenden Parteien günstige Ausgangsbedingungen zu verschaffen, das ist auch kein Geheimnis. Man kann also gespannt sein, wie die oben genannte Wahlanfechtungsklage ausgeht.
Meine Damen und Herren, bei den Gemeindegrenzen verschärft der Vorschlag und die Vorgaben unseres Gesetzes die Systematik. Bei der Abweichung von Hundertzahlen - Herr Hey hat es ja benannt - der Wahlkreisgrößen vom Landesdurchschnitt treten unsere Vorschläge für eine gewisse Flexibilisierung ein, immer mit Blick auf die möglichst zeitnahe Widerspiegelung von Gebietsänderungen bei einer Landtagswahl. Hier verlangt das Gesetz bisher, dass bei einer Abweichung von mehr als 25 Prozent angepasst werden muss. Unser Vorschlag geht davon aus, aus dem „muss“ ein „sollen“ zu machen. Sollen heißt eben im Sprachgebrauch des Gesetzes, es muss bei solch einer Abweichung angepasst werden. Eine Ausnahme besteht nur, wenn ein besonderer Fall vorliegt, in dem andere schwerwiegende Interessen und Rechtsgüter es rechtfertigen, keine Anpassung vorzunehmen. Die möglichst zeitnahe Widerspiegelung von Gebietsänderungen im Wahlkreiszuschnitt und Wahlprozedere ist nach Ansicht meiner Fraktion ein solch schwerwiegendes Argument und Rechtsinteresse.
Meine Damen und Herren, eine weitere Stellschraube zur Verbesserung der Anpassungsmöglichkeit ist die Straffung der Zeitschiene. Dazu bestimmt der Änderungsantrag meiner Fraktion einen festen Termin, 45 Monate nach Beginn der Wahlperiode, bis zu dem die Landesregierung den Wahltermin öffentlich bekannt geben muss. Danach erst können die Delegierten zu den Vertreterversamm
lungen zur Aufstellung der Kandidaten und ab dem 48. Monat die Kandidaten selbst bestimmt werden. Bis zur Bekanntgabe des Wahltermins werden Gebietsänderungen noch im Wahlkreiszuschnitt berücksichtigt, danach eben nicht mehr. Im bisher geltenden Gesetz ist das Stichdatum der Anfangstermin der Kandidatenaufstellung. Das erscheint meiner Fraktion folgerichtig und stimmig genug. Nach derzeitiger Gesetzeslage muss sich aber gleichzeitig die Wahlkreiseinteilung in der Zusammensetzung der Vertreterversammlung widerspiegeln.
Es kann also, meine Damen und Herren, nach derzeit geltendem Gesetz passieren, dass im 31. Monat - Herr Fiedler, Sie wollen ja nicht wieder kandidieren, vielleicht ist es für Sie nicht mehr interessant, deshalb sage ich es Ihnen trotzdem noch einmal - nach Beginn der Wahlperiode eine Vertreterversammlung bzw. Delegierte dazu bestimmt werden, dann im 33. Monat nach Beginn der Wahlperiode die Wahlkreiseinteilung geändert wird und dann ab dem 39. Monat nach Beginn der Wahlperiode aber für den neu eingeteilten Wahlkreis Kandidaten aufgestellt werden sollen. Herr Fiedler, eine komplizierte Materie, gebe ich ja gern zu, ich rege mich auch nicht auf, schaffen Sie nicht. Mit Blick auf die Uhr verkürze ich meinen Beitrag, meine Damen und Herren. Ich bedaure es aber grundsätzlich, dass Sie sich - der Diskussion haben Sie sich ja nicht verweigert - aber zumindest nicht dazu bekannt haben, durchaus hier benannte Unstimmigkeiten im Gesetz zu verändern. Wir werden mit Sicherheit nicht müde werden, zu gegebenem Anlass auch hier eine Anpassung wieder vorzuschlagen. Das, was bisher gilt, widerspricht jeglicher Vernunft. Ich denke, das, was wir vorgeschlagen haben, müsste bekannte Defizite ausräumen. Interessant scheint mir auch noch ein Aspekt, der noch nicht zum Tragen gekommen ist, es betrifft aber auch das Hohe Haus. Es gibt auch noch einen Vorschlag des Bundes der Steuerzahler Thüringen e.V. Sie kennen die Ideen nicht nur hinsichtlich der Neueinteilung der Wahlkreise 32 und 12, sondern da gibt es auch eine Forderung, indem die Abgeordnetender Einwohnerzahl angepasst werden soll mit Blick auf alle Flächenländer. Das hieße nach Vorschlag des Bundes der Steuerzahler Thüringen e.V. die Reduzierung der Abgeordneten um die Hälfte hier in diesem Haus.
Auch darüber wird man mit Sicherheit irgendwann mal diskutieren dürfen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hey, ganz so schnell kann ich das Thema nicht ad acta legen, vorgedacht auch der Diskussion im Innen- bzw. auch Justiz- und
Verfassungsausschuss. Die Damen und Herren, die schon etwas länger hier im Parlament tätig sind, wissen, dass uns diese Situation schon mehrfach ereilt hat, also es keine neue Situation ist, aber ich komme noch einmal zum Detail. Sie haben sich ja als CDU und SPD in diesem Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswahlgesetzes dazu verständigt, in weiten Teilen bestimmte redaktionelle Änderungen vorzunehmen. Da kann ich sagen, gut, da kann man politisch darüber hinweggehen, das ist nicht von besonderer Bedeutung, aber eben weil diese Regelmäßigkeiten, sich immer zu einem neuen Landeswahlgesetz verständigen zu müssen, ein altes Problem beinhalten, nämlich dass die demographische Entwicklung und die Anpassungen vorhandener Strukturen nicht gelöst werden. Das ist unmittelbar eine Auswirkung, weshalb wir uns in steter Regelmäßigkeit mit einem neuen Landeswahlgesetz vergnügen dürfen. Da sage ich auch, das hat natürlich damit eine besondere politische Brisanz und das ist das Ansinnen, welches Sie auch formuliert haben, dass einzelne Gemeinden neuen Wahlkreisen zuzuordnen sind, und im speziellen Fall soll hier die Stadt Weimar aufgespaltet werden. An dieser Stelle sagen wir deutlich als Fraktion: Mit uns nicht, ein klares Halt.
Solche Überlegungen, meine Damen und Herren, entbehren jeglicher Logik und jeglicher Vernunft. Das Versagen der Landesregierung, eine klare und moderne Verwaltungsstruktur auf den Weg zu bringen, drückt sich jetzt auch negativ auf Landtagswahlkreise aus; ich hatte es gesagt. Dabei trifft der demographische Wandel die Stadt Weimar besonders, weil ihre Einwohnerzahl entgegen dem landesweiten Trend nicht rückläufig ist. Daraus dürfen aber keine negativen politischen und vor allem demokratischen Folgen für die Einwohner der Stadt Weimar resultieren.
Meine Damen und Herren, der vorgelegte Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist ja auch in sich widersprüchlich, verwässert die bisherige - das kann man ja nachlesen - klare und eindeutige Gesetzeslage und trägt dazu bei, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik weiter reduziert wird. Die gegenwärtigen Verwaltungsstrukturen - das hatte ich auch schon formuliert - sind eben nicht mehr zeitgemäß. Die Grenzen der bestehenden Landkreise und kreisfreien Städte stoßen in allen Lebensbereichen auf ihre eigenen Grenzen. So ist unter den gegenwärtigen Bedingungen des Landeswahlgesetzes, die auch durch den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen grundsätzlich nicht geändert werden, eine Neueinteilung der Landtagswahlkreise nach den Grundsätzen der Einräumigkeit nicht möglich. Das führt dazu, dass vermehrt die Grenzen der Landtagswahlkreise inkongruent zu den Grenzen der Landkreise und kreisfreien Städte verlaufen. Im konkreten Fall wür
de dies bedeuten, dass die Bewohner der einzelnen Ortsteile der Stadt Weimar einem anderen Landtagswahlkreis zugeordnet werden als die Kernstadt und übrige Ortsteile. Den Bürgerinnen und Bürgern - und das haben sie uns auch schon verdeutlicht - ist nicht zu vermitteln, dass bei den Wahlen für die Oberbürgermeister und den Stadtrat andere Wahlkreise bestehen als zum Beispiel bei Landtagswahlen. Das würde dazu führen, dass die Bürgerinnen und Bürger bei gleichlautenden Problemen jeweils unterschiedliche Landtagsabgeordnete als Ansprechpartner hätten. Wir haben diese Fälle leider auch schon in anderen Regionen. Damit würden zusätzliche Barrieren aufgebaut aus unserer Sicht, die dazu führen, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht im erforderlichen Maße mit dem gebotenen Vertrauen, so wie es sein sollte, an ihre Landtagsabgeordneten mit den örtlichen Zuständigkeiten wenden können. Der vorgelegte Gesetzentwurf verwässert in dieser Frage die bisherige eindeutige und klare Gesetzeslage, wonach eine Gemeinde nicht in unterschiedliche Landtagswahlkreise aufgespaltet werden darf. Nach der bisherigen Gesetzeslage dürften einzelne Ortsteile der Stadt Weimar nicht aus dem Wahlkreis ausgegliedert werden. Hier schafft der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen aus unserer Sicht ein neues Konfliktpotenzial.
Im Übrigen berücksichtigt der vorgelegte Entwurf nicht die kurz- und mittelfristig bevorstehenden Gemeindeneugliederungsmaßnahmen. Es ist nicht auszuschließen, dass durch die Neufassung des Landeswahlgesetzes im von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Sinne neue Konfliktfelder auftreten werden, wie sie bereits im Fall von Weimar vorgeschlagen wurden. So ist zum Beispiel auch die Zuordnung der Gemeinde Grabfeld im Landkreis Schmalkalden-Meiningen zum bisherigen Landtagswahlkreis Hildburghausen nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Ich will nicht mutmaßen, was eventuell noch bei den Überlegungen für eine Rolle gespielt hat hinsichtlich Mehrheitsentscheidungen, das lasse ich mal außen vor.
Bei der Bildung der Gemeinde Grabfeld vor fünf Jahren und dem vorangegangenen Verfahren im Rahmen der freiwilligen Neugliederung sowie dem Gesetzgebungsverfahren war es weder der Wille der Einwohnerinnen und Einwohner in den damals selbstständigen Gemeinden und auch nicht der Wille des Landesgesetzgebers, dass die neu gebildete Gemeinde einem neuen Landtagswahlkreis zugeordnet wird. Die Einwohner in der Gemeinde Grabfeld verlieren also ihren bisherigen Bezugspunkt, was die personalisierte Landespolitik betrifft, die gerade im direkt gewählten Abgeordneten zum Ausdruck kommt. Damit würden wir, wie ich es gesagt hatte, das Vertrauen der Menschen in die Politik weiter nachhaltig schädigen.
Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen ist es geraten, die Neueinteilung der Landtagswahlkreise übergangsweise so lange auszusetzen, bis zum Beispiel eine politische Gestaltungsmehrheit im Thüringer Landtag eine grundsätzliche Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform vollziehen kann zum einen.
Deshalb wollen wir auch im Anschluss darüber reden, dass zunächst die Schwankungsreserve zur Berechnung der Abweichung der Einwohnerzahl in den einzelnen Landtagswahlkreisen im Durchschnitt der Einwohnerzahl aller Landtagswahlkreise von bisher 25 - Herr Hey, wie Sie es auch gesagt haben - auf 30 Prozent erhöht werden könnte. Damit könnten wir übergangsweise bis zur grundsätzlichen Neuordnung der einzelnen administrativen Bezirke zunächst die Wahlkreise so belassen, wie sie sind und die Bürgerinnen und Bürger müssten sich deshalb nicht innerhalb von wenigen Jahren auf mehrfache Änderungen bei den Wahlkreisen einstellen.
Meine Damen und Herren, wir werden uns mit Sicherheit erneut bald wieder mit Blick auf die Einwohnerentwicklung über den Zuschnitt der Wahlkreise unterhalten müssen. Ich sage auch sehr deutlich, hoffentlich einmal grundsätzlich. Dabei sollte und darf die Stärke des Parlaments kein Tabuthema sein. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden mir gestatten, dass ich die Gelegenheit auch noch einmal ergreife, auf die Dinge, die meine Vorredner angesprochen haben, kurz einzugehen.
Herr Kollege Gumprecht - ich sehe ihn jetzt gar nicht, doch, da sitzt er, das wäre jetzt natürlich vermessen gewesen, wenn wir über den Datenschutz weiter reden, dass er den Raum verlassen hätte -, Sie haben uns - aus datenschutzrechtlichen Gründen muss er das nicht sagen, das ist richtig, aber ich freue mich, dass er noch hier ist - vorgeworfen, wir würden scheinheilig heute eine Diskussion entfachen gerade zu diesem sensiblen Thema. Wir hätten ja die Möglichkeit ergreifen können vor geraumer Zeit, als wir zu dem Datenschutzgesetz uns 2011 verständigt hatten, das alles schon mal anzusprechen. Sie haben natürlich aber auch ausgeblendet, dass gerade die Personalsituation, und das verhehlen wir natürlich nicht, für uns Anlass war, heute diese Diskussion erneut auf die Tagesordnung zu setzen, weil aus unserer Sicht gerade in dem Punkt das Maß voll ist, meine Damen und Herren.
Das Maß ist voll. Was Sie sich hier erlaubt haben, ist nach außen überhaupt nicht mehr zu vermitteln.
Es ist ein Kuriosum, was hier entstanden ist, ein Skandal,
was Sie mit der Person, dem Datenschutzbeauftragten Herrn Stauch - und er ist mit Sicherheit nicht in meiner politischen Nähe - hier veranstaltet haben. Es war nachzulesen - und da gebe ich meinem Kollegen Bergner vollkommen recht -, dass Sie auch an der Unabhängigkeit dieser Institution Datenschutzbeauftragter kratzen, wird doch hier ganz deutlich.
Da können Sie sich auch nicht rausreden. Die Situation, wie sie entstanden ist, ist für mich kein Beweis dafür, Frau Kollegin Marx, wie Sie gesagt haben, dass hier aus meiner Sicht tiefsinnige und wohlüberlegte Personalentscheidungen getroffen werden. Das war alles andere als das. Ich denke, das belegt es. Damit übe ich überhaupt keine Kritik an den Kandidaten. Ich freue mich über die Kandidaturen, die haben sich gestern auch in unserer Fraktion vorgestellt. Es gibt sicherlich die eine oder andere Gemeinsamkeit, es gibt auch Unterschiede. Ich bin gespannt, wir haben uns gestern geäußert, wer unsere Favoritin sein wird.
Ich freue mich, weil genau unsere inhaltlichen Punkte übrigens durch beide mit unterstützt werden, also die Frage unabhängiges Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein, das ist keine neue Erfin
dung von uns. Wir haben gesehen, gerade zur Frage Google Street View waren datenschutzrechtliche Vorreiter, waren auch mal Ideen, die über die Landesgrenzen hinausgegangen sind, wichtig, weil die Courage gezeigt haben, haben wir gesagt, so etwas wäre für Thüringen auch mal notwendig. Die Bewerber haben sich gestern durchaus sympathisch für diese Idee geäußert. Sie haben gesagt, nicht über kurz, aber über lang eventuell so was in Thüringen auch mal ins Auge zu fassen. Das finde ich doch okay und ist schon mal ein positiver Ansatz.
Herr Gumprecht, Sie haben auch verwiesen auf das neue Datenschutzgesetz, das sei ein sehr ausgewogenes Gesetz, es ist schon gesagt worden. Die Mängel, die damals angesprochen worden sind, nicht nur durch die Opposition, sondern selbst durch den Datenschutzbeauftragten, sind bei Weitem nicht aufgenommen worden aus welchen Gründen auch immer. Allein deshalb konnte ich sagen, kommt nun die Abrechnung mit dem jetzigen Datenschutzbeauftragten, ihn eventuell nicht mehr zu nominieren. Sie haben das Datenschutzgesetz an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angepasst, das ist ja legitim, aber interne Mängel sind nicht aufgenommen worden.
Des Weiteren, das wissen Sie auch, Frau Kollegin Marx, der private Bereich, darüber haben wir lang und breit schon diskutiert, auch hier in aller Öffentlichkeit, der hat bisher noch null Rolle gespielt im Thüringer Datenschutz. Sie wissen ganz genau, dieser private Bereich hängt nach wie vor in der Luft, das Personal ist noch, soweit ich weiß, beim Landesverwaltungsamt angesiedelt mit 0,8 Planstellen und, soweit ich gehört habe, ist man bemüht, hier jetzt Lösungen zu schaffen. Also nach wie vor Unklarheit beim Landesverwaltungsamt, beim hiesigen Personal. Man weiß momentan noch nicht so richtig, wie das weitergehen soll. Ich denke, das ist auch noch mal ein riesiges Problem, was aufgegriffen werden muss.
Sie haben gesagt, Sie können sich freuen über Diskussionen zum Datenschutz. Die Freude können wir noch anreichern im Ausschuss, wenn Sie das möchten, aber Sie haben gesagt, Sie verweigern sich dessen, also insofern bin ich doch schon etwas enttäuscht von Ihrer Rede, die Sie hier gehalten haben. Ich hätte gedacht, dass Sie zumindest auch in diesen Punkten, da können Sie vorwerfen, wir hätten sie schon eher einbringen müssen, aber ich habe gesagt, der Anlass, den Sie selbst geliefert haben, ist Grund genug, diese Fragen jetzt noch einmal erneut in die Diskussion einzubringen und aufzunehmen. Deshalb auch, Herr Bergner, weil Sie gesagt haben, es sei etwas zu spät, ich sage Nein. Der Inhalt und unsere Anträge sind nicht ganz neu, aber der Anlass ist neu dazu.
Auch was der Kollege Adams gesagt hat, die Anstalt öffentlichen Rechts, sage ich auch, wir orientieren uns an dem Beispiel Schleswig-Holstein. Das ist nicht eines der reichsten Bundesländer, weil das Argument kam, die Finanzen stünden eventuell nicht zur Verfügung in Thüringen. Wenn wir uns dieses Beispiels Schleswig-Holstein annehmen, denke ich, wären wir gut aufgestellt.
Und nun lassen Sie mich trotz all der Kritik, die Sie geäußert haben, doch noch einmal Argumente aufgreifen für unseren Gesetzentwurf nach der Forderung nach der Stärkung der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und der Datenschutzstrukturen. Ich möchte ein paar Schwerpunkte benennen, um vielleicht entgegen Ihrer Vorrede den einen oder anderen noch zu überzeugen, die Diskussion im Ausschuss zu suchen.
Natürlich, bitte schön.
Das ist mir bewusst. In dieser Frage sind wir uns einig. Die Debatte führen wir gerne dazu. Wir würden dann auch die Argumente noch einmal sehr tiefgründig dazu abwägen. Das soll aber nicht eine Hinderung sein, gänzlich das Datenschutzzentrum infrage zu stellen.
Für uns war die Loslösung auch von den jetzigen Strukturen ein wichtiger Aspekt. Da sehe ich allein in der Personalentscheidung schon ein schwerwiegendes Argument. Meine Damen und Herren, die Wahl des Datenschutzbeauftragten soll - das hatte meine Kollegin schon angesprochen - anders als bisher mit der Stimmenmehrheit nach unserer Vorstellung von zwei Dritteln geschehen. Das Vorschlagsrecht für Kandidaten steht nicht mehr nur
der Landesregierung zu, sondern auch Personen, die in Thüringen wohnen. Das ist unser Ansatz.
Zur Absicherung der Eignung von Kandidatinnen und Kandidaten gibt es - und das ist ja neu - eine öffentliche Stellenausschreibung. Frau Marx, das hatten Sie ja auch bemängelt und kritisiert. Wenn wir dieses Amt mit Qualität anreichern können, dann ist es doch natürlich eine ganz tolle Geschichte. Allein in der Vorstellung der Personen gestern wurde das schon deutlich, wenn man mal über die Parteigrenzen und Parteitellerrand hinausschaut, ist das nur ein belebendes Element. Es gibt Menschen mit Erfahrungen auf diesem Gebiet, die vollkommen neue Ideen haben, mit unterschiedlichen Ausbildungsgraden, und das ist, denke ich, nur wohltuend.
Ja, bitte schön.
Nein, nein, nein, das habe ich zur Kenntnis genommen, ich habe es noch einmal wiederholt. Neu ist, dass auch von außerhalb des Parlaments und nicht nur durch Vorschlagsrecht der Fraktionen hier in dem Hause Kandidatenvorschläge eingebracht werden können.
Das bitte ich wohlwollend zu unterscheiden. Also stecken Sie mich nicht in das andere Argumentationsfeld.
Meine Damen und Herren, in Umsetzung von Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs wird ja das Amt des Datenschutzbeauftragten aus dem Bereich des Thüringer Landtags gelöst, so unser Ansinnen. Es wird ein unabhängiges Datenschutzzentrum als rechtsfähige Anstalt unter Gewährungsträgerhaft der Finanzierungsgarantie des Landes als eigene
oberste Landesbehörde geschaffen. Wie gesagt, die Frage Landesbehörde wäre da noch einmal zur Diskussion zu stellen. Aus unserer Sicht darf der Datenschutz nicht wie bisher geschehen, unter Haushaltsvorbehalt stehen. Ohne die notwendige Finanzausstattung bleibt eben auch die Aufgabenerfüllung leider ein Papiertiger. Der scheidende Funktionsinhaber hatte ja in seinem letzten Datenschutzbericht auch erhebliche - und das will ich noch einmal deutlich sagen - datenschutzrechtliche Probleme in den Kommunen benannt. Im Zusammenhang damit problematisierte er auch, dass wegen der eingeschränkten personellen und logistischen Ressourcen die notwendige flächendeckende Prüfung nicht möglich war. Für die Bearbeitung solcher und anderer Problemfelder kann in Zukunft ein unabhängiges Datenschutzzentrum durch bessere logistische Bedingungen das schaffen. Dieses Modell arbeitet, wie schon gesagt, erfolgreich, sehr erfolgreich in Schleswig-Holstein. Dort wurde z.B. eine umfangreiche und auch kritische Arbeit gemacht zu Themen, wie ich sie schon benannt habe, z.B. Google Street View. Meine Damen und Herren, die auch im Beirat, im momentanen Datenschutzbeirat mitarbeiten, wissen, wie schwierig die Situation ist. Es werden viele Themen angesprochen, die Fraktionen haben die Möglichkeit, Anträge zu stellen, die werden problematisiert. Aber allein die Frage der Umsetzung obliegt dem Datenschutzbeauftragten und erst nach geraumer Zeit werden Berichte über die entsprechenden Ergebnisse auch an die Abgeordneten weitergeleitet. Auch darin, denke ich, ist ein Mangel zu sehen. Die Frage ist, wie künftig durch einen Datenschutzbeirat oder vielleicht auch in einer anderen Form die datenschutzrechtlichen Dinge hier im Hause aufgearbeitet werden können. Hier mache ich mal ein Ausrufe- und Fragezeichen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist aber auch eine aktuelle, kritische, konstruktive Antwort auf das politisch wie menschlich problematische Geschacher - ich sage das noch mal sehr deutlich - der Regierungskoalition um die Wahl des Datenschutzbeauftragten. Ich denke, die Funktion braucht auch mehr Unabhängigkeit, um den Grund- und Bürgerrechtsschutz gegen zunehmende Eingriffe - und die Diskussion haben wir schon mehrfach geführt - datenhungriger und staatlicher wie auch privater Akteure wirksam durchsetzen zu können. Die stärkere demokratische Legitimation wird in unserem Gesetzentwurf durch das Quorum einer Zweidrittelmehrheit bei der Wahl im Landtag sichergestellt. Damit wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, die Funktion von der Regierung allein mit der Mehrheit der regierungstragenden Fraktionen zu besetzen. Grund- und Bürgerrechtsschutz dürfen nicht zu Verfügungsmasse im politischen Mehrheitsdeal werden. Durch das höhere Abstimmungsquorum wird sichergestellt das ist unser Argument -, dass eine breite Basis für die Entscheidungsfindung geschaffen wird. Auch
andere wichtige Funktionen, wie zum Beispiel die Präsidenten des Rechnungshofs, werden mit einem solchen höheren Stimmquorum, wie Sie das wissen, besetzt.
Eine Stärkung der demokratischen Legitimation des Datenschutzbeauftragten soll in Zukunft auch aus den viel transparenteren und öffentlichen Verfahren zur Suche von Bewerbern ergeben. Jeder Einwohner in Thüringen kann Kandidatenvorschläge beim Landtag einreichen. Die Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten soll sichergestellt werden durch eine konkrete öffentliche Stellenausschreibung. Die Funktion des Datenschutzbeauftragten erfordert zahlreiche Kompetenzen, das ist auch klar, fachlich-inhaltlicher Art wie auch solcher als Leiter des unabhängigen Datenschutzzentrums. Die bürgerrechtlich und grundrechtlich relevante Funktion darf daher nicht als Versorgungsposten missbraucht werden. Die Schaffung eines leistungsfähigen Datenschutzzentrums ist auch wichtig mit Blick auf noch anstehende Reformen. Das heißt, die Diskussion, die wir heute führen, soll ja keinen Schlusspunkt unter das Datenschutzrecht weder beim Bund noch hier in Thüringen setzen. Die lang diskutierte, auch von meiner Fraktion schon lange geforderte und dringend notwendige Modernisierung des Datenschutzes steht trotz anders lautender Ankündigung - auf die Mängel hatte ich verwiesen - der Regierungsseite leider immer noch aus.
Ein wichtiger Unterpunkt der Reform mit Blick auf die Vereinheitlichung und Zusammenfassung der Zuständigkeiten für den öffentlichen und privaten Bereich steht hier eine Ausweitung der Arbeitsaufgaben an. Auch hier ist eine Intensivierung und Prüftätigkeit ebenfalls angesagt. Auch diese mit den anstehenden Reformen wachsende Verantwortung des Datenschutzbeauftragten rechtfertigt die vorgeschlagene Änderung im Stellenbesetzungsverfahren und den Umbau der Arbeitsstrukturen.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion beantragt daher - Sie hätten es bestimmt nicht anders erwartet - die Weiterberatung des Gesetzesentwurfs im Innenausschuss und Justiz- und Verfassungsausschuss. Beide inhaltlichen Schwerpunkte, a) die Steigerung der Transparenz und demokratischen Legitimation sowie b) der Umbau der Datenschutzstrukturen, machen eine möglichst mündliche Anhörung im federführenden Ausschuss sinnvoll. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Präsidentin.
Einfluss des Justizministeriums auf Personalentscheidungen in der Justiz
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Position vertritt die Landesregierung aus welchen Gründen in der Frage der Abschaffung des so genannten „Stichentscheids“ durch den Justizminister gemäß § 49 Abs. 2 ThürRiG?
2. In wie vielen Fällen seit dem Jahr 1999 kam es bezogen auf die Gesamtzahl der Personalentscheidungen - im richterlichen Bereich zum „Stichentscheid“ und insbesondere: Welche Leitungsfunktionen an welchen Gerichten waren davon betroffen?
3. Welche Position nehmen nach Kenntnis der Landesregierung die richterlichen Berufsverbände in Thüringen (Deutscher Richterbund, Neue Richter- vereinigung) zur Frage des Stichentscheids ein?
4. Wie bewertet die Landesregierung die in anderen Bundesländern (z.B. Hamburg) laufenden Aktivitäten zum Ausbau von Selbstverwaltungsstrukturen der Justiz?
Danke, Herr Vorsitzender. Herr Staatssekretär, Sie haben auf den Bericht verwiesen. Wenn dieser nicht gesondert den Stempel „VS“ trägt, wäre es
möglich, diesen zumindest den Abgeordneten des Justiz- und Verfassungsausschusses zur Verfügung zu stellen, weil uns das Thema immer wieder als Déjà-vu-Erlebnis beschäftigen wird?
Entwurf der Landesregierung zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes - Wie weiter?
Ich frage die Landesregierung:
1. Welchen inhaltlichen und „logistischen“ Arbeitsstand haben die Novellierungspläne bzw. der Gesetzentwurf der Landeregierung zum Thüringer Richtergesetz - insbesondere mit Blick auf den im September 2011 von Justizminister Dr. Poppenhäger avisierten Zeitplan?
2. Welche Gründe lassen sich dafür benennen, dass sich der Zeitplan zur Einbringung des Änderungsgesetzentwurfs der Landesregierung zum Thüringer Richtergesetz offensichtlich anders entwickelt hat, als vom Thüringer Justizminister in der Plenardebatte am 16. September 2011 geäußert?
3. Inwiefern, z.B. im Rahmen einer - gegebenenfalls im Herbst 2011 erfolgten - Kabinettsanhörung, berücksichtigt die Landesregierung Auffassungen, Standpunkte und Stellungnahmen richterlicher Berufsverbände und anderer Organisationen bzw. von deren Thüringer Landesverbänden bei der Erarbeitung ihres Änderungsgesetzentwurfs?
4. Inwiefern und warum bleibt die Landesregierung bei ihrer Ablehnung weitergehender Schritte, z.B. ein Landesgesetz zur Schaffung von Selbstverwaltungsstrukturen zu erarbeiten, wie sie vom Deutschen Richterbund (DRB) und der Neuen Richtervereinigung (NRV) vorgeschlagen werden und in anderen Bundesländern, z.B. Hamburg, schon mit ihrer Umsetzung begonnen wird?
Danke. Eine ergibt sich folgerichtig. Welche Zeitschiene schwebt der Landesregierung nun vor hinsichtlich der Einbringung und der Verarbeitung der stattgefundenen Inhalte von den Gesprächen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse, die ihren Ausgang von Thüringen genommen haben, werfen u.a. die Frage auf, ob - und die Diskussion hatten wir heute Morgen schon - zehn Menschen noch am Leben sein könnten, wenn
staatliche Behörden und Stellen in Thüringen, aber auch in anderen Bundesländern und auf Bundesebene anders gehandelt hätten, andere Einschätzungen getroffen hätten in Bezug und im Umgang mit Rechtsextremen bzw. mit dem Rechtsextremismus. Das alles, denke ich, muss umfassend aufgearbeitet werden und es müssen auch die notwendigen umfassenden Konsequenzen daraus gezogen werden. Der Thüringer Landtag muss hier seine parlamentarischen Kontrollrechte so wirksam wie möglich ausüben. Das Instrument des parlamentarischen Untersuchungsausschusses stellt nach allgemeiner Überzeugung das viel beschworene scharfe oder schärfste Schwert zur Kontrolle der Regierung und anderer Behördenbereiche der Exekutive dar, denn ein Untersuchungsausschuss hat mehr Möglichkeiten der Überprüfung und Sachverhaltsaufklärung als andere Parlamentsausschüsse. Das wurde auch in der bisherigen Diskussion um die parlamentarische Aufarbeitung des NSU bzw. der Rechtsextremismusproblematik in Thüringen immer wieder angesprochen. Doch ohne die entsprechenden gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben lässt sich der eben formulierte Anspruch nicht verwirklichen.
Thüringen hat, was sein Recht bzw. Gesetz für Untersuchungsausschüsse angeht, nach Meinung meiner Fraktion erheblichen Verbesserungsbedarf.
Diesen Verbesserungsbedarf haben wir schon in der Vergangenheit deutlich angemeldet. So wurde im Januar 2005 von meiner Fraktion ein entsprechender Gesetzentwurf zur Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes in den Landtag eingebracht und leider von der CDU-Mehrheit im Juni 2005 abgelehnt. Wichtigste inhaltliche Punkte sind:
- Beschränkung der Rechte von Regierung und Exekutive auf Auskunftsverweigerung bzw. Herausgabe auf das verfassungsrechtlich notwendige Maß, so dass zum Beispiel die Aufdeckung und Fehlverhalten nicht mehr als Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Regierung bzw. einer Behörde umgedeutet werden und damit als Begründung für die Verweigerung von Auskunfts- oder Aktenherausgabe herangezogen werden kann;
- oder Stärkung der Oppositions- und Minderheitenrechte zum Beispiel bei Recht mit Bezug auf den Abschlussbericht, also das Recht auf eigenständiges zusammenhängendes Sondervotum, aber auch Schutz des Untersuchungsgegenstandes vor Veränderungen durch die Mehrheit;
- oder der Untersuchungsausschuss bekommt das Recht, darüber zu entscheiden, wann bei Beratungen die Landesregierung anwesend sein darf, grundsätzliches Anwesenheitsrecht der Landesregierung nur noch bei Beweisaufnahmen, so gewinnt
der Parlamentsausschuss notwendige, strategische Freiräume gegenüber der Landesregierung;
- oder die Einführung des Instruments des Ermittlungsbeauftragten, diesen gibt es in ähnlicher Form schon im Rahmen von Bundesuntersuchungsausschüssen, der Ausschuss kann so externen Fachverstand zu Ermittlungen und Aufarbeitung hinzuziehen, der Beauftragte bleibt dem Ausschuss voll verantwortlich und berichtspflichtig;
- oder die Auskunftsverweigerungsrechte von privaten Unternehmen, soweit sie zur Untersuchung anstehen und in öffentliche Vorgänge involviert sind, werden auf das verfassungsrechtlich notwendige Maß beschränkt, hier sieht das bisherige Thüringer Untersuchungsausschussgesetz im Vergleich zu anderen Regelungen einen sehr weitreichenden Schutz vor, der nicht notwendig ist;
- oder die Ausweitung des Öffentlichkeitsprinzips, insbesondere auch bei Zugänglichkeit von Ausschussunterlagen für Journalisten und Forschung etc.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion bringt diese bekannten Reformvorschläge - das gebe ich gern zu -, allerdings in aktualisierter Fassung heute als Gesetzentwurf wieder in den Landtag ein. Nach unserem Verständnis ist eine offene und sachliche, aber auch kritische Diskussion im Justiz- und Verfassungsausschuss im Rahmen einer Anhörung sinnvoll und notwendig. Wenn der angekündigte Untersuchungsausschuss sich nicht ständig - und das ist meine persönliche Anmerkung - auch an den von mir geschilderten Formalien und juristischen Hindernissen festbeißen will - und Herr Fiedler hat heute früh auch auf diese Dinge aufmerksam gemacht, ich verweise auch auf den Untersuchungsausschuss 4/1 - Hotelaffäre - namentlich, damals Bauunternehmer Baumhögger -, so ist diese Gesetzesnovelle notwendig. Frau Marx sagte es, es darf nicht gemauert werden, dann muss auch abgesichert werden, dass der Beton nicht angerührt werden darf. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich gestehe gern, die Diskussion in unserer Fraktion ging auch um die Frage, heute einen Diskussionsbeitrag, einen Redebeitrag zum Staatsvertrag, zum Inhalt hier zu halten oder nicht, weil wir uns natürlich im Vorfeld und das ist ja auch nicht das erste Mal, mit dieser Thematik heute hier in diesem Hohen Hause zum Stichwort Fußfessel auseinandersetzen, sondern im Justizausschuss hat es natürlich auch an entsprechender Stelle eine Rolle gespielt. Ich verhehle nicht, dass auch meine Fraktion durchaus Sympathien für die Einführung der Fußfessel hat und ich gestehe auch, dass wir dem Staatsvertrag so in seiner Form zustimmen werden. Aber wir wären nicht Opposition, wenn wir an dieser Stelle nicht auch die Frage aufwerfen „aber“ und auf ein paar Punkte aufmerksam machen wollen, bei denen wir durchaus Ansätze auch für einen Änderungsbedarf oder zumindest für eine Evaluation der Gesetzgebung eine Notwendigkeit sehen. Insofern bin ich Ihnen wieder dankbar Kollegen der FDP -, wir haben nicht viele Gemeinsamkeiten, aber im Datenschutz und in dem Bereich scheint sich das so anzubahnen - für Ihren Entschließungsantrag, da nehme ich auch mal für mich vorweg und ich hoffe, die Fraktion, der ich angehöre folgt mir in meinem Ansinnen, auch hier zustimmen zu können, was von Ihnen in den drei Punkten diesbezüglich formuliert worden ist.
Meine Damen und Herren, der Länderstaatsvertrag, der hier zur Beratung ansteht, lässt ja in seinem Titel, wer da nicht unmittelbar in der Materie steht, einiges offen, und der Laie erkennt nicht unmittelbar, dass es sich hier umgangssprachlich um die sogenannte Fußfessel handelt. Es ist das Überwachungsinstrument im Rahmen der Führungsaufsicht, das so bezeichnet wird. Dass das gemeinsame Überwachungszentrum in einer hessischen Kommune seinen Sitz gefunden hat und findet, überrascht uns zumindest nicht, die sogenannte Fußfessel ist dort seit Mai 2000 in Gebrauch und damit die längste Zeit im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die elektronische Fußfessel - und das tragen wir mit - kann eine Erleichterung der Aufgaben im Rahmen der Führungsaufsicht darstellen, vor allem in den Fällen, in denen die Betroffenen sonst noch keine Chance hätten, entlassen zu werden. Das ist ein Gewinn in Sachen Resozialisierung und Wiedereingliederung für einen Teil der betroffenen entlassenen Straftäter. Allerdings schafft sie, und das muss man auch deutlich sagen, bei betrof
fenen Personen, welche eben zu früheren Zeiten ohne ein solches Überwachungsinstrument entlassen worden wären, auch einen erhöhten Kontrolldruck. Doch auch bei der Fußfessel gilt, in einem Rechtsstaat soll es auch nur so viel Kontrolle geben, wie es bezogen auf den Einzelfall logischerweise nötig ist und eben nicht mehr. Dieses Instrument der Überwachung des Aufenthalts von Personen kann auch zur Vermeidung von Haft in Justizvollzugsanstalten beitragen, z.B. zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen. Die betroffene Person wird damit nicht gänzlich aus ihrem Lebensalltag gerissen, allerdings sind solche Formen vom Staatsvertrag noch nicht erfasst. Hier stellt sich aus unserer Sicht zumindest eine Hürde dar. Länder, die die Gemeinsame Überwachungsstelle auch dafür nutzen wollen, müssen - so ist es formuliert - mit dem Land Hessen noch eine gesonderte Vereinbarung treffen.
Im Artikel 4 sind diese Vereinbarungen im Detail noch einmal beschrieben, ich will sie trotzdem noch einmal nennen: Bei z.B. Außervollzugsetzung eines Haftbefehls oder bei Gnadenerweisen oder bei der Vermeidung der Vollstreckung von kurzen Freiheitsstrafen oder zur Überwachung vollzugsöffnender Maßnahmen usw. Das sind genau die Dinge, bei denen noch Sondervereinbarungen der jeweiligen Länder mit Hessen getroffen werden müssen.
Hier stellt sich natürlich auch die Frage der Finanzierung, die ist dann weiter hinten auf Seite 6 noch einmal formuliert, dass auch dafür extern nach dem Königsteiner Schlüssel, so wie es der Minister hier dargestellt hat, ebenfalls noch einmal Finanzierungsmodelle entwickelt werden müssen.
Dass die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder selbst offensichtlich keine hoheitlichen Maßnahmen und Weisungen erteilen darf und dafür weiterhin nur die eigentlich zuständigen Stellen der Länder befugt sind, ist mit Blick auf die Rechtsklarheit für die von der Überwachungsmaßnahme Betroffenen zu begrüßen. In der Praxis zu klären bleibt, wie die Zusammenarbeit zwischen der zentralen Stelle in Hessen und den eigentlich zuständigen Behörden vor Ort ohne - und das ist ein wichtiger Aspekt - Organisationsverluste gestaltet werden kann. Da sind auch bestimmte Maßnahmen verankert, die Entwicklung von Maßnahmen auf der Seite 6 des Papiers. Darin wird für den Einsatz und Aufwendungen der elektronischen Fußfessel noch einmal eine bestimmte Definition erwartet. Das ist aus unserer Sicht offen und zu klären. Insofern bleibt auch diese Frage offen und gibt weitere Gestaltungsmöglichkeiten auch in unserer parlamentarischen Arbeit.
Allerdings ist dies ein Mittel, das im Rahmen einer elektronischen 24-Stunden-Observation - so haben wir es einmal formuliert - ein totales Bewegungsprofil des Betroffenen liefert. Damit stellen sich
auch datenschutzrechtliche Fragen, auf die ich eingangs kurz verwiesen habe. Es fallen dabei auch entsprechende persönliche personenbezogene Daten und Datenmengen an. Mit diesen verfassungsrechtlichen Belangen - siehe Antrag der FDP, Sie haben ja auf diesen Sachverhalt hingewiesen - sind auch die Interessen der Allgemeinheit und potenzieller Opfer an der Verhinderung von Straftaten abzuwägen.
Aus dem vorliegenden Material zu dem Staatsvertrag und seinem Inhalt ist nicht genau zu entnehmen, ob und in welchem Umfang diese datenschutzrechtlichen Aspekte mit Blick auf die zentrale Überwachungsstelle in Hessen der Länder geprüft und geklärt werden und wurden. Diese Aspekte sind aus unserer Sicht umso dringlicher, als mit der Zentralstelle auch ein bundesweit zentraler Datenpool entsteht. Datenschützer sehen solche zentralen Datensammelballungen grundsätzlich kritisch. Wenn man die Fußfessel als Instrument im Rahmen der Führungsaufsicht oder im Rahmen von Strafvermeidungsprogrammen für zulässig und sinnvoll erachtet, müssen aber erst solche Nebenwirkungen im Bereich Datenschutz mit geprüft werden. Daher sollte die Umsetzung des Staatsvertrages zur elektronischen Fußfessel, vor allem auch die Arbeit der Gemeinsamen Überwachungsstelle aufmerksam kritisch begleitet und nach spätestens - wir hatten einmal formuliert - zwei Jahren, die Kollegen der FDP-Fraktion haben jetzt in ihrem Antrag festgelegt bis 01.01.2013, auch damit kann ich selbstverständlich leben, diese Fragen evaluiert werden, was gegebenenfalls auch eine Nachjustierung des Staatsvertrags aus unserer Sicht bedeuten könnte. Es fällt auf, dass das Thema Fußfessel ohne breitere gesellschaftliche Diskussion nun bundesweit und mit Überwachungsstelle zentralisiert ziemlich schnell eingeführt wurde. Dabei wäre es aus unserer Sicht sinnvoll gewesen auch hier im Landtag, sich die hessischen Erfahrungen noch einmal genauer anzuschauen. Es gibt übrigens auch Erfahrungen aus anderen Staaten. Gerade in den skandinavischen Ländern ist die Fußfessel nichts Neues. Auch in Amerika hat man diesbezüglich, in den USA, Erfahrungen sammeln dürfen, die nicht immer die besten waren. Es gibt also nicht nur neue Erfindungen hinsichtlich dieser elektronischen Gerätschaft, sondern es gibt auch immer Gegenmaßnahmen, wie diese ausgehöhlt und umgangen werden können. Aber das ist ein weiteres technisches Detail, was ich hier an der Stelle nicht näher ausführen möchte. Aber dann kam, Sie können sich erinnern, 2009 das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur nachträglichen Sicherungsverwahrung eben mit der Folge, dass zahlreiche Betroffene entlassen werden mussten. Genau in diesem Windschatten dieser Ereignisse wurde die Fußfessel dann sehr schnell hoffähig als Hilfsmittel zur Lösung praktischer Folgeprobleme erkannt. Umso wichtiger ist aus unserer Sicht, meine Damen und
Herren, nun die aufmerksame Auswertung der Umsetzung des Staatsvertrags und seiner Evaluierung. Wir stimmen diesem Staatsvertrag so in seiner Form zu und würden auch, wie gesagt, dem Antrag der FDP-Fraktion folgen können, nach einem Jahr eine Evaluierung vorzunehmen. Danke schön.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Kollege Bergner, zu Ihrem Entschließungsantrag: Wir haben in den Redebeiträgen gehört, dass es durchaus nachvollziehbare Gründe gebe und der Kollege Scherer hat auf die Evaluierung aufmerksam gemacht, Ihr Antrag lautet 1. Januar 2013. Ich habe gesagt, ich könnte auch damit leben. Eines eurer Argumente war der Wahltermin 2014, den klammere ich mal aus. Aber ein nachvollziehbares Argument vom Kollegen Scherer wäre ja wirklich, anhand entsprechender Fälle, die auftreten, das eventuell noch um ein Jahr zu verschieben. Wäre es denn möglich, da wir uns hier momentan im großen Konsens befinden, dass Ihre Fraktion sich auch diesem Ansinnen nähern könnte, den Termin um ein Jahr zu schieben?
Danke, Herr Präsident.
Verkauf eines Herrenhauses bzw. Rittergutes in Guthmannshausen
In den Thüringer Medien, z. B. der „Thüringer Allgemeinen“ vom 28. September 2011 wird über den Verkauf eines Herrenhauses bzw. Rittergutes in Guthmannshausen im Landkreis Sömmerda berichtet. Nach diesen Medienberichten gibt es Anhaltspunkte, dass die nach dem Erwerb durch öffentlich bisher unbekannte Personen das Anwesen auch von Organisationen genutzt werden könnte, die von Fachleuten als rechtsextrem eingestuft werden. So wird in den Medienberichten auf den Verein „Gedächtnisstätte“ Bezug genommen. In der Vergangenheit wurde von der Landesregierung und anderen Landesbehörden gegenüber den Kommunen immer wieder darauf verwiesen, dass die Kommunen bei solchen Verkäufen besonders achtsam sein sollen. Im vorliegenden Fall in Guthmannshausen kommt hinzu, dass auf der Verkäuferseite offensichtlich keine Kommune, aber das Land beteiligt gewesen sein soll.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welcher Form waren bzw. sind öffentliche Stellen an der Veräußerung bzw. Übertragung des Herrenhauses/Rittergutes in Guthmannshausen beteiligt - insbesondere in welcher Weise war das Land auf der Seite der bzw. des Veräußerers beteiligt?
2. Welche Verbindungen des Käufers bzw. der Käufer zu dem Verein „Gedächtnisstätte“ oder anderen rechtsextremen Organisationen bzw. Absichten der Erwerber zur zukünftigen Nutzungsüberlassung an solche Organisationen und Gruppen sind der Landesregierung bekannt?
3. Wie viele bzw. welche Art von potenziellen Erwerbern (Organisationen/Einzelpersonen) standen auch unter der Berücksichtigung einer Vermeidung des Problems „spätere Nutzung durch Rechtsextreme“ - nach Ansicht des an der Veräußerung beteiligten Landes - für das Grundstücksgeschäft in Guthmannshausen zur Auswahl?
4. Wie ist nach Ansicht der Landesregierung nach Bekanntwerden der o.g. Problematik in dem Grundstücksgeschäft in Guthmannshausen weiter zu verfahren?
Danke, Herr Staatssekretär. Ich hatte in meiner Fragestellung darauf aufmerksam gemacht, dass es Empfehlungen seitens der Landesregierung durch Staatsschutz und Verfassungsschutz für die Kommunen gibt, wie in solchen Fällen zu verfahren ist bzw. worauf Rücksicht zu nehmen ist. Sehen Sie denn in der Vertragsgestaltung eine Möglichkeit, den Verkauf rückabzuwickeln?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Meyer, Sie hatten mir zwei Sätze zugesichert, Sie sind bei einem geblieben. Ich möchte trotzdem noch auf ein paar Argumente eingehen. Wir waren die Fraktion, die eine Ausschussüberweisung beantragt hat und haben es diesbezüglich begründet, bedauerlicherweise hat dies keine Mehrheit gefunden, deshalb sei es mir nun gestattet, wo man meint, es sei ein rein förmliches Gesetz, doch noch ein paar inhaltliche Anmerkungen zu machen.
Meine Fraktion empfindet es als richtig, dass die Regelung über die Zuordnung der Wirtschaftsstrafsachen auf Gesetzesebene gehoben wird. Das ist das Positive, das ich gern vorweg nennen möchte. Doch wir wären nicht Opposition, wenn wir nicht darauf aufmerksam machen würden und auf Sachverhalte und Schwachstellen in der Gesetzgebung hinweisen. Es muss im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen über formale neue Zuordnungen hinaus noch mehr getan werden. Das meinen wir als Fraktion DIE LINKE. Die Frage: Warum? In der Vergangenheit, das wissen Sie, kam es in Thüringen immer wieder zu Problemen genau in diesem Aufgabenbereich. Es war - und das ist eine Tatsache - doch so, dass es teilweise zu Verjährungen von Fällen gekommen ist, z.B. wegen Erkrankung von Richtern, verbunden mit der Tatsache, dass keine Ersatzrichter zur Verfügung standen.
Soweit uns bekannt ist nahm die Zahl der Wirtschaftsstrafsachen zu, Schlussfolgerung daraus müsste unserer Auffassung nach sein, die Kapazitäten der Gerichte und Staatsanwaltschaften in Thüringen auszubauen. Hinzu kommt, dass die Fälle immer komplexer werden und damit auch arbeitsaufwendiger. Ein Aspekt erhöhter Komplexität ist sicherlich die Verknüpfung von Wirtschafts
strafsachen und IT-Kriminalität. Hier muss aus unserer Sicht geklärt werden, ob und wie die Arbeitszusammenhänge zwischen den beiden Arbeitsbereichen effizienter gestaltet werden können. Soweit uns bekannt ist, soll es in der Praxis immer mehr Überschneidungen bei Fällen aus diesen Arbeitsbereichen geben.
Meiner Fraktion ist dabei durchaus bewusst, dass man unter Umständen auch die Definition bzw. Zuordnung im Gerichtsverfassungsgesetz überprüfen muss, auch wenn die Frage Computerbetrug ja genau in § 74 c GVG schon ausdrücklich benannt ist. Im Ausschuss für Justiz und Verfassung hat meine Fraktion einen Selbstbefassungsantrag gestellt, um das Themenfeld der Wirtschaftsstrafsachen und ITKriminalität in Thüringen und die Frage der dafür notwendigen Arbeitskapazitäten aktuell aufzuarbeiten.
Die Landesregierung hat signalisiert in Abstimmung mit meiner Fraktion, dass noch Zeitbedarf vorhanden sein muss, um entsprechende Dinge aufzuarbeiten und zu erarbeiten, so dass der Antrag erst im November beraten wird. Wenn die Qualität der Aussagen stimmt, meine Damen und Herren, denke ich, ist dies auch okay.
Allerdings bewegen sich die praktischen Probleme des Themenfeldes nicht so sehr im Bereich der gerichtsorganisatorischen Regelungen, sondern im Bereich der personellen und sächlichen Ausstattung. Die Neuregelung macht zumindest theoretisch den Weg frei, die Arbeitsstruktur bei den Wirtschaftsstrafsachen auszubauen, doch die gesetzliche Regelung allein reicht zur Umsetzung nicht aus.
Meine Damen und Herren, bei der Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen werden auch Fachleute mit wirtschaftlichem, ökonomischem und unternehmerischem Fachwissen gebraucht, Kompetenzen in einem normalen Studium der Rechtswissenschaft werden unserer Auffassung nach nicht in dem Sinne vermittelt. Die Justiz muss also diese Fachleute anwerben oder aber Juristen aus den eigenen Reihen entsprechend aus- und weiterbilden. Dabei sehen wir als Fraktion DIE LINKE das Thema mit der Änderung des Wortlauts des bisherigen § 14 als nicht erledigt an. Das Problem muss im Rahmen der Haushaltsberatung, die wir schon durchaus angesprochen haben, noch konkreter diskutiert und untersetzt werden. Denn die Öffnung der Landgerichtsstandorte für Wirtschaftsstrafsachen über das Landgericht Mühlhausen hinaus darf unserer Auffassung nach kein Papiertiger werden.
Angesichts der steigenden Bedeutung des Arbeitsfeldes Wirtschaftsstrafsachen und des benachbarten Feldes IT-Kriminalität wäre unserer Meinung nach eine Weiterberatung im Ausschuss für Justiz
und Verfassung und eine zumindest schriftliche Anhörung durchaus sinnvoll gewesen. Ich hatte eingangs darauf verwiesen. Leider ist uns das mehrheitlich durch dieses Haus verwehrt worden.
Meine Damen und Herren, am Beratungsverfahren zum vorliegenden Gesetzentwurf wird aber noch ein anderes ganz grundsätzliches Problem deutlich, darauf will ich zum Schluss aufmerksam machen. Die Sinnhaftigkeit des zeitweise grassierenden Befristungswahns bei Landesgesetzen hat in vielen Fällen nicht dazu geführt, dass mit Blick auf die Fristen tatsächlich inhaltlich fundierte Evaluierungsdiskussionen in den betreffenden Themenfeldern geführt wurden. Nur Minister Voß, er ist jetzt nicht hier, hat, das durfte ich vernehmen, in der Ausschussberatung des Haushalts- und Finanzausschusses bei der Frage zum Beispiel des Gerichtsstandorts Arnstadt-Ilmenau den Stift gezückt und seine Notizen gemacht. Vielleicht kann jetzt unter fiskalischen Aspekten Bewegung in die ganze Angelegenheit gebracht werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, als der Thüringer Landtag - ich nehme an, Sie können sich noch genau daran erinnern - vor etwas mehr als einem Jahr den Achten Tätigkeitsbericht des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz debattierte, rankte sich damals die Diskussion und die Debatte um Facebook und damals auch ganz aktuell um die Frage Google Street View. Neben dem Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten lag Ihnen gleichsam die Stellungnahme der Landesregierung zu dem Bericht vor, aber auch ein Antrag meiner Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/1310. Daran, meine Damen und Herren, wird eine Problematik im Bereich des Datenschutzes und der Ausgestaltung des in der Thüringer Verfassung verankerten und auf Bundesebene sich aus dem sogenannten Volkszählungsurteil aus dem Jahr 1983 entwickelten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung deutlich. Die Trennung des privaten Bereichs vom Bereich der öffentlichen Verwaltung und das Auseinanderfallen von Bundes- und Landesgesetzgebungskompetenz und gegenwärtig noch geltende Zuordnung der Aufsichtsbefugnisse des Datenschutzbeauftragten ausschließlich für den Bereich der öffentlichen Verwaltung. Letzteres soll in Umsetzung des Urteils, wie es der Minister hier schon vorgetragen hat, des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. März 2010 nunmehr korrigiert werden.
Aber das Grundproblem bleibt bestehen, so dass wir auch in Zukunft bedauerlicherweise getrennte
datenschutzrechtliche Regelungen für den privaten Bereich einerseits und andererseits für den Bereich der öffentlichen Verwaltung haben werden. Wir sollten die Debatte um die Novellierung des Thüringer Landesdatenschutzgesetzes deshalb auch dafür nutzen, uns darüber auszutauschen, ob Thüringen initiativ für ein für Bund und Länder einheitliches Datenschutzrecht und für einheitlich und übersichtlich strukturierte Datenschutzregelungen für den privaten und den staatlichen Bereich werden sollte.
Bemerkenswert - meine Damen und Herren, lassen Sie mich das auch in dem Zusammenhang hier deutlich sagen - war ja vor Kurzem die Pressemitteilung des Thüringer Datenschutzbeauftragten. Ich sage sehr deutlich: Die Punkte, die dort aufgeführt worden sind, finden auch die Unterstützung meiner Fraktion. Ich freue mich, dass auch ein gewisser Biss deutlich wird durch den Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz, für die eigene Sache zu streiten. Die Punkte, die dort benannt worden sind, sind ja auch nicht neu. Die Kollegen in SchleswigHolstein und auch in Sachsen haben deutlich gemacht, gerade im Problemlager Google Street View und auch Handygate, was alles möglich und machbar ist. Es zeigt aber auch deutlich im Rahmen dieser Pressemitteilung, dass es ein Spannungsverhältnis zwischen Datenschutzbeauftragtem und Landesregierung, implizit auch wohl Innenministerium, gibt hinsichtlich der eigentlich üblicherweise zu erarbeitenden Verfahrensweise eines Gesetzentwurfs, indem Gedanken, die dort eingebracht werden sollten, negiert worden sind - das ist sehr fragwürdig.
Aber nun zur Novellierung des Thüringer Datenschutzgesetzes selbst. In dem bereits erwähnten Antrag meiner Fraktion vom August 2010 hatten wir die Landesregierung aufgefordert, dem Landtag eine Novellierung des Thüringer Datenschutzgesetzes vorzulegen. Dies hat die Koalitionsmehrheit abgelehnt und zu unserem auch qualitativ untersetzten Antrag zur Begründung ausgeführt, dass die Landesregierung eine Novelle vorbereitet und ich zitiere den Abgeordneten Schröter, ich weiß nicht, ob er sich heute auch zu Wort meldet - es sei überholt. 12 Monate später liegt nun ein Gesetzentwurf vor, ich denke, ein klarer Fall von überholen statt einzuholen.
Die Fraktion DIE LINKE hatte Ihnen bereits damals notwendige Punkte für eine notwendige Novellierung benannt, die sich auch im Konzept für ein modernes Datenschutzrecht des 21. Jahrhunderts der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder wiederfinden lassen. An der damals formulierten Zielstellung werden wir den in der Drucksache 5/3086 vorliegenden Gesetzentwurf messen, so dass ich im Folgenden einige Punkte beispielhaft benennen und bewerten werde.
Es geht erstens um die Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs, insbesondere zur völligen Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht und der Vorratsdatenspeicherung. Es ist bereits mehrfach hier im Thüringer Landtag, zuletzt bei der Beratung des Gesetzentwurfs der FDP-Fraktion, thematisiert worden, dass Thüringen gegen Artikel 28 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr insofern verstößt, dass die Kontrolle der Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch nicht öffentliche Stellen durch das Landesverwaltungsamt, also eine staatliche Behörde, ausgeübt wird und damit nicht sichergestellt ist, dass die Kontrolle der Bearbeitung von personenbezogenen Daten in völliger Unabhängigkeit ausgeübt wird. Das geht so nicht, war aber in Thüringen bedauernswerte Praxis. Die Landesregierung schlägt nun vor, die Verantwortung für die Kontrolle der öffentlichen wie auch nicht öffentlichen Stellen beim Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz zusammenzuführen - ich verweise auf § 41 Abs. 1 - und dem Landesbeauftragten die Stellung einer obersten Landesbehörde in § 36 Abs. 4 zuweist. Dass es gegen eine solche Regelung keinerlei Einwände gibt, wenngleich die Einrichtung eines unabhängigen Datenschutzzentrums vergleichbar Schleswig-Holstein alternativ durchaus vorstellbar ist, wurde bereits in der Beratung des FDP-Gesetzentwurfs deutlich, den die Koalition aber noch im Mai dieses Jahres, meine Damen und Herren, ablehnte.
Wie die FDP-Fraktion sieht aber auch die Landesregierung Zweifel an einer vollständigen Unabhängigkeit und nimmt mit der Formulierung „soweit nicht die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten für den Datenschutz beeinträchtig ist“ - das haben Sie auch noch einmal deutlich gesagt in § 36 Abs. 1 - eine Einschränkung der vollständigen Unabhängigkeit vor. Hier, das sage ich sehr deutlich, fordern wir eine politische wie auch rechtssichere Klarheit, das heißt eine vollständige, unabhängige Kontrolle durch den Landesbeauftragten, die keinerlei Dienstaufsicht unterliegt. Wir sehen konkreten Nachbesserungsbedarf an dieser Stelle.
Angesichts der Haushaltsberatung - auch in diesem Zusammenhang noch eine Bemerkung - ist bereits heute, meine Damen und Herren, und umso mehr bei der künftigen Zusammenlegung der Kontrollbereiche beim Datenschutz eine bessere personelle, logistische, aber auch finanzielle Ausstattung notwendig. Das muss man auch noch einmal sehr deutlich formulieren. Die bisherigen Ausstattungsschwächen wurden insbesondere bei der nur stichprobenartig möglichen Überprüfung der Thüringer Kommunen in Sachen Datenschutz deutlich, die zum Teil alarmierende Prüfungsergebnisse in den
Kommunen zutage förderten. Aus diesem Grund ist es nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung einerseits von veränderten Anforderungen sowohl im Koalitionsvertrag als auch im Gesetzentwurf spricht, es andererseits aber dabei belässt, die bisherigen Stellen, Personal und Sachmittel aus dem Landesverwaltungsamt zu übertragen. Dies entspricht weder den veränderten und gewachsenen Anforderungen im Bereich des Datenschutzes noch den durch die Kontrolle zutage getretenen Problemlagen vor allem im staatlichen Bereich bei den Kommunen. Moderner Datenschutz, der auf die veränderten technischen Möglichkeiten reagiert, braucht nicht nur Kontrollinstanzen, er braucht diese in einer solchen Ausstattung, dass Kontrollen kein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben, sondern dass aus stetiger Kontrolle ein veränderter Umgang mit sensiblen personenbezogenen Daten im Sinne des Artikels 6 der Thüringer Verfassung erwächst.
Es ist auch unverständlich, hier erwarten wir eine Korrektur, dass der vorliegende Haushaltsentwurf diese veränderte Struktur nicht sichtbar macht. Bei der Polizeistruktur zum Beispiel waren Sie im Übrigen nicht so zimperlich und haben einen Gesetzentwurf bereits zur Grundlage Ihres Haushaltsentwurfs gemacht, obwohl hier Widerstand aus nahezu allen Fraktionen signalisiert wurde, anders etwa als bei der Aufgabenübertragung auf den Datenschutzbeauftragten. Hier erwarten wir von Ihnen, dass Sie klare Zahlen auf den Tisch legen, mit welchem Personal und welchen zur Verfügung stehenden Sachmitteln der Datenschutzbeauftragte künftig seine Aufgaben versehen kann.
Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, Verankerung konkreter Schutzziele und Grundsätze insbesondere im Prinzip der Datensparsamkeit. Zumindest teilweise wohlwollend habe ich vor einem Jahr die Aussage von Ihnen, Frau Kollegin Marx, zur Kenntnis genommen. Sie sagten damals, die erlaubte Datensammlung und -verwertung von vornherein einzugrenzen ist sicher zielführender als lösungsgerechte oder Automatismen im Nachhinein vorzusehen. Wenn Sie, Frau Marx, damit nicht sagen wollten, dass man bei konkreten Verankerungen des Prinzips der Datensparsamkeit auf ausformulierte Schutzrechte für die von Datenerfassung Betroffenen dann verzichten könne, dies gleichfalls konkret und weitestgehend ausformulieren muss oder eher damit meinten, nicht die Nachsorge der Grundrechtsverletzungen sei das Gebot für den Gesetzgeber, sondern der Versuch des vorherigen Ausschlusses, so habe ich Sie verstanden, dann gebe ich auch Ihren Aussagen vollständig recht. In der Tat, die Landesregierung unterbreitet mit dem Änderungsvorschlag zu § 1 Abs. 2 erweiterte Leitlinien zur Datenvermeidung und Datensparsamkeit sowie zur Anonymisierung und Pseudonymisierung,
die über den bisher im Gesetz verankerten Zweck hinausgeht. Es kann durchaus dahingestellt bleiben, ob diese Grundsätze bereits im Rahmen einer Verfassungskonformauslegung im Hinblick auf Artikel 6 der Thüringer Verfassung in der Vergangenheit ohnehin bestanden haben. Eine klar im Gesetz definierte Zielstellung und Zweckbestimmung ist nicht nur im Rahmen für eine einfachgesetzliche Auslegung einzelner Normen von Bedeutung, sie ist eben auch Leitsatz, an dem sich letztendlich jede Datenspeicherung, -verarbeitung und -nutzung orientieren und messen lassen muss. Insofern ist es wünschenswert, wenn wir im Innenausschuss noch einmal gemeinsam überlegen, die Formulierung so konkret wie möglich zu fassen, damit sie auch rechtlich belastbar wird. Ich meine, wir sollten auch Überlegungen mit dem Ziel einer Formulierung anstellen, die an den Ausschluss einer grenzenlosen Speicherung personenbezogener Daten nicht nur einen Aufwandsvorbehalt stellt und da muss ich aktuell in diesem Zusammenhang auf die Erfassung der über 1 Mio. Handyverbindungsdaten in Sachsen eingehen, meine Damen und Herren.
Grundrechte gelten und sie dürfen nicht ihre Gültigkeit dadurch verlieren, dass ein Beamter oder Polizist oder Staatsanwalt oder Mitarbeiter in einer Meldebehörde der Meinung ist, das würde jetzt aber einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen. Die Umkehrung ist richtig. Der Grundrechtseingriff muss für den Staat weitestgehend erschwert sein und das Datenschutzgesetz ist ein Instrument hierfür, das auch nicht durch Spezialgesetze wie das Polizeiaufgabengesetz oder das Verfassungsschutzgesetz unterlaufen werden darf.
Zum Verbot der Profilbildung, meine Damen und Herren: Im privaten Bereich haben wir das Problem der Profilbildung bereits. Die Auswirkungen in der individuellen Lebensgestaltung sind bislang noch gar nicht absehbar, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Nutzung mobil auslesbarer Speichermedien und der Errichtung von Verbundverfahren. Auch im staatlichen Bereich ist die Aufnahme einer Regelung des Verbots der Verknüpfung von personenbezogenen Daten aus verschiedenen Erhebungen zu begrüßen. Die von der Landesregierung vorgeschlagene Regelung ist wohl eher als, ich will es mal so formulieren, butterweicher Ausschluss mit den Lizenzen zur Umgehung zu bezeichnen. Wir wünschen uns hier ein eindeutiges Verbot der Profilbildung durch staatliche Stellen. Nur im Falle einer gesetzlichen Ermächtigung zum Schutz von Grundrechten wäre eine Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Erhebungen überhaupt vorstellbar. Die Profilierung ist unbestritten. Weitgehender Eingriff in das Grundrecht, auch informationelle Selbstbestimmung, und der Staat als den Bürgern übergeordnete Instanz mit der gesetzlichen Ermächtigung zum
Grundrechtseingriff und dem Monopol der Gewaltanwendung ist nicht nur, Sie kennen das Beispiel, die Rewe-Handelskette und andere, die mal eben Kundenkarten ausreicht.
Zur Stärkung der Betroffenenrechte, zum Beispiel Transparenz der IT-Prozesse: Ich habe bereits die Verbundverfahren angesprochen, also die Verfahren, die automatisiert mehreren datenverarbeitenden Stellen gemeinsam die Verarbeitung personenbezogener Daten ermöglicht. Zur Stärkung der Betroffenen und zur Stärkung der Transparenz gehört es auch, die Festlegung zu Verbundverfahren nicht nur außerhalb der Verfahrensverzeichnisse nach § 10 zu erfassen und Einsichtsrechte zu gewähren, sondern im Interesse weitgehender Transparenz gehören die Verbundverfahren einschließlich der beteiligten Stellen zum unmittelbaren Bestandteil des Verfahrensverzeichnisses.
Dann komme ich zu einem weiteren Punkt, zum Beispiel bürger- und anwenderfreundliche klare Strukturierung und Formulierung des Gesetzestextes. Am Beispiel dieser Verbundverfahren wird ja deutlich, dass auch der Gesetzentwurf der Landesregierung diesem Anspruch nicht gerecht wird. Die schriftlichen Festlegungen zum Verbundverfahren können genauso eingesehen werden wie die Verfahrensverzeichnisse, werden dort aber nicht selbst aufgeführt. Betroffene von Verbundverfahren können zwar ihre Rechte gegenüber den beteiligten Behörden geltend machen, diese Rechte sind aber konkret nicht in § 5 Rechte des Betroffenen. Eine anwenderfreundliche und rechtsklare Struktur für diejenigen, die das Gesetz schützen sollen, sieht aus unserer Sicht anders aus.