Protokoll der Sitzung vom 15.04.2011

Nichts anderes habe ich eben vorgetragen.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, Sie sagten mehr als BAföG.)

Wer einen Bachelor-Abschluss habe, sei vollständig ausgebildet, steht hier, und verdiene ein höheres Praktikumsgehalt und dann sei von mindestens 800 € die Rede. Das halte ich für sportlich für Absolventen. Aber gut, das müssen Sie mit Ihrem Gewissen vereinbaren. Bei der CDU seien Praktikanten zum Nulltarif beschäftigt, steht in der Agenturmeldung.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein bisschen viel, das passt nicht.)

Zu dem Beitrag, den wir da eben gehört haben, das ist schon einigermaßen spannend. Sie zitieren eine Abgeordnete des Europäischen Parlaments und vermischen hier aber offensichtlich etwas, um das es hier geht, mit etwas, um das es hier nicht geht. Es geht gerade nicht darum, dass wir etwa ein Mindesteinkommen in irgendeiner Form in der freien Wirtschaft fordern. In der freien Wirtschaft gilt Vertragsfreiheit, da kann man sich tatsächlich vorbildlich verhalten und kann sein Praktikum dort absolvieren, wo ordentlich gezahlt wird.

(Beifall FDP)

Ich spreche hier für unseren Zuständigkeitsbereich. Das ist das Land Thüringen als öffentlicher Arbeitgeber. Da ist es leider so, dass das Parlament ein bisschen Druck machen muss, damit sich etwas bewegt.

(Beifall FDP)

In der Broschüre des DGB unter dem Titel „Faires Praktikum“ heißt es: Während des Studiums sollte angemessene Entschädigung gezahlt werden, die sich an der Ausbildungsvergütung der jeweiligen Branche orientiert und jedenfalls 300 € im Monat sollten nicht unterschritten werden. Dem ist nichts hinzuzufügen. Herzlichen Dank, ich finde, genau das ist richtig.

(Beifall FDP)

Ich glaube, wir alle haben eine ungefähre Vorstellung davon, was laut Tarifvertrag der Länder für typische Ausbildungsberufe, die wir in der Landesverwaltung anbieten, für Vergütungen üblich sind. Daran möge man sich orientieren.

Mir ist auch noch der Leitantrag des SPD-Vorstands zum Parteitag 2010 in die Hände gefallen. Da steht drin: Praktikanten müssen besser abgesichert werden; wo reguläre Arbeit geleistet wird, muss auch regulär bezahlt werden.

(Beifall SPD, FDP)

Tatsächlich ist das Problem, das Land Thüringen steht im Wettbewerb um die besten Köpfe. Ingenieure, Volkswirtschaftler und Betriebswirtschaftler wissen, dass sie gut bezahlt werden, wenn sie Praktika machen. Wenn wir solche Leute für unsere Landesverwaltung gewinnen wollen, dann müssen wir schlechthin unter Wettbewerbsbedingungen ordentliche Praktikantenvergütung anbieten.

Herr Recknagel, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich bin sofort fertig. Mittelständler und Großbetriebe machen das vor, die haben das erkannt. Der öffentliche Dienst ist hier noch etwas hinterher, deshalb unser Antrag. Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie hält Reisekosten für ausreichend, ich glaube, dass Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung beispielsweise damit nicht abgedeckt sind.

Herr Recknagel, Ihre Redezeit ist jetzt schon eine Weile zu Ende.

Nehmen Sie sich die Privatwirtschaft zum Vorbild. Danke schön.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Wenn man dreimal lügt, ist es dreimal eine Frechheit.)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Vonseiten der Regierung hat sich Staatssekretär Dr. Spaeth zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Das ist eine Unverschämtheit, nach einer schriftlichen Antwort so zu lügen. Das habe ich noch nie erlebt, das ist eine Unver- schämtheit.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung möchte ich zu dem Tagesordnungspunkt wie folgt Stellung nehmen. Erlauben Sie mir vorher noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen.

Der für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder einschlägige Tarifvertrag über die Regelungen der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen und Praktikanten in der seit dem 1. März 2009 weitergeltenden vorläufigen Fassung legt verbindlich für bestimmte Berufspraktika die Höhe eines monatlich zu zahlenden Entgelts fest. Ich möchte jetzt einmal ganz kurz aus dem Tarifvertrag zitieren, damit wir wissen, worüber wir reden. Nach § 2 Abs. 1 werden für die Sozialarbeiter ab 1. März 2010 1.074,60 € gezahlt. Er gilt jedoch - dieser Tarifvertrag - nur für einen eingeschränkten Personenkreis. Er gilt insbesondere nicht für Personen, die während ihrer theoretischen schulischen Ausbildung Praktika ableisten. Schon mit Urteil vom 19. Juni 1974, AZ 436/73, hat das BAG unter anderem entschieden, dass sich die Rechtsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien nur auf Arbeitsverhältnisse und nicht auf öffentlich-rechtliche Gewaltverhältnisse und im schulischen Bereich auf Schüler und Studenten richtet. Deshalb haben die öffentlichen Arbeitgeber, der Bund, die Tarifgemeinschaft der Länder und Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände für die nicht unter die Praktikantentarifverträge fallenden Praktikantinnen und Praktikanten besondere Richtlinien erlassen. Diese Richtlinien unterscheiden wiederum zwischen Praktikantinnen und Praktikanten, die unter den Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes fallen, und solchen, für die dieses Gesetz nicht eingreift. Nach dem bereits erwähnten BAG-Urteil greifen die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes insbesondere nicht ein für Praktikantinnen und Praktikanten, die ein Praktikum ableisten, das Bestandteil einer Schul- oder Hochschulausbildung ist. Für diese Gruppe besteht nach Buchstabe b der für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Praktikantenrichtlinien vom 17. März 2010 zwar grundsätzlich die Möglichkeit einer Beschäftigung, jedoch kein gesetzlicher Anspruch einer Vergütung dafür. Weiter wird darauf hingewiesen, dass eine Vergütung, wenn überhaupt, nur in Betracht kommen kann, sofern ein besonderes Interesse an der Beschäftigung besteht. Insofern ist die Beschäftigung dieser Personengruppen von vornherein in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt und eng auszulegen. Ob ein besonderes Interesse vorliegt, ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen. Hier kämen zum Beispiel arbeitsmarkt- oder beschäftigungspolitische Gründe in Betracht. Wird das Interesse bejaht, kann der Arbeitgeber eine monatliche Vergütung bis zu der in den Praktikantenrichtlinien der TdL ausgewiesenen Höchstgrenze von 370 € zahlen. Diese Regelung

hat sich in den Ländern bewährt. Insbesondere die Interessenabwägung im Einzelfall lässt sich nur in Abhängigkeit von den jeweiligen Studienerfordernissen der Praktikantin oder des Praktikanten als auch von den zur Verfügung stehenden Ausbildungsmöglichkeiten und Ausbildungskapazitäten sowie den finanziellen Mitteln in der Dienststelle im konkreten Fall beurteilen. Die Mitglieder der TdL sind satzungsgemäß gehalten, die Interessen aller Mitgliedsländer an der Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen des öffentlichen Dienstes, insbesondere durch den Abschluss von Tarifverträgen und sonstigen Vereinbarungen, zu wahren. Insofern ist es der Landesregierung verwehrt, die für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Praktikantenrichtlinien durch eigene Richtlinien abzulösen, zu erweitern oder zu ergänzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe deshalb leider keine Möglichkeit, dem Antrag der Fraktion der FDP auf Landesebene nachzukommen, da eine Regelung für den von Ihnen vorgetragenen Sachverhalt bereits besteht. Ich danke Ihnen.

Herr Staatssekretär Dr. Spaeth, gestatten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Recknagel?

Ja, klar.

Danke schön, Herr Staatssekretär. Sehen Sie grundsätzlich die Möglichkeit, dass die Thüringer Landesregierung bei einer demnächst anstehenden Änderung des Tarifvertrags darauf hinwirkt, dass Praktikanten eine andere, eine höhere Bezahlung bekommen?

Das kann man durchaus im Rahmen der TdL thematisieren, das ist nicht ausgeschlossen.

(Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Mindest- lohn, Herr Recknagel.)

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Dr. Spaeth. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und es wurde Ausschussüberweisung beantragt an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Es gibt eine weitere Wortmeldung.

Nein, Frau Präsidentin, ich wollte Sie nur bitten, den Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie darauf hinzuweisen, dass es guter Parlamentsbrauch ist, dass sich die Regierungsbänke mit Meinungsäußerungen und Wortmeldungen zurückhalten.

(Beifall FDP)

Sehr geehrter Herr Barth, als amtierende Präsidentin ist mir durchaus bekannt, wo und wie ich „bezüglich der Ordnung“ eingreifen kann und darf, und ich habe kein Weisungsrecht gegenüber der Regierung. Ich glaube, es haben aber jetzt durchaus alle gehört, was Sie gesagt haben.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Außerdem hat er es sehr zurückhaltend ge- macht.)

Ich fahre jetzt also fort. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt, und zwar an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Ich frage, wer dieser Ausschussüberweisung die Zustimmung erteilt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Für die Ausschussüberweisung stimmen die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FDP. Wer stimmt dagegen? Bitte das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen der CDU und der SPD. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich komme direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/2493. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der FDP-Fraktion und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus der CDU- und der SPDFraktion. Gibt es Enthaltungen? Es enthält sich die Fraktion DIE LINKE und Herr Dr. Augsten hat sich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ebenfalls enthalten. Dennoch muss ich Ihnen mitteilen, dass der Antrag abgelehnt ist. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Aufgrund einer Vereinbarung unter den Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern rufen wir heute noch einen Tagesordnungspunkt auf, und zwar den Tagesordnungspunkt 22 a

Parlamentarische Aufklärung zu Unregelmäßigkeiten bei Beschaffungen durch das Thüringer Innenministerium

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2580 dazu: Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/2584

Dieser wird ohne Aussprache aufgerufen. Herr Blechschmidt hat sich dazu zu Wort gemeldet.

Danke, Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion beantrage ich die Überweisung der Drucksachen 5/2580 und 5/2584 an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Innenausschuss, federführend an den Innenausschuss.

Gibt es weitere Wortmeldungen bezüglich Überweisungen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir jetzt zu dem Antrag.

Es wurde Ausschussüberweisung beantragt, zunächst an den Innenausschuss. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU und FDP. Gibt es Gegenstimmen? 1 Gegenstimme gibt es. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Ausschussüberweisung beschlossen.

Es gab eine weitere Ausschussüberweisung, die beantragt wurde, nämlich an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dieser Überweisung von beiden Anträgen zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen von FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Gibt es dazu Gegenstimmen? Da gibt es keine Gegenstimme. Gibt es Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Dann ist auch diese Überweisung hiermit beschlossen.

Wir stimmen jetzt noch über die Federführung für den Innenausschuss ab. Wer dieser Federführung so zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Gibt es Enthaltungen? 1 Enthaltung. Damit ist die Federführung so beschlossen.

Ich darf mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen allen einen guten Nachhauseweg und in der nächsten Woche ein frohes Osterfest.

Ende: 18.08 Uhr