Diese Studie versetzt uns deshalb, glaube ich, in die Lage, in der Tat neue Erkenntnisse zu gewinnen, die im besten Sinne auch zu politischem Handeln führen sollen. Klar ist, das ist unbestritten, dass der Umfang des Niedriglohnsektors in den letzten Jahren seit Mitte der 90er-Jahre deutlich angestiegen ist, und das Thema gesetzlicher Mindestlohn ist ja kein Thema eines politischen Experiments. Wir haben Fakten. Fakten sind: 20 von 27 Staaten in der Europäischen Union haben einen gesetzlichen Mindestlohn, insofern plädiere ich dafür, diese Debatte weniger ideologisch, sondern mehr sachorientiert zu führen. Insofern ist zu begrüßen, dass wir zwischenzeitlich in der Bundesrepublik in neun Branchen branchenbezogene Mindestlöhne haben. Ich will auch ausdrücklich begrüßen das Engagement der Bundesarbeitsministerin, auch der Bundeskanzlerin im Hinblick auf die Erweiterung von branchenspezifischen Mindestlöhnen.
Allerdings, glaube ich, ist auch klar, dass das Thema damit nicht beendet ist. Wenn wir in diese Prognos-Studie schauen, insbesondere in die Auswirkungen auf Thüringen, dann müssen wir feststellen, dass Thüringen im Hinblick auf die Ergebnisse der Prognos-Studie keinesfalls gut abschneidet. 16 Prozent aller Beschäftigten im Bund beziehen einen Stundenlohn, der unter 8,50 € liegt, in Thüringen 34 Prozent aller Beschäftigten. Wenn wir auf die Besuchertribüne schauen, dann sind sehr viele junge Gäste heute hier im Hause. Deshalb will ich an der Stelle noch einmal sagen, auch die Ergebnisse und die Erkenntnisse der Prognos-Studie zeigen sehr deutlich, der Niedriglohnsektor in Thüringen ist vor allem jung und vor allen Dingen weiblich. Das ist eine Erkenntnis, die uns, glaube ich, auch in der Zukunft zu den notwendigen Schlussfolgerungen führen muss. Wir sind auf dem richtigen Weg, wir haben uns dazu bekannt, auch hier im Hause, von dem Niedriglohnimage in Thüringen wegzugehen. Wir wollen gutes Geld für gute Arbeit, wir wollen eine Steigerung der Tarifbindung. All das sind richtige und notwendige politische Schritte, aber ich glaube, sie reichen nicht aus.
In Thüringen dominiert insbesondere bei den Frauen der Niedriglohnsektor. 43 Prozent aller Frauen beziehen einen Lohn unter 8,50 €, im Bund sind es 21 Prozent. Bei den Jüngeren sind es in Thüringen 52 Prozent und im Bund 27 Prozent. Eine Menge von weiteren Daten und Fakten könnte man liefern. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass Prognos zu der Erkenntnis kommt, dass der Niedriglohnsektor natürlich für die betroffenen Beschäftigten positiv ist, aber auch für die Steuerzahler, Versichertengemeinschaft und für die kommunalen Haushalte. So kommt Prognos zum Beispiel zu der Erkenntnis, dass die Erwerbseinkommen privater Haushalte bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € um
14,5 Mrd. steigen, dass bezogen auf die Einkommensteuerzahlungen bei einem Mindestlohn von 8,50 € mit Mehreinnahmen von 2,7 Mrd. und mit einer Entlastung bei den Sozialbeiträgen von ebenfalls 2,7 Mrd. zu rechnen ist. Diese Erkenntnisse sollten wir zur Kenntnis nehmen, wir sollten sie im besten Sinne - dann hätte die Aktuelle Stunde auch einen Sinn - zum politischen Handeln führen. Das bedeutet, wir müssen weiterhin um den richtigen Weg
- ich habe es gesehen, ich komme zum Ende - bezogen auf den Mindestlohn streiten. Ich glaube, dass es keine Ideologie beladene Debatte sein sollte, sondern dass wir sachbezogen darüber streiten sollen, welches ist der richtige Weg für die Bundesrepublik, für Thüringen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die vorgelegte Studie von Prognos im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ist für die Fraktion DIE LINKE eine Bestätigung ihrer politischen Forderung und auch ihrer Argumentation, die wir hier mehrfach seit Jahren im Thüringer Landtag und meine Fraktion natürlich auch im Deutschen Bundestag eingebracht hat. Es wird ganz deutlich - die Zahlen will ich jetzt nicht wiederholen, das hat Abgeordneter Lemb schon getan, zumindest wichtige Eckpunkte -, Mindestlohn ist ganz einfach an der Tagesordnung. Die Niedriglohnstrategie, die in Thüringen über viele Jahre gefahren wurde, womit auch geworben wurde, rächt sich, sie ist so schnell nicht zu überwinden und sie ist möglich gemacht worden in besonderer Weise mit der Einführung von HartzIV im Jahr 2005.
Wie gesagt, die Zahlen sind genannt. Besonders will ich hier noch mal auf die Situation bei Frauen und auch bei jungen Leuten verweisen, auch angesichts der Gäste, die wir hier haben. 52 Prozent der Jugendlichen in Thüringen, die hier arbeiten - also jeder Zweite -, bekommen einen Lohn unter 8,50 € und 14 Prozent der unter Zwanzigjährigen verdienen weniger als 5,00 €. Das ist auch eine Frage, beispielsweise Ausbildungsentgelte etc. anzuheben. In diesem Kontext muss man konstatieren,
dass es eine tiefe Spaltung des Arbeitsmarkts gibt, und zwar im doppelten Sinne. Das ist einmal die Spaltung der Belegschaften, der Beschäftigten in gut bezahlte Fachkräfte, die gibt es auch in Thüringen, und zum anderen in einen großen Teil Menschen, die sich in prekärer Beschäftigung befinden, Geringverdiener/Niedriglöhner sind, die auch in Teilzeit sind, in Leiharbeit. Man könnte das jetzt noch fortsetzen mit den einzelnen Elementen. Aber man muss auch sagen, dass es auch eine Spaltung in Arm und Reich gibt und die Schere immer größer wird, denn - lassen Sie mich das zumindest noch sagen - seit dem Jahr 2000 sind die Profite der Unternehmer - nicht nur in Thüringen, aber auch in Thüringen -, der Vermögenden und Reichen um 36 Prozent angestiegen. Das ist schon preisbereinigt. Die Löhne indessen preisbereinigt stagnieren und die internationale Arbeitsorganisation geht sogar von einem Lohnverlust von fast 5 Prozent aus. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist das sehr tragisch.
Ich will noch zwei Argumente bringen, warum Mindestlohn unbedingt sein sollte. Er entlastet natürlich die öffentlichen Kassen, weil er fiskalische Effekte mit sich bringt, und er bringt natürlich mehr Einkommen in die privaten Haushalte. Das führt wiederum zu mehr Kaufkraft, zu mehr Konsumtion mit Waren und vor allem auch mehr Dienstleistungen. Das hat Auswirkungen auch bei den Menschen in Thüringen, die sich aus der Arbeitslosigkeit heraus beispielsweise selbstständig gemacht haben. Ich will noch einmal sagen: 8,50 € Mindestlohn - steht in der Studie drin - bringt einen fiskalischen Effekt bei Erwerbseinkommen von 14,4 Mrd. €. Bei einem Mindestlohn von 10 € pro Stunde, wie ihn DIE LINKE fordert, weil er nämlich existenzsichernd in Vollzeit sein soll, wäre das ein Erwerbseinkommen, was sich steigert um 26,4 Mrd. Das ist nicht unerheblich. Die Forderungen/Konsequenzen wurden ja gefragt aus der Studie: Ja, wir sagen: Keine Förderung aus Steuergeldern für schlechte und schlecht bezahlte Arbeit, für prekäre Beschäftigung.
Wir unterstützen den Minister bei der, ich sage jetzt mal, Aktion Leiharbeit. Wir werden ja morgen noch Gelegenheit haben, darüber ausführlich zu diskutieren. Wir sagen, eine Vermittlung in Arbeit darf nur erfolgen, wenn sie den Standards guter Arbeit entspricht und dazu gehört auf jeden Fall ein gesetzlicher, existenzsichernder und flächendeckender Mindestlohn.
Die Redezeit ist zu Ende, aber ich frage trotzdem die Technik: Wir haben die letzten Worte der Rednerin nicht gehört, ist irgendetwas? Nein? Okay.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Nächste hat das Wort Abgeordnete Anja Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben ja im letzten Plenum, als die Aktuelle Stunde zum Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit aufgerufen wurde, bereits in Teilen über die Frage des Mindestlohns gesprochen. Wir haben bereits damals gesagt und an vielen Stellen hier deutlich und plausibel gemacht und auch argumentiert, der gesetzliche Mindestlohn, der existenzsichernde Mindestlohn vernichtet keine Arbeitsplätze - das ist der Teil an Propaganda, den man endlich hinter sich lassen sollte -, sondern da war auch das Zitat einer Studie der Universität Berkeley
hier im Raum, wo auch deutlich noch einmal nachgewiesen wird, welche Vorteile die Einführung des Mindestlohns hat. Ja, er rechnet sich. Die PrognosStudie, die die SPD-Fraktion zum Anlass genommen hat, heute hier diese Aktuelle Stunde einzuberufen, zeigt das auch noch einmal deutlich. Ich habe mich deswegen diese Woche gefreut, in der „Berliner Zeitung“ zu lesen, dass die CDU-Sozialausschüsse in Berlin für den gesetzlichen Mindestlohn sind und dort auch offensichtlich debattiert wird. Vielleicht hören wir nachher dazu, welche Bewegung im CDU-Arbeitnehmerflügel gerade vollzogen wird. Vielleicht gibt es tatsächlich auch noch aktuelle Nuancen.
Ansonsten kann ich mich meinem Vorredner, Herrn Lemb, eigentlich nur vollumfänglich anschließen und ergänzen. Es gibt von uns GRÜNEN zusätzlich zu dem, was gesagt wurde, ein Konzept zur Frage Mindestlöhne. Dieses Konzept ist ausgereift, wir haben es schon sehr lange auf dem Tisch liegen. Es sagt unter anderem - weil es immer eines der schlagkräftigsten Gegenargumente ist -, wir wollen eine Low Pay Commission, wie in Großbritannien
übrigens eingesetzt, die genau schaut, in welchen Branchen der Mindestlohn wie hoch sein muss, weil wir der Ansicht sind, man kann nicht alles über einen Rasierer ziehen. An dieser Stelle muss differenziert werden. Wir halten dieses Konzept, wie es in Großbritannien eingeführt und auch umgesetzt wird, für sehr vernünftig. Die Zahlen, warum wir das wollen, liegen auf dem Tisch. Es wurde gerade noch einmal gesagt, es betrifft in Thüringen jeden dritten Arbeitnehmer, jede dritte Arbeitnehmerin. Wenn Sie in bestimmten Zielgruppen, bei Jugendlichen, bei Frauen, usw. schauen, erhöht sich das dementsprechend. Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass Armut in diesem Fall jung und weiblich ist; wir wissen, dass jede Zweite unter 8,50 € in der Stunde in Thüringen verdient. Wir wollen mit dem Image des Niedriglohnlandes in Thüringen endlich aufräumen.
Dann gehört hier nicht nur das Bekenntnis hin, zu sagen, ja, uns sind die Zahlen bewusst, dann gehört hier auch der nächste Schritt hin, was wollen wir dafür tun. Das ist natürlich ein großer Schritt. Die Ministerpräsidentin hat es, glaube ich, vor einem halben Jahr hier erwähnt, das Niedriglohnimage zeichnet Thüringen nicht aus, sondern wir wollen damit aufhören. Es ist ein großer Schritt, sich dementsprechend zu äußern.
Wie sind die Zahlen für die Bundesrepublik? Wir wissen, dass sich der Niedriglohnsektor in den vergangenen Jahren auf über 6,5 Mio. Menschen insgesamt ausgedehnt hat. Wir wissen, dass 1,5 Mio. Menschen weniger als 5 € Brutto in der Stunde verdienen. Wir wissen, dass über 1 Mio. Erwerbstätige in der Bundesrepublik mit ALG II aufstocken müssen, um über die Runden zu kommen. Es sind also genug und übrigens auch altbekannte Zahlen, die man eigentlich nicht noch einmal in den Raum stellen muss, die wir uns aber in Erinnerung rufen müssen, um zu zeigen, es tut Not, Bewegung hereinzubekommen. Das Spannende an der Studie ist, dass sie nicht sagt, 8,50 € und nichts anderes, sondern sie rechnet mit 5 €, 7 €, 8,50 €, 10 €, 12 € und man kann sich verschiedene Modelle anschauen. Man kann also nicht von vornherein sagen Ausschlussprinzip, dieser eine Weg und nichts anderes. Deswegen lohnt es sich, da hat Herr Lemb völlig recht, noch einmal einen Blick darauf zu werfen. Im Ergebnis, wenn man sich denn schon den 8,50 € annähern will, würde man - ich nehme jetzt einfach die eine Zahl, weil die 8,50 € auch schon im Raum standen - 5 Mio. Beschäftigten die Möglichkeit bieten, deutlich mehr zu verdienen. 5 Mio. ist eine stattliche Zahl, deswegen finde ich, dass es auch wirklich vernünftig ist, die Studie in ihrer Breite hier zu diskutieren.
Wir wissen, in 20 von 27 Ländern ist der Mindestlohn eingeführt. Da kann man sich gern über die Höhe unterhalten und über die Frage flächendeckend oder was heißt das für einzelne Branchen. Da kann man sich gern unterhalten, aber das Bekenntnis dazu gibt es bereits in 20 von 27 Ländern, und nicht nur das, sondern bereits Erfahrungen, die wir uns auch anschauen können.
Deswegen ganz zum Schluss, lassen Sie mich das Plädoyer abschließen: Ja zur Frage der Einführung, ja zur Frage einer Flankierung durch eine Kommission, wie sie in Großbritannien eingesetzt wurde, und auch ja zum Bekenntnis, dass das Niedriglohnimage, das Thüringen über lange Zeit gepflegt hat, um Industrieansiedlungen hier herzuholen, wirklich sinnvoll durch die Prognos-Studie flankiert wird bzw. gezeigt wird, dass uns das nicht guttut und dass wir alles tun wollen, um an dieser Stelle dafür zu sorgen, dass der Niedriglohnsektor eingedämmt wird. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Es spricht zu uns Abgeordneter Gerhard Günther von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir debattieren heute über eine Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung zu fiskalischen Effekten eines flächendeckenden Mindestlohns. Ich bin mir nicht sicher, meine Damen und Herren, ob Bewertungen von Gutachten Ziel einer Aktuellen Stunde sein sollten. Denn mir fallen auch gleich mehrere Gutachten zu diesem Thema ein, die schlichtweg ein anderes Bild zeichnen, zum Beispiel die Einschätzung des nicht ganz unmaßgeblichen Sachverständigenrats, der eindringlich vor der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in Deutschland warnt. Wenn wir also dieses Tor öffnen, könnten wir hier bald verschiedenste Gutachten je nach Auftraggeber behandeln. Aber sei es drum, wir haben das Thema auf der Tagesordnung und die Mehrheit der CDU-Fraktion - ich sage ausdrücklich die Mehrheit, Gustel Bergemann - hat natürlich hierzu eine dezidierte Meinung. Die Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung ist mit Simulationsrechnungen der Prognos AG gespeist, die auftragsgemäß schematisch Mehreinnahmen und Minderausgaben des Staates bei sofortiger Einführung eines Flächenmindestlohns addieren. Die Zahlen haben wir alle gehört von meinem Kollegen Lemb, die muss ich jetzt nicht noch einmal sagen. Hinzugeschlagen werden die sogenannten Zweirundeneffekte, die aus einer erwarteten Kaufkrafterhöhung resultieren, also insgesamt das altbekannte keyne
sianische Weltbild meiner sozialdemokratischen Partner hier. Für sich genommen ist gegen einen solchen Schritt nichts zu sagen. Auch Ökonomen streiten nach wie vor um die Richtigkeit der Ansichten von Keynes, der unter anderem die Erhöhung der Massenkaufkraft durch Lohnerhöhungen in den Vordergrund stellt. So weit, so gut. Was ich allerdings an der Expertise bemängele, ist die allzu eindimensionale Herangehensweise an dieses wirklich extrem komplexe Thema. Wechselwirkungen und ökonomische Rückkopplungen infolge der Einführung eines Flächenmindestlohns, zum Beispiel negative Beschäftigungseffekte, hohe Einstellungsbarrieren für niedrig qualifizierte Arbeitslose oder aber die zentrale Frage der Produktivitäts-Lohn-Balance werden völlig ausgeblendet. Und das geben die Autoren übrigens auch unumwunden zu. Man kann das nachlesen.
Aus unserer Sicht ist die Expertise ein interessanter Baustein in der Debatte um den Mindestlohn, hilft uns aber im Moment nicht weiter. Ich sehe auch kein Argument, den von der CDU-geführten Bundesregierung deutlich vorangebrachten Pfad der von den Tarifpartnern ausgehandelten Branchenmindestlöhne zu verlassen. Dass das noch zu wenige Branchen sind, steht auf einem anderen Blatt. Wir können die Tarifpartner aber auch nicht zwingen. Die Tür steht jedenfalls sehr weit offen. Es ist in jedem Fall besser, Schritt für Schritt und ausgewogen voranzugehen, als das Kind mit dem Bade in Form einer staatlichen Lohnfestsetzung auszuschütten mit unabsehbaren Folgen für voraussichtliche Reparaturen ohne Ende. Frau Siegesmund, in den so oft gepriesenen europäischen Mindestlohnländern trifft man mittlerweile auf so viele branchenbezogene Ausnahmetatbestände oder auch für Jugendliche, dass ich mir tatsächlich den deutschen Weg der tariflichen Branchenmindestlöhne schlicht und einfach vorziehe.
Das ist übrigens auch der bewährte Ansatz bei unseren skandinavischen Partnern. Ich habe im Übrigen die Idee noch nicht aufgegeben, Arbeitgeber mit staatlichen Lohnergänzungen für gering produktive Tätigkeiten vor allem für benachteiligte Langzeitarbeitslose zu fördern. Insofern, meine Damen und Herren, ist mit dem Richtlinienentwurf des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie über die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen eine richtige Richtung eingeschlagen worden. Aber ich warne davor, mit solch einer Richtlinie durch die Hintertür den flächendeckenden Mindestlohn in Thüringen einführen zu wollen.
Im Entwurf steht es vielleicht drin. Ich kann davor nur warnen. Wenn es nicht so ist, ist es umso besser, dann wäre ich auch dankbar. Ich will es nur angesprochen haben, weil sich schlicht und einfach die Welt voranbewegt und die Ticker manchmal auch bei uns tickern. Ich kann an meine Kollegen der SPD abschließend nur appellieren: Lassen Sie uns den durch den damaligen Arbeitsminister eingeschlagenen Weg der tariflichen Branchenmindestlöhne fortsetzen mit dem gemeinsamen Anliegen: Zur sozialen Marktwirtschaft gehört, dass gute Löhne für gute Arbeit auch gezahlt werden müssen. Diese Botschaft geht insbesondere auch an unsere Arbeitgeber hier im Freistaat Thüringen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Günther. Als Nächster spricht der Abgeordnete Thomas Kemmerich von der FDP Fraktion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Tribüne, liebe Kollegen Abgeordnete, zu der Lastigkeit einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie hat Kollege Günther relativ ausführlich gesprochen - das will ich nicht noch einmal vertiefen -, aber wer die Musik bestellt, der bestimmt. Ich möchte jetzt auch nicht diskutieren über die Tarifhoheit, die grundgesetzrechtlich festgeschrieben ist. Herr Kollege Lemb - seines Zeichens Gewerkschaftler -, aber schön, wenn Sie sagen, wir wollen auch, dass von den Tarifparteien außerordentlich festgeschriebene Rechte Tarifbindung aufgeben in dieser Form - auch sehr interessant.
Es geht ausdrücklich um fiskalische Effekte eines gesetzlichen Mindestlohns. Es werden untersucht die Entwicklungen auf Staatshaushalte und die sozialen Sicherungssysteme. Ausdrücklich werden die fiskalischen Wirkungen möglicher Beschäftigungseffekte, vor allen Dingen der negativen, Frau Siegesmund, hier ausgeklammert. Das ist eine rein fiskalische Betrachtung.
Wenn ich hier konfrontiert werde mit arbeitsmarktpolitischen Erwägungen, ist es schon sehr wunderlich, weil wir oftmals fiskalische Argumente entgegengehalten bekommen, wenn wir über Auswirkungen reden.
Sie finden für die Theorien, die hier angewandt worden sind, keinen volkswirtschaftlichen Halt, dass diese Rechnung aufgeht. Sie finden aber auch viele volkswirtschaftliche und vor allem betriebswirtschaftliche Beweise, dass es in die Irre führt. Neh