Protokoll der Sitzung vom 20.05.2011

(Beifall CDU)

Nun frage ich die Fraktionen: Wer wünscht die Aussprache zu diesem Bericht? Die FDP-Fraktion, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD-Fraktion, Fraktion DIE LINKE. Die CDU-Fraktion nicht? Dann stelle ich das so fest. Auf Verlangen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP wird die Aussprache geführt. Ich eröffne die Aussprache und rufe den Abgeordneten Frank Kuschel für die Fraktion DIE LINKE auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, fast wie bei jeder Plenarsitzung so auch heute wieder eine Debatte zur Notwendigkeit einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen blockieren weiter, aber das ändert nichts daran, dass diese Debatte weiterhin notwendig ist. Herr Innenminister Geibert hatte zu Recht darauf verwiesen, es geht um eine hohe Akzeptanz bei allen Betroffenen. Unsere Wahrnehmung als Fraktion ist, es gibt eine große Bereitschaft, insbesondere bei den Bürgerinnen und Bürgern, die haben die Notwendigkeit einer derartigen Reform schon seit längerem erkannt. Es gibt auch zunehmend Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, insbesondere auf der gemeindlichen Ebene, die davon überzeugt sind, dass die jetzigen Strukturen nicht mehr zeitgemäß und insbesondere aus Sicht der Bürger auch nicht mehr länger hinnehmbar sind. Wir gestehen, dass es auch Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, insbesondere kommunale Wahlbeamte gibt, die sich noch im Diskussionsprozess befinden und natürlich die einen oder anderen Bedenken äußern. Das nimmt die Landesregierung zunehmend zum Anlass und hat sich für eine Strategie entschieden, die darauf hinausläuft, die Diskussionen so lange zu verzögern,

bis möglicherweise die Zeit uns völlig überholt hat. Bezahlen müssen das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land, weil die jetzigen Strukturen nicht effizient sind, sondern erhebliche Mehrkosten verursachen. Auf das eine oder andere Beispiel möchte ich dann noch mal eingehen.

Zunächst mal zu dem ersten Komplex, was die kommunale Gemeinschaftsarbeit betrifft: Da hat der Innenminister sich jetzt bei der Berichterstattung nicht mit Ruhm bekleckert, das hat er sehr formal gemacht. Die Krönung war eine Bewertung der Struktur insbesondere der kommunalen Zweckverbände, aber auch der kommunalen Arbeitsgemeinschaften oder der Zweckvereinbarungen. Diese Bewertung obliegt nicht der Landesregierung, man hat sich wieder auf die Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung bezogen. Das ist umso verwunderlicher, weil nahezu alle Formen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit der rechtsaufsichtlichen Würdigung oder sogar Genehmigung unterliegen. Das heißt, es gibt ein Wechselspiel zwischen der kommunalen Ebene und der Landesebene. Was Sie so darstellen, der Grundsatz der Freiwilligkeit bezieht sich zunächst auf die Meinungsbildung, was die Organisationsform betrifft. Aber das Verfahren, dass die Rechtsaufsichtsbehörden diese Form der Gemeinschaftsarbeit zu würdigen oder zu genehmigen haben, setzt dieser Freiwilligkeit bestimmte Grenzen.

Welche Verwerfungen zum Teil im Rahmen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit entstanden sind, will ich Ihnen an einigen Zahlen verdeutlichen, und zwar aus Zahlen im Bereich Wasser und Abwasser. Vielleicht sind diese Zahlen für Sie dann Anlass, noch eine Bewertung vorzunehmen. Dort haben wir die größte Anzahl von kommunalen Zweckverbänden. Wir sind dort 1992/93 mit 222 Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung gestartet. Inzwischen sind es bei der Wasserversorgung 103, die Zahlen schwanken immer etwas, und beim Abwasser 147 Aufgabenträger, davon ungefähr die Hälfte Zweckverbände, das andere sind eigenständige Gemeinden. Das Land hat in diese Strukturen seit 1995 über zunächst Strukturhilfen und jetzt Finanzhilfen rund 400 Mio. € zusätzliche Gelder einfließen lassen müssen, um diese Strukturen am Leben zu erhalten. Mit den Strukturhilfen und Finanzhilfen wurde eingestanden, dass diese Struktur der Zweckverbände ineffizient ist, sonst wäre ja die Notwendigkeit nicht gegeben. Man hat damit eine Struktur weiterfinanziert, die oftmals sehr weit weg von den Bürgern ist. Das ist eine der größten Kritiken an den Instrumenten der kommunalen Gemeinschaftsarbeit, dass die demokratische Kontrolle und Steuerung sehr abgeflacht ist, um das mal vorsichtig zu formulieren. Es gibt erhebliche Defizite im Zusammenwirken zwischen den Mitgliedsgemeinden und den kommunalen Zweckverbänden. Die kommunalen Zweckverbände wer

(Minister Geibert)

den im Wesentlichen durch die Verwaltungsspitze, also Bürgermeister, dominiert. Die Gemeinderäte fühlen sich sehr oft nicht mit einbezogen.

Ich hätte vom Innenminister im Auftrag der Landesregierung doch erwartet, dass er zumindest ein paar Ansätze der Fortentwicklung des Systems der kommunalen Gemeinschaftsarbeit macht. Wir müssen dieses System weiterentwickeln, weil wir inzwischen Erfahrungen haben. Die grundlegenden Gesetze zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit wurden 1993 im Landtag beschlossen. Damals gab es diese Erfahrungen noch nicht, so dass im Wesentlichen Wirkungsmechanismen aus den alten Bundesländern übernommen wurden. Aber inzwischen haben wir eigene Erfahrungen. Auf Grundlage dieser eigenen Erfahrungen können wir den Rechtsrahmen für die kommunale Gemeinschaftsarbeit weiterentwickeln. Unsere Fraktion hat ja schon des Öfteren Vorschläge zur Demokratisierung, insbesondere der kommunalen Zweckverbände, unterbreitet.

Herr Innenminister, Sie sollten noch einmal in sich gehen und sich tatsächlich aufraffen, hier eine Bewertung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit vorzunehmen. Sie können sich heute vielleicht noch mal drücken, aber über kurz oder lang werden Sie wieder konfrontiert, nämlich von uns, gegebenenfalls über ein Gesetzgebungsverfahren, wo wir Ihnen dann Vorschläge unterbreiten, wie wir das kommunale Gemeinschaftsrecht fortentwickeln. Das war der erste Komplex.

Der zweite Komplex bezieht sich auf Ihre weitere Strategie, was die Herangehensweise an die Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform betrifft. Wir haben aus den Medien entnommen, die CDU hat erklärt, die Kleingliedrigkeit ist die Stärke dieses Landes. Sie wollen jetzt ein Gutachten zunächst europaweit ausschreiben, das offenbar so viel kosten soll, dass es über den EU-Schwellenwerten für freihändige Leistungen - also Ingenieurleistungen oder dergleichen, Gutachtenleistungen - liegt, das heißt rund 200.000 € plus beträgt. Wir wissen, solche Gutachten kosten so viel und wenn etwas rauskommt, ist das auch gut angelegtes Geld. Das können wir jetzt nur prognostizieren und auch dazu können Sie sich ja noch einmal äußern, ob unsere Prognose dort richtig ist. Vor der parlamentarischen Sommerpause ist nicht mehr damit zu rechnen, dass diese Ausschreibung in irgendeiner Art und Weise zu einem Ergebnis führt, sondern es wird vielleicht im September/Oktober sein, dann wird der Auftrag vergeben. Dann werden Sie es organisieren, dass einer der Gutachter Einspruch bei der Vergabekammer einlegt. Dann haben wir es bei der Vergabekammer, das ist das Landesverwaltungsamt, dort liegt es dann. Dann berufen Sie dort einen Präsidenten, der Ihnen genehm ist, und wenn er nicht spurt, dann wird er in den Ruhestand versetzt, weil es ein politischer Beamter ist. Dann schaffen

Sie es auf diese Art und Weise wirklich, bis 2014 überhaupt nichts mehr zu bewegen. Wenn Sie das so nicht hinkriegen, weil vielleicht die Gutachter nicht mitspielen, dann vergeben Sie im Herbst mal einen Auftrag. Ich vermute mal, unter sechs bis neun Monaten wird für dieses Geld - 200.000 € ein Gutachter kein Ergebnis vorlegen. Wenn er nämlich schneller ist, dann vermittelt er den Eindruck, dass er das Geld nicht wert ist. Also er muss, selbst wenn er nach einem Tag fertig ist, das Gutachten sechs bis neun Monate liegen lassen, um gegenüber dem Auftraggeber den Eindruck zu erwecken, er hat sich damit intensiv beschäftigt. Ich kann das nachvollziehen, weil ich bis 2004 auch gutachterlich tätig war. Man kennt ja so die Regularien. Da spielt doch Psychologie durchaus eine Rolle.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Kann man das noch mal nachprüfen?)

Es ist verjährt. Deswegen kann ich jetzt frei darüber reden. Nach fünf Jahren ist es verjährt. Deswegen ist Verjährung ein hohes Rechtsgut im Rechtsstaat. Deshalb bin ich ja immer so böse, dass Sie die Verjährung im Kommunalabgabenrecht de facto von der Wirkung her abgeschafft haben. Aber das ist ein anderes Thema.

Damit will ich sagen, vor dem Sommer 2012 liegt nichts vor, dann erhalten Sie das Gutachten. Sie haben bewusst gesagt - und Sie sind ja ein Mensch, der jedes Wort abwägt und man muss also ganz genau zuhören, deswegen haben Sie formuliert -, das sei ein Gutachten der Landesregierung. Das heißt, die Landesregierung wird sich mit dem Inhalt beschäftigen. Dann haben Sie ganz fein formuliert: Und irgendwann wird dann mal der Landtag Kenntnis erfahren. Aber Sie werden das Gutachten bekommen und werden natürlich Rückfragen an die Gutachter haben. Da sagt dann der Gutachter, jawohl, aber da will ich wieder Geld sehen. Dann beginnt das Verfahren zwar nicht mehr von vorn, aber Sie werden wieder in ein Dialogverfahren mit den Gutachtern treten müssen. Ich gehe mal davon aus, dann ist es Weihnachten 2012, wenn es gut geht. Dann werden Sie sagen, also jetzt können wir das nicht veröffentlichen, weil dann die Landtagswahl 2014 schon so nah ist, dann kann man so eine Diskussion nicht führen. Damit sind Sie dann beim gleichen Ziel wie bei der Variante I. In dieser Legislaturperiode bewegt sich nichts mehr.

Nun gestatte ich Ihnen als Landesregierung ja eine solche Denkweise, denn Sie können es so denken. Was mich aber empört, ist, dass CDU und SPD in diesem Haus sich das gefallen lassen. Wenn ich in das Jahr 2009 zurückblicke, da gab es Einigkeit zwischen allen Parteien, dass sich irgendetwas bewegen muss. Deswegen gab es auch schon in der 4. Legislaturperiode diese Enquettekommission, die

sich intensiv damit beschäftigt hat. Aber dass sich CDU und SPD von dieser Landesregierung so vorführen lassen, das ist das eigentlich Enttäuschende. Da sind Sie aber in der politischen Verantwortung, warum Sie das Ihrer Landesregierung durchgehen lassen. Wir sind davon überzeugt, die wesentlichen Daten sind bekannt, um in eine Reformdiskussion einzusteigen. Wir wissen, dass so eine Reform nicht innerhalb weniger Wochen oder Monate umgesetzt werden kann. Insofern können noch offene Fragen, wenn tatsächlich in Einzelbereichen Daten fehlen, auch während des Verfahrens noch beigeschafft werden. Im Wesentlichen liegen doch alle Daten vor. Wir haben den Aufgabenkatalog, den die Gemeinden zu erfüllen haben, wir haben den Aufgabenkatalog, den die Landkreise zu erfüllen haben, wir haben die Struktur unserer Mittelbehörden auf Landesebene. Das schließt aber das Gutachten gar nicht ein. So, wie ich es verstanden habe, soll das Gutachten nur die kommunale Ebene betrachten und dabei schwerpunktmäßig die Kreisebene. Wir wissen nicht - beim Innenausschuss wollten wir das thematisieren, aber das haben CDU und SPD verhindert -, ob auch die Aufgaben, die durch die Mittelbehörden wahrgenommen werden, betrachtet werden, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen sie kommunalisiert werden können, weil das noch wichtig für eine Diskussion ist. Im Wesentlichen haben wir auch diesen Aufgabenkatalog der Mittelbehörden und können deshalb durchaus eine Diskussion führen, welche Ebene künftig welche Aufgaben wahrnimmt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir uns dann mit Strukturen beschäftigen. Wir wissen, dass es insbesondere, was die gemeindliche Ebene betrifft, das wissen Sie auch, seit Monaten einen Referentenentwurf geben soll. Unterzählige Verwaltungsgemeinschaften sollen beispielsweise umgewandelt werden. Wir wissen, dass auf der gemeindlichen Ebene eine Verwaltung mit weniger als 20 Beschäftigten nicht mehr in der Lage ist, alle Aufgaben zu erfüllen. Bei einem Schlüssel von 1,9 Vollbeschäftigteneinheiten pro 1.000 Einwohner bräuchten wir eigentlich Verwaltungsstrukturen mit 10.000 Einwohnern, um diese Verwaltung vorhalten zu können.

Wir wollen diesen Verwaltungen noch mehr zumuten. Wenn sich die SPD mit ihrer Rassehundeliste in der Koalition durchsetzt, sollen künftig die Ordnungsbehörden der Gemeinden auch noch die gefährlichen Hunde identifizieren. In den Kleinstverwaltungen, die wir vorfinden, das sind 8 bis 12 Beschäftigte, gibt es maximal einen Beschäftigten, der das gesamte Ordnungswesen macht. Der muss aber alles machen. Der soll künftig auch noch durch die Straßen laufen und soll erkennen, ist das jetzt ein gefährlicher Hund oder nicht, und er darf dabei keine subjektiven Kriterien anlegen, sondern objektive gerichtsfeste Maßstäbe oder Kriterien. Das wird alles nichts. Wenn wir wirklich im Interes

se der Bürger, im Interesse der Beschäftigten so eine Reform machen wollen, dann müssen wir die Mindestanforderungen an die gemeindlichen Verwaltungen kennen. Wenn wir die kennen, können wir auch den Überbau, also die Landkreise, definieren und können uns zu den Mittelbehörden verständigen. Deshalb ist es völlig unverständlich, was Sie überhaupt noch zum Gegenstand des Gutachtens machen wollen. Das müssten Sie noch einmal erläutern, dazu haben Sie heute noch einmal Gelegenheit. Sie haben die Chance, mich und meine Fraktion zu überzeugen. Ich werde nicht müde, das zu betonen. Wir sind eine der wenigen Fraktionen in diesem Hause, die nicht dogmatisch geprägt ist. Die Chance sollten Sie doch einfach nutzen,

(Beifall DIE LINKE)

weil ich immer davon ausgehe, wir debattieren hier, weil wir uns gegenseitig überzeugen wollen. Ich bin zumindest mit diesem Anspruch hier. Ich will Sie überzeugen und bin bereit, Ihre Argumente aufzugreifen, sie wirken zu lassen und meine eigenen Argumente infrage zu stellen. Ich betone es immer wieder, für uns gehört der politische Irrtum durchaus zur politischen Biografie, beim Herrn Fiedler ist das natürlich vollkommen anders. Von daher also noch einmal der Appell: Herr Innenminister, legen Sie uns dar, was soll Gegenstand dieses Gutachtens sein. Dann können wir darüber reden, dann sind wir durchaus auf Ihrer Seite, wenn Sie uns überzeugende Argumente liefern, dass noch so ein Gutachten erforderlich ist. Ich betone es noch einmal abschließend, auch ohne dieses Gutachten können wir in eine Diskussion einsteigen. Dazu ist es aber erforderlich, dass die Landesregierung hier nun endlich mal ihre Arbeit macht und sich nicht weiter zurückzieht und möglicherweise nur mit sich selbst beschäftigt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Fiedler das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist mir wieder mal eine Freude den Herrn Abgeordneten Kuschel, in der letzten Legislatur IM Kaiser genannt, parlamentsunwürdig in der letzten Legislatur eingestuft und, ich hoffe, in dieser auch. Weil Sie mich angesprochen haben, sonst hätte ich das weggelassen. Das musste ich mal wieder in die öffentliche Erinnerung rufen, wer das immer wieder vorträgt und deswegen …

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch Dogmatiker.)

(Abg. Kuschel)

Ja. Meine Damen und Herren, uns liegt der Antrag von der FDP vor und ich sage es gleich vorweg, wir werden ihn ablehnen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich bin völ- lig erstaunt.)

Wieso erstaunt, ich könnte ja erstaunt sein, wieso jetzt hier Termine gesetzt werden, wo doch die FDP gar keine Funktional- und Gebietsreform will. Deswegen könnte ich jetzt eigentlich erstaunt sein. Meine Damen und Herren, meine Fraktion ist sich einig, dass wir gerade die interkommunale Zusammenarbeit weit voranbringen wollen. Wir halten das für sehr wichtig, denn wir denken, dass es in der heutigen Zeit notwendig ist, dieses weiter zu intensivieren. Ich glaube auch, dass man hier eine Novellierung der entsprechenden Gesetze prüft und dass man in diese Richtung weiter vorangeht, denn der Innenminister hat einiges dazu gesagt, man muss nicht alles wiederholen. Ich denke auch, dass es notwendig ist, insbesondere wenn man an Katastrophenschutz denkt, Rettungsdienst, Gesundheitsvorsorge, öffentlichen Personennahverkehr bis hin zur Abfallentsorgung, dass man hier vonseiten der Landesregierung vielleicht Modellprojekte begleitet, um diese Aufgaben dort anzugehen. Effizienz hat noch nicht geschadet. Effizienz heißt aber nicht immer, dass man gleich eine Gebietsreform machen muss. Als ob da irgendwelche Grenzen sind, wie früher bei der DDR, wo die Mauer aufgebaut wurde und der Zaun nach innen ging, sondern man kann doch miteinander Verträge schließen. Man kann diese Verträge vereinfachen und kann in diese Richtung agieren. Das halten wir für den richtigen Weg. Es wird ja immer wieder auf dem Gutachten, was erstellt werden soll, geritten. Ich möchte mal die Opposition sehen, insbesondere DIE LINKE, wenn - ich freue mich, dass die GRÜNEN wieder langsam vollständig werden, herzlich willkommen -, wenn die LINKEN …

(Zwischenruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das müssen Sie auch aushalten, so ist das eben, das müssen Sie aushalten. Wer die anderen oberlehrerhaft belehrt, der muss das aushalten.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das ist halt so. Ach ja, ein Kollege von Ihnen hat angefangen. Ich habe Ihnen da versucht zu sagen, man sollte es lieber nicht machen. Jetzt ist es so, wie es ist, Sie haben jetzt gemerkt, Sie sind jetzt eine Weile hier, das halten selbst die stärksten Nerven nicht aus, 10 Stunden ununterbrochen - und wenn es der Rücken ist oder was weiß ich was hier zu sitzen. Das wird wahrscheinlich jeder langsam mal verinnerlicht haben und das ist eben so.

Meine Damen und Herren, gerade die Opposition und die LINKE würden ja die Ersten sein, die auf das Gutachten einstürzen, wenn es darum geht,

dass ein bestimmter Wert erreicht wird. Wenn eben dort ein Wert von einem Gutachter von 200.000 dabei ist, das ist wohl aus eurer Richtung gekommen, manchmal sind vielleicht die Genossen besonders teuer, die Gutachter, ich weiß es nicht, jedenfalls ist es so, dann muss man sich an die Kriterien der Ausschreibung halten und dann ist das so und dann wird sich daran gehalten. Ich könnte mir vorstellen, der Innenminister (CDU) hält sich nicht daran. Na das Geschrei möchte ich mal hören, was dort losgeht, und ich bin froh, dass das - nein, bitte, heute nicht - Innenministerium sich mit dem zuständigen Wettbewerbsministerium abgestimmt hat, dass da wirklich nichts schiefgeht bei dieser ganzen Sache. Deswegen, meine Damen und Herren, wird es so sein. Wenn die Kriterien ordnungsgemäß erfüllt sind, dann wird entsprechend weiter verfahren. Vorhin habe ich wieder gehört, im Innenausschuss ist nichts gesagt worden. Wie kann denn die Landesregierung etwas grundsätzlich sagen, wenn der Gutachter noch nicht einmal bestimmt ist?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber den Inhalt des Gutachtens können Sie uns doch sagen.)

Es gibt doch die Landesregierung, die Exekutive das muss ich Ihnen doch nicht erklären, Sie wissen das doch, Sie waren doch bis vor Kurzem Gutachter -, die hat ihren Auftrag und laut Verfassung hat sie dann entsprechend das Parlament zu informieren. Das ist nun mal so. Mir gefällt das auch nicht immer und ich bin 20 Jahre und länger dabei. Das hat mir auch nicht immer gefallen, wir hätten manches auch ein bisschen eher gewusst, aber das ist Verfassungslage und damit müssen wir leben. Aber zum richtigen Zeitpunkt sind wir dran. Ich will das alles jetzt nicht noch verlängern, aber ich will Ihnen noch einmal den Koalitionsvertrag vorlesen, den wir gemeinsam geschlossen haben. „Die Landesregierung lässt im Licht der demographischen Entwicklung, der allgemeinen Haushaltsentwicklung und vor dem Hintergrund der Degression des Solidarpakts II durch unabhängige Gutachter prüfen, ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen eine Funktional- …“ - Funktionalreform, weil da einer wieder heute etwas erzählt hat - „… und Gebietsreform zu Einsparungen und Effizienzgewinnen auf kommunaler Ebene und im Landeshaushalt führt. In Auswertung dieses Gutachtens wird die Landesregierung eine Entscheidung über weitergehende Maßnahmen treffen. Die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement vor Ort muss dabei berücksichtigt werden.“ Ich kann nicht lesen, dass da etwas von Zeit steht. Das ist unsere Vereinbarung, die haben wir, und wenn die entsprechenden Dinge vorliegen, werden wir das diskutieren. Das muss aber alles ordnungsgemäß auf den Weg gebracht werden und da werden wir hier im Hohen Haus, im Ausschuss und wo auch immer über die Angele

genheiten reden und werden sehen, zu welchen Ergebnissen wir kommen. Vielen Dank.

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Hey zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal, Herr Innenminister, danke für Ihre Berichterstattung. Für die Kolleginnen und Kollegen der FDP: Es ist wie beim Arzt, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Fangen wir mit der schlechten an. Sie wollen gern eine Zuleitung des Gutachtens bis zum 31.12. für Ihre Fraktion und auch für alle anderen, das habe ich Ihrem Antrag entnommen. Dazu zunächst zwei Dinge: Der 31.12. ist ja hier festgeschrieben, aber das hängt, wir haben das in den letzten Tagen auch sehr interessiert in der Presse verfolgt, wohl auch mit den Ergebnissen der Gutachten zusammen und wann die denn nun endlich vorliegen. Wir hätten die Ergebnisse auch lieber schon gestern auf dem Tisch gehabt und die Art der Erstellung der Kriterien zur Erarbeitung dieses Auftragswerkes - jetzt muss ich aufpassen, wie ich es formuliere - gewinnt zunehmend an Unterhaltungswert auch für uns Abgeordnete.

(Beifall DIE LINKE)

Wir müssen zunächst abwarten, wann die einzelnen Gutachter ihre Arbeit vorlegen können. Wenn das so weit ist, dann bitte ich Sie, auch Folgendes zu bedenken: Das ist zweifellos ein Gutachten, über das bereits im Vorfeld viel diskutiert und spekuliert wurde und wird; Zeitungen sind voll, es werden Meinungen ausgetauscht, es wird auch zweifellos mit Spannung erwartet und wenn es dann da ist, wird über sein Ergebnis sicherlich in jeder Menge berichtet werden, da wette ich drauf. Aber es ist und bleibt auch nur ein Gutachten. In diesem Fall ist es ein Gutachten der Landesregierung. Die hat das für sich in Auftrag gegeben und es obliegt deshalb zunächst einmal der Landesregierung, wenn sie das Gutachten erhält, es in Empfang zu nehmen und zu lesen und selbstverständlich auch auszuwerten. Das ist nicht anders, als würden Sie ein Gutachten über Ihre Fraktion in Auftrag geben, dann würden Sie das auch zunächst einmal, wenn es kommt, studieren und in der Fraktion …

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Da ver- wechseln Sie Pferd und Reiter.)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Die Rolle dieses Hauses sollten Sie sich vergegenwär- tigen.)

Nein, es ist ein Gutachten. Wir sind uns doch darüber einig, dass das ein Gutachten der Landesregierung ist und wenn die das bekommt - das ist ja Sinn und Zweck der ganzen Geschichte -, wird sie es zunächst auch erst mal auswerten. Das steht ihr ja auch zu. Sie bezahlt es ja auch.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nein, der Steuerzahler.)

Ja, na gut, wenn wir das so nehmen, Herr Kuschel.

Wenn Sie solch einen Antrag stellen, dann müssen Sie also immer bedenken, wenn es um den Zeitrahmen geht, um den hier auch diskutiert wird, das Gutachten muss zunächst mal erstellt werden, das wissen wir, dann wird es an die Landesregierung geschickt, dann muss die das auswerten. Danach wird es dann an die einzelnen Fraktionen oder an die zuständigen Gremien versandt. Dann sind die von Ihnen sogenannten relevanten Verbände und die Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften einzubinden. So habe ich das auch Ihrem Antrag entnommen. Aber das ist, denke ich, ein relativ langes und komplexes Verfahren. Vielleicht verraten Sie uns einmal, was Sie unter relevanten Verbänden verstehen. Ich denke, Sie meinen die kommunalen Spitzenverbände. Die Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften - so steht das wörtlich hier drin -, das sind doch, wenn ich richtig aufgepasst habe, eigentlich die Landräte und die Bürgermeister der Städte und Gemeinden. Das sind für mich die Vertreter der kommunalen Gebietskörperschaften. Das meinen Sie jetzt im Ernst? Sie stellen hier einen Antrag, das Gutachten soll also, wenn es eingegangen ist, Hunderte Male kopiert und eingetütet und versandt werden,

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Dafür gibt es Dateien.)