Protokoll der Sitzung vom 16.06.2011

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen ja, dass ein möglichst genauso hoher Erhaltungszustand auf den Straßen sein soll. Das können wir uns aber nicht mehr leisten. Das ist auch verkehrlich nicht notwendig. Die Kommunen müssen weniger Geld dafür ausgeben, das ist die Wahrheit.

(Unruhe FDP)

Sie haben auch im Ausschuss verfolgt, dass wir jetzt schon zu wenig Geld haben, die Staatssekretärin hatte das ausgeführt. Die Winterschäden haben ein Loch gerissen und man sei laut Landesregierung auch noch in der Überprüfung des Ganzen. Ich bin sehr dafür, diesen Antrag zu überweisen, nicht weil wir dem zustimmen werden, sondern wir

hatten als Fraktion einen Antrag zum Landesstraßenbedarfsplan und wollten uns über genau diese Fragen unterhalten. Was will die Landesregierung bzw. wie stellt sich die Landesregierung vor, wie wollen wir das Straßennetz in 10, in 20 Jahren haben? Den haben Sie damals abgelehnt, das rächt sich jetzt, und mir zeigen auch die vielen Anfragen zu den Umstufungen, dass es hier offensichtlich Diskussionsbedarf gibt. Wir wollen gern im Ausschuss darüber diskutieren.

Der andere Teil in Ihrem Gesetzentwurf, ein abgestufteres Verfahren, ist vielleicht der vermeintliche Versuch, den Kommunen zu helfen. Ich glaube, das schadet nicht. Aber ob es viel nützt, sei dahingestellt. Ob die Bürokratie dadurch wirklich abnimmt, wage ich auch zu bezweifeln.

Frau Abgeordnete Schubert, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Sehr gern. Bitte schön.

Frau Abgeordnete lässt diese zu. Bitte, Herr Barth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Kollegin Schubert, wenn ich Sie recht verstanden habe, haben Sie eben gesagt, dass die Sanierung dieser umzuwidmenden Straße, wenn sie von der Gemeinde gemacht wird, billiger wird, als wenn sie das Land macht.

Nein, da haben Sie mich missverstanden.

Dann würde ich Sie bitten, das noch einmal zu erklären, so dass ich es auch verstehen kann.

Ja, ich verstehe Ihren Gesetzentwurf so, ich habe ihn gelesen - vielleicht meinen Sie aber etwas anderes -, dass Sie dem Land aufbürden wollen, die Straßen, die die Landesregierung umstuft, in einem genauso hohen Erhaltungszustand zu halten, wie ihn diese Straße als Landesstraße hatte. Das macht aber aus meiner Sicht keinen Sinn, weil die Umstufung durchgeführt wird, weil die verkehrliche

Bedeutung dieser Straße wegen des übergeordneten Straßennetzes abgenommen hat.

Ich war sowieso am Ende. Wie gesagt, wir können uns der Überweisung anschließen und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Schubert. Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Doht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema Umwidmung von Straßen, Herabstufung von Straßen beschäftigt den Thüringer Landtag und diese Landesregierung schon länger. Wir haben nach der Wiedervereinigung ein sehr großes Landesstraßennetz übernommen. Von diesen Landesstraßen, insbesondere von den Landesstraßen zweiter Ordnung, hatten damals schon etliche nicht die Bedeutung einer Landesstraße. Hinzu kommt, dass sich in den letzten 20 Jahren die Verkehrsströme in Thüringen geändert haben. Das hat verschiedene Ursachen. Autobahnen, Bundesstraßen sind ausgebaut worden. Ortsumgehungen wurden gebaut. Das hat zur Veränderung von Verkehrsströmen beigetragen. Auch die Ansiedlung von neuen Gewerbegebieten und ebenso der demographische Wandel, insbesondere im ländlichen Raum, tragen dazu bei, dass Straßen nicht mehr in dem Umfang genutzt werden, letztendlich auch nicht mehr die Bedeutung einer Bundes- oder Landesstraße haben. Das Thüringer Straßengesetz schreibt vor, wie die Abstufung oder die Umwidmung bzw. die Widmung bis hin zur Einziehung einer Straße zu erfolgen hat.

Die FDP legt jetzt einen Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Straßengesetzes in den entsprechenden Paragraphen vor. Aber das, was hier von der FDP und auch von Frau Dr. Lukin beklagt wurde, nämlich die finanzielle Not der Kommunen oder auch eine Besserstellung der Kommunen, wie es hier suggeriert wird, das wird mit diesem Gesetzentwurf nicht geregelt und ist auch gar nicht zu regeln. Wenn wir darüber reden, wie wir die Kommunen ausstatten wollen im Zusammenhang mit der Abstufung von Straßen, dann müssen wir über den Haushalt reden. Dann müssen wir über den Einzelplan 10 reden. Wir müssen aber auch über die Ansätze im KFA reden. Das können wir mit diesem Gesetz nicht regeln.

Die FDP schreibt auch, Sie würde die Kommunen besserstellen, die kommunale Selbstverwaltung stärken. Wenn ich mir aber bereits die Änderungen in § 6 Abs. 2 anschaue, dann beschneiden Sie hier das Recht der Kommunen, da Sie nämlich den Ge

meinden nur noch ein Mitspracherecht einräumen wollen, wenn es sich um die Widmung und die Übertragung einer Gemeindestraße handelt. Der bisherige Paragraph im Straßengesetz sieht grundsätzlich ein Mitspracherecht der Gemeinde vor. Das hätten wir auch gern so gelassen.

Mit Ihrer Änderung in § 7 Abs. 3 blähen Sie den ganzen Paragraphen auf, ohne letztendlich auch hier zu einer wirklichen Änderung, Besserstellung zu kommen. Wir sind auch der Auffassung, dass über eine Umstufung letztendlich nicht der Träger der Straßenbaulast zu entscheiden hat, sondern die oberste oder obere Straßenbaubehörde, je nachdem, um was für eine Straße es sich handelt.

Was Ihren Änderungsvorschlag in § 11 betrifft, da hat mein Kollege Wetzel schon recht, dass Sie hier unnötig Gelder ausgeben wollen - auch Frau Schubert hat es gesagt - für eine Landesstraße, die letzten Endes nicht mehr die Bedeutung hat. Indem Sie nämlich schreiben, dass die Straße in dem für die bisherige Straßengruppe gebotenen Umfang ordnungsgemäß unterhalten werden muss, geben Sie zusätzliche Gelder aus, die nicht nötig wären. Im Straßengesetz ist die ordnungsgemäße Unterhaltung und der Grunderwerb Voraussetzung für eine Abstufung. Ordnungsgemäße Unterhaltung heißt auch, dass die Straße in verkehrssicherem Zustand zu übergeben ist. Es ist nicht gesagt, dass eine Landesstraße - so wäre es aber dann nach Ihrem Gesetzentwurf - auch die Breite einer Landesstraße haben muss, die entsprechenden Kurvenradien. Dies haben viele Landesstraßen auch nicht. Da brauche ich mir zum Beispiel nur mal die L 1016 durch den Hainich anschauen. Dort ist auch nicht gewollt, dass sie noch in den Zustand einer Landesstraße versetzt wird, bevor sie dann irgendwann mal, wenn die B 247, die ganzen Ortsumgehungen fertig sind, abgestuft wird. Das kann nicht gewollt sein. Es gibt andere Beispiele. Diese Gelder hat das Land nicht und es ist auch nicht sinnvoll, die hier einzusetzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen muss ich sagen, wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab und sehen auch keine Notwendigkeit, ihn im Ausschuss zu diskutieren.

(Beifall SPD)

Danke, Frau Abgeordnete Doht. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Bergner für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, wer in den sogenannten gebrauchten Bundesländern aufgewachsen ist, hat gelegentlich eine

(Abg. Schubert)

kleine norwegische Filmgeschichte kennengelernt. Darin spielten Karius und Baktus eine Rolle. Zwei kleine Bakterien, die sich in dem Mund eines Kindes eingenistet hatten und dort verantwortlich waren, Herr Minister, für Löcher in Zähnen.

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Das wird aber mit K geschrieben.)

Hier in Thüringen haben wir einen Minister mit verblüffender Namensähnlichkeit, wenn auch mit C geschrieben, der ist verantwortlich für die Löcher in den Straßen des Landes Thüringen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bis die Zahnärzte kommen.)

Da will ich einmal etwas ketzerisch sagen, es ist gelegentlich vielleicht auch verständlich, wenn das Ziel besteht, die eine oder andere dieser Straßen loszuwerden. Aber es kam in dem einen oder anderen Redebeitrag hier im Vorfeld durchaus ganz deutlich zur Sprache, dass es nicht die Frage ist, Straßen loszuwerden, die vielleicht in einem schlechten Zustand sind, das wäre unredlich, sondern dass es darum geht, Straßen umzuwidmen, weil sie eine andere Verkehrsbedeutung erlangt haben. Das ist der springende Punkt

(Beifall FDP)

und da werde ich auch auf den einen oder anderen Vorwurf, den ich in den Redebeiträgen davor gehört habe, gleich noch zurückkommen. Aber im Ernst, wir wollen, dass die Übertragung von Straßen nicht nach Gutsherrenart erfolgt. Wir wollen, dass die Übertragung von Straßen oder die Umwidmung von Straßen und die Abgabe an neue Straßenbaulastträger auf Augenhöhe geregelt wird im Einvernehmen, und das ist der Unterschied. Bislang werden Gemeinden gehört und die Frage, ob sie dann einverstanden sind oder nicht, spielt eine deutlich geringere Rolle, als sie das mit unserem Gesetzentwurf tun würde. Wir wollen eine klare Zustandsdefinition. Da ist das, was ich jetzt in den Reden bisher gehört habe, sicherlich schlicht und einfach ein Missverständnis. Es ging darum, dass wir bei Tragfähigkeitsschäden einen grundhaften Ausbau wollen, weil wir nicht wollen, dass die Gemeinden mit, ich sage mal, miserablen Straßen belastet werden, deren Ausbau und Wartung sie gar nicht schultern können. Wenn wir sagen, wir wollen bei Tragfähigkeitsschäden einen Ausbau nach RStO, dann bezieht sich das auf den Aufbau und nicht auf die Breite, Herr Kollege Wetzel. Es geht um die RStO und nicht um die Richtlinien für die Anlage von Straßen, wo die Straßenbreiten geregelt werden.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Dann müs- sen Sie etwas anderes schreiben.)

Nein, nein, genau darum geht es. Wenn wir in dem Gesetzentwurf stehen haben, dass die Unterhal

tung - und das ist übrigens gängiges Recht in allen möglichen Straßengesetzen - bis zur Übergabe natürlich der entsprechenden Straßenkategorie zu entsprechen hat, dann ist das ja wohl logisch und ergibt sich aus der Art der Straße, die bis dahin zu unterhalten ist.

(Beifall FDP)

Nebenbei gesagt, meine Damen und Herren, ist das auch nicht der große Streitpunkt, denn so viel geringer - und das kann ich Ihnen als Straßenbauingenieur und als Kommunalpolitiker sagen - werden die Kosten auch für kommunale Straßen nicht.

Wenn Frau Kollegin Schubert uns hier erzählt, was wir in Thüringen für ein tolles Straßennetz haben, dann lade ich Sie ein, auch mal in den ländlichen Raum zu kommen und sich die eine oder andere Landesstraße anzuschauen. Die L 1083 bei uns im Heimatstädtchen Hohenleuben, Herr Minister, ich darf das an dieser Stelle noch einmal wiederholen, ist ein sehr beredtes Beispiel. Ich würde Ihnen das gerne auch persönlich zeigen. Wenn Sie die Frage stellen, wer soll das bezahlen, kann die Antwort nicht die sein, dass die Straßen, die das Land in einem schlechten Zustand übergibt, dann auf einmal durch die Kommunen zu bezahlen sind. Das würde ich eine Mogelpackung nennen, das würde ich unredlich nennen und schlicht und einfach sogar unanständig.

(Beifall FDP)

Ich komme auch zu einer Aussage, die ich in der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage „Umstufung von Landesstraßen im Landkreis Greiz“ gefunden habe. In der Antwort des Ministers in der Drucksache 5/2598 vom 18.04.2011 finden wir eine Übersicht - und ich beziehe das mal ganz bewusst nur auf ein paar wenige Straßen in meinem persönlichen Umfeld -, das ist diese Tabelle von Straßen, die in jüngerer Zeit erst übergeben worden sind. Ich habe mir beispielsweise die L 1084 angekreuzt, von Zoghaus bis Langenwetzendorf, da ist die Rede von einer Instandsetzung. Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt langfahren, dann sehen Sie offene Risse, da sehen Sie Schlaglöcher und da sehen Sie, dass dort der Gemeinde eine Straße übergeben worden ist, die eben nicht in einem Zustand war, dass die Gemeinde auf Dauer ohne große Belastungen ausgekommen wäre.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind wir dafür.)

Nein, Frau Kollegin, es geht um Nachhaltigkeit, auch was Finanzen anbelangt. Es geht um die Nachhaltigkeit, dass die Kommunen, die Straßen übergeben bekommen, damit auch auskommen müssen, darum geht es meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Wenn wir die L 2351 von Mehla bis Neuärgerniß hernehmen, eine sehr schmale Straße, die erhebliche fachliche Defizite im Böschungsbereich hat, weswegen auch immer die Fahrbahnränder weggebrochen sind, dann sehen wir, dass heute die Schäden wieder da sind, die erst kurz vor Übergabe mühselig zugekleistert worden sind. Das gleiche können wir weitermachen mit der L 2330 zwischen der B 175 und Wünschendorf, wo ich sagen muss, da würde ich mich schon als Straßenbaulastträger, wenn ich so eine Straße übergeben würde, schämen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Das ist das, was ich meine, und das ist das, was wir mit diesem Gesetzentwurf ansprechen und was wir ändern wollen, nämlich die Frage der Augenhöhe zwischen altem und neuem Straßenbaulastträger. Ich glaube, das ist auch eine Frage des fairen Umgangs miteinander, eine Frage von Fairness und klaren Spielregeln. Wenn wir, meine Damen und Herren, jetzt hören, dass es dann Fördermittel bis zu 90 Prozent geben soll - und bei bis zu 90 Prozent schrillen dann schon wieder die Alarmglocken, weil das dann auch Förderungen deutlich darunter sein können -, dann heißt es, dass mindestens 10 Prozent bei den Gemeinden verbleiben und dass vor allem der Unterhalt bei den Gemeinden verbleibt. Wenn man das schon macht - wir haben uns vorhin darüber verständigt, dass es dabei immer nur um die Frage der geänderten Verkehrsbedeutung gehen kann -, dann muss man den Gemeinden auch Straßen übergeben, die sie erhalten können.