Protokoll der Sitzung vom 17.06.2011

Wir fahren in der Sitzung fort, nachdem wir die Sitzung unterbrochen haben auf Geschäftsordnungsantrag der Fraktion der CDU. Ich möchte Ihnen dazu Folgendes erklären: Die Fraktion der CDU hat den Antrag auf Unterbrechung der Sitzung und Einberufung des Ältestenrats aus folgendem Grund gestellt. In der Rede der Frau Abgeordneten König der Fraktion DIE LINKE ist der Begriff „rassistischer Kontrolldruck“ zweimal erwähnt worden, und das in Bezug auf die Thüringer Polizei. Aus diesem Grunde gab es eine Vereinbarung und eine Diskussion im Ältestenrat dazu, wie zu diesem Sachverhalt weiter verfahren wird. Der Ältestenrat ist zu der Übereinkunft gekommen, dass ich Ihnen jetzt folgenden Weitergang des Tages vorschlage: Die Fraktion der CDU erwartet von der Frau Abgeordneten König eine Entschuldigung gegenüber der Thüringer Polizei. An dieser Stelle frage ich die Frau Abgeordnete König, ob sie sich zu dem Sachverhalt äußern möchte. Das ist augenscheinlich der Fall.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich würde gern nach § 32 der Geschäftsordnung eine persönliche Bemerkung nach Abschluss der Debatte in Anspruch nehmen.

Das können Sie tun, Frau Abgeordnete. Nach Abschluss der Debatte bedeutet in diesem Fall, Sie möchten am Ende des Tages Ihre persönliche Erklärung abgeben. Das ist im besonderen Falle nach § 32 der Geschäftsordnung möglich. An dieser Stelle werden wir die Tagesordnung weiterführen und

(Unruhe CDU)

es gibt einen Geschäftsordnungsantrag des Abgeordneten Blechschmidt.

Danke schön, Frau Präsidentin, keinen Geschäftsordnungsantrag an der Stelle.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das kann doch nicht so stehen bleiben.)

Ich möchte Sie nur der Ordnung halber an dieser Stelle, wenn mir das erlaubt ist, korrigieren. Es hieß nicht „rassistischer Kontrolldruck“, sondern „rassistische Kontrollpraxis“ - damit die Begriffe deutlich bleiben. Danke.

(Abg. König)

Das ist richtig. Es heißt „rassistische Kontrollpraxis“. Wir gehen jetzt weiter in der Tagesordnung

(Unruhe CDU)

und wir sind nach wie vor im Tagesordnungspunkt 13 und das Wort hat der Abgeordnete Bergner.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Unerhört ist das, wie mit der hiesigen Polizei umgegan- gen wird. Frau Präsidentin, ich verlasse den Saal.)

Herr Abgeordneter Fiedler, das nehme ich zur Kenntnis.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich muss sagen, ich bin schwer enttäuscht und zwar enttäuscht davon, mit welcher Schärfe hier die Debatte in eine völlig falsche Richtung gelenkt wird. Ich sage Ihnen eines, Frau Kollegin König, wenn wir Öl ins Feuer gießen, dann ist den Menschen, die betroffen sind, am allerwenigsten geholfen.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Ich will auch ganz deutlich sagen, wenn diejenigen, die Kontrollen durchführen, auch nur dem Anschein nach in die Nähe von Rassisten gerückt werden, ist das etwas, wovon ich mich ganz stark distanziere und wo

(Beifall CDU, FDP)

es mir ausgesprochen unangenehm ist, wenn die Menschen bei der Thüringer Polizei die Diskussion, die heute hier so stattfindet, so hören müssen. Ich will auch ganz deutlich sagen: Wenn ich vorhin angekündigt habe, Ihrem Antrag zuzustimmen, dann stimme ich dem Antrag zu, aber nicht dem Redebeitrag von Kollegin König.

(Beifall FDP)

Ich werbe ausdrücklich an dieser Stelle dafür, dass wir die weitere Debatte sachlich führen und zielorientiert, nämlich mit dem Ziel, den Menschen, die von der Einschränkung der Bewegungsfreiheit betroffen sind, zu helfen, und ich werbe dafür, dass wir alles unterlassen, was jetzt noch in irgendeiner Weise so verstanden werden könnte, dass es ins Feuer dieser Diskussion kippt. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Es hat sich jetzt zu Wort gemeldet die Frau Abgeordnete Berninger für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, niemand hier im Raum als auch in anderen Debatten zur Residenzpflicht hat die Absicht, Polizistinnen und Polizisten in die Nähe von Rassisten zu rücken. Dem ist nicht so.

(Beifall DIE LINKE)

Der Begriff „rassistische Kontrollpraxis“ wird immer wieder verwendet in der Debatte, einfach weil Polizeibeamtinnen und -beamte gar keine andere Chance haben, dieses zu kontrollieren als nach dem äußeren Erscheinungsbild.

(Beifall SPD)

Ich bin auf dem Bahnhof in Erfurt noch nie kontrolliert worden, ich sehe nämlich auch nicht aus, als käme ich aus dem Ausland, aber den Betroffenen passiert das tagtäglich. Es ist bereits verwaltungsgerichtlich entschieden worden und da will ich Peter Metz für den Hinweis vorhin sehr danken, das Verwaltungsgericht, ich meine, es war Meiningen, hat nämlich entschieden, eine Polizeikontrolle braucht einen Anfangsverdacht. Diesen Anfangsverdacht aber am Migrationshintergrund, am äußeren Erscheinungsbild festzumachen, so sagt das Verwaltungsgericht, verstößt gegen das allgemeine Gleichstellungsgesetz, eben weil es rassistisch ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Berninger. Ich sehe jetzt keine Wortmeldung - der Herr Innenminister hat sich zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Innenminister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, entschuldigen Sie, wenn ich mit tiefer Betroffenheit jetzt erst mal hier vorn stehe. Ich habe gedacht, wir könnten ein durchaus politisch kontrovers zu diskutierendes Thema in Sachlichkeit und Fairness miteinander besprechen, und bin von der Debatte dann doch ein wenig überrascht.

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Wir nicht.)

Ich wundere mich kein bisschen darüber, dass der Thüringen-Monitor in seinen jährlichen Befragungen für das Ansehen der Polizei Bestnoten verteilt von knapp unter 80 Punkten der Zustimmung und

im Hinblick auf die Äußerungen einzelner Politikerinnen offensichtlich das Ansehen der Politiker bei unter 30 Punkten angesiedelt wird. Wenn das der Stil ist, dass man für zweifelhafte Äußerungen, gegen die ich mich in aller Form gegenüber unserer Polizei verwahren muss, nicht die Bereitschaft besitzt, sich zu entschuldigen,

(Beifall CDU, FDP)

dann rüttelt das schon ein wenig an einer Grundsäule auch unseres demokratischen Rechtsstaats

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Na, na, na!)

und diskreditiert Personen, die jeden Tag in vielfältigen Situationen zu unser aller Wohl ihren Kopf hinhalten müssen und ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Ich bedaure das.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Die Äußerungen des Abgeordneten Metz nötigen mir Respekt ab. Er hat seine, ich würde sagen, wenn es mir gestattet ist gegenüber den Äußerungen eines Abgeordneten, innere Zerrissenheit dargestellt; ich finde das beachtenswert. Das Grundrecht auf Asyl ist eines der wichtigsten Grundrechte, die wir haben. Es kommt aus einer historischen Erfahrung heraus und besitzt einen hohen Stellenwert. Aber es macht sich nicht daran fest, in keiner Art und Weise, ob es in Hildburghausen, in Stadtroda oder in Sömmerda gewährt werden kann, wichtig ist, dass es gewährt wird. Es hat keine Bedeutung, ob es an einem bestimmten Ort ausgeübt werden kann oder über die Grenze hinaus. Es geht darum, ob Menschen, die in ihrem Heimatland aus nicht nachvollziehbaren Gründen und unter Missachtung von Völkerrecht verfolgt werden, Schutz gewährt wird, nur darum und nicht, ob ein ganzes Land dafür zur Verfügung gestellt werden kann oder nicht.

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zurück zur eigentlichen Debatte. Die Thematik Lockerung bzw. Abschaffung der Residenzpflicht wurde bereits mehrfach im Plenum des Landtags erörtert. Wiederholt wurde dabei durch mich oder Herrn Staatssekretär Rieder darauf hingewiesen, dass die Landesregierung entsprechend der Koalitionsvereinbarung beabsichtigt, eine Rechtsverordnung zur Erweiterung der Residenzpflicht zu erlassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist zutreffend, der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. April 2011 keine Einwendungen gegen das sogenannte Zwangsheiratsbekämpfungsgesetz erhoben. Das Gesetz wird somit, nachdem es zuvor bereits am 17. März 2011 durch den Bundestag verabschiedet worden ist, in Kürze in Kraft treten. Mit

diesem Gesetz wird die Vorschrift des § 58 Abs. 6 des Asylverfahrensgesetzes dergestalt geändert werden, dass künftig das Gebiet des vorübergehenden erlaubnisfreien Aufenthalts für Asylbewerber durch Rechtsverordnung auf das ganze Land ausgedehnt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dies auch geschehen muss. Die Landesregierung hat insofern ein eigenständiges Gestaltungsermessen und wägt im Rahmen des Verordnungsverfahrens sorgfältig die Vor- und Nachteile ab, die durch eine Erweiterung der Residenzpflicht sowohl für die Asylbewerber als auch für die Behörden entstehen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Kabinett hat am 17. Mai 2011 die Thüringer Verordnung über den erlaubnisfreien Aufenthalt von Asylbewerbern außerhalb des Bereichs der Aufenthaltsgestattung beschlossen. Ich gehe davon aus, dass die Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt alsbald erfolgen wird. Die Verordnung sieht vor, dass sich die Asylbewerber außer in dem Bezirk der zugewiesenen Ausländerbehörde grundsätzlich in allen benachbarten Kreisen und mindestens einer kreisfreien Stadt vorübergehend erlaubnisfrei aufhalten können. Sofern es erforderlich ist, Landkreise zu durchqueren, um eine kreisfreie Stadt zu erreichen, werden auch diese in den Bereich des erlaubnisfreien Aufenthalts mit einbezogen. Die Verordnung stellt einen ausgewogenen Kompromiss dar, der die Interessen aller Betroffenen berücksichtigt. Einerseits wird er dem Ziel des Gesetzgebers, die Erreichbarkeit der Asylbewerber für Behörden und Gerichte während des Asylverfahrens sicherzustellen, gerecht, andererseits ermöglicht er den Asylsuchenden die Kontaktaufnahme mit Freunden oder Bekannten sowie eine Inanspruchnahme von sozialen Einrichtungen. Sobald die Verordnung in Kraft getreten ist, wird im Erlasswege sichergestellt, dass für Geduldete grundsätzlich die gleichen räumlichen Beschränkungen gelten wie für Asylbewerber. Ich bitte Sie daher, den Antrag der FDP-Fraktion sowie den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt eine weitere Wortmeldung. Das Wort hat der Abgeordnete Ramelow für die Fraktion DIE LINKE.

Werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Innenminister, man kann natürlich etwas unterstellen, was man gehört hat, um daraus abgeleitet Empörung zu formulieren. Die Kollegin König hat auf Nachfrage des Abgeordneten Metz, und ich war der Nachfrage des Abgeordneten Metz sehr