Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielleicht liegt das bei Herrn Schäuble auch nur daran, dass er Angst davor hat, welchen Koalitionspartner er mitnehmen müsste, welche Mehrheiten er dann nicht bekommen würde und Angst davor, dass dann die Regierung noch schneller zu Ende wäre als sie sowieso schon zu Ende wäre, wenn er das tun würde, was Sie gerade wollten, Herr Barth. Das einmal so vorweg gesprochen.
Die Debatte zum EFSF geht meiner Ansicht nach über die schwierigste, über die dringlichste, die grundsätzlichste und die wichtigste Frage, der wir aktuell in der Politik gegenüberstehen. An das Thema reicht wahrscheinlich nichts anderes heran, da kann ich sogar Herrn Mohring zustimmen. Wir können mal die Annahme treffen, dass der EFSF funktioniert, und nicht immer so negativ davon reden, dass er sowieso völliger Quatsch ist - das ist FDPHaltung - oder dass er schon nicht funktionieren wird, wir aber auch keinen Plan B haben. Wenn er funktioniert, bedeutet das für die deutsche Wirtschaft positiv, dass wir weiterhin unsere Export
märkte sichern. Vielleicht sollte man daran erinnern, dass das Geld, über das wir gerade sprechen, zu 60 Prozent in Europa verdient wird durch uns, durch unsere Wirtschaft und unter anderem auch in Griechenland. Wir können das immer deutlich beklagen, aber der drittgrößte Rüstungsexporteur verkauft eben seine U-Boote nach Griechenland. Dafür hat sich Griechenland verschuldet und nicht nur für irgendwelche anderen Konsumaufgaben.
Wir sichern übrigens damit auch die Stabilität der deutschen Banken. Das muss man nicht gerade gut finden, das ist nicht das, was DIE LINKE und wir unbedingt jetzt als das Hauptthema sehen, es bleibt aber trotzdem eine Wahrheit. Auch die deutschen Banken und auch die Deutsche Bank profitieren davon, wenn dieser Fonds funktioniert.
Was bedeutet das für uns im Landeshaushalt? Unser Landeshaushalt wird höchstwahrscheinlich durch den neuen Blitz-Stresstest - wie es so schön heißt - bei der hessisch-thüringischen Landesbank große Fragezeichen bekommen. Ich will nicht gleich sagen „Schwierigkeiten“, ich finde es eigentlich mittlerweile ziemlich unanständig, dass wir grundsätzlich nur noch pessimistisch über das Thema sprechen, wie hier Leute versuchen, etwas zu lösen, was sie nicht verursacht haben, wir hier auch nicht verursacht haben, sondern Menschen verursacht haben, die mit ihrer Gier und ihren Renditeinteressen, ohne Gegenwert zu schaffen. Das war die Bankenkrise, völlig richtig bemerkt. Dafür werden wir jetzt bei der Helaba möglicherweise neues Eigenkapital generieren müssen. Ich bin mal gespannt darauf, wie die Bonität dieser Bank in ein, zwei, drei Wochen aussehen wird. Aber das Grundthema bei dem ganzen Bereich ist meiner Ansicht nach die Frage, ob die gehebelte Größe Herr Mohring, da bin ich auch wieder bei Ihnen -, die 2 Billionen, von denen jetzt die Rede ist, oder vielleicht auch nur die 1,5 Billionen oder nur die 400 Mrd. nicht auch - und daran haben sich alle meine Vorredner vorbeigemogelt - eine Frage der staatlichen Souveränität aufwirft, sprich, wieder die Frage, wie viel Europa wollen wir, respektive auch, wie viel Europa brauchen wir zwingend, um das Problem zu lösen. Ich will darauf hin, dass wir in der Finanzpolitik und in der Wirtschaftspolitik - jedenfalls habe ich bisher keinen seriösen Beitrag gehört nicht mehr eigenstaatlich und allein handeln können, hoffentlich auch nicht wollen, aber vor allem nicht können, diese Krise zu lösen, indem wir einen deutschen Alleinweg diskutieren oder einen Weg mit Frankreich und noch zwei, drei weiteren zusammen. Das kann meiner Ansicht nach nur schiefgehen nach allem, was ich zu dem Thema bisher gehört und gelesen habe, auch von Fachleuten, die mir nicht unbedingt nahestehen.
Ich will darauf hinaus, wir diskutieren eigentlich hier heute im Rahmen der Subsidiaritätsfrühwarnkontrolle mal ganz früh über hoffentlich irgendwann uns entgegenkommende Gesetzentwürfe seitens Europas, dass die Verfassung von Europa neu geschrieben werden muss und wir mehr in die Exekutivorgane Europas abgeben müssen und damit auch staatliche Souveränität Thüringens abgeben müssen und natürlich auch Deutschlands.
Ich will nur darauf hinaus, zum Beispiel müssen Verstöße gegen die Stabilitätskriterien natürlich sanktioniert werden - das ist gar keine Frage. Aber, und da erlaube ich mir jetzt mal jemanden zu zitieren, der nun wirklich nicht GRÜNEN-nahe ist, nämlich Hermann Gröhe,
den CDU-Generalsekretär, der in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 12.10. gesagt hat - ich zitiere mit Erlaubnis -: „Wenn die Mitgliedstaaten die zur Krisenbekämpfung erforderliche verstärkte zwischenstaatliche Zusammenarbeit zunehmend in die Gemeinschaftspolitik überführen, führt das zu einer entsprechenden demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament.“ (Was bisher nicht wirklich stimmt, denn da fehlen noch einige Rechte, die das Europäische Parlament haben müsste, die wir ihm zu geben haben.) „Deshalb bin ich dafür, dass wir den Schritt zur Stabilitätsunion möglichst schnell gehen und zügig über einen europäischen Konvent zu Vertragsänderungen kommen.“ Da bin ich ganz bei Herrn Gröhe. Mal schauen, ob er sich durchsetzen kann in seiner Partei.
Und dann möchte ich zum Abschluss, weil ich nicht so viel Zeit habe hier vorn, auch noch einen weiteren Konservativen zitieren, der uns allen etwas nähersteht, nämlich in diesem Fall unseren Finanzminister, der der „Thüringer Allgemeine“ vom 5. Oktober gesagt hat: „Es sollte überlegt werden, ob ein Stabilitätsrat, wie er seit Kurzem zur Überwachung von Fehlentwicklungen im Bereich der Finanzen deutscher Bundesländer etabliert wurde, auch ein Modell für die europäische Ebene sein kann.“ Da irrt meiner Ansicht nach Finanzminister Voß, das reicht lange nicht aus, dass wäre ein Defizit in der Legislative, das muss ins Europäische Parlament und wir müssen hier dafür etwas aufgeben. Wenn wir das nicht begreifen, werden wir bei der Debatte nie wirklich diskutieren, an der Wurzel nie radikal sein, und das ist schade bei dem Thema. Danke.
2. Wir können uns vorstellen, dass eine Finanztransaktionssteuer dazu beitragen kann, die Finanzkrise zu beseitigen.
3. Die Übernahme von Garantien kann nur eine Ultima Ratio sein, wenn die Eurozone als Ganzes stabilisiert werden muss gegen eigene nationale Sanierungs- und Konsolidierungsmaßnahmen.
Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Walsmann das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nur selten in der Geschichte der europäischen Integration hat es eine Phase gegeben, in der die Europapolitik derartig im Blickpunkt gestanden hat wie in den letzten Wochen und Monaten. Wir spüren alle, egal in welcher Funktion wir im Land unterwegs sind, dass die Bürgerinnen und Bürger das Thema Europa umtreibt. Im Grunde genommen haben wir damit einen Zustand erreicht, den wir uns als Europapolitiker schon lange wünschen. Die EU ist im politischen Alltagsgeschäft angekommen. Allerdings sage ich auch: Ich hätte mir dieses Ankommen besser so gewünscht, dass es positive Nachrichten sind, die die EU in den Blickpunkt rücken, und nicht das grundlegende Problem, auf das die Europapolitik momentan leider reduziert wird, nämlich die Euroschuldenkrise. Ich betone noch einmal, es ist eine Euroschuldenkrise, -verschuldenskrise.
Das Nein des slowakischen Parlaments zur Ausweitung des Eurorettungsschirms EFSF am gestrigen Abend hat die Lage nicht einfacher gemacht. Es gibt aber trotzdem berechtigten Anlass für Zu
versicht, dass nach einer erneuten Abstimmung vielleicht sogar in dieser Woche - die Zustimmung aller Eurogruppenmitglieder steht. Dafür sollten wir auch weiter werben, denn es wäre wirklich ein wichtiges Signal für die Stabilität der Eurozone. Deshalb hat die Thüringer Landesregierung auch vor knapp zwei Wochen in einer Sondersitzung des Bundesrats gemeinsam mit allen anderen deutschen Ländern der Ausweitung des Eurorettungsschirms EFSF zugestimmt. Es war keine politische Entscheidung, die wir leichten Herzens oder gar mit Enthusiasmus getroffen haben, schließlich beträgt die Gewährleistungssumme Deutschlands für den EFSF mit 211 Mrd. € jetzt etwa zwei Drittel eines jährlichen Bundeshaushalts.
Ich kann die Sorgen, die sich auch die Thüringerinnen und Thüringer über die weitere Entwicklung machen, gut verstehen. Wir sind nun länger schon mit schlechten Nachrichten aus einigen Staaten der Eurozone konfrontiert. Nachjustierungen auf europäischer Ebene waren und sind angesichts aktueller Entwicklungen nötig. Die Bedenken muss man auch ernst nehmen. Die Politiker in ganz Europa, auch wir hier in Thüringen, sind nun gefordert, eine glaubhafte Strategie zur Reduzierung der Staatsdefizite zu entwickeln und dann auch umzusetzen, das betone ich. Es geht darum, die tatsächlichen Ursachen der jetzigen Krise zu bekämpfen. Das ist in vielen Staaten der Eurozone eine unsolide Politik, die sich nicht an den tatsächlichen Einnahmen orientiert, sondern immer neue Schulden macht.
Trotz aller Schwierigkeiten und Bedenken: Es war richtig, der Ausweitung des EFSF zuzustimmen. Sie dient in erster Linie dazu, eine Ansteckung der gesamten Eurozone zu verhindern. Daran hat Deutschland als Exportnation ein massives Eigeninteresse. So gut ich die Kritik auch so mancher Gelehrten verstehen mag, schlüssige Gegenkonzepte habe ich bislang kaum vernommen. Im Gegenteil, viele Gedankenspiele sind wesentlich riskanter und teurer. Der Eurorettungsschirm ist auf der einen Seite ein Stück Solidarität gegenüber unseren Partnern. Wir sollten nicht in Sonntagsreden von der europäischen Solidargemeinschaft reden und sie bei der ersten Bewährungsprobe aufkündigen.
Solidarität und Hilfe - und das kann man eigentlich gar nicht genug unterstreichen - setzen aber voraus, dass der Empfänger von Hilfe seinerseits alles unternimmt, um sich selbst zu helfen. Wir können als Politiker nicht von unseren Bürgern erwarten, dass sie bedingungslos für die Fehler etwa, leider auch der griechischen Politik der letzten Jahre einstehen, und deshalb ist der Eurorettungsschirm an harte Bedingungen geknüpft. Das ist der Bundesregierung zu verdanken und sie hat dabei richtig gehandelt, das möchte ich ganz deutlich betonen. Aus
meiner Sicht hat sie richtig gehandelt, denn weitere Hilfen müssen von strengen Auflagen begleitet und deren Einhaltung muss streng kontrolliert werden, Blankoschecks helfen da nicht. Damit ist die Linie markiert, an der wir uns auch bei der Reaktion auf neue Entwicklungen orientieren müssen. Wenn jetzt über mögliche Hebelwirkungen diskutiert wird, wie die finanzielle Schlagkraft des EFSF noch weiter erhöht werden könnte, nehmen wir den Druck von den Mitgliedstaaten, ihre Verschuldung in den Griff zu bekommen. An Gedankenspielen, wo man an noch mehr Geld kommen kann, sollten wir uns deshalb in dieser einfachen Form nicht beteiligen, denn ein wachsender Schuldenberg kann sehr schnell auch zu weiteren Bonitätsverlusten führen und damit eben auch zu zukünftig steigenden Zinsausgaben und das behindert es, wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Eines sollte allen klar sein, Geist und Buchstaben der Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat über die Grenzen der finanziellen Beteiligung Deutschlands dürfen nicht umgangen werden. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht auch sehr deutlich entschieden. Das hätte sonst auch einen fatalen Vertrauensverlust gegenüber der Bevölkerung zur Folge. Der Euro-Rettungsschirm kann kurzfristig bei der Bewältigung der Krise helfen, auch seiner zuletzt verstärkt ins Blickfeld gerückten Möglichkeiten zur Stabilisierung der Banken. Mindestens genauso wichtig sind, glaube ich, langfristige Vorsorgemaßnahmen, um ähnliche Probleme der Zukunft zu verhindern. Wichtige Schritte sind dazu auf europäischer Ebene schon unternommen worden. Dazu gehört die mittlerweile beschlossene Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Seine Aufweichung durch die rot-grüne Bundesregierung hat die gegenwärtige Krise auch ein Stück mit ermöglicht und uns in Europa Glaubwürdigkeit gekostet.
Von großer Bedeutung und Erfolg versprechend ist die von der Bundesregierung initiierte Aufnahme einer Schuldenbremse in die nationale Verfassung der europäischen Länder, genauso auch die verstärkte Abstimmung der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Als Initiatorin des Euro-Plus-Pakts hat die Bundesregierung auch den richtigen Weg bei Politikbereichen eingeschlagen, für die keine Kompetenzen der Union bestehen, die aber Auswirkungen auf die Stabilität der Eurozone haben, zum Beispiel das Sozial- und Rentensystem. Und dieser Weg muss auch weitergegangen werden.
Meine Damen und Herren, auf Bundestag und Bundesrat kommt in Kürze die Entscheidung über den sogenannten permanenten Rettungsschirm, den europäischen Stabilitätsmechanismus zu, der ab 2013 gelten soll. Auch wenn der Bundestag als Haushaltsgesetzgeber hauptsächlich über die Beteiligung Deutschlands an der Bewältigung der
Schuldenkrise entscheidet, angesichts der Rückwirkungen, die die Übernahme der Gewährleistungen schlimmstenfalls auf das Finanzgefüge der Bundesrepublik insgesamt haben kann, werden wir auf eine angemessene Beteiligung des Bundesrates drängen, damit wir mittelbar dort auch mitwirken können. Für die vor uns stehenden Herausforderungen gibt es einfach keine fertige Gebrauchsanweisung. Wir sollten aber bei aller Besorgnis und auch Verärgerung die Geduld aufbringen, die beschlossenen Maßnahmen erst einmal wirken zu lassen. Angst und der Rückfall in vermeintlich einfache nationale Verhaltensmuster sind jedenfalls immer ein schlechter Ratgeber. Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern sehe ich dem auch trotz allem mit dem Mut entgegen, dass daraus auch eine Lösung erwächst, aber sie muss dauerhaft sein.
Es gibt keine weiteren Redeanmeldungen, so dass ich diesen Teil der Aktuellen Stunde auch schließen kann. Ich rufe damit den fünften und letzten Teil auf
e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Einsatz von Lausch- und Spähsoftware durch staatliche Stellen (z.B. ‚Bundestrojaner’) auch in Thüringen?“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/3390
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir mussten am Wochenende ausgesprochen beunruhigende Nachrichten zur Kenntnis nehmen, als bekannt wurde, dass der Computer Chaos Club Trojaner analysiert hat, die offensichtlich deutlich mehr können, als vom geltenden Recht abgedeckt ist. Trojaner, meine Damen und Herren, ist eine Umschreibung in der EDV, die auf das berühmte hölzerne Pferd anspielt, mit dessen Hilfe es gelang, die antike Festung Troja zu erobern mit den bekannten Folgen, meine Damen und Herren.
Erstmals Furore machte eine entsprechende Technologie noch Mitte des vergangenen Jahrzehnts unter Rot-Grün. Unter dem Einfluss des Terrorismus trieb SPD-Innenminister Schily, ohne Rechtsgrundlage damals noch, Online-Überwachung voran. Gegen den Widerstand in der damaligen Oppo