Protokoll der Sitzung vom 14.10.2011

(Staatssekretär Staschewski)

Nun zur Leiharbeit: Leiharbeit soll ein Instrument zum Abbau von Auftragsspitzen in Unternehmen bleiben, nicht mehr und nicht weniger. Leiharbeit soll keine strukturbestimmenden Ausmaße in Unternehmen annehmen. Unternehmen mit mehr als 30 Prozent Leiharbeitern brauchen keine zusätzliche GRW-Förderung, davon bin ich überzeugt. Im Übrigen, weil es immer heißt, es wäre kein Spezifikum in Thüringen; wir haben im Bundesdurchschnitt eine Leiharbeitsquote von 1,5 Prozent, in Thüringen ist es mehr als doppelt so viel mit 3,1 Prozent. Ich glaube schon, dass wir aufgrund dieser besonders spezifischen Situation auch zu Recht Vorreiterrolle waren, uns hier dieses Themas anzunehmen.

Nur noch einmal ganz kurz gehe ich ein auf die Frage: Was bedeutet das für kleinere Unternehmen, wir würden diese viel zu früh aus der GRW herausnehmen? Ein Zehn-Mann-Betrieb müsste vier Leiharbeiter über ein ganzes Jahr hindurch beschäftigen, um von der GRW-Förderung ausgeschlossen zu werden. Bei einer ganzjährigen Beschäftigung von mehr als 30 Prozent der Belegschaft auf Leiharbeitsbasis kann ohnehin nicht mehr von einer Überwindung von Auftragsspitzen gesprochen werden.

Herr Kemmerich, ich habe Ihnen das schon einmal im Ausschuss gesagt und muss das jetzt noch einmal wiederholen. Ich merke, etwa drei Viertel der Anwesenden haben das verstanden, bei Ihnen bin ich mir nicht so sicher, deswegen wiederhole ich das noch einmal. Sie haben mich darauf hingewiesen, dass ich das schon einmal gesagt habe, ich muss es aber ab und zu wiederholen, wenn ich den Eindruck habe, dass es nicht jeder verstanden hat. Dazu bin ich verpflichtet, denn ich bin auch zur Unterrichtung des Parlaments verpflichtet.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Sie brauchen nur Auskunft geben.)

Ich möchte zum Schluss ganz klar sagen: Die Schaffung wettbewerbsfähiger und auf Dauer angelegte Arbeits- und Ausbildungsplätze muss ein zentrales Element von Wirtschaftsförderung sein, dabei bleibt es. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg auch mit der Veränderung der ESF-/LKZRichtlinie. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE)

Es gibt eine weitere Redeanmeldung, und zwar für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Barth.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatssekretär, das schreit nach einer Erwide

rung. Sie stellen sich zu Beginn hin wie auf einem Parteitag und erzählen uns, dass 70 Prozent der Bevölkerung in Thüringen mit ihren Löhnen unzufrieden ist, dass Sie selbstverständlich keine ideologische Politik machen und dass im Übrigen Leiharbeit Teufelszeug ist. Natürlich kann man sich hinstellen und das alles erzählen. Aber dann muss man sich auch anhören, dass man vor zwei Tagen hier in diesem Plenum mit den Stimmen der Koalition, die aus CDU und SPD - also auch aus Ihrer Partei - besteht, dafür gesorgt hat, dass es zukünftig schon einmal sieben bis acht Menschen in Thüringen gibt, die mit ihrer Rente nicht mehr unzufrieden sein werden.

(Beifall FDP)

Fragen Sie mal, wie viel Prozent der Bevölkerung in Thüringen das gut finden? Dann erzählen Sie mir, dass Sie keine ideologische Politik machen! Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Ich sehe keine weiteren Redeanmeldungen mehr, kann demzufolge die Aussprache schließen.

Über den Antrag der Fraktion der FDP in Drucksache 5/2567 in 2. Neufassung stimmen wir jetzt ab, da die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Ablehnung empfiehlt. Wer also diesem Antrag in der Neufassung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der FDPFraktion. Ich frage nun nach den Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus den Fraktionen CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14 und rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 15

Geschichte erfahrbar machen und touristische Potenziale nutzen - Radweg am Grünen Band konsequent weiterentwickeln, hier: Nummer II Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/2869 dazu: Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/3348

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau, Landesentwicklung und Verkehr - Drucksache 5/3374

(Staatssekretär Staschewski)

Frau Abgeordnete Schubert erhält zunächst das Wort zur Berichterstattung aus dem Ausschuss.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch eine kleine Korrektur, mit Verlaub, Frau Präsidentin: Es geht um einen Radweg und nicht Radwege. Das ist genau das Anliegen, was im Ausschuss diskutiert wurde, aus vielen bereits vorhandenen Radwegen einen zu machen. Das Juli-Plenum hatte den Antrag in Nummer II an den Ausschuss überwiesen. Dort geht es konkret um die Aufnahme des Iron Curtain Trail, des Radweges am Eisernen Vorhang, - ich werde immer vom Iron Curtain Trail sprechen - in die landesweite Radwegeplanung. Der Antrag ist in zwei Sitzungen beraten worden. Die Landesregierung hat u.a. ausgeführt, dass vor der Aufnahme in die landesweite Radwegeplanung eine Aufnahme in das nationale Radwegenetz nötig ist. Grundsätzlich hat der Ausschuss Konsens gehabt bei der Haltung zu dem Anliegen, nämlich den Iron Curtain Trail fortzuentwickeln. Der Ausschuss hat die Nummer II des Antrags abgelehnt. Wie schon erwähnt, liegt Ihnen ein Alternativantrag der Koalition vor.

Mir ist nicht signalisiert worden, dass die Koalitionsfraktionen das Wort zur Begründung nehmen möchten.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nein.)

Das ist so. Demzufolge kommen wir gleich zur Aussprache zu all den genannten Vorlagen. Ich rufe als Ersten auf für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Korschewsky.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte diesen Tagesordnungspunkt nicht überstrapazieren und damit keine lange Rede halten. Ich teile im Wesentlichen die Auffassung, die in der Plenardebatte von meinen Abgeordnetenkollegen und seitens des zuständigen Ministeriums vorgetragen wurden. In großem Maße trifft dies auch auf die Argumente, die im Ausschuss ausgetauscht wurden, zu. Dennoch möchte ich zu drei Punkten in aller gebotenen Kürze etwas sagen. Es gibt zumindest etwas zu ergänzen.

Erste generelle Bemerkung: Radwege sind nicht nur ein paar Pisten, die für Sportenthusiasten wichtig sind und sie sind mehr als nur ein rein touristischer Faktor. Sie sind ein hervorragendes Beispiel für eine Bündelung verschiedenster Aspekte. Sie reichen von dem Natur- und Kulturgenuss über aktive Gesundheitsförderung bis hin zu sportlicher Betätigung. Dies trifft im besonderen Maße auch auf

den Iron Curtain Trail zu. Dieser Radweg unterscheidet sich jedoch an einer Stelle grundlegend von allen anderen Radwegen bei uns in Deutschland und in Europa. Er folgt nicht nur natürlichen Gegebenheiten wie Flusstälern oder ehemaligen Handelsstraßen, sein Verlauf wird markiert durch eine von Menschen geschaffene künstliche Grenze, die einst eine tödliche Grenze war. Damit ergibt sich erstens eine Einmaligkeit, weil er auch ein Geschichtspfad ist. Zugleich erwachsen daraus auch andere Anforderungen als an normale Radwege. Da sind wir bei der Thematik der dort befindlichen Gedenkeinrichtungen. Leider spielte diese Problematik bei der Erörterung auch im Ausschuss keine Rolle; ich glaube zu Unrecht. Ich habe in meinem Beitrag in der Plenardebatte bei der ersten Lesung bereits auf die damit verbundene Verantwortung verwiesen, denn es gibt, und darauf haben die Empfehlungen der Historikerkommission mit der Landesförderkonzeption für Gedenkstätten und Lernorte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hingewiesen, hier tatsächlich noch einiges zu tun. Es geht uns nicht um Rechthaberei, sondern darum, eine dauerhaft tragfähige Gedenkstättenkultur zu schaffen. Nichts anderes möchte ich hier auch seitens meiner Fraktion anmahnen. Wir werden diese Thematik darum gegebenenfalls wieder auf die Tagesordnung setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zweitens möchte ich manchem Zungenschlag, der, und so wurde mir berichtet, im Ausschuss zu hören war, widersprechen. Es ging um Beteiligungen von Naturschutzverbänden, die angeblich nachrangig seien. Ich denke, das Gegenteil ist richtig. Gerade weil sich entlang des Iron Curtain Trail eine spannende Flora und Fauna entwickelt hat, muss dies sein, nämlich die Beteiligung von Naturschutzverbänden zu sichern. Wir reden dabei nicht nur über vereinzelte Biotope, sondern über ganze Gebiete bis hin zum UNESCO-Welterbe Nationalpark Hainich; ein dringendes Plädoyer von meiner Seite für die aktive Einbeziehung der Naturschutzverbände.

Und drittens zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen: An dem Antrag ist nichts Verkehrtes und deshalb werden auch wir ihm zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Oha!)

Oha. Ich möchte allerdings ergänzen, es geht nicht nur um die Erlangung von zusätzlichen Finanzmitteln aus der Bundesschatulle, vielmehr müssen auch verschiedene parallele Maßnahmen ergriffen werden. Ich nenne dafür nur stichwortartig die Integration in das Radwegeprogramm, die Einbindung in die Radwegestruktur mit Quervernetzungen sowie die intensive Bewerbung des Projekts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen - und ich betone gemeinsam -, dass der Iron Curtain Trail zu einer touristischen

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Attraktion und zu einem lebendigen Geschichtserlebnis zugleich wird. Wir haben die Chance dazu heute, auch bei den Abstimmungen in diesem Hause. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Bergemann das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, Kollegin Schubert hat es schon richtig ausgedrückt, im Ansinnen sind wir uns einig. Das war eigentlich eine gute Debatte. Wir haben im Ausschuss sehr inhaltsreich debattiert wie im JuliPlenum. Wir haben die Argumente ausgetauscht, so dass man sich tatsächlich ein Stück kurz fassen kann.

Ich wollte noch etwas zu unserem Alternativantrag sagen. Klar ist, Herr Korschewsky, der Radweg bietet die Möglichkeiten: er bietet Sport, er bietet Natur, er bietet auch Tourismus im Sinne eines kleinen Europa, das darf man an der Stelle sagen, denn die 7.000 km, die durch 14 Europäische Länder gehen, insgesamt sind es, glaube ich, über 20, die bieten die Möglichkeit der Natur, aber auch eine bedeutsame Geschichte. Das soll man an der Stelle noch mal erwähnen und man kann das dann im wahrsten Sinne des Wortes erfahrbar machen, mit dem Rad oder wie auch immer. Der Antrag, den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegt haben, ist auch sinnvoll, keine Frage, wir haben nur das Ziel noch ein Stückchen erweitert, weil wir sagen, Sie haben gesagt, es geht nicht nur darum, die Bundesschatulle zu öffnen, aber es ist einer der wesentlichen Gründe, warum wir das getan haben. Denn wir wollen den Bund gerne mit ins Boot holen, um diesen Iron Curtain Trail ins deutsche Radnetz aufnehmen zu können. Da wollten wir einfach ein Stückchen mehr. Wenn das geregelt ist, denke ich, dann sollte das in die landesweite Radwegeplanung mit aufgenommen werden, keine Frage. Aber es hängt davon ab, dass die Bereitschaft der betroffenen Landkreise und Kommunen gegeben ist, dass man diesen Radweg unterstützt, dass man ihn dauerhaft pflegt, dass er erhalten werden kann. Bei mir im Wartburgkreis gibt es ein Stückchen zwischen Hörschel und Dankmarshausen, da ist schon im Zuge des Rhönradwegs dieser ICT ausgeschildert. Das ist jedenfalls ein gutes Beispiel, wie man mit wenig Aufwand eine große Wirkung erzielen kann. Entscheidend ist aber, dass bei diesem ICT mit dem vorhandenen Radwegenetz sinnvoll und im Sinne einer seriösen Haushaltsführung umgegangen wird. Man muss auch untersuchen, welche Möglichkeiten sich daraus im touristischen Bereich

und der Fortentwicklung für Thüringen ergeben, welche Maßnahmen nötig sind, die wir nutzen wollen. Wir wollen ihn, das ist keine Frage, aber er muss auch in dieses Bundesradwegenetz aufgenommen werden. Anschließend können wir hier in Thüringen verhandeln.

Wichtig ist, dass betroffene Länder, wo er durchgeht, mit dabei sind, finde ich, damit auch eine durchgängige Beschilderung insgesamt gewährleistet sein kann. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Barth das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Grünes Band ist in der Tat kein besonders neues. Umweltausschuss, Bauausschuss und Haushaltsausschuss haben das Thema schon oft und umfänglich beraten. Dass Thüringen den größten Anteil am Grünen Band hat - mehr als die Hälfte sogar -, macht natürlich eine besondere Bedeutung für den Freistaat aus, das ist überhaupt keine Frage. Auch das ist nicht neu. So ist es nicht verwunderlich, dass es schon seit 1998 ein Leitbild für das Grüne Band gibt, indem all diese Dinge festgeschrieben sind: Vorrang für die Natur, für den Erhalt dieses einzigartigen Naturraums, natürlich auch die Frage, dass wir an dieser historischen Stelle die deutsche Geschichte erfahrbar und erlebbar machen - erfahrbar im wahrsten Sinne des Wortes an dieser Stelle - und dass man dabei, verbunden mit der touristischen Nutzung, auch die wirtschaftlichen Potenziale im Auge behält. Eine Randdebatte ist an der Stelle für mich die Frage, ob aus dem Grünen Band jetzt ein Naturmonument, ein Naturpark oder irgendetwas anderes wird, da gibt es Untersuchungen, die im Moment entsprechend laufen im Bundesamt für Naturschutz und die würde ich abwarten.

Nun hat in den genannten Ausschuss-Sitzungen der Minister schon gelegentlich darüber berichtet, dass es sinnvoll ist, dass man die Routen an den vorhandenen Radwegen entlangführt, dass man sich auf Lückenschlüsse konzentriert, die Fördermittel, die es möglicherweise von der EU gibt, dann auch wirklich konzentriert einsetzen kann - das alles ist richtig. Ein ganz wesentlicher Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für meine Fraktion, dass wir dabei immer im Auge behalten, dass es die betroffenen Kommunen und Kreise auch wollen. Das ist das, was Gustav Bergemann eben auch gesagt hat. Das ist ein ganz zentraler Punkt für die Frage der Akzeptanz,

(Abg. Korschewsky)

(Beifall FDP)

denn die Fördermittel werden sich vielleicht für die Beschilderung, vielleicht für die Anlage, für die Koordinierung, die bei den Planungen notwendig sind usw. sicherlich niederschlagen. Für den Erhalt und die Pflege sind aber dann natürlich die Kommunen und die Kreise zuständig und deswegen müssen die das wollen. Wenn die das nicht wollen, wenn man denen das nicht vermittelt, dass es einen Mehrwert bringt, wenn man das nicht organisiert, dass es diesen Kommunen einen Mehrwert bringt, dann ist das Ganze eine Totgeburt und das wäre mehr als nur schade, das wäre wirklich eine ganz bedauerliche Entwicklung. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne diese Akzeptanz bei den Kommunen oft am Ende das ganze schöne EU-Geld nichts nützt, sind aus unserer Sicht beide Anträge im jetzigen Stadium der Bearbeitung eigentlich obsolet, die haben sich ein Stück weit erledigt. Das Verfahren läuft und die Aufgaben stehen - auch ohne dass wir uns hier mit diesen Anträgen länger beschäftigen. Deshalb werden wir uns zu beiden Anträgen der Stimme enthalten. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Doht das Wort.