Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlägt vor, die steuerliche Berücksichtigung des Aufwands von Firmenwagen zu begrenzen, wenn ein gewisser CO2Grenzwert nicht erreicht wird. Aktuell existieren keine verbindlichen Limits für den abzugsfähigen Aufwand von Firmenwagen. Möglich wäre es aber, solche Limits zu setzen. Das Bundesverfassungsgericht hat selbst bei seiner Entscheidung zur Entfernungspauschale ausgeführt, dass bei gesetzgeberischen Entscheidungen auch Förderungs- und Lenkungsziele Anerkennung finden können. Lenkungsziel der vorliegenden Vorschläge ist die Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels.

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Begründung des Antrags verweisen Sie auf das Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts Köln und Vorschläge der GrüneN Bundestagsfraktion. Auch die LINKE Bundestagsfraktion hat eigene Vorschläge gemacht, die ähnliche Vorstellungen zum Inhalt haben. Die wesentlichen Differenzen bestehen aber im Zeitplan und in der Höhe der Zielwerte. Außerdem steht die Frage, ob man solche Neuregelungen sofort und für alle einführt, oder ob die neue Besteuerung nur für neu zugelassene Wagen gelten soll. Darüber sollte man im Ausschuss weiterdiskutieren.

Als weiterer Anreiz zur Anschaffung klimaschonenderer Personenkraftwagen soll die sogenannte 1Prozent-Regelung modifiziert werden, die den geldwerten Vorteil durch die private Nutzung von Firmenwagen steuerlich regelt. Dabei sind allerdings verteilungspolitische Gesichtspunkte zu beachten. Gerade im niedrig entlohnten Dienstleistungssektor, beispielsweise im Bereich der mobilen Altenpflege, sind Firmenwagen einerseits ein dienstliches Muss, andererseits ist deren private Nutzung ein immer häufiger anzutreffender Lohnbestandteil. Eine höhere Besteuerung der dort Beschäftigten wäre nicht nur ungerecht, sondern auch aus ökologischer Perspektive verfehlt, da dort ganz überwiegend kleine und somit in aller Regel verbrauchs- und emmissionsarme Firmenwagen anzutreffen sind. Selbstständige mit höherem Einkommen und besser bezahlte Manager fahren dagegen häufiger große und verbrauchskräftigere Fahrzeuge. Daher muss die Besteuerung des geldwerten Vorteils durch die private Nutzung von Firmenwagen unserer Meinung nach differenziert vorgenommen werden. Auch darüber sollten wir im Ausschuss reden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, einige Unklarheiten im Antrag bzw. offene Fragen sollten auch noch diskutiert werden, bevor wir den Antrag so beschließen könnten, wie er vorliegt. Unklar ist zum Beispiel, was Sie mit „sozial gerecht“ meinen.

Die Worte stehen wohl in der Überschrift des Antrags, allerdings halten Sie das im Antrag selbst nicht durch, die Frage beispielsweise, nach welchen Komponenten soziale Gerechtigkeit hier definiert wird. Eine weitere offene Frage ist, ob in Ihrem Antrag auch solche Firmenfahrzeuge wie Kleintransporter, Lkw, Busse oder auch Krane und Bagger mit eingeschlossen sind. Letztlich bleibt offen, wie eine ähnliche Regelung für Minister, Abgeordnete, Beamte und Bundespräsidenten eingeführt werden kann.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine etwas grundsätzlichere Bemerkung. Klimaschutz ist mehr als Steuerpolitik. Zusätzlich bedarf es für den Klimaschutz im Verkehr weiterer verkehrspolitischer und raumordnerischer Maßnahmen zur Vermeidung von Verkehren sowie zur Verlagerung von Verkehren auf die klima- und umweltfreundlicheren Verkehrsmittel Bahn, ÖPNV und des Rades. Aber auch mit Steuern kann man steuern und das sollte man auch tun. Werte Kollegen, deshalb beantragen wir die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr und an den Haushalts- und Finanzausschuss. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Barth für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mit dem einen Punkt anfangen, in dem ich mit Kollegen Huster übereinstimme, „Dienstwagenbesteuerung ökologisch und sozial gerecht reformieren“, so heißt der Antrag, dann taucht das Wort „sozial“ noch mal in dem ersten Punkt auf, wo wir feststellen sollen, dass es derzeit sozial unausgewogen abläuft. Das nächste Mal findet sich das Wort „sozial“ oder irgendetwas, was mit dem Aspekt zu tun hat, dann in der Begründung. Warum es in dem Antragstitel steht, kann ich mir nur so erklären, weil es sich halt schön liest, weil es chic ist, weil man glaubt, damit modern zu sein. Der Anspruch ist nicht nur nicht durchgehalten, sondern den erfüllt der Antrag schlicht und ergreifend überhaupt nicht.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Antrag zeigen die GRÜNEN im Kern aus meiner Sicht erneut, dass sie von einem modernen Menschenbild genauso weit entfernt sind wie von einem freiheitlichen Staatsverständnis.

(Abg. Huster)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind ein Obermuffel, Herr Barth.)

Das sind beides Dinge, die Ihnen absolut fremd sind. Anstatt sich mit allgemeinen und wirksamen Regelungen Regeln zu geben, setzen Sie darauf, kleinteilig und ineffizient Dinge regeln zu wollen. Sie wollen bestrafen und belobigen. Sie teilen die Welt ein, die Menschen ein in welche, die sich richtig verhalten und welche, die sich falsch verhalten, und Sie legen fest, was richtig und was falsch ist.

(Beifall FDP)

Das ist Ihre Sicht der Dinge. Und Auto fahren ist … Bitte?

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Auch wenn Sie es nicht vermuten.)

Ja, genau, das ist richtig, Sie beide zusammen, das ist sowieso klar. Das muss an der Stelle ausdrücklich gesagt werden.

(Beifall FDP)

Also, Auto fahren ist jedenfalls falsch, das ist verwerflich. Und wenn die Autos dann auch noch schön, schnell oder gar groß sind, dann wird das natürlich umso verwerflicher und um so schlechter.

(Heiterkeit FDP)

Herr Barth, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde es wegen der Redezeit vielleicht auf das Ende verschieben, liebe Frau Schubert, wenn wir das so machen könnten.

Wir vergessen es nicht.

Genau. Also richtig und falsch und Auto fahren ist schlecht und insbesondere, wenn es also große oder schnelle oder gar schöne Autos sind, dann ist es also ganz und gar pfui. Ihre Weltsicht, insbesondere was den Bereich Steuern betrifft, ist - das hatten wir an anderer Stelle schon mal so -, Steuern sollen steuern. Sie wollen mit Steuern das Verhalten von Menschen lenken und das ist genau diametral dem freiheitlichen Verständnis der Ordnung entgegengesetzt, das ist genau nicht unser Bild von der Welt. Sie wollen den Menschen das Geld wegnehmen

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau das wollen wir nicht!)

und es ihnen dann wieder zurückverteilen, damit sie es für das ausgeben, was aus Ihrer Sicht richtig ist. Das ist mal der Grundsatz.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und da kommen Sie jetzt her und versuchen, hier verschiedene Dinge einzuführen, damit möglichst nur noch umweltfreundliche Autos aus Ihrer Sicht gefahren werden. Was Ihnen dabei zunächst völlig entgeht, was überhaupt nicht in Ihrer Weltsicht drin ist, ist die Überlegung, die Kollege Huster auch gerade angesprochen hat, dass es nämlich in vielen Fällen so ist, dass ein Dienstwagen ein Arbeitsplatz ist.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: In Ihrem Fall auch?)

Die Leute fahren das nicht aus Spaß. Leute, die 80.000, 100.000, 120.000 km im Jahr auf der Straße unterwegs sind, die machen das nicht, weil sie nichts Besseres zu tun haben, sondern die machen das, weil sie diesen Dienstwagen brauchen, um ihr tägliches Brot zu verdienen.

(Beifall FDP)

Wenn man dann mal schaut, 100 g pro km soll zum 1. Juni 2013 als Grenzwert, als Zielwert eingeführt werden. Ich habe mir mal die kleine überschaubare Mühe gemacht und habe mir, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis halte ich das mal hoch, mal so eine Liste ausgedruckt zum CO2-Ausstoß von Autos. Es gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganze fünf Autos in dieser sehr umfänglichen Liste, die diesen Wert einhalten - fünf.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau, das ist das Problem, Herr Barth.)

Jetzt will ich hier keine Werbung machen, aber das sind Autos wie der Smart und ein VW Polo. Da können Sie sich mal vorstellen, wenn Sie mit so einem Dienstwagen möglicherweise nicht nur 100.000, 120.000 km im Jahr fahren sollen, sondern eben auch noch Ihr ganzes Arbeitsgerät dabei haben, selbst beim Pflegedienst wird das eine ganz schwierige Veranstaltung, und die fahren beileibe keine großen Autos, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall FDP)

Es hat mich ein bisschen verwundert, dass nicht vorgeschrieben werden soll, dass wir alle Hybridautos fahren sollen oder irgend so etwas.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das kommt als Nächstes.)

Das kommt als Nächstes, das habe ich genau erwartet. Dann sage ich Ihnen mal, was selbst Greenpeace zum Thema Hybridautos sagt. Günter Hubmann, der Verkehrsexperte von Greenpeace sagt

nämlich, dass er die These vertritt, dass, wenn man den gesamten ökologischen Rucksack betrachtet, ein Hybridmodell unter dem Strich immer negativ abschneidet. Das ist nicht mein Bild, das sagt Greenpeace.

(Beifall FDP)

Aber die Welt ist eben gut oder schlecht.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Recht hat er.)

Autos sind schlecht, das ist die grüne Weltsicht, unsere ist es nicht und deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. Und jetzt, Frau Schubert, wenn noch Bedarf ist, könnten Sie Ihre Fragen gern stellen.

Der Herr Abgeordnete gestattet es. Bitte, Frau Schubert.

Ich danke Ihnen, Herr Barth. Ist Ihnen erstens denn bekannt, dass in unserem Antrag nicht die Rede davon ist, dass Autos schlecht sind, und dass wir zweitens jedem und jeder seinen oder ihren Dienstwagen gönnen, aber er muss auch bezahlt werden, und zwar angemessen, und nicht auf Kosten der Steuerzahler?

Frau Schubert, ich fasse das mal als Frage auf. Ja, es ist mir bekannt, was Sie in Ihrem Antrag wollen. Und der Antrag atmet den Geist: Autos sind böse, Autos sind schlecht.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Barth, Sie sind so schlicht, das ist richtig schlecht.)

Das ist der Geist, den Sie hier drinstehen haben. Üblicherweise werden Dienstwagen bezahlt, davon gehe ich jedenfalls mal aus. Ich habe ja, noch mal, es eben versucht auszuführen, Frau Schubert. Ein Dienstwagen ist ein Arbeitsplatz, das ist kein Spielzeug und das ist bei den meisten Menschen auch kein Hobby, auch wenn Sie das anders sehen und den Menschen das auch anders vorschreiben wollen. Ich kenne ein paar Leute, die auch große Dienstwagen fahren, die die brauchen, die viele Tausend Kilometer unterwegs sind im Jahr, 100.000, 120.000 km. Ich werde die mal fragen, was sie davon halten, wenn sie diese Aufgaben demnächst mit dem VW Polo oder mit dem Smart machen sollen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die wollen wir doch gar nicht abschaffen.)

Aber ich ahne die Antwort, Sie ahnen sie auch, deswegen bleibt es dabei, der Antrag ist überflüssig und er ist außerdem noch falsch, wir werden ihn ablehnen.