Künftig wird - Sie haben das Entflechtungsgesetz bereits benannt - eben nicht mehr vorgegeben, wie genau diese investiven Mittel verwendet werden sollen. Da muss ich Sie schon fragen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, warum wollen Sie eigentlich Gemeinden verbieten, investive Mittel zu investieren, wenn sie schon zugewiesen werden können, vielleicht in Windräder, vielleicht in Solaranlagen, vielleicht in Gewässerrenaturierungen. Ich meine, meine Damen und Herren, die Gemeinden wissen besser, wofür sie investive Mittel, wenn sie denn überhaupt zur Verfügung stehen, verwenden können.
Worauf wir dabei achten müssen, meine Damen und Herren, ist, dass die Mittel, dass die Gelder natürlich tatsächlich an die Gemeinden ausgereicht werden. Die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz unterliegen verschiedenen Zweckbindungen. Eine sieht vor, dass die Beträge für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden einzusetzen sind. Diese Zweckbindung entfällt ab dem 1. Januar 2014. Danach bleibt nur noch eine investive Zweckbindung für das Land bestehen. Natürlich setzen wir uns dafür ein, dass die Kommunen die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz auch weiterhin bekommen, aber doch, meine Damen und Herren, nicht dadurch, dass wir noch strengere Regelungen ansetzen, sondern dadurch, dass wir den Kommunen mehr Entscheidungsspielraum geben müssen.
Die Kommunen wissen letztendlich am Besten, wofür sie die Gelder brauchen. Deswegen sollten sie auch selber darüber entscheiden können. Wir sind der Auffassung, die Zweckbindung sollte so minimal wie möglich ausgestaltet werden. Genau das bedeutet kommunale Selbstverwaltung und nicht das Aufdiktieren von Vorschriften. Natürlich wünschen wir uns eine größtmögliche Planungssicherheit, auch über 2013 hinaus. Aber wir möchten so
viel an Entscheidungsfreiheit vor Ort wie möglich. Stattdessen verläuft sich Ihr Gesetzentwurf in einem ganz kleinen Karo. Wenn ich etwa die Debatte nehme mit zehn Buspaaren pro Tag als Bedingung für die Förderung einer Straße, dann ist das, meine Damen und Herren, wenn das wirklich umgesetzt wird, ein Tiefschlag gegen den ländlichen Raum. Das sage ich Ihnen nicht nur als Kommunalpolitiker, sondern auch als Mitglied in drei Aufsichtsräten von kommunalen Nahverkehrsunternehmen. Wir sind in etlichen ländlichen Bereichen froh und auch stolz - sage ich Ihnen -, dass es Dörfer gibt, die wir wenigstens noch zweimal am Tag anfahren können.
Den Gemeinden dann noch praktisch in das Schienbein zu treten, indem man sagt, bei euch gibt es keine zehn Buspaare, das ist nicht umzusetzen, denen dann zu sagen, diese Straße kann nicht gefördert werden, für diese Straße können keine Mittel eingesetzt werden, das, meine Damen und Herren, ist ein völlig falscher Ansatz. Das sagt mir, meine Damen und Herren, Sie haben keine Ahnung vom ländlichen Raum und Sie haben auch kein Herz für den ländlichen Raum.
Ich hatte es ja bereits angesprochen, der Gesetzentwurf spricht von Planungssicherheit. Planungssicherheit hätte seinerzeit beispielsweise geschaffen werden können, als wir unseren Entwurf des Straßengesetzes gebracht haben. Sie haben sich in namentlicher Abstimmung dagegen entschieden. Diese Verweigerungshaltung werden wir heute in dieser Debatte nicht bringen, sondern wir sind schon der Meinung, dass man bei diesem Gesetzentwurf vor allem die Betroffenen anhören sollte, nämlich die Kommunen, die mit einem solchen Regelwerk umgehen sollen, aus Ihrer Sicht umgehen sollen. Deswegen beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung an den Bauausschuss und an den Innenausschuss, und zwar federführend an den Innenausschuss, denn die Kommunen sind diejenigen, die mit den Auswirkungen umgehen müssen, wenn es denn dazu kommen sollte.
Diese Bereitschaft, natürlich auch im Ausschuss oder in den Ausschüssen zu diskutieren, ändert nichts an meiner grundsätzlichen Skepsis, sondern Ihr Gesetzentwurf atmet einen Geist, der, ich sage mal, konform geht mit dem, was die OVZ heute berichtet hat, wo die einzige Antwort an Pendler und deren Sorgen von den Bundesgrünen die gewesen ist, als es um die Pendlerpauschale ging, da ja für Pendler die Kosten massiv gestiegen sind, heute in der OVZ nachzulesen, man möge doch bitte ein
Fahrtraining besuchen, damit man ein bisschen weniger Sprit verbraucht. Das finde ich recht zynisch.
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man verbraucht viel weniger Sprit nach einem Fahrtraining.)
Meine Damen und Herren, Sie erheben regelmäßig den Anspruch als Freiheitspartei. Das, was Sie tun, ist das ganze Gegenteil, Sie gängeln, Sie schurigeln, Sie belehren, das ist der Umgang der GRÜNEN mit der Freiheit. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank für die Nachfrage. Darf ich von Ihnen die Kenntnis erwarten, dass der von Ihnen so geschmähte Gesetzentwurf, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier vorlegte, seine Grundlage hat in einem von Baden-Württemberg, den CDU und FDP gemeinsam beschlossen haben? Darin sind viele Punkte auch schon enthalten, die wir hier zur Diskussion haben und die Sie dankenswerterweise auch überweisen wollen. Kennen Sie ihn?
Selbstverständlich kenne ich das, Frau Dr. Lukin, das ist völlig klar. Ich will mal sagen, es ist auch nicht unbedingt so, dass bei uns jeder Landesverband die gleichen Auffassungen hat. Da habe ich eine deutlich andere Auffassung, das hat auch etwas damit zu tun, dass ich mehr als anderthalb Jahrzehnte beruflich mit dem GVFG der alten Form gearbeitet habe. Danke schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die nach gegenwärtiger Gesetzeslage nach 2013 wegfallende verkehrliche Zweckbindung der vom Bund zur Verfügung gestellten Entflechtungsmittel erhalten werden. Auch wir als CDU-Fraktion haben uns mit der Problematik beschäftigt und gehen mit unseren Überlegungen gern noch einen Schritt weiter. Bund
und Länder prüfen bis Ende 2013 die Notwendigkeit und gegebenenfalls die Höhe weiterer Entflechtungsmittel. Dies könnte möglicherweise bedeuten, dass es zu einem Abschmelzen dieser Finanzmittel über das Jahr 2013 hinaus kommen könnte. Vor dem Hintergrund, dass diese ab 2020 komplett wegfallen werden, ist der vorliegende Gesetzentwurf zu überdenken und auf seine Zukunftsfähigkeit über das Jahr 2020 hinaus zu prüfen. Denn Tatsache ist, Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturen der Kommunen werden auch nach dem Jahr 2020 noch in einem erheblichen Maße anfallen und für diese Investitionen gilt es, vorausschauend schon heute den Blick in die Zukunft zu werfen und ein zukunftsträchtiges Konzept zu entwickeln.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der GRÜNEN, verfolgen den richtigen Ansatz, nämlich auch nach 2014 eine Zweckbindung der Finanzmittel für den Bereich Verkehr gesetzlich festzuschreiben. Manchmal hat man ja immer Angst, wenn die GRÜNEN von Verkehr sprechen, dass da was Furchtbares passiert, aber Verkehr und Verkehrsinfrastruktur sind nun mal wichtige Dinge.
Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wie es nach 2020 mit der Finanzausstattung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur weitergeht. Wir benötigen eine dauerhafte, solide und langfristige Finanzierungsperspektive, um unseren Kommunen finanzielle Spielräume zu ermöglichen. Sie müssen auch nach dem Auslaufen des Solidarpakts handlungsfähig bleiben, denn eine leistungsfähige kommunale Verkehrsinfrastruktur fördert die wirtschaftliche Entwicklung unseres Freistaats und ist die Voraussetzung für die weitere Ansiedlung von Unternehmen und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen. Aus diesem Grund plädiere ich auch namens meiner Fraktion dafür, den Gesetzentwurf in der Drucksache 5/4036 an den Ausschuss für Bau und Verkehr zu überweisen. Wir freuen uns auf eine interessante Diskussion. Vielen Dank.
Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich glaube, Sie haben alle gemerkt, so furchtbar ist der Gesetzentwurf gar nicht und ich danke Ihnen, dass wir die Debatte fachlich und sachlich im Ausschuss weiterführen können.
Herr Bergner, ich war erstens überrascht, nachdem ich ausführlich gelesen habe, was der ADAC empfiehlt bzw. wie viel Einsparpotenzial man hat für spritsparendes Fahren. Das ist einfach eine Verbraucherschutzberatung - was ist daran falsch? Zweitens begrüße ich ausdrücklich die Initiative von Herrn Carius, zu versuchen, Preissteigerungen beim Benzin zu verhindern, die nicht peak-oil-gebunden sind.
Wir werden sehen, was daraus wird, aber - das sage ich noch mal - wir begrüßen das. Insofern lesen Sie noch mal genau das Interview mit Herrn Hofreiter durch. Ich weiß genau, welchen Satz man dort herausgerissen hat, den sie jetzt überall zitieren. Lesen Sie noch mal das ganze Interview, ich sagte schon zu Herrn Untermann, das ist sehr lehrreich. Ich bleibe bei Ihnen, Herr Bergner, Sie werfen uns ja vor, dass wir …
(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich habe die OVZ zitiert, ich habe das Interview nicht in Gänze gelesen.)
Sie haben das Interview nicht gelesen, sagen Sie, deswegen noch einmal meine Empfehlung, tun Sie das. Ja, aber das Interview mit der, ich glaube, es war die Süddeutsche, ist vielleicht etwas ausführlicher, was das angeht. Ich bleibe bei Ihnen, Herr Bergner. Sie haben gesagt, wir würden mit unserem Gesetzentwurf die Kommunen gängeln und reglementieren. Ich weise auf das Beispiel aus Hildburghausen hin, einer Gemeindestraße nach Langenbach, die saniert werden muss und wo die Kommune gerade nicht Fördermittel in Anspruch nehmen kann, denn dann müsste sie diese Straße in eine Kreisstraße umwandeln mit entsprechendem Querschnitt, der aber an dieser Stelle völlig unnötig ist, weil man diese Breite nicht braucht. Das können Sie nachlesen im „Freien Wort“, sehr ausführlich beschrieben. Wir wollen gerade, dass das mit dem neuen Gesetzentwurf geht.
Wir wollen gerade, dass das geht. Das ist weniger Reglementierung, weil man dann als Kommune auch die Freiheit hat, solche kleinen Straßen zu sanieren.
Herr Bergner, das heißt jetzt nicht Dialog, was wir hier machen, sondern wir sind im Plenum und haben vorn einen Redner.
Zu den Buspaaren komme ich dann noch. Wir bleiben erstmal dabei, dieser Gesetzentwurf würde die - das ist ein wichtiger Punkt - grundhafte Sanierung der Straßen ermöglichen, was jetzt nicht geht. Da verweise ich auf den Entschließungsantrag der Großen Koalition zum Haushalt 2012, da ging es um die Frage, wie kann man die finanzielle Situation der Kommunen verbessern. Da haben Sie gesagt, Sie wollen die Straßenbaustandards überprüfen bzw. absenken. Das ist genau das, worüber wir jetzt zu reden haben.
Frau Doht sprach die Überlegungen der Landesregierung an zu diesem Thema. Wir haben im Ausschuss über den kommunalen Verkehrsfonds gesprochen und die Möglichkeit bzw. die Absicht, diese Förderung aufgrund der zurückgehenden Gelder so nicht mehr durchzuführen, sondern zinslose Darlehen auszureichen. Diesen Aspekt haben wir bereits aufgenommen unter § 4 in unserem Gesetzentwurf. Wir begrüßen das. Das ist aber nur die Art der Finanzierung, also die Art der Förderung, aber das ist ja noch lange nicht ein Gesetz, das einen Rahmen dafür gibt, wie wir Mobilität in Thüringen entwickeln und gestalten wollen und welchen Rahmen die Kommunen ausschöpfen können. Genau das brauchen wir noch.
Ich nenne jetzt einfach noch mal ein paar Punkte, die sich von anderen, insbesondere dem BundesGVFG, unterscheiden, wo wir den veränderten Ansprüchen, den veränderten Entwicklungen an Mobilität Rechnung tragen. Das ist einmal, noch einmal ganz explizit, der grundhafte Ausbau, mit dem die Kommunen an vielen Stellen heute überfordert sind. Das merkt man oft, wenn man von einer gut sanierten Kreisstraße plötzlich über Schlaglöcher rumpelt, in Apolda haben wir es erst vorgestern gesehen - insofern der grundhafte Ausbau. Es ist auch klar, das gilt für die Verkehrsfinanzierung der Zukunft: Erhalt geht vor Neubau.
Zweiter Punkt, wir wollen den vielen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land helfen - wir haben es fast jedes Mal im Petitionsausschuss -, die von Lärm geplagt sind und wo die Kommunen einfach kein Geld haben, in Lärmschutz zu investieren. Wir haben das Dilemma in diesem Land, dass die Grenzwerte für Lärm rein politischer Natur sind, weil alles andere zu teuer wäre. Es ist jetzt schon so, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Lärm enorm sind und auch noch zunehmen. Wir wollen die Möglichkeit schaffen, dass Kommunen in diesem Sinne etwas tun können. Wir wollen auch, dass Carsharing-Stationen und Fahrradstationen stärker bzw. überhaupt gefördert werden,
Das ist zurzeit nicht möglich, das ist ein Riesenaufwand und kostet auch Geld. Das ist ganz im Sinne der Vorhaben von Herrn Machnig und Herrn Carius, der Schaufensterregion Elektromobilität. Es geht nicht mehr um einen einzelnen Verkehrsträger, sondern Sie haben es im Ausschuss selbst gesagt, es geht um grüne Mobilitätsketten, und genauso haben wir diesen Gesetzentwurf auch geschrieben.
Förderung von separaten Radwegen, das ist jetzt nur möglich, wenn sie Teil der Straße sind, und von Bürgerbussen. Damit will ich schon schließen, was die Punkte angeht, die sich unterscheiden und die wir diskutieren müssen.
Wir haben uns, Herr Bergner - insofern ist egal, was ich geschrieben hätte, Sie hätten es auf jeden Fall kritisiert -, bewusst von unseren Kolleginnen in Hessen unterschieden, die eine feste Quote gefordert haben für den Anteil Radwege, ÖPNV, Straßen. Es wird Sie nicht überraschen, dass der ÖPNV dort einen höheren Anteil bekommen soll als die Straßen. Wir haben uns dagegen entschieden, weil wir der Kritik folgen können, dass das dazu führen wird, dass, wenn die 60 Prozent, der Fördertopf, dann alle sind, man Anstrengungen macht, um noch etwas anderes gefördert zu bekommen. Wir wollen diese starre Quote nicht. Wir wollen Flexibilität, weil wir sagen, diese Verkehrsträger muss man zusammen denken und der öffentliche Verkehr auf der Straße wird und muss an Bedeutung zunehmen, gerade auch im ländlichen Raum.