Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

3. Wie bewertet die Landesregierung die personelle und wirtschaftliche Struktur der freien Szene?

4. Wie plant die Landesregierung, der Arbeit freier Träger in den Bereichen kulturelle Bildung, soziale Teilhabe und soziokulturelle Arbeit künftig auch finanziell gerecht zu werden?

Herr Staatssekretär Prof. Merten, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die mündliche Abgeordnete - Entschuldigung, die Mündliche Anfrage der werten Abgeordneten Frau Dr. Klaubert -,

(Heiterkeit im Hause)

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Der schriftliche Staatssekretär.)

ja, er hat viel verschriftlicht - beantworte ich wie folgt: Ich fasse die Antworten zu den Fragen 1 und 2 zusammen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die konkrete Untersetzung der Bewirtschaftungsreserve nicht abgeschlossen, so dass zu den genannten Projekten derzeit keine Aussagen möglich sind.

Die Frage 3 beantworte ich wie folgt: Sofern die Fragestellung auf die freie Szene im Bereich der darstellenden Kunst zielt, wird nach dem Gespräch mit der Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater sowie dem Thüringer Theaterverband am 7. Februar 2012 eingeschätzt, dass die überwiegende Mehrzahl der vorgesehenen Projekte wie geplant durchgeführt werden kann. Im Übrigen verweise ich auf die eben gegebene Antwort zu den Fragen 1 und 2.

Zu Frage 4: Die Landesregierung beabsichtigt, diese Arbeit auch künftig im Rahmen der zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten aktiv zu unterstützen.

Vielen Dank, Herr Prof. Merten. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage. Bitte, Frau Abgeordnete.

Ich frage Sie jetzt nicht, ob Sie mit Ihrer eigenen Antwort zufrieden sind, sondern ich stelle zwei Fragen. Einmal möchte ich zu dieser zusammengefassten Antwort auf die erste und zweite Frage wissen, wann denn ein Ende dieses Dilemmas abzusehen ist. Es ist schließlich schon Ende Februar.

Zum Zweiten möchte ich von Ihnen wissen, Sie sagen, überwiegend können die Projekte - auf Frage 3 ist das jetzt bezogen - in Angriff genommen werden. Was ist Ihnen denn bekannt, was wird alles wegfallen?

Frau Abgeordnete, zur Zufriedenheit mit meiner Antwort: Ich bin immer mit meinen Antworten zufrieden. Ob sie beim Hörer immer gleichermaßen positive Resonanz finden, darüber müsste man sich dann noch mal konkreter unterhalten.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Zumindest fast immer.)

(Abg. Leukefeld)

Nein, ich bin immer zufrieden mit meinen Antworten, muss ich sagen, weil sie immer das Bestmögliche, was zum jeweiligen Zeitpunkt zu antworten möglich ist, zum Ausdruck bringen. Insofern bin ich damit immer zufrieden.

(Unruhe DIE LINKE)

Mir ist jetzt nicht klar, was Sie mit „Dilemma“ meinen. Ich kann nur sagen, dass wir das, was wir tun können und tun wollen, auch tatsächlich realisieren. Ich hatte ja mit Blick auf die Frage, welche Projekte betroffen oder nicht betroffen sind, in der Antwort zu den beiden ersten Fragen darauf geantwortet, dass wir zurzeit noch in der Diskussion sind und von daher abschließende Antworten leider noch nicht möglich sind.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das ist die Frage auf „wann“?)

Damit sind die zwei Fragen erledigt. Es kommt jetzt die erste Frage aus den Reihen der Abgeordneten und die kommt von der Frau Abgeordneten RotheBeinlich.

Herr Staatssekretär, Ihnen ist ja am 25. Januar eine Stellungnahme der drei Verbände, unter anderem der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur, zugegangen, mit der sie auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht haben. Mich würde interessieren, warum bis heute keine Antwort oder nicht mal eine Eingangsbestätigung auf diese Stellungnahme hin passiert ist? Wenn ich darf, würde ich gern noch eine zweite Frage stellen. Ich habe mich nämlich gerade gestern mit den Vertreterinnen der LAG Soziokultur getroffen. Die sagten, es liegen ihnen bislang keinerlei Zuwendungsbescheide bei den Projekten vor und es seien etwa 80 Träger betroffen. Können Sie das bestätigen und können Sie vielleicht mir die Antwort geben, wann sie mit dem Zuwendungsbescheid rechnen dürfen?

Bitte, Herr Staatssekretär Prof. Merten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vom 25.01. ist dieses besagte Schreiben. Es ist so, dass wir grundsätzlich keine Eingangsbestätigungen rausschicken, weil das einfach einen enormen Verwaltungsaufwand und damit erhebliche Kosten produzieren würde. Bei der Vielzahl von Briefen, die bei uns eingehen, ist das so.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie wäre es per E-Mail?)

Da bitte ich um Nachsicht. Auch der Hinweis, den Sie mir jetzt zugerufen haben „per E-Mail“, auch das bindet Personalkapazitäten. Wir schicken grundsätzlich keine Bestätigung von eingehender Post. Es ist auch eine Frage des ökonomischen Umgangs mit Ressourcen, die man hat, und das muss man auch verantworten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das sind drei Stellungnahmen von Landes- verbänden.)

Werte Frau Klaubert, mir ist das klar, dass Sie jetzt dazwischenrufen, es seien drei Stellungnahmen. Das sind die drei Stellungnahmen, die Sie kennen. Das sagt aber nichts über den Posteingang des Hauses insgesamt aus.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das sollte zum Nachdenken zwingen.)

Ich lade Sie ein, schauen Sie einmal gerade vorbei und dann werden Sie erkennen, warum wir keine Eingangsbestätigungen schicken.

Das Zweite ist die Frage, Sie haben bisher keine Antwort bekommen. Sie haben sicherlich gehört, dass diese Woche das Kabinett zur Frage der Bewirtschaftungsreserve sich verständigt hat. Das war im Laufe dieser Woche und auch ein Ministerium muss zumindest zur Umsetzung dessen, was dort entschieden wird, dann im Verwaltungshandeln mindestens einige Tage haben. Den konkreten Zeitpunkt kann ich Ihnen heute leider nicht nennen, so dass ich jetzt nicht genau sagen kann, wann genau die Zuwendungsbescheide dort eingehen werden.

Vielen Dank. Damit sind die Fragen erschöpft. Wir kommen zur Frage 8, das ist die Frage des Herrn Abgeordneten Blechschmidt in der Drucksache 5/4025. Antworten wird für die Landesregierung das Justizministerium, Herr Prof. Herz. Bitte, Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Danke, Frau Präsidentin.

Teilweise unzulässige „Bewirtschaftungssperre“ im Bereich Justiz?

Durch die von Finanzminister Voß verfügte „Bewirtschaftungssperre“ für den laufenden Haushalt besteht die Gefahr, dass die Arbeit der Bewährungs- und Straffälligenhilfe Thüringen e.V. beeinträchtigt wird. Mit Blick auf die Erfüllung der Betreuungsaufgaben für entlassene Straffällige soll dies besonders problematisch sein. Diese und andere gesetzliche Pflichtaufgaben sind der Thüringer Be

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

währungs- und Straffälligenhilfe von der öffentlichen Hand zur Erfüllung übertragen worden. Im Bereich der Justiz gibt es noch zahlreiche andere Organisationen und Träger, die entsprechend gesetzlicher Vorgaben Resozialisierungs- und Unterstützungsmaßnahmen durchführen (z.B. im Jugend- strafvollzug). Der Thüringer Finanzminister hatte in der Vergangenheit mehrfach öffentlich geäußert, dass die „Bewirtschaftungssperre“ nur bei freiwilligen Aufgaben, nicht jedoch bei gesetzlichen Pflichtaufgaben wirksam werde.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Weise und unter Berücksichtigung welcher rechtlichen Gesichtspunkte wurde bei Auswahl der vom Finanzminister benannten Kriterien für die Anwendung der o.g. „Bewirtschaftungssperre“ eine Unterscheidung zwischen gesetzlichen und freiwilligen Aufgaben für den laufenden Haushalt getroffen?

2. Welche Haushaltstitel bzw. Ausgaben sind im Justizhaushalt (Einzelplan 05) von der o.g. „Bewirtschaftungssperre“ in welcher Höhe betroffen?

3. Welche Position vertritt die Landesregierung zu dem o.g. aktuellen „Fall“ der Bewährungs- und Straffälligenhilfe?

4. In welchen mit dem „Fall“ der Bewährungs- und Straffälligenhilfe vergleichbaren anderen Fällen aus dem Bereich der Thüringer Justiz (z.B. Träger von Resozialisierungs- und Unterstützungsmaßnahmen in Justizvollzugsanstalten) wurde bisher der Landesregierung welche Kritik mit welchen Konsequenzen bekannt?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Das Wort hat Herr Prof. Herz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Blechschmidt beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Bildung der Bewirtschaftungsreserve richtet sich nach den Regelungen des Rundschreibens vom 28. Dezember 2011, die der Finanzminister auf der Grundlage von § 5 der Thüringer Haushaltsordnung zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 2012 erlassen hat. Vor dem Hintergrund, dass gemäß § 18 der Thüringer Landeshaushaltsordnung im Jahr 2012 keine neuen Schulden aufgenommen werden dürfen, hatte das Thüringer Finanzministerium verfügt, dass zur Vorsorge für die im Haushaltsjahr 2012 bestehenden Risiken eine vorläufige Bewirtschaftungsreserve gebildet wird. Die Risiken sollen dann im Licht der Mai-Steuerschätzung neu bewertet werden. Die Berechnung

der Bewirtschaftungsreserve erfolgt grundsätzlich nach den im Haushaltswirtschaftsrundschreiben 2012 festgelegten Regelungen. Die Vertreter der Landesregierung haben sich am 21. Februar 2012 darauf verständigt, dass die Bewirtschaftungsreserve für den Thüringer Gesamthaushalt 2012 ca. 41 Mio. € umfassen wird. Dabei wurde konkretisierend festgelegt, dass die Bewirtschaftungsreserve bei weitgehender Flexibilität über alle Titel innerhalb der Einzelhaushalte erbracht werden kann. Den Ressorts soll dadurch Handlungsfreiheit eingeräumt werden. Den Ressorts wird noch mitgeteilt werden, in welcher Höhe sie die Bewirtschaftungsreserve in ihrem Einzelplan erbringen müssen. Nach Vorliegen der Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung soll dann festgelegt werden, ob die Bewirtschaftungsreserve noch erforderlich erscheint. Da die konkrete Höhe der Bewirtschaftungsreserve, die auf den Einzelplan 05 - also das Justizministerium - entfällt, noch nicht vom Thüringer Finanzministerium übermittelt worden ist, sehe ich mich deshalb derzeit noch nicht in der Lage, nähere Ausführungen zu den Auswirkungen auf einzelne Maßnahmen bzw. Projekte zu machen.

Zu Frage 2: Bei der Erbringung der Bewirtschaftungsreserve wurde den Ressorts nunmehr größere Flexibilität eingeräumt - den Ressorts soll freigestellt sein, bei welchen. Unter Verweis auf meine Ausführungen zu Frage 1 können derzeit von mir noch keine Angaben zu einzelnen Titeln gemacht werden. Erst nach der in Kürze erwarteten Mitteilung des Thüringer Finanzministeriums zur Höhe der Bewirtschaftungsreserve kann eine genaue Festlegung erfolgen. Ich bin aber gern bereit, Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt die dann feststehenden aktuellen Auswirkungen auf den Haushalt des Einzelplans 05 en detail mitzuteilen.

Zu Frage 3: Dem Verein der Bewährungs- und Straffälligenhilfe Thüringen e.V. kommt eine große und für Thüringen nicht mehr wegzudenkende Bedeutung zu. Den Straffälligen muss neben der gerichtlichen Feststellung strafrechtlich relevanter Schuld auch aus Sicht der Menschenwürde und aufgrund des Sozialstaatsprinzips die Möglichkeit der Resozialisierung eröffnet werden. Der Freistaat Thüringen und hier insbesondere die Justiz sind jedoch nur eingeschränkt in der Lage, die hier in Betracht kommenden Leistungen selbst zu erbringen. Zu nennen sind etwa die Durchführung von Betreuungsweisungen, die Vermittlung von Geldstrafschuldnern in gemeinnützige Arbeit, die Durchführung von Projekten wie „Schwitzen statt Sitzen“, der Täter-Opfer-Ausgleich sowie die Vollzugshilfe. Es bedarf daher der korrespondierenden Bewährungsund Straffälligenhilfe, wie sie gerade auch der Verein der Bewährungs- und Straffälligenhilfe Thüringen e.V. zu leisten in der Lage ist. Auch nach Bildung der vorläufigen Bewirtschaftungsreserve werden voraussichtlich die Personalkosten in beantrag

(Abg. Blechschmidt)

ter Höhe zu 70 Prozent gefördert, während die notwendigen Leistungen für Sachkosten einbehalten und voraussichtlich nur im Falle der Freigabe der Sperre gezahlt werden. Bereits bei der Berechnung hat sich die Bewirtschaftungsreserve auf den absoluten Betrag der Förderung des Vereins der Bewährungs- und Straffälligenhilfe Thüringen e.V. aber kaum ausgewirkt.

Zu Frage 4: Es besteht bei den anderen Trägern von Resozialisierungsund Unterstützungsmaßnahmen generell eine große Diskrepanz zwischen beantragten Mitteln und derzeit bewilligten Mitteln. So konnte im Zusammenhang mit der Bewirtschaftungssperre auch das Thüringer Trainingsund Bildungsprogramm - TTB abgekürzt - des Vereins Drudel 11 e.V. im Jugendarrest bisher nicht in Höhe der beantragten Zuwendung gefördert werden. Dieses Programm richtet sich an gewaltbereite und rechtsextremistisch eingestellte Jugendarrestanten. Vielen Dank.

Vielen Dank. Es gibt den Wunsch auf eine Nachfrage durch den Fragesteller.