Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Bitte, Herr Dr. Augsten.

Vielen Dank. Kollege Weber, Nordrhein-Westfalen war ja nun nicht grün alleinregiert, sondern rot-grün regiert. Wie bewerten Sie denn das, was die SPD dort in diesem Bundesland gemeinsam mit den GRÜNEN in diesem Bereich gemacht hat? Weil Sie ja hier so tun, als ob das aus Ihrer Sicht fachlich nicht geboten war, was die in Nordrhein-Westfalen gemacht haben.

Es geht ja nicht darum. Die haben natürlich richtig gehandelt, wie jede sozialdemokratische Regierung immer richtig handelt.

(Beifall SPD)

Unabhängig davon geht es doch nicht darum, Kollege Augsten, zu sagen, das ist alles unnötig. Das will ich auch gar nicht gesagt haben. Aber man kann sich nicht hinstellen und sagen als Totschlagargument, wir wollen eine komplette UVP und damit ist das Problem gelöst. Sie werden das Problem damit unter Umständen gar nicht lösen. Verstehen Sie doch, Sie werden das Problem nicht gelöst kriegen. Wenn keine Liquids eingesetzt werden, keine Fluids, in dem Fall werden Sie auch keine Chemikalienunverträglichkeit oder sonst irgendwas feststellen in der UVP. Deswegen verstehe ich das platte Fordern dieses Instrumentes nicht. Ich sage doch noch mal deutlich, das Umweltbundesamt macht Untersuchungen und wird eine Expertise vorstellen, wird Ergebnisse vorstellen im 2. Halbjahr. Und bis dahin ist null Hektik geboten, es gibt überhaupt keinen Grund. Und Nordrhein-Westfalen untersucht ebenfalls. Auch die werden Ergebnisse vorlegen. Wir werden uns dann im Ausschuss - im Übrigen überweisen wir auch an den Ausschuss, es ist nicht so, dass wir den Antrag ablehnen - mit dem Thema auseinandersetzen. Das heißt, wir haben

diesen Tagesordnungspunkt auch auf der Agenda im Ausschuss. Es gibt überhaupt keinen Grund, Panik zu verbreiten und ich will auch nicht gesagt haben, dass die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hier falsche Schritte auf den Weg gebracht hat. Fakt ist, vor 2013 wird keiner auch nur einen Antrag zu einer Erkundungsbohrung stellen. Von daher ist durchaus noch Zeit und Möglichkeit, sich im Ausschuss intensiv damit auseinanderzusetzen. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Weber. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Kummer für die Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter, Sie haben noch 28 Minuten Redezeit.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Frage nach dem Vertrauen in Behörden ist vom Kollegen Primas in den Raum gestellt worden. Das ist der Grund, weshalb ich noch mal vorgekommen bin. Die Thüringer und die hessischen Behörden, die Bergbehörden haben uns in der Vergangenheit immer wieder erklärt, dass der sogenannten Plattendolomit, in den die Kali-Abwässer verpresst werden, dicht wäre und deshalb von diesen Kali-Abwässern keinerlei Gefahren für die Umwelt ausgehen. Inzwischen wissen wir, dass die dort reinverpressten Wässer schon lange nicht mehr da sind und dass die Dichtheit von Anfang an eine Lüge war.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, das schmälert Vertrauen in Behörden. Und wenn Thüringen ganz klar gesagt hat, eine weitere Versenkung von Kali-Abwässern ist nicht zu genehmigen und das Regierungspräsidium in Kassel genehmigt es trotzdem, dann schmälert auch das Vertrauen in Behörden. Das ist nun mal die Situation, aus der wir kommen, meine Damen und Herren.

Herr Kummer, möchten Sie in dem Zusammenhang eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weber beantworten?

Gleich, wenn ich meinen Satz an den Minister losgeworden bin. Herr Minister, wenn Sie von Abwarten reden, was bei dem Gutachten rauskommt, dann bin ich ja bei Ihnen. Aber während der Zeit des Abwartens darf es zumindest in Thüringen kei

ne Erprobungsmaßnahmen geben, so viel gehört dann auch dazu. Jetzt Herr Weber.

Herr Weber, Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen.

Kollege Kummer, können Sie mir den Zusammenhang zwischen der Kali-Problematik, die Sie eben angesprochen haben, und der Fracking-Problematik bei den Probebohrungen mal erklären?

Ja, der Zusammenhang ist ganz einfach herzustellen. Es sind Behörden gewesen, die Genehmigungen erteilt haben im Zusammenhang mit der Tatsachenbehauptung, dass Gesteinsschichten dichte abtrennende Schichten darstellen würden, aus denen nichts entweichen kann. Und das Gleiche haben wir bei Kali und das Gleiche haben wir beim Fracking, weil nämlich bestimmte Flüssigkeiten in bestimmte Schichten eingebracht werden. Wenn es von diesen Schichten aus Wegsamkeiten nach oben gibt, Herr Weber - und durch großen Druck kann es sogar sein, dass man solche Wegsamkeiten herstellt -, dann können Chemikalien, können Abwässer, die man in die bestimmten Bereiche eingebracht hat, sich selbstständig machen. Und dann passiert eben, dass man Kali-Abwässer unter anderem im Grundwasser findet. Und vielleicht finden wir Fracking-Abwässer auch irgendwo.

Herr Kummer, gestatten Sie eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Weber?

Gern.

Kollege Kummer, die Voraussetzung dafür, dass man Fracking-Abwässer irgendwo findet, ist, dass man frackt. Und das alles, also diese Systematik zu beantworten und die Befürchtung, die Sie haben, teilen alle fünf Fraktionen in diesem Parlament. Es ist also kein Alleinstellungsmerkmal der LINKEN.

Sie wollten eine Frage stellen.

Stimmen Sie mir da zu?

(Heiterkeit SPD, FDP)

Herr Weber, das wäre schön, wenn ich Ihnen da zustimmen kann, weil dann wären wir uns auch einig in den Ergebnissen.

Ich will auf die Frage noch eingehen, dass sich die Firma schon die Rechte in Thüringen gesichert hat. Ich finde es unglaublich, dass man sich für wenige Euro, die man zahlen muss, einen Quadratkilometer Thüringen sichern kann als Recht für eine unkonventionelle Erdgasförderung. Ich glaube, 50 € pro Quadratkilometer muss man zahlen, um sich dieses Recht zu sichern. Was haben wir davon, wenn unkonventionelles Erdgas in Thüringen durch eine Firma gefördert wird. Wir haben davon die Feldes- und Förderabgabe. Die Höhe der Feldes- und Förderabgabe obliegt dem Land zu bestimmen. Da wir ein Nehmerland sind im Länderfinanzausgleich, wird die Feldes- und Förderabgabe den entsprechenden Steuereinnahmen des Landes zugerechnet und quasi in der Situation von Nehmerländern wieder abgezogen. Andere Nehmerländer verzichten bei dieser Technologie inzwischen auf die Feldes- und Förderabgabe, weil das quasi ein Wettbewerbsvorteil ist. Das heißt, die öffentliche Hand hat eigentlich fast gar nichts davon, wenn es so läuft. Was wir haben, sind die Risiken, die nach Ende der Technologieanwendung im Land verbleiben, und was wir an Bergbauspätschäden in Thüringen haben, ist eine unendliche Geschichte, meine Damen und Herren, die Sie alle kennen, deshalb große Skepsis bei diesen Fragen.

Meine Damen und Herren, wir müssen das Bergrecht aus unserer Sicht dringend ändern und die Umweltverträglichkeitsprüfung, Herr Weber, da muss ich Ihnen auch widersprechen, da hatte die Firma klar im Ausschuss gesagt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung von ihnen nicht durchgeführt wird, sondern ein ähnlich aufwendiges Verfahren. Es ist im Bergrecht zum Beispiel bei den Beteiligungsfragen der Bevölkerung und bei der Beteiligung von Umweltverbänden und anderen Verbänden deutlich weniger als bei der UVP vorgesehen. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen, diese Fragen gehören dringend gelöst, das Bergrecht muss endlich modernisiert werden und wir müssen sicherstellen, dass hier Transparenz herrscht, dass hier die Erkenntnisse der Forschung eingebunden werden und dass die öffentliche Hand und auch die Bevölkerung anschließend nicht auf Schäden sitzenbleiben.

Zu Herrn Dr. Augsten, da gab es ja vorhin noch die Frage; ich kann mich auch erinnern, dass von 10 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs gesprochen wurde, der hier gedeckt werden könnte. Wir haben dazu ein Material bekommen, da kann man sicherlich noch mal nachschlagen, ansonsten gibt es ein Ausschussprotokoll, aber es macht eben auch deutlich, dass eine öffentliche Diskussion, ei

ne öffentliche Sitzung zu solchen Fragen durchaus angebracht gewesen wäre, man muss aber auch dazu sagen, dass die Ausschuss-Sitzung keine geheime Sitzung war, denn wir können über die Inhalte, die dort besprochen worden sind, berichten.

Ich möchte auch noch dazu sagen, so viel gehört zu der Frage ehrliche Berichterstattung und Offenheit dazu, es ist von drei Zuschlagstoffen gesprochen worden, die beim Frack-Verfahren von dieser Firma verwendet werden, diese Stoffe sind schädigend für das Grundwasser, es wird daran gearbeitet, neue Stoffe zu finden, die das Grundwasser nicht schädigen würden, die also auch keine Trinkwasser gefährdenden Stoffe wären, aber im Moment stehen solche Stoffe nicht zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir diesen Punkt weiter im Ausschuss beraten werden, und ich hoffe, dass wir klar feststellen, dass das, was Herr Weber eben gesagt hat, stimmt, dass wir alle Risiken bei dieser Technologie sehen, die wir im Moment nicht völlig überblicken können, und dass so lange ein Frack-Verfahren in Thüringen nicht eingesetzt wird, bis es da Klarheit gibt. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Kummer. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor - doch, der Herr Primas hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Entschuldigen Sie bitte. Dann hat zuerst das Wort der Herr Abgeordnete Primas für die CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kummer, ich weise entschieden Ihre Verunglimpfung der Bergbehörden Hessens und Thüringens zurück. Das, was Sie hier erzählt haben, kann so nicht stehen bleiben, das geht einfach nicht. Sie haben hier gesagt, sie arbeiten unseriös, die haben uns belogen, das funktioniert alles nicht. Das kann man so nicht stehen lassen, das können Sie auch im Landtag hier so nicht sagen, dass die nicht ordnungsgemäß arbeiten würden. Das geht einfach nicht. Das ist eine der wichtigsten Behörden, die wir hier in Thüringen und auch in Hessen haben, das macht man einfach nicht, das geht nicht. Tut mir leid, dass ich das so deutlich sagen muss, aber es gehört sich nicht.

Worüber reden wir eigentlich? Es gibt einen Antrag der Firma, Aufsuchungen machen zu dürfen, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt noch keinen Antrag, eine Probebohrung zu machen, es gibt nichts und wir diskutieren hier im Landtag, als wäre es morgen der Weltuntergang. Ich finde das reichlich dramatisch und übertrieben hier, es ist wirklich hart

an der Grenze der Verunsicherung der Bevölkerung. So was macht man auch nicht, das will ich auch noch mal deutlich sagen. Danke.

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. Es liegt jetzt eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Abgeordneten vor. Der Abgeordnete Kummer für die Fraktion DIE LINKE hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Primas, das möchte ich so nicht stehen lassen. Ich hatte klar gesagt, dass die Bergbehörden die Auskunft gegeben haben, der Plattendolomit wäre dicht, und diese Auskunft war einfach unwahr und dabei bleibe ich auch. Das wissen Sie selbst genauso gut wie ich und ansonsten habe ich mich auf das Regierungspräsidium Kassel bezogen, was eine Genehmigung erteilt hat, die aus Thüringer Sicht nicht hätte erteilt werden dürfen. Bitte bleiben Sie bei dem, was gesagt wurde, und unterstellen Sie nicht irgendwelche anderen Dinge. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Kummer. Es hat sich jetzt zu Wort gemeldet Herr Minister Reinholz.

Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin schon erstaunt, mit wie viel Polemik und mit Angstmacherei man hier in eine Diskussion einsteigen kann, die eigentlich noch gar keine Diskussion ist. Vielleicht muss man sich noch mal vor Augen führen, wo wir uns überhaupt befinden. Für mich läuft das so ein bisschen nach dem Motto ab, Frau Wolf, „wehret den Anfängen“, ja nicht irgendwas erst mal prüfen, gleich alles totreden und am besten die Ängste der Bevölkerung schüren. Dass das Fracking-Verfahren in Deutschland seit 30 Jahren angewendet wird, hat hier keiner gesagt. Dass das Fracking-Verfahren in den USA sich von dem in Deutschland ganz wesentlich unterscheidet, hat Herr Weber versucht sehr deutlich zu machen. Es ist auch gar nicht heraus, ob man, wenn es denn dazu kommt, dass man aus dem Kalkstein Gas ziehen will, überhaupt fracken muss. Selbst das ist noch nicht einmal belegt.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Augsten?

Gleich, am Ende. Wir sind an der Stelle, wo man beim klassischen Goldsuchen beim Claim abstecken war. An der Stelle sind wir jetzt. Als nächster Schritt kommen geophysikalische Untersuchungen. Selbst dazu ist noch nicht einmal der Antrag gestellt, um daraus im Rahmen einer zweidimensionalen Seismik überhaupt Erkenntnisse erst mal zu gewinnen. Erst wenn man die hat, und dann sicher zu sein glaubt, dass dort Gas sein könnte, dann kommt der nächste Genehmigungsschritt, was wiederum genehmigt werden muss, nämlich die erste Probebohrung. Erst nach der ersten Probebohrung wird sich herausstellen, ob überhaupt Gas da ist. Da sind wir, was weiß ich, raus aus dieser Legislatur. Dann kommt irgendwann der Punkt, dass ein Antrag gestellt werden muss auf Entnahmebohrungen. Die werden auch anders stattfinden als das in den USA ist. Hier wird nämlich von einer Bohrstelle aus achtfach sternförmig gebohrt werden. Ob überhaupt Chemikalien zum Einsatz kommen, ist noch gar nicht heraus. Sie unterstellen einfach Dinge. Wir wissen noch nicht einmal, ob wir überhaupt fracken müssen. Vielleicht kommt das Gas auch so. Und die Verrohrung, sehr geehrte Frau Wolf, die ist schon lange Praxis. Die ist auch zu DDR-Zeiten gemacht worden. Bobcat Bagger gibt es schon seit Jahrzehnten. Dahin habe ich wirkliches Vertrauen, denn bevor Grundwasser durch ein Stahlrohr kommt, das muss schon ein bisschen dauern, vor allem ein Stahlrohr, das mit Beton gefüllt ist, doppelwandiges Stahlrohr, dazwischen Beton. Also Sie unterstellen hier, da kommt sowieso auf jeden Fall brennendes Wasser heraus. Kein Mensch weiß, ob dieser Film in den USA nicht vielleicht getürkt war. Selbst das weiß man nicht einmal.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Wir sprachen im Übrigen von Restriktionen.)

Also ich bin schon ein bisschen begeistert über das, was hier gesprochen wird. Dann will ich ein Wort mal noch sagen. Das Wort „gebundenes Recht“ sollten wir auch mal nicht vergessen. Wenn es genehmigungsfähig ist, ist es in Deutschland zu genehmigen. Wir sind nämlich aus den Zeiten der DDR heraus, wo eine Partei entscheiden konnte, was Recht und was nicht Recht ist. Da sind wir ein ganzes Stück raus aus der Sache und gebundenes Recht ist nun mal gebundenes Recht.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Sagen Sie es mal dem Bundesinnenminister!)

Das ist das gleiche Thema wie mit der Pipeline an die Nordsee hoch, wo der Niedersächsische Landtag einen Beschluss fällt, die darf nicht gebaut werden. Völliger Schwachsinn. Das ist überhaupt nicht das Recht des Landtags, zu sagen, die darf nicht gebaut werden. Wenn es rechtlich möglich ist, im Rahmen des gebundenen Rechts eine Rohrleitung

(Abg. Primas)

dorthin zu bauen, ist das zu genehmigen. Genauso ist es hier bei dem ganzen Thema.

Herr Augsten, bevor Sie zu Ihrer Frage kommen, Sie haben Frankreich zitiert. Warum haben denn die Franzosen das gemacht? Doch genau aus einem einzigen Grund, nämlich genau dem Gegenteil, was Sie gesagt haben, um ihre Atomindustrie zu schützen. Deshalb haben die Franzosen das gemacht, und dazu stehen die auch ganz offen. Herr Augsten, Sie dürfen fragen.

Herr Dr. Augsten, Sie haben jetzt die Möglichkeit zur Zwischenfrage.