Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

(Beifall DIE LINKE)

Der jetzt durch den Innenausschuss geänderte Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Feuerwehr auch außerhalb der Abwehr unmittelbar bestehender Gefahren verkehrsregelnd einsetzen zu können - Herr Kellner hat es ja bereits benannt - bei Umzügen, Fackelzügen, es fallen mir noch andere Veranstaltungen ein, gemeindliche Feste, Sportveranstaltungen etc. Es muss sich ja nicht immer nur um sich bewegende Veranstaltungen handeln. Damit wird aber meines Erachtens eine für die Feuerwehr und der ihr obliegenden Aufgaben unzulässige Erweiterung erfolgen. Die Problematik des ursprünglich sehr weitreichenden Vorschlages, auf ausschließlich gemeindliche Veranstaltungen einzugrenzen, wird zudem dafür Sorge tragen, dass entweder der gewünschte Effekt gar nicht eintritt, weil Kirmesveranstaltungen, Dorffeste oder Ähnliches keine klassischerweise gemeindlichen Veranstaltungen sind, oder aber es werden Feste, Musikveranstaltungen, Sportveranstaltungen etc. formal zu Veranstaltungen der Gemeinde deklariert werden und somit die Feuerwehr klassische Aufgaben der polizeilichen Gefahrenabwehr durch die Hintertür nahezu schrankenlos übertragen bekommen. Und es wird vor allem dafür sorgen, dass Polizei jederzeit darauf verweisen kann, keine Kräfte zur Verfügung stellen zu können, weil ja letztlich das Ehrenamt die Aufgaben der Polizei übernimmt.

Ich möchte gern mal aus einer Zuschrift vorlesen, die ich dieser Tage bekommen habe von einem Verbandsvorsitzenden der Feuerwehr hier in Thüringen - also eines Kreisverbandsvorsitzenden. Der schreibt: „Es sei denn, und dafür spricht einiges, diese Sache hat etwas mit der seit einiger Zeit wieder propagierten Polizeireform und dem hochgesteckten Einsparpotenzial des Innenministeriums zu tun. Man denke nur an die vielen Großveranstaltungen, hier sind es insbesondere Fußballspiele oder Radrennen, aber auch die Castortransporte, welche von nicht wenigen Polizisten abgesichert werden müssen, für die nur Kosten anfallen, die aber keine Einnahmen bringen. Außerdem hat diese Gesetzesänderung den angenehmen Nebeneffekt, dass die immens angelaufenen Überstunden der Polizeivollzugskräfte auf eine angenehme Art und Weise abgebaut werden können und zukünftig weniger Überstunden anfallen.“

So weit, meine Damen und Herren, will ich nicht gehen, aber ich will noch mal betonen, meine Fraktion lehnt die weitere Verpolizeilichung von Aufgaben der Feuerwehr ab.

(Beifall DIE LINKE)

Wir meinen, die Landesregierung ist angehalten, ausreichend polizeiliches Personal vorzuhalten, damit die Aufgaben der verkehrsregelnden Maßnahmen sichergestellt werden können. Eine Entlastung der Polizei durch eine sachfremde Belastung der

vor allem ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen lehnen wir ab. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Heiko Gentzel.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, was das Versorgungsverbandsgesetz, sprich dessen Änderung, und das Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz mit seinen Änderungen betrifft, will ich nicht viele Ausführungen dazu machen, das ist von meinen Vorrednern richtig geschildert worden. Es werden im Wesentlichen gesetzliche Regelungen angepasst und natürlich betrifft das insbesondere die Feuerwehrrente. Es ist schon gesagt worden, der Feuerwehrverband und die kommunalen Spitzenverbände haben dieses so begrüßt. Ich würde es so formulieren - gut gemacht, relativ unspektakulär, keine große Diskussion. Nicht unerwartet und richtig, dass sich das hier widerspiegelt in diesem Haus, ist die Debatte um den Änderungsantrag von SPD und CDU. Es geht darum, dass Gemeinden zur Sicherung gemeindlicher Veranstaltungen die Befugnisse für die Verkehrsregelung durch die örtliche Feuerwehr wahrnehmen lassen können. Für diese Passage gilt - wie nicht selten in der Politik -, unverhofft kommt oft. Ich glaube, das wissen alle Fraktionen, über Jahre war dies die Forderung von Feuerwehrleuten,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Dafür soll jetzt der Verband aufkommen?)

die dieses nämlich in der Realität getan haben und uns gefragt haben, könnt ihr nicht was tun, um dann, wenn was passiert, die fehlenden Lücken im Haftungsbereich und im Versicherungsbereich aufzulösen. Wir haben das gern aufgenommen, haben eine Formulierung gefunden. Da gilt auch für die Koalition, wir mussten uns dann noch mal überprüfen nach der Kritik und nach dieser Ablehnung, deshalb haben wir dieses Wörtchen „Veranstaltung“ um das Wörtchen „gemeindliche“ ergänzt. Das hat ganz einfach damit etwas zu tun, weil die stärkste Befürchtung war, dass es da keine Regelungen mehr für die Feuerwehren gibt, sondern dass die willkürlich für alles eingesetzt werden können. Wir haben uns dann überlegt, im Sinne der Feuerwehrleute und auch um auf diese Kritik einzugehen, wie kannst du dieses vernünftig einschränken. Es ist richtig, Frau Berninger, da gebe ich Ihnen absolut recht, der Vorschlag kam dann relativ kurzfristig von der Koalition, aber er kam und ich will dazu sagen, wir haben dieses Jahr im Ausschuss ausdrücklich diskutiert und wenn Sie sagen, er hat es dann leider mehrheitlich beschlossen, gehört zur

ganzen Wahrheit, er hat dieses ohne Gegenstimme getan nach der Diskussion. Das hat der Ausschuss ohne Gegenstimme nach der Diskussion getan, weil im Ausschuss eins klar geworden ist und das ist hier noch nicht so richtig klar geworden, es ist ja Quatsch, wenn Sie von Verpolizeilichung der Feuerwehr reden. Wer behauptet, dass die Feuerwehr eine neue Pflichtaufgabe bekommt, der erzählt hier doch blanken Unfug.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Na, na, na, Ihre Wortwahl.)

Na gucken Sie sich doch die Formulierung an. Das ist doch keine Pflichtaufgabe, die man jetzt an die Feuerwehr übergeben hat. Um was geht es denn? Es geht darum, dass Feuerwehren in der Realität schon solche Veranstaltungen absichern und dass für den verkehrslenkenden Bereich eben diese Haftungsprobleme und diese Versicherungsprobleme bestanden und das ist mit dieser Regelung aufgehoben. Das haben wir ein Stückchen glattgezogen an dieser Stelle. Ich halte das für richtig, aber wir haben es nicht als Pflichtaufgabe herübergegeben, sondern wir haben geschrieben, die Gemeinde kann.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Weil die Feuerwehr nicht abzusichern hat.)

Nein, in so einer Gemeinde und zwischen der Feuerwehr geht es ja nicht zu wie in der Fraktion der LINKEN, dass einer spricht und alle schweigen. Das wissen Sie doch selber genau, wie die Verhältnisse dort sind, da sind Gemeinde und Feuerwehr so miteinander verquickt,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Genau, am Ende liegt es noch an der Feuer- wehr.)

also es ist vollkommen hanebüchen, erstens von einer zusätzlichen Pflichtaufgabe für die Feuerwehr zu sprechen und es ist vollkommen hanebüchen, solche Horrorszenarien hier aufzuzeichnen.

(Beifall CDU)

Herr Gentzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Berninger?

Bitte.

(Abg. Berninger)

Herr Gentzel, Sie wissen aber schon, unabhängig davon wie es in der Fraktion der LINKEN zugeht, wie es

(Unruhe CDU)

unabhängig davon, Herr Mohring -, in der Gemeinde zugeht, dass der Chef der Feuerwehr der Bürgermeister ist und dass es nicht so einfach ist für eine Feuerwehr, eine Anweisung, nämlich so eine Veranstaltung abzusichern, die der Bürgermeister gibt, abzulehnen. Würden Sie mir da widersprechen?

Ich widerspreche Ihnen in der Vermutung von Ihrer Seite, dass das über Anweisung funktioniert. Also ich sage Ihnen, Absprachen in der Gemeinde - ein Bürgermeister, der so mit der Feuerwehr umgeht, wird nie Bürgermeister, das ist in der Gemeinde schon mal vollkommen klar.

(Unruhe DIE LINKE)

(Beifall CDU)

Ja, das ist halt die Realität, das ist das Erste. Und das Zweite, das ist wirklich die Frage, was zeichnen Sie eigentlich für ein Bild von unseren Bürgermeistern hier.

(Unruhe SPD)

Ich will mich ja jetzt nicht zu 100 Prozent vor jeden stellen und will sagen, tolle Rakete, er macht alles richtig. Aber das läuft doch in den Gemeinden ganz anders, als Sie das hier projizieren, das ist doch schlichtweg Unfug, dass die Bürgermeister

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Was Sie erzählen, ist Unfug.)

in der Regel nach draußen gehen und die Feuerwehren anweisen, dieses zu tun und jenes zu tun, das ist alles Quatsch. Es bleibt doch mal festzuhalten, es geht darum …

Herr Abgeordneter Gentzel, Frau Berninger hat noch eine Zwischenfrage.

Dann möchte Sie diese Zwischenfrage noch mal stellen.

Bitte.

Glauben Sie denn, dass der Versicherungsschutz besteht, wenn nicht formal über eine Anweisung oder über einen Auftrag dieser Auftrag ausgelöst wird?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da gibt es einen Ortsbrandmeister, Frau Kollegin.)

Also Versicherungsschutz ist zunächst erst mal keine Glaubensfrage. Und weil wir glauben, dass dieser Versicherungsschutz und dieser Haftungsschutz da sein muss, gibt es diesen Antrag. Und wenn Sie glauben, dass dieser Antrag nicht ausreichend ist oder anders formuliert wird oder wie Herr Bergner sagt, es gibt juristische Bedenken, dann ist es doch Ihr gutes Recht, einen anderen Vorschlag zu machen. Aber wir debattieren doch hier in der Sache, wollen wir, dass Feuerwehrleute dieses tun können in Absprache mit der Gemeinde bei gemeindlichen Veranstaltungen. Und da sage ich erstens, wir wollen das und zweitens sage ich Ihnen, das ist lange gelebte Realität, Sie sind selbst, Frau Berninger, sehr engagiert bei der Feuerwehr, Sie wissen das doch.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Nein, wir regeln keinen Verkehr …)

Sie wissen das doch! Also insofern, ich sage noch mal, es gibt keine zusätzliche Pflichtaufgabe für die Thüringer Feuerwehr. Dass wir Haftungs- und Versicherungsfragen eindeutig klären mit diesem Antrag, halte ich für ausgesprochen positiv. Ich habe mich gefreut, dass dieses ohne Gegenstimmen den Innenausschuss passiert hat.

(Beifall CDU)

Ich würde mich freuen, wenn es das gleiche Signal aus dem Thüringer Landtag gibt. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Dirk Adams.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Gäste hier im Thüringer Landtag, es sind in dieser Debatte die wesentlichen Punkte genannt worden. Am Anfang muss sicherlich erst einmal die Einsicht stehen. Herr Gentzel hat gerade davon gesprochen, dass es im Innenausschuss keine Gegenstimmen gab. Das ist natürlich davon getragen gewesen, dass wir hier über zwei Regelungsbereiche sprechen. Der gesamte Landtag möchte den Versicherungsschutz und die

Absicherung der Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner stärken. Deshalb kann man zu dem hier anstehenden Punkt niemals einfach nur Nein sagen. Das ist doch ganz klar.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch ganz klar, dass der Thüringer Landtag in Anerkenntnis dessen, was dort ehrenamtlich vor Ort von Tausenden in Thüringen geleistet wird, mit großer Hochachtung darauf schaut. Dennoch darf man nicht übersehen, dass die koalitionstragenden Fraktionen von SPD und CDU sich auf rechtlich extrem dünnes Eis begeben, wenn sie der Feuerwehr diese Befugnisse übertragen. Sie sind auf rechtlich wahnsinnig dünnem Eis und der wichtigste Punkt dabei ist, dass Sie hier in den § 35 der StVO eingreifen.