Protokoll der Sitzung vom 23.03.2012

Bitte, Herr Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Kowalleck, würden Sie mir mal erklären, worin für die Zuwendungsempfänger der Unterschied deutlich wird, ob es sich um eine Bewirtschaftungssperre oder eine Bewirtschaftungsreserve handelt? Welche Wirkung hat das auf den Zuwendungsempfänger?

Danke für die Anfrage. Ich werde in meinen weiteren Ausführungen darauf eingehen.

Eine Alternative wird in Ihrem Antrag auch nicht genannt. Was wäre denn die Alternative zur Bewirtschaftungsreserve? Wir geben Geld aus mit dem Wissen, dass am Ende nichts mehr übrigbleibt. Das wäre verantwortungslos gegenüber den Thüringerinnen und Thüringern, gegenüber unserem Freistaat. Deshalb warten wir doch die Mai-Steuerschätzung ab. In einigen Wochen werden wir dann schwarz auf weiß sehen, was uns an dieser Stelle zukünftig erwartet. Die Bewirtschaftungsreserve ist auch keine Neuerfindung, im Gegenteil, Bewirtschaftungsreserven wurden zum Beispiel in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 angewandt; in den Jahren 2009 und 2010 wurden Vorgaben zum Einstellungskorridor eingesetzt. Erinnern möchte ich hier auch an die Globale Minderausgabe.

Aktuell sieht es so aus, das wurde hier auch erwähnt, dass bis zur Mai-Steuerschätzung ein Gesamtbetrag von 41 Mio. € zurückgehalten wird. Es ist in die Verantwortung der Ressorts gestellt worden, wo das Geld zurückgestellt wird, das heißt, die Beträge können im jeweiligen Einzelplan gebracht werden.

Bereits im Januar wurde hier an dieser Stelle in der Aktuellen Stunde dargelegt, dass viele Positionen gar nicht betroffen sind, neben den Bundesge

setzen das Erziehungsgeld, das Blindengeld, der Zuschuss an die Stiftung FamilienSinn, die Investitionsfinanzierung für Pflegeeinrichtungen, Finanzhilfen für heilpädagogische Förderungen, Maßregelvollzug, Tierseuchenbekämpfung und vieles mehr. Es stand auch bereits im vorigen Jahr vor dem Haushaltsbeschluss die Frage, wie hoch das Risiko aufgrund der wirtschaftlichen Lage, aufgrund der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung für den Freistaat ist. Die Bundesregierung geht von einem Wachstum von 0,7 Prozent aus. Das müssen wir hier auch sagen, der Finanzminister wurde dafür kritisiert, dass er auch vorsichtig gehandelt hat und dass er nicht das 1 Prozent übernommen hat. Am Ende zeigen uns ja auch die Zahlen, dass wir letztendlich hier auf dem richtigen Weg sind. In den letzten Tagen konnten wir lesen, dass die Wirtschaftsweisen nur noch von einem Wachstum von 0,8 Prozent für die deutsche Wirtschaft ausgehen. Das ist also eine Senkung ihrer eigenen Konjunkturprognose um 0,1 Prozent für 2012 im Vergleich zum Herbst vorigen Jahres, da wurde noch 0,9 Prozent angegeben. Begründung ist, dass sich Deutschland nicht von den Auswirkungen der andauernden Schuldenkrise im Euroraum abkoppeln kann. Vom Außenhandel seien aufgrund der Situation im Euroraum und der sich eintrübenden Weltwirtschaft in diesem Jahr keine positiven Impulse zu erwarten. Es kommen auch immer wieder neue Argumente, dass sich Wirtschaftsinstitute und Wirtschaftsforscher optimistischer äußerten. In dieser Diskussion dürfen wir aber nicht vergessen, dass es auch deutlich niedrigere Prognosen in der Ausgangslage gab. An dieser Stelle ist noch einmal die Prognose der Bundesbank mit einem erwarteten Wachstum von 0,6 Prozent zu nennen.

Zusammenfassend kann man sagen:

1. Der Antrag ist nicht stimmig, was Überschrift, Antragstext und Begründung angehen. Hier muss man auch in Zukunft auf die genauen begrifflichen Bestimmungen achten.

2. Die Landesregierung sieht sich durchaus in der Verantwortung gegenüber den Thüringerinnen und Thüringern und vor allem den nachfolgenden Generationen.

3. Die Probleme, die Sie bei Trägern, Projekten, angebotenen Maßnahmen sehen, wurden auch in den entsprechenden Gremien erörtert. Ich habe hier Gleichstellungsausschuss, ich habe hier den Haushalts- und Finanzausschuss angesprochen, wo wir das Thema regelmäßig besprochen haben.

4. Die Wahrnehmung in den Ausschüssen ist, das zeigt auch hier der Begründungstext, durchaus unterschiedlich. Gerade im letzten Haushalts- und Finanzausschuss wurden die Fragen von der Fraktion DIE LINKE ausführlich besprochen und vom Finanzminister beantwortet. Wir sind auch davon ausgegangen, dass daraufhin Ihr Antrag zurückge

zogen wird, da er nach dieser Beantwortung und der schon erwähnten aktuellen Änderung doch auch überflüssig geworden ist.

Deshalb werden wir Ihren Antrag in dieser Form ablehnen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Er wollte eigentlich auf meine Frage eingehen. Das hat er nicht gemacht.)

Das entscheidet der Redner, ob er auf die Frage eingegangen ist. Sie konnten ja Ihre Frage stellen, Herr Kuschel.

(Zuruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das wollte ich nur feststellen, Frau Präsidentin.)

Wir sind noch ganz am Anfang in der Debatte zu diesem Thema. Ich rufe als Nächsten auf für die FDP-Fraktion den Abgeordneten Recknagel.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, es geht erneut um die Bewirtschaftungsreserve wieder einmal, darf man sagen. Um es gleich vorweg zu sagen, die Empfänger dieser wirtschaftlichen Leistungen beschweren sich durchaus zu Recht. Es gehört aber auch zu der Wahrheit, dass sie sachlich richtig und sogar geboten ist.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Ja.)

Der Finanzminister musste diese Reserve verhängen und das liegt daran, dass unser Haushalt entsprechend knapp aufgestellt war. Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Wirtschaft weniger wächst als erwartet. Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Steuereinnahmen geringer ausfallen. Und, Frau Stange, woher Sie positive Prognosen nehmen, das ist mir völlig schleierhaft. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheit musste der Finanzminister vorsorgen, damit er einen ausgeglichenen Haushalt einhalten kann. Das hat ihm der Landtag so vorgegeben und das ist auch richtig so. Ich hoffe ausdrücklich, dass die Wirtschaft - möglicherweise wider Erwarten - doch stärker wächst, als man befürchten muss, damit die Steuereinnahmen weiter sprudeln. Aber leider gibt es dafür heute noch keine Garantie. Für das Wachstum der letzten Jahre möchte ich mich ausdrücklich bedanken bei den vielen Arbeitnehmern und den Unternehmern, die hinter diesen Rekordsteuereinnahmen stehen, die das erarbeitet haben und in der Regel gänzlich ohne Einfluss der Politik.

Bei der Diskussion sieht man, wie wichtig Wirtschaftswachstum ist. Ohne Wachstum keine Mehreinnahmen, keine Lohnzuwächse, keine Investitio

nen in neue Technologien, auch keine Gelder für Frauenhäuser, Beratungsstellen und so weiter.

(Beifall FDP)

Das sollten Sie sich vor Augen führen, bevor Sie das nächste Mal wachstumsfeindliche Anträge einreichen, liebe Kollegen von den GRÜNEN, von der Linkspartei, von der SPD. Wer Unternehmer und Arbeitnehmer drangsaliert, der hat später kein Geld zum Verteilen übrig. So einfach ist das.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Schön, dass Sie die Erkenntnis jetzt auch teilen allein mir fehlt der Glaube. Aber zurück zur Bewirtschaftungsreserve. Sie ist also sachlich richtig und geboten, gleichzeitig für die Betroffenen höchst unangenehm. Wie kommt das denn zustande? Es ist ganz einfach, der aktuelle Landeshaushalt ist extrem auf Kante genäht, weil es keinen echten Willen zur echten Einsparung gab.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall FDP)

Die Notwendigkeit, diese Reserve aufgrund eines doch eher geringen, im Vergleich eher geringen Rückgangs der Konjunkturprognose zu verhängen, zeigt es deutlich. Falls es der Landesregierung von vornherein gelungen wäre, die Ausgabewünsche der Ministerien zu begrenzen, dann wäre eine solche Sperre, eine solche Restriktion im Bereich der relativ geringen freiwilligen Leistungen nicht nötig gewesen. Sie hatten aber keine Reserven dafür eingeplant. Und für diesen Haushaltsentwurf trägt zuallererst die Ministerpräsidentin die Verantwortung, aber nicht für die Beratung hier im Parlament, denn auch hier gilt leider, die Mehrheit in diesem Parlament hat nicht ernsthaft gespart. Wenn diejenigen, die sich jetzt über die unangenehmen Konsequenzen der Bewirtschaftungsreserve aufregen, wenn die bei der Beratung des Haushalts mehr Sparwillen gezeigt hätten, dann hätten wir dieses Problem nicht.

(Zwischenruf Abg. Keller, DIE LINKE: 15 Mio. hatten wir.)

Das Angebot der FDP-Fraktion war es jedenfalls, offen und transparent einen Dialog über Einsparpotenziale zu führen

(Beifall FDP)

und einen Großteil der eingesparten Gelder dann in die Schuldentilgung zu stecken. Dieses Angebot haben Sie nicht angenommen. Wenn sich die Mehrheit im Landesparlament auf diesen Dialog eingelassen hätte, dann müsste der Finanzminister jetzt nicht freiwillige Leistungen durch die Hintertür kürzen. Es hätte ausgereicht, dass die geplanten, von uns vorgesehenen Schuldentilgungen ein wenig geringer ausgefallen wären. Die Chance haben

(Abg. Kowalleck)

Sie nicht genutzt. Die Empfänger von freiwilligen Leistungen beschweren sich deswegen zu Recht, nicht wegen der Maßnahme des Finanzministers, sondern wegen der Mehrheitsentscheidung dieses Parlaments, den Haushalt so knapp und ohne Schuldentilgung zu planen. Dabei wäre es so einfach gewesen.

(Beifall FDP)

Die 40 Mio. € Reserve hätte man bei den Beratungen des Haushalts auch anderweitig zusammenbekommen, durch die Auflösung von Sparbüchsen 36/37 Mio., Landeserziehungsgeld etwa 20 Mio., durch die Kürzung von Personalausgaben 9 Mio., Reduzierung von IT-Aufgaben 11 Mio., das 1.000-Dächer-Programm mit 2,5 Mio. und nicht zuletzt, man könnte die Liste noch lange fortführen, der Zuschuss zur Stiftung FamilienSinn mit 1,8 Mio. Ich bedauere die Bewirtschaftungsreserve. Ich ärgere mich aber noch mehr über die Verweigerungshaltung der meisten Kollegen hier im Hause, die den Finanzminister erst dazu gezwungen hat. Die FDP-Fraktion wird sich ihrer Verantwortung angesichts der schwierigen Haushaltslage jedenfalls auch weiterhin stellen und so wie bei den Beratungen 2010, 2011 und 2012 wieder eigene Sparvorschläge einreichen, statt den Kopf, wie Sie, in den Sand zu stecken. Ich kann noch nicht sagen, ob es wieder 500 Anträge wie im Haushalt 2010, 700 Anträge wie im Haushalt 2011 oder 600 Anträge wie im Haushalt 2012 sein werden, aber ich kann Ihnen versprechen, es wird erneut Sparvorschläge geben und auch nicht wesentlich weniger, fürchte ich.

(Zwischenruf Abg. Keller, DIE LINKE: Ich auch.)

Ich kann zudem zusätzlich ankündigen, dass ich bei den nächsten Haushaltsberatungen alle, die jetzt laut zetern und das Ganze mehrmals auf die Tagesordnung gesetzt haben, an die Verantwortung erinnern werde. Und ich hoffe, dass die klar Denkenden und diejenigen, die sich für den Haushalt wirklich interessieren, wenigstens auf meiner Seite habe. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Ich rufe für die SPD-Fraktion den Abgeordneten Dr. Pidde auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE ist von der Realität überholt. Man kann über die Forderung, die dort aufgemacht wird, die Bewirtschaftungsreserven umgehend aufzuheben, noch diskutieren, aber die Begründung passt überhaupt nicht mehr. Dort wird ausgeführt, dass viele Träger,

Projekte und Maßnahmen vor ernst zu nehmende Probleme gestellt werden und weiter, dass eine fachliche und sachgerechte Aufgabenwahrnehmung nicht mehr gewährleistet ist. Das trifft nicht mehr zu.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Die wird ja auch nicht beschlossen.)

Sie haben Ihren Antrag am 22. Februar hier eingereicht, aber nicht berücksichtigt, dass bereits einen Tag vorher der Regierungskompromiss zur Bewirtschaftungsreserve erzielt worden ist. Das war am 21. in den Medien zu sehen, zu hören und auch zu lesen. Die Bewirtschaftungsreserve, ursprünglich 20 Prozent der nicht gebundenen Gelder, war eine ernst zu nehmende Angelegenheit. Wir haben da ungefähr 300 Mio. € in den entsprechenden Titeln, davon 20 Prozent, das wären 60 Mio. € an Stellen, wo es wirklich sehr wehgetan hätte. Jetzt sind es nur gut 40 Mio. €, das ist aber nicht das Entscheidende, Frau Stange, wie Sie es in Ihrer Begründung gesagt haben. Entscheidend ist, dass die Mittel jetzt nicht titelscharf gesperrt werden, sondern aus dem jeweiligen Haushalt zu entnehmen sind. Die Ministerien entscheiden also, wie sie die Gelder entsprechend einsparen können.

Herr Abgeordneter Dr. Pidde, der Abgeordnete Kuschel möchte Ihnen gern eine Frage stellen.

Ja, bitte.

Bitte, Herr Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin, danke, Herr Pidde. Können Sie mir noch mal den Unterschied von der Wirkung her erklären zwischen dem jetzt gewählten Verfahren der Bewirtschaftungsreserve und der Globalen Minderausgabe?