Protokoll der Sitzung vom 04.05.2012

Was gibt es aus unserer Sicht jedoch zu tun. Ich möchte vier Dinge nennen, die uns wichtig sind. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie sie Frau Pelke hier vorgetragen hat, sind zwar insofern gut, dass ein Gleichstellungsgebot gegeben ist, wir sehen aber, dass dies in der Praxis nicht greift, wenn wir wissen, dass die Römischen Verträge schon über 50 Jahre alt sind, die Deutschland auch mit unterzeichnet hat. Diese enthalten die Lohngleichheit, die sich aber bis heute eben nicht in der Praxis widerspiegelt. Deswegen werben wir für ein Gesetz zur Verhinderung von Entgeltdiskriminierung, weil wir damit sicherstellen wollen, dass alle tariflichen und nichttariflichen Entgeltregelungen sowie deren innerbetriebliche Umsetzung auch diskriminierungsfrei gestaltet sind. Nur wenn mit einem Entgeltscheck bei der Bewertung von Arbeit geschlechtsneutrale Kriterien eingeführt werden, kann auch der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ durchgesetzt werden. Und da gilt es natürlich, die Tarifverträge und Entgeltregelungen zu überprüfen, es gilt auch, die Umsetzung in den Betrieben sicherzustellen und es gilt, Diskriminierung

in Entgeltregelungen im Betrieb zu beseitigen, denn diese gibt es ebenfalls noch an vielen Orten.

Zum Zweiten wollen wir die Antidiskriminierungsstelle des Bundes besser ausstatten und ihr auch besondere Befugnisse einräumen. Da wissen wir, dass im Moment viel zu wenig Personal überhaupt vorhanden ist, und wir wissen auch, dass die Selbstverpflichtungen, von denen hier auch schon die Rede war, in der Tat leider gar nichts gebracht haben.

Zum Dritten wollen wir das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformieren und ein Verbandsklagerecht verankern. Das ist ganz wichtig, ich glaube, da sind wir uns durchaus auch einig, mit Frau Pelke auf jeden Fall und auch mit Frau Leukefeld, weil Entgeltdiskriminierung nicht weiter als individuelles Problem gesehen werden darf, worauf es in der Regel reduziert wird. Zum Zweiten muss auch die Frist für den Anspruch auf Schadenersatz verlängert werden, wenn beispielsweise eine Frau wegen Diskriminierung klagt. Wir schlagen hier sechs Monate vor. All das können wir ja im Ausschuss diskutieren.

Zum Vierten geht es uns darum, die unmittelbare Entgeltdiskriminierung zu verhindern. Wenn 61,3 Prozent im Niedriglohnsektor Frauen sind und nur 1,5 Prozent der Tarifverträge allgemeinverbindlich erklärt sind, dann braucht es eben zusätzliche gesetzliche Regelungen wie einen gesetzlichen Mindestlohn als absolute Lohnuntergrenze, das ist hier auch schon erwähnt worden, aber darüber hinaus auch Regelungen für die einzelnen Branchen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute hier schon vieles vorgetragen. Ich glaube, auch Thüringen ist hier in der Verantwortung, nicht nur einen schönen Bericht abzuliefern, sondern sich konkret zu verhalten, wie beispielsweise zu der Initiative aus Baden-Württemberg. Ich hoffe, dass in den Ausschüssen all dies positiv beraten wird und wir gemeinsam tatsächlich mehr dazu beitragen können, dass die Lohnunterschiede endlich aufgehoben werden und wir endlich zu gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit kommen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr bei den Abgeordneten, die Landesregierung auch nicht?

(Zuruf Staschewski, Staatssekretär: Ich sage noch zwei Sätze.)

Doch, bitte sehr, Herr Staatssekretär.

(Abg. Rothe-Beinlich)

Ich sage jetzt nur noch zwei Sätze, erstens weil ich fand, es ist wirklich eine sehr gute Debatte mit sehr vielen Anregungen. Und egal, wohin das jetzt überwiesen wird, ich bin immer gern bereit, auch in den Gleichstellungsausschuss zu kommen und da mitzudebattieren und auch unseren Beitrag zu leisten. Ich will nur noch einen Gedanken einbringen. Wenn wir dieses Rollenverhältnis wirklich ändern wollen und da spreche ich jetzt mal alle Männer hier im Saal auch an -, müssen wir auch immer unsere Rolle hinterfragen, wie wir uns verhalten im Verhältnis zu den Frauen

(Beifall im Hause)

und was wir denn eigentlich für einen Beitrag auch liefern können. Dieser Gedanke kam mir heute noch zu kurz, aber vielleicht können wir dann da auch noch ein bisschen weiterdebattieren im Ausschuss. Herzlichen Dank.

Vielen Dank. Ich frage als Erstes: Sehen Sie das Berichtsersuchen als erfüllt an? Es regt sich kein Widerspruch. Damit ist das Berichtsersuchen zu Nummer 1 erfüllt und wir kommen zu den Ausschussüberweisungen. Hier möchte ich noch mal sortieren, die Nummern 2 bis 4 des Antrags dann an den Ausschuss überweisen. Gibt es dazu andere Auffassungen? Das sehe ich nicht. Beantragt wurden von allen Fraktionen unterschiedliche Ausschüsse - Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und Gleichstellungsausschuss.

Wir stimmen als Erstes ab über den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer einverstanden ist, dass der Antrag in den Punkten 2 bis 4 im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit weiterberaten wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? Dagegen sind die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion. Wer enthält sich? Es enthalten sich die FDP-Fraktion und Frau Mühlbauer von der SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag nicht an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen.

Es wurde die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss beantragt. Wer für die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung bei der FDPFraktion, der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Auch keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag einstimmig an den Gleichstellungsausschuss überwiesen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10

10 Jahre Gewaltschutzgesetz Auswirkungen und Handlungsbedarf zum Schutz von Frauen vor Gewalt in Thüringen Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4179

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Ja. Bitte schön, Frau Abgeordnete Leukefeld.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thüringer Gewaltschutzgesetz ist zehn Jahre alt, seit zehn Jahren in Kraft und wir sind der Auffassung - deshalb heute dieser Antrag -, dass es notwendig und richtig ist, heute hier einen Bericht entgegenzunehmen über Wirkungen, über Ergebnisse, die erreicht wurden, und eine differenzierte Analyse vorzunehmen.

Gewalt gegen Frauen und Kinder, das wissen wir alle aus vergangenen Diskussionen und auch aus der Praxis, erfolgt oft im Verborgenen, im häuslichen Bereich, bei älteren Frauen bis hin zu der Frage in Pflegeheimen, bei Frauen mit Behinderungen und in vielen Fällen sind Kinder und junge Menschen gleichfalls mit betroffen. Öffentlich wird dieses Thema nur selten eine Rolle spielen. Es gibt jedes Jahr einen Tag gegen Gewalt an Frauen - am 25. November. Aber auch hier gilt, dass es viel stärker Thema in der Öffentlichkeit sein sollte.

Die Folgen von Gewalt an Frauen und Kindern sind oftmals nicht nur körperlicher Art, sondern psychisch, emotional und gerade bei Kindern und Jugendlichen mit großen Auswirkungen auf ihr weiteres Leben. Wie wir wissen, ist es ja so, dass gerade Kinder und Jugendliche, die Gewalt ausgesetzt wurden, oftmals im fortgeschrittenen Lebensalter selbst auch zu Gewalttätern werden.

Deshalb - und das ist richtig - gibt es dieses Gewaltschutzgesetz. Wir wollen wissen, was hat sich bewährt. Wir wollen dafür sorgen, dass sich die Akteure weiter vernetzen. Wir wollen gute Rahmenbedingungen haben, um dem entgegenzuwirken, und wir fordern die Landesregierung auf, mit unserem Antrag den Maßnahmeplan gegen häusliche Gewalt fortzuschreiben und die bereits vorhandenen Leitlinien weiter zu überarbeiten.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine interessante Diskussion und will vorab auch schon sagen, dass der Antrag an den Gleichstellungsausschuss zur Weiterberatung überwiesen werden sollte. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Ich eröffne die Aussprache. Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Astrid Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielen herzlichen Dank zunächst dafür, dass dieses wichtige Thema heute auch hier auf der Tagesordnung steht. Im Jahr 2002 ist dieses Gesetz erstmals in Kraft getreten. Insofern ist es sicher gut und richtig, nach zehn Jahren ein Stück weit Bilanz zu ziehen auch in Thüringen.

Wir alle wissen, was die Intention des Gesetzes war. Verkürzt gab es damals die Überschrift „Wer schlägt, geht“. Dies war ein ganz wichtiger Paradigmenwechsel zu sagen, dass derjenige, der in der häuslichen Wohnung beispielsweise Gewalt gegen die Frau, die Kinder anwendet, diese zu verlassen hat und dass eben nicht mehr diejenige, die geschlagen wurde, fliehen musste und ihre eigene häusliche Umgebung damit zusätzlich zu den Verletzungen ebenfalls aufgeben musste. Wir denken, dass das in diesem Sinne auch ein ganz wichtiger und wirksamer Meilenstein war und ist, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen. Die Zahlen geben da durchaus recht. Allerdings gibt es auch noch einige Schwachstellen und zehn Jahre nach Inkrafttreten eines solchen Gesetzes sollte man sich natürlich auch die Zeit nehmen, da genauer hinzuschauen.

Frau Leukefeld hat in ihrer Einführung schon auf eine besonders betroffene Gruppe hingewiesen: Das sind nämlich Menschen, insbesondere Frauen und Mädchen mit Behinderungen. In den letzten Wochen ist eine Studie bekannt geworden, die uns alle beschämen muss, wenn wir darin lesen, wie viele Frauen und Mädchen - insbesondere übrigens gehörlose, diese sind besonders häufig betroffen - gewalttätigen Übergriffen, auch sexuellen Übergriffen beispielsweise ausgesetzt waren und sind und die für sich kaum eine Chance sehen oftmals, weil sie in Betreuungsverhältnissen stehen, die auch mit Abhängigkeiten verbunden sind, sich dagegen auch effektiv zur Wehr zu setzen.

Wir sagen: Ja, dieses Gesetz hat den Opferschutz auf der einen Seite deutlich verbessert und hat die Rechte derjenigen gestärkt, die Opfer von Gewalt geworden sind. Wir sagen aber auch, dass es weiterhin Schwierigkeiten gibt. Ich möchte ein Beispiel nennen. Wenn ein solcher Fall vor das Familiengericht kommt, dann ist die Priorität der Familienrichterinnen und -richter in der Regel das Wohl der Familie und es kommt oft zur außergerichtlichen Einigung. Dies hat eine Studie der Uni Bamberg ergeben. Das Wohl der Familie hat aber nicht immer die Situation der Einzelnen in der Familie im Blick. Und

so ist es nicht selten, dass mitgeteilt wird, dass sich die Familien quasi zusammenraufen sollen, dass man auch im Sinne der Kinder beispielsweise schauen soll, wie man gemeinsam die Familie zusammenbringt. Dazu sehen sich aber oft Frauen, Opfer von brutaler Gewalt, wenig in der Lage und sie haben in der Folge auch kaum Sanktionsmöglichkeiten, wenn sich Täter an getroffene Vereinbarungen nicht halten. Oftmals zum Beispiel gibt es die Vereinbarung, dass sich die Täter den Frauen, den Kindern nicht nähern dürfen bis auf einen bestimmten Radius, dass sie die Wohnung nicht betreten dürfen. Was aber ist, wenn sie dies doch tun? Es gab und gibt leider immer wieder Fälle, die dann auch vor Familiengerichten gelandet sind, wo dann die Täter damit argumentiert haben, ich will nur die Familie zusammenhalten, ich will nur meine Kinder sehen. Hier gilt es tatsächlich noch nachzubessern, weil wir ganz deutlich sagen, Gewalt ist niemals eine Privatsache, Gewalt auch in der Familie ist keine Privatsache

(Beifall DIE LINKE)

und der Schutz der Betroffenen, der Frauen, der Kinder muss hier absoluten Vorrang haben, auch vor dem Wohl der Familie. Das muss man an dieser Stelle so deutlich sagen. Wir wissen auch, dass es gerade von Gewalt betroffenen Frauen sehr schwerfällt, sich aus gewalttätigen Partnerschaften zu lösen. Viele Frauen kehren in gewalttätige Partnerschaften zurück oder geben die vielbekannte zweite oder dritte Chance, nachdem sich der Täter entschuldigt hat, nachdem er Besserung gelobt hat. Dann ist es oftmals ein Teufelskreis, in den sich diese - in der Regel sind es Frauen - begeben. Denn wenn dann wieder Gewalt passiert, dann wird den Frauen oftmals vorgeworfen, du bleibst ohnehin nicht konsequent, du hast auch beim letzten Mal dann wieder zugestimmt, dass derjenige die Wohnung betreten durfte, dass er die Kinder getroffen hat, dass du ihn selbst getroffen hast. Somit sind Frauen in einer Rechtfertigungsposition, die wir so nicht gutheißen können und wo es in der Tat eine Nachjustierung im Sinne der Opfer von Gewalt und deren Kinder braucht.

Frau Leukefeld hat es vorhin schon ausgeführt. Wir müssen gerade bei Gewalt im persönlichen Nahfeld, im persönlichen Umfeld immer die Gesamtsituation im Blick haben und das sind insbesondere die Kinder, denn Kinder leiden ganz besonders unter gewalttätigen Elternbeziehungen und sie reproduzieren auch sehr viel häufiger Gewalt. Kinder, die in Familien mit Gewaltsituationen aufgewachsen sind, werden leider auch oft als Erwachsene sehr viel häufiger zu Täterinnen und Tätern, weil sie es nicht gelernt haben, anders mit Konflikten beispielsweise umzugehen, oder weil es als völlig normal galt, dass der Vater die Mutter nicht nur gemaßregelt, sondern vor den Kindern auch gedemütigt hat. Da geht mitunter auch die Achtung gerade vor

demjenigen in der Familie verloren, der oder die in der Regel Opfer war. Hier gilt es, die Frauen, die Betroffenen, es sind auch Männer mitunter, in jedem Fall zu stärken. Ihnen gilt es auch Halt zu geben und Vertrauen zu schenken. Da braucht es oft eine Beweisumkehr. Denn im Moment ist es so, dass in der Regel erst etwas passiert sein muss, damit gehandelt werden kann. Doch da ist das vielzitierte Kind dann oft schon in den Brunnen gefallen. Denn wenn es zu so schlimmen Gewaltausbrüchen kommt, dass es tatsächlich einer Wegweisung bedarf, so dass der Täter, der geschlagen hat, gehen muss, dann ist in der Regel schon sehr viel Porzellan und oft auch schon sehr viel mehr zerbrochen.

Was es auch braucht, ist, nicht nur bei der Polizei, dort hat es professionelle Weiterbildung gegeben und eine Sensibilisierung ist eine systematische Fortbildung auch bei denjenigen, die sich um Familien kümmern, d.h. von der Jugendhilfe bis hin zu Beratungsstellen gerade auch im Umgang mit Gewalt, und zwar ganz klar, wie wir meinen, orientiert an den Bedürfnissen und an den Wünschen und Forderungen derjenigen, die unter der Gewalt leiden. Die Opfer von Gewalt müssen gestärkt werden. Diese müssen besonders beachtet werden. Hier braucht es oftmals auch noch mehr Sensibilität und Weiterbildung bei Richterinnen und Richtern, aber auch bei Ärztinnen und Ärzten, die auch immer wieder Folgen von Gewalt erleben, die sie sehen, aber viel zu oft schweigen und hier nicht aktiv werden. Es gibt in der Charité in Berlin beispielhaft eine Möglichkeit, dass sich Opfer, gerade auch von sexueller Gewalt, dort begutachten lassen können, anonym und sich die Begutachtung quasi aufbewahren lassen können, um dann gegebenenfalls später noch entscheiden zu können, doch Anzeige zu erstatten. Wir alle wissen, wie das ist, es passiert etwas, dann kommt es oftmals zu einer Entschuldigung oder es heißt, ich hab ja nur getrunken oder ich habe es ja nicht so gemeint und ich bessere mich. Frauen lassen sich davon einlullen - so muss ich es einmal sagen - und verzichten auf eine Anzeige und dann sind Fristen abgelaufen und ist die Dokumentation nicht gewährleistet. Ich glaube, es wäre ein sehr gutes Angebot, wenn es tatsächlich bei nahezu allen Ärztinnen und Ärzten möglich wäre, die Dokumentationen vornehmen und quasi archivieren zu lassen, um sie dann später noch gerichtswirksam nutzen zu können und auch später gegebenenfalls, wenn es länger braucht, den Mut zu haben, den eigenen Partner/Partnerin anzuzeigen, dies auch noch tun zu können.

Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, das ist die besondere Situation von Migrantinnen und Migranten. Wir haben in Thüringen, wie wir alle wissen, davon eine nicht so große Anzahl, aber dort gibt es oftmals noch spezifische Problemlagen, die ebenfalls sensibel betrachtet werden müssen,

wo es in der Tat auch noch Aufklärung, eine bessere Schulung in den Beratungsstellen, in den Jugendämtern, in den Jugendzentren, aber auch bei den Betroffenen selbst braucht. Auch da braucht es Zivilcourage und Mut, denn Gewalt in jeder Familie, egal woher sie kommt, egal woran sie glaubt, egal wie sie lebt oder egal wie sie konstituiert ist, das sagte ich vorhin schon, ist keine Privatsache und auch kein Kavaliersdelikt und wir alle hier brauchen einen effektiven Schutz. In diesem Sinne freue ich mich auf eine konstruktive Debatte hier und im Ausschuss. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Elke Holzapfel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig, 10 Jahre Gewaltschutzgesetz sind Anlass genug, den Frauen und Männern zu danken, die maßgeblich daran beteiligt waren, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Als Frauenpolitikerin habe ich von hier gesehen von außen die Debatten und Diskussionen aufmerksam begleitet. Anfang des Jahres haben wir im Gleichstellungsausschuss die vier Interventionsstellen des Freistaats gehört. Rund 1.000 Frauen und Kinder, davon 450 Frauen und fast 500 Kinder, suchen in jedem Jahr in Thüringen Unterkunft und Schutz in unseren Frauenhäusern. Wie die Prognosen voraussagen, ist die Tendenz steigend. Die neuesten Zahlen zeigen, dass wir das Thema sehr ernst nehmen müssen. Es darf auf keinen Fall bagatellisiert werden. Zu den vorgenannten Zahlen kommen ca. 3.000 Polizeieinsätze bei Streitigkeiten, in deren Folge Wegweisungen nach dem Gewaltschutzgesetz sowie die Arbeit in den Interventionsstellen des Landes, die im aktuellen Fall auch PRO AKTIV tätig wurden. Mit im Boot sind unsere Frauenhäuser. Thüringen hat die Frauenhäuser im Chancengleichheitsfördergesetz, in Artikel 2 des Familienfördergesetzes dem Grunde nach verankert und damit als bisher einziges Land in der Bundesrepublik ein wichtiges Zeichen gesetzt und mit einer wissenschaftlichen Studie „Perspektiven der Frauenhausarbeit in Thüringen“ untermauert.

Sie fordern, meine Damen und Herren, zu beiden Punkten Berichte, die bei mir den Eindruck erwecken - nach dem Motto, wer schreibt, der bleibt. Die Anhörung im Gleichstellungsausschuss war auch im Rahmen von mehreren Anfragen stichhaltig und aufschlussreich. Um noch einmal auf Ihren Punkt 2 c einzugehen, muss ich Ihnen sagen, dass Sie bewusst oder unbewusst die Öffentlichkeit ein Stück verunsichern. Von der 20-prozentigen Bewirt

(Abg. Rothe-Beinlich)

schaftungsreserve brauchen wir nicht mehr zu reden, sie ist längst vom Tisch. Inzwischen hat sich die geltende Rechtsverordnung zur Finanzierung der Frauenhäuser durchaus bewährt und etliche Länder beneiden uns darum. Allein durch Leistungs-, Finanzierungsund Prüfvereinbarungen nach dem SGB XII entsteht Sicherheit, aber auch eine deutlich engere Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Frauenhäuser und den Kommunen. Die durch das Land finanzierte Stelle in den Frauenhäusern dient der Qualitätssicherung und ich weiß, dass die Gleichstellungsbeauftragte, Frau Arenhövel, darauf achtet, dass die geforderten Leistungen auch erfüllt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben uns im Gleichstellungsausschuss und im Rahmen von mehreren Anfragen nun wirklich detailliert mit der Thematik auseinandergesetzt. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser hat uns dazu gern zugearbeitet. Jetzt ist es an der Zeit, die Träger und die LAG wirklich in der Sache arbeiten zu lassen. Wir verbessern den Schutz nur dann, wenn wir in die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser und Interventionsstellen Vertrauen setzen und die Rahmenbedingungen mit ihnen gemeinsam gestalten. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Thüringer Frauenhäuser empfindet den Aktionismus der Fraktion DIE LINKE nicht immer als hilfreich, wie wir aus vielen Gesprächen wissen.

Jetzt komme ich noch einmal auf meine Einleitung zurück: Das Bohren dicker Bretter hat sich gelohnt. Bedanken möchte ich mich bei den Kolleginnen meiner Fraktion in den vorherigen Arbeitskreisen der Gleichstellung, insbesondere bei Christina Tasch und Johanna Arenhövel. Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Guntau, die die Interventionsstellen begleitet hat. Der Auftrag ist erfüllt und die Regierung wird uns sehr gern auf Anfrage im Ausschuss berichten. Ansonsten lehnen wir aber diesen Antrag ab. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Karola Stange.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Besucher auf der Tribüne! Frau Holzapfel, ich muss erst einmal zwei Sätze zu Ihnen sagen, bevor ich zur inhaltlichen Begründung unseres Antrags komme. Sie haben mich so ein Stückchen jetzt herausgefordert, aber ich glaube, das war natürlich auch beabsichtigt.

Ich fange mal damit an, was der Hintergrund unseres Antrags heute ist. Der Hintergrund ist, dass sich