Protokoll der Sitzung vom 31.05.2012

Frau Präsidentin, vielen Dank, aber so viel Zeit wollte ich Herrn Dr. Zeh dann doch nicht opfern. Ich muss aber noch mal ein paar Sachen sagen. Wissen Sie, das ist eine Art des Umgangs miteinander, die ich nicht nachvollziehen kann. Sie diskutieren wirklich ideologisch. Solche Begrifflichkeiten, Herr Dr. Zeh, wie „abartig“ und „sprachliche Verwahrlosung“ mir gegenüber, das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall DIE LINKE)

Genauso, Herr Dr. Voigt, „Ökodirigismus“ ist auch eine Begrifflichkeit, so sollte man an dem Punkt nicht miteinander diskutieren. Ich versuche es noch einmal: Die Wahlfreiheit, Herr Dr. Zeh, war gegeben, ist gegeben und wird gegeben sein. Der Unterschied ist, die einen bekommen Geld, wenn sie ein Kind nicht in eine öffentliche Einrichtung geben, die anderen nicht und zahlen noch die Kindergartengebühr. Das heißt, die einen lassen das Kind zu Hause und bekommen das Geld. Die anderen bekommen nichts und zahlen. Das ist der Unterschied.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann stimmt das nicht mit dem überein, was Sie gesagt haben, alle Kinder sind uns gleich.

Der zweite Punkt ist: Das Betreuungsgeld, was auf Bundesebene eingesetzt werden soll - die Zahlen sind ja noch nicht ganz klar, Herr Bärwolff hat ja auch gesagt, wir wissen noch nicht ganz genau um die Größenordnung. Ich hatte vorhin zitiert 0,4 Mrd. € in 2013 und 1,2 Mrd. € im Jahr 2014. Da haben wir gesagt - und ich glaube, da geht es nicht um eine Diskussion Altbundesländer - Neubundesländer -, dieses Geld braucht man nicht für eine Betreuungsgeldvariante auszugeben, sondern muss es ausgeben, um die Rahmenbedingungen, die Kindereinrichtungen qualitätsvoll auszubauen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das ist eine ganz sachliche Diskussion. Ich verstehe nicht, dass Sie da so vehement reagieren und ich muss Ihnen sagen, und das abschließend: Wenn Sie sich hierher stellen und sagen, wir wollen nicht befördern, dass Eltern schnellstmöglich, wenn sie es wollen, nachdem ein Kind da ist, wieder in den Beruf einsteigen können, dann verstehe ich nun hier überhaupt nichts mehr. Lassen Sie mich das zum Abschluss sagen aus unserer Studie, die von einigen nicht als sehr wesentlich betrachtet worden ist. Der Effekt ist, dass durch das Erzie

hungsgeld ein Rückgang der Erwerbstätigkeit um 20 Prozent bei Müttern mit zweijährigen Kindern bestätigt wurde. Jetzt sage ich Ihnen mal eins: Ob das im Westen so ist, ob das in Baden-Württemberg so ist, ob das in Bayern so ist, das ist mir eigentlich egal, aber hier in Thüringen weiß ich, wollen Frauen beides, Kinder und Beruf, und da soll man sie unterstützen, wenn sie wieder in den Beruf einsteigen wollen und dazu bedarf es qualitätsvoller Einrichtungen als Unterstützung für Eltern neben ihrer eigenen Erziehungsleistung. Darum geht es. Danke.

Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Pelke. Das Wort hat jetzt noch einmal Abgeordnete Anja Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und hier gibt es noch 3:30 Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Frau Pelke in jedem einzelnen Punkt, den sie jetzt gerade noch einmal benannt hat, zustimmen. Ich will noch einmal Folgendes sagen: Familie ist aus unserem Verständnis da, wo Kinder sind. Das heißt, es gilt für die alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern, die bestimmte Bedürfnisse hat, genauso wie für die Patchwork-Familie und wie für gleichgeschlechtliche Elternpaare.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau für all jene Familienformen gilt das. Übrigens auch für das, was die CDU immer möchte, Mutti, Vati, Paul und Paula. Das ist nämlich der Punkt, wo wir einfach nicht zueinander kommen, wo Sie meinen, Sie haben das Familienbild für sich gepachtet, wo ich einfach nicht damit klarkomme. An dieser Stelle, Herr Dr. Voigt, Ökodirigismus hierher zu zitieren, finde ich mehr als schräg. Das zeigt nur, dass dieses mittelalterliche Familienbild, was Sie nach wie vor pflegen, einfach nicht das Richtige ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Punkt: Familien zu fördern heißt auch, mal darüber nachzudenken, wenn man unbedingt Finanzen als adäquates Instrument sieht, um Familien zu fördern, dass man auch schaut, wo es gebraucht wird und wo nicht. Ich sage jetzt einfach mal, natürlich ist jedes Kind gleich viel wert, aber warum soll denn das Kind, wo die Zahnarztgattin ohnehin zu Hause bleibt, auch noch einmal zusätzlich die 150 € bekommen

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und die andere Familie, die gerade so über Aufstockerniveau ist, sich entscheiden müssen, dass

sie das Kind nicht zu Hause erziehen kann. Also wenn Sie wenigstens die Gerechtigkeitsdebatte so führen würden, dann wären wir schon einen Schritt weiter.

(Unruhe CDU, FDP)

Vielleicht ist das Problem auch, dass manche Männer immer noch nicht verstehen, was Frauen eigentlich wollen. Ich muss es jetzt einmal so platt sagen.

(Unruhe im Hause)

Frau Siegesmund hat weiter das Wort und alle warten gespannt auf die Antwort.

(Heiterkeit im Hause)

(Zwischenruf aus dem Hause: Schuhe kau- fen, das wollen alle.)

Ich rede jetzt nicht mit Ihnen über Schuhe. Aber worüber ich mit Ihnen rede, ist, dass Frauen bei dem Thema Folgendes riskieren: Sie riskieren, wenn sie lange vom Erwerbsleben ausgeschlossen sind, dass sie eben nicht wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. Sie riskieren, dass die Beförderung, die sie schon lange ins Auge gefasst haben, ausbleibt und sie riskieren, dass sie entsprechend nicht an Weiterbildungen teilnehmen können. Reden Sie mal insbesondere mit Medizinerinnen, die mir das immer wieder bestätigen, dass sie an der Stelle, auch von den eigenen Kollegen, die Familienväter sind, immer noch trefflich behindert werden, Karriere machen zu können. Wir sind der festen Überzeugung, dass Familie und andere Dinge, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zusammengehen müssen und dafür stehen wir auch.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Für Wahl- freiheit.)

Und für Wahlfreiheit stehen wir auch, aber nicht für verkrustete Methoden oder Politikinstrumente, wie sie die CDU nach wie vor pflegt. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Das Wort hat aber jetzt der Herr Staatssekretär Schubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich glaube, die Positionen inhaltlicher Art zu dem Thema sind ausgetauscht worden. Die sind ja auch nicht das erste Mal vorgetragen worden, sondern sind auch in der Öffentlichkeit bekannt. Auch die Position unseres Hauses zu dem Thema ist bekannt. Deswegen möchte ich mich jetzt nur noch einmal darauf beschränken, den derzeitigen Sachstand im Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene darzulegen und wie das dort weitergehen soll.

Also es gibt keinen offiziellen Gesetzentwurf der Bundesregierung und wie das jetzt aussieht, wird es auch keinen geben, sondern uns liegen jetzt Formulierungshilfen für einen Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen CDU/CSU und FDP zur Einführung eines Betreuungsgeldes - Wahlfreiheit für Familien vollenden - des Betreuungsgesetzes vor. Das heißt, offensichtlich wird geplant, dass das von den Fraktionen dann in den Bundestag eingebracht wird.

Dieser Entwurf, wie gesagt, der uns im Haus vorliegt, sieht folgende Regelung vor: Das Betreuungsgeld können Eltern erhalten, die für ihr ein- oder zweijähriges Kind keinen öffentlich geförderten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen. Die Leistung wird unabhängig von einer Erwerbstätigkeit der Eltern gewährt, das Betreuungsgeld beträgt ab 2013 zunächst 100 € monatlich und ab 2014 150 € monatlich. Die Leistung schließt direkt an das Bundeselterngeld an, wird ab dem 13. Lebensmonat für höchstens 24 Lebensmonate des Kindes bezahlt. Das Betreuungsgeld wird, wie auch das Elterngeld, bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Kinderzuschlag im vollen Umfang als Einkommen berücksichtigt. Das sind die Fakten, die uns jetzt bekannt sind. Noch einmal, das sind Formulierungshilfen, wir müssen jetzt abwarten, wann überhaupt ein Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht wird, was dann vom Bundestag beschlossen wird und dann wird es dem Bundesrat zugeleitet und dann ist der Zeitpunkt, wo die Landesregierung sich dazu eine Meinung bildet und erst dann werden wir unser Abstimmungsverhalten im Bundesrat klären. Das ist der Sachstand. Mehr kann ich an der Stelle nicht dazu sagen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär, für Ihre Ausführungen. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor und es wurde auch keine Ausschussüberweisung beantragt.

Dann kommen wir jetzt direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/4356. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Hand

(Abg. Siegesmund)

zeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? Das sind die Stimmen der FDP-Fraktion.

Damit ist dieser Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt. Gemäß einer Verabredung im Ältestenrat wird nach 19.00 Uhr kein weiterer Tagesordnungspunkt aufgerufen. Ich schließe also auch die Sitzung und freue mich, Sie morgen

9.00 Uhr hier alle wieder begrüßen zu dürfen. Begonnen wird morgen mit dem Tagesordnungspunkt 24.

Ende: 19.18 Uhr