Derzeitiges ACTA-Abkommen ablehnen - für die Vereinbarkeit eines fairen Urheberrechtsschutzes mit den Grundund Freiheitsrechten im Internet
Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4355 dazu: Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfassungsausschusses - Drucksache 5/4556
Als Berichterstatter aus dem Justiz- und Verfassungsausschuss hat der Herr Abgeordnete Bergner das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe heute die Ehre, zu dem Antrag der FDP-Fraktion „Derzeitiges ACTAAbkommen ablehnen - für die Vereinbarkeit eines fairen Urheberrechtsschutzes mit den Grund- und Freiheitsrechten im Internet“, in Drucksache 5/4355, aus dem Justiz- und Verfassungsausschuss berichten zu dürfen.
Der Antrag der FPD-Fraktion wurde am 25.04.2012 in den Landtag eingebracht und am 31.05.2012 in der 87. Sitzung im Plenum erstmalig beraten. In dieser Sitzung wurde der Antrag an den Justiz- und Verfassungsausschuss überwiesen. Der Antrag wurde im Justiz- und Verfassungsausschuss in seiner 43. Sitzung am 13.06.2012 beraten und einstimmig angenommen.
Der Justiz- und Verfassungsausschuss empfiehlt auch im Plenum die Annahme. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergner. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Als Erster hat das Wort der Herr Abgeordnete Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir waren uns wie selten einig. Ich gönne der FDP von Herzen den Erfolg, dass es ein Antrag ihrer Fraktion ist, weil sie schneller waren als alle anderen, die auch ACTA kritisch sehen, und wir dementsprechend heute einen FDP-Antrag, glaube ich, erstmalig in diesem Plenum wahrscheinlich mit einstimmiger Mehrheit
Meinung, wir haben immer gedacht, die FDP ist ganz generös und zieht den Antrag gleich zurück, weil wir ziemlich sicher sind, am 04.07. ist das Ding endgültig tot, dann wird auch das Europaparlament ACTA durchfallen lassen. Davon sind wir, wie gesagt, mittlerweile wahrscheinlich alle in diesem Haus überzeugt. ACTA ist überflüssig, ACTA wäre auch ein Problem gewesen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Marx für die SPDFraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen. Auch ich kann mich relativ kurzfassen. Wir haben schon einige Male das Thema ACTA diskutiert. Es geht um freien Zugang zum Internet. Es hieß in den letzten Jahren immer, das Netz sei nicht rechtsfrei. Da es nicht rechtsfrei ist, kann es erst recht nicht grundrechtsfrei sein. Das ist eine neue Ebene, auf die wir jetzt gekommen sind und die durch ACTA gefährdet worden wäre, wenn es zur Ratifizierung dieses Abkommens kommen sollte. Wir müssen heutzutage einen freien Zugang zum Netz absichern. Dafür gibt es die Diskussion um die sogenannte Netzfreiheit. Ein erstes Netzfreiheitsgesetz, das hatte ich Ihnen im letzten Plenum schon gesagt, haben die Niederlande verabschiedet. Der freie Zugang zum Netz reicht aber nicht, man muss sich im Netz relativ frei bewegen können. Also ein grundrechtskonformes Netz, das, denke ich, ist die Herausforderung unserer Tage. Wir haben ausführlich diskutiert im Ausschuss und auch in den Plenarsitzungen davor, dass das vom ACTA-Abkommen unterwandert werden würde. Es darf keine unverhältnismäßigen Ausspähungen im Netz geben, da das ein unverzichtbares Echtzeitkommunikationsmittel des 21. Jahrhunderts ist. Ich freue mich, dass die FDP diesen Antrag eingebracht hat. Auch wir werden diesem Antrag gern hier zustimmen und haben damit, auch wenn das Europaparlament in Kürze das ablehnen wird, hier vom Landtag aus ein Zeichen gesetzt für ein grundrechtskonformes Internet und seine grundrechtskonforme Nutzungsmöglichkeit. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Marx. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Voigt für die CDUFraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, ACTA ad acta legen, das haben wir jetzt schon dreimal diskutiert, jetzt ist es auch durch den Ausschuss. Letztlich hat der Thüringer Landtag appellative Wirkung, diesen Beschluss zu fassen, zu entscheiden haben es andere.
Drei Punkte sicherlich noch mal deutlich: Erstens, ACTA versucht mit alten Instrumenten neue Fragen zu beantworten. Ob es nicht grundrechtskonform ist, darüber würde ich gern noch einmal diskutieren, aber das steht auf einem anderen Blatt. Ich habe es das letzte Mal schon deutlich gemacht, dass ich glaube, dass ein so weitreichender Eingriff in einzelne Freiheiten breite Unterstützung braucht, und die hat ACTA offensichtlich nicht. Zweitens ist natürlich die zuständige Ebene die der Europäischen Union, die das letztlich am 3. Juli ablehnen wird. Dann bleibt noch übrig, dass unabhängig von der Fragestellung des einzelnen Abkommens jetzt natürlich zu klären ist, inwiefern das Urheberrecht und geistiges Eigentum eben auch auf das Internetzeitalter angepasst werden können. All die Punkte sind ja in dem Antrag durchaus enthalten, insofern darf ich auch im Namen meiner Fraktion Unterstützung für diesen Antrag signalisieren und nach dem Antrag der Zahnfee damit auch einen weiteren Antrag der FDP unterstützen - alles Gute.
Danke, Herr Abgeordneter Dr. Voigt. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bergner für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich die Gelegenheit nutzen und auch von dieser Stelle aus dem Datenschutzbeauftragten danken, dass er diesen Tag uns hier heute widmet; es ist sein Geburtstag, auch von der Stelle noch einmal ganz herzlichen Glückwunsch.
Ich will die Gelegenheit nutzen, um mich für die konstruktive und vor allem auch schnelle gemeinsame Arbeit hier im Plenum und vor allem auch im Ausschuss bei Ihnen zu bedanken. Dass ein Antrag einer Oppositionsfraktion - Herr Kollege Meyer hat es, glaube ich, schon gesagt - auf so viel Zustimmung trifft, ist nicht alltäglich. Es zeigt aber auch, dass wir gemeinsam gewillt sind, über Fraktionsgrenzen hinweg etwas zu erreichen.
Meine Damen und Herren, der Antrag ist vielleicht nicht so besonders spektakulär, aber er spiegelt ein Anliegen breiter Teile der Gesellschaft wider. Was
wir mit dem Antrag erreichen, wird sich aber der eine oder andere fragen, gerade fiel ja auch der Begriff einer Appellwirkung. Mit dem Antrag schaffen wir vor allen Dingen eines, meine Damen und Herren, wir setzen ein Zeichen in und aus Thüringen.
Insofern ist es auch richtig, dass wir ihn heute hier behandeln. Am Donnerstag, den 21.06.2012, auch das ist schon gesagt worden, hat der federführende Ausschuss seine Entscheidung über das ACTA-Abkommen getroffen. Der Handelsausschuss hat - wie die vier Ausschüsse zuvor - das ACTA-Abkommen abgelehnt. Seine Empfehlung wird dem EU-Parlament, welches über das ACTA-Abkommen abstimmt, nun zugeleitet. Die Empfehlung des Handelsausschusses ist, wie wir alle wissen, maßgeblich für die abschließende Entscheidung im EU-Parlament. Die wichtige und endgültige Abstimmung im EU-Parlament findet am 4. Juli 2012 statt. Deswegen, meine Damen und Herren, ist es wichtig und richtig, heute hier über den vorliegenden Antrag abzustimmen.
Ich will nur noch einmal kurz unseren Standpunkt wiedergeben, der uns auch zu dem Antrag motiviert hat. Wir sind der Auffassung, dass die derzeitige Ausgestaltung des Abkommens nicht geeignet ist, eine ausgewogene Vereinbarkeit zwischen den berechtigten Interessen der Urheber und der Interessen der Nutzer von neuen Medien herzustellen.
Die Zementierung des Status quo durch ACTA kann nach unserer Auffassung nicht die Lösung sein. Den Status quo zu erhalten bedeutet auch, dass man vor der zukünftigen Entwicklung die Augen verschließen würde und eine ganze Generation kriminalisiert.
Deswegen, meine Damen und Herren, muss es unser aller Anliegen sein, ein zukunftsfähiges Urheberrecht zu schaffen, um das geistige Eigentum zu schützen und gleichzeitig die Vereinbarkeit der Grund- und Freiheitsrechte im Internet zu wahren.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin froh, dass wir uns alle hier hinter dem Antrag versammeln können. Ich bitte deswegen darum, der Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfassungsausschusses zu folgen und dem Antrag zuzustimmen. Ich danke Ihnen.
Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Blechschmidt für die Fraktion DIE LINKE.
Danke, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren Kollegen, auch seitens meiner Fraktion - ja, die Details des ACTA-Abkommens waren und sind auch nicht dafür geeignet, hier eine Zukunft zu haben. Ich will es stichwortartig machen. Die Intransparenz des gesamten Vorgangs, sprich das Geheimabkommen, das zum Teil in den Schubladen gelegen hat und nicht mit der Öffentlichkeit diskutiert worden war, war ein Punkt. Die Frage der Einschränkung des Internets bzw. die damit verbundenen Überwachungsaufträge, die an die Provider gegeben werden sollten, um hier entsprechend einwirksam auf die Nutzer zu wirken, ist ein Punkt, der abzulehnen ist, und natürlich - wir haben es auch immer hier angesprochen - die Auswirkung, die gegebenenfalls auf die Dritte und Vierte Welt, was die Frage Medikamente angeht, auch das ist eine Auswirkung dieses Abkommens, das nicht geeignet ist, um Unterstützung von uns zu bekommen.
Wir möchten auch ganz deutlich sagen, es ist wichtig in diesem Prozess, gerade - und das müsste eigentlich der letzte Politiker mitbekommen haben Netzthemen werden heute in der Öffentlichkeit wesentlich intensiver, wesentlich umfassender und wesentlich schneller und auch damit dynamischer diskutiert. Somit ist bei solchen Prozessen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich daran zu beteiligen oder - wenn ich umgekehrt sprechen soll - solche Debatten auch in der Öffentlichkeit zu führen. Wir haben die Demonstrationen im Hinterkopf, wir haben die ablehnenden Haltungen in den Europaausschüssen im Hinterkopf und wir haben unsere Debatten hier, die wir schon das dritte Mal führen, im Hinterkopf. Demzufolge ist ein kleiner Tropfen Wermut in den Dank an die FDP zu schicken, und zwar liegt das Urheberrecht an dieser Stelle nicht bei der FDP, sondern die entsprechende Entscheidung ist durch Bürgerinnen und Bürger auf Demonstrationen in Vergangenheit nicht nur in Thüringer Städten, nicht nur in Thüringen allgemein, sondern in Deutschland und Europa getroffen worden. Wir sind gegen ACTA, Zustimmung zum FDP-Antrag. Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Ich habe jetzt niemanden mehr auf meiner Rednerliste. Das heißt, wir kommen direkt zur Abstimmung. Abgestimmt wird direkt über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/4355. Wer für den Antrag ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Gegenstimmen? Die sehe ich nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich auch nicht. Also ist es einstimmig angenommen. Herzlichen Glückwunsch.
Stichtagsunabhängiges Bleiberecht bei nachhaltiger Integration Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4467
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ihnen vorgelegte Antrag basiert unter anderem auch auf den Erkenntnissen aus der Delegationsreise in den Kosovo vom 5. bis zum 9. März 2012. Die Reise hat einen tiefen Einblick in die tatsächlichen Probleme der in den Kosovo zurückgeführten Menschen ermöglicht. Derzeit haben verschiedene Länder Bundesratsinitiativen zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes in den Bundesrat eingebracht: Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg und Bremen. Auch der Niedersächsische Innenminister, Herr Schünemann, hat dazu am 30.05.2012 eine eigene Bundesratsinitiative eingebracht.
Bei den eingebrachten Initiativen geht es um die Einführung eines neuen § 25 b in das Aufenthaltsgesetz. Es geht um Anerkennung nachhaltiger Integration. Diese Regelung sieht erstmals vor, eine anlass-, stichtags- und herkunftsunabhängige Regelung in das Aufenthaltsgesetz einzuführen. Das heißt, wer eine bestimmte Zeit in Deutschland gelebt hat durch Duldung oder mit Aufenthaltserlaubnis und die Kriterien für eine nachhaltige Integration - Sprachkenntnisse, Lebensunterhalt usw. - erfüllt, bekommt für bis zu drei Jahre eine Aufenthaltserlaubnis. Diese Aufenthaltserlaubnis wird verlängert, wenn die Voraussetzungen nach den drei Jahren weiterhin vorliegen. Diese Regelung würde letztendlich dazu führen, meine Damen und Herren, dass Menschen, die integriert sind oder sich bemühen, sich zu integrieren, eine Daueraufenthaltserlaubnis aufgrund der eigenen Integrationsleistung erhalten können.