Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

Zum Abschluss möchte ich noch einmal ganz besonders vor einem Nachlassen der Sparbemühungen warnen. Die finanziell schwersten Jahre stehen Thüringen noch bevor. Wir werden bis in das Jahr 2019/2020 mit deutlich weniger Geld auskommen müssen. Insofern ist Haushaltskonsolidierung das A und O und daran müssen wir uns alle beteiligen und auch messen lassen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Dr. Pidde. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Barth für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Pidde, ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben, ich weiß auch nicht, zu welchem Haushalt Sie geredet haben, aber zu den Haushalten, die Ihre Fraktion mit verantwortet hat, kann das nicht gewesen sein.

(Beifall FDP)

Wenn ich da von Sparbemühungen höre, die Sie verstärken wollen, dann würde das ja unterstellen, Sie haben schon mal welche gemacht.

(Beifall FDP)

Das habe ich nicht wahrgenommen. Ich würde Ihnen dringend empfehlen, da wirklich auch noch mal in die Geschichte der letzten Landeshaushalte zu schauen.

Herr Kollege Huster, wissen Sie, wenn Sie mir sagen, dass diese Anträge offenbar mein intellektuelles Leistungsvermögen widerspiegeln, würde ich sagen: Ich gebe ja zu, dass ich nicht mein Leben lang schon Haushaltspolitik gemacht habe und mich da auch einarbeiten muss. Aber ich bin inzwischen auch so weit, dass ich die Anträge auch deshalb so einfach formuliere, damit Sie sie auch verstehen.

(Beifall FDP)

Wir können das auf dem Niveau weitermachen, aber wir können uns auch bemühen, über die Sache zu reden. Die Verschuldung, meine Damen und Herren, ist doch nicht die Folge des Sparkurses, den die Länder fahren müssen, sondern es ist eine seiner Ursachen. Wenn ich dann hier höre, wer da so alles Schuld hat, dann will ich mal daran erinnern: Hedgefonds, ohne sie auch nur ansatzweise vernünftig zu regeln, hat Rot-Grün eingeführt.

(Beifall FDP)

Ja, Herr Matschie, das ist so gewesen. Die Immobilienblase, die einer der Gründe für die Misere ist, in der wir sind, Herr Kollege Pidde, die ist nicht wegen der Abwesenheit von Regeln entstanden, sondern wegen der Anwesenheit von falschen Regeln.

(Beifall FDP)

Weil nämlich die Politik gesagt hat: Banken, gebt jedem, der es will, einen Kredit, dass er sich ein Haus kaufen kann. Gebt jedem, der es will, fünf Kreditkarten, die er maßlos überziehen kann, ohne dass überhaupt irgendeine Grundlage da war, ohne dass die Leute überhaupt irgendein Einkommen hatten. Die falschen Regeln sind es, die die Politik gesetzt hat, die da maßgeblich dazu beigetragen haben.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist der Bezug zu unserer Lan- despolitik?)

(Abg. Dr. Pidde)

Ihre Geschichte, die Sie erzählt haben, wird nicht dadurch wahrer, dass Sie sie hier zwanzigmal wiederholen.

(Beifall FDP)

Ich kann Ihnen auch nicht versprechen, dass diese Anträge nicht wiederkommen, weil wir in der Tat glauben, dass die Frage einer soliden Haushaltspolitik, dass die Frage einer wirklich massiven Schuldentilgung eine zentrale Frage für unser Land ist. Wir hinterlassen dieses Land unseren Kindern und wir überlassen es, wenn wir in der Haushaltspolitik nicht umsteuern, in einem handlungsunfähigen Zustand. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht die Form von Verantwortung, von Wahrnehmung der Verantwortung, die wir so verstehen, wie wir das als Auftrag vom Wähler mitbekommen haben.

(Beifall FDP)

Nicht einen Vorschlag, Herr Kollege Huster, Sie sind Vorsitzender des Haushaltsausschusses und können sich an den Abstimmungsmarathon erinnern, den wir dann immer machen - 600.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Praktische Vorschläge und nicht nur viel Pa- pier.)

600 praktische Vorschläge hat meine Fraktion unterbreitet. Die muss man politisch nicht alle unterstützen,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Die armen Bäume.)

aber sich hier permanent hinzustellen und zu sagen, das ist alles dummes Zeug, das ist dummes Zeug, so ist es eigentlich.

(Beifall FDP)

Diese Behauptung ist dummes Zeug und das wissen Sie auch. Wenn wir von einer deutlichen Schuldentilgung sprechen, dann meinen wir natürlich, Herr Kollege Meyer, nicht die 65 Mio., die jetzt im Haushalt vorgesehen sind, weil das einfach das ist, wozu die Regierung verpflichtet ist. Wir haben dieses Jahr einen ausgeglichenen Haushalt, auch weil die Regierung nur 1,5 Mio. € Schulden tilgt und deswegen im nächsten Jahr nicht 50 Mio., sondern 65 Mio. tilgen muss und im Jahr darauf auch, sondern wir meinen mit einer massiven, einer deutlichen Schuldentilgung einen dreistelligen Millionenbetrag. Ich sage das so deutlich wie es ist. Wir haben 320 Mio. € Steuermehreinnahmen zu erwarten aus der Mai-Steuerschätzung gegenüber der November-Steuerschätzung für die beiden Haushaltsjahre 2013 und 2014. Jedes Jahr 160 Mio. € Schulden zu tilgen, müsste demnach möglich sein. Ich sage es auch in Bezug auf meine Einbringung. Das erlaubt uns auch einen gewissen Spielraum, wenn die Einnahmen vielleicht nicht so kommen, dann

die Schuldentilgung doch ein Stückchen zu reduzieren und nicht an andere Haushaltstitel ran zu müssen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist notwendig. 630,8 Mio. € sind die Schulden, die in dieser Legislatur auf den vorhandenen Berg draufgekommen sind durch die Haushalte 2010 und 2011. 630,8 Mio. € ist das Vermächtnis, was wir im Moment haben. Wenn wir es schaffen, 2013 und 2014 320 Mio. zu tilgen, haben wir immerhin die Hälfte davon weg, was wir allein in dieser Legislatur obendrauf gepackt haben. Ich finde, das ist es wert, das ist dringend notwendig, das ist unsere Verantwortung. Deswegen verspreche ich Ihnen, weil das für uns, für meine Fraktion, ein zentraler Punkt ist, ein zentrales Politikfeld ist die Haushaltspolitik, was die Zukunftsfähigkeit unseres Landes betrifft. Ich verspreche Ihnen, dass Sie sich mit solchen Anträgen auch in Zukunft konfrontiert sehen werden und dass wir auch für die Haushaltsberatungen wieder einen entsprechenden Abstimmungsmarathon vorbereiten.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dickes Papier.)

Herr Kollege Adams, ja, da ist natürlich auch Papier, es gibt ja Formvorschriften hier in diesem Haus. Deswegen werden die auch auf Papier und so einfach geschrieben sein, dass Sie sie auch verstehen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Barth. Mir liegt jetzt keine Redeanmeldung aus den Reihen der Abgeordneten vor. Das Wort hat Herr Finanzminister Dr. Voß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, schönen Dank. Herr Barth, der Antrag ist gut geschrieben, den kann man gut verstehen. Insofern, die Staatsschuldenkrise beschäftigt uns seit zwei Jahren ununterbrochen, ist sicherlich eine der größten Herausforderungen in Europa, die wir momentan haben. Ich denke, da sind wir uns einig. Was die Ursachen dieser Staatsschuldenkrise anbelangt, ist Herr Meyer von Ihnen, Herr Huster von Ihnen, und von Herrn Barth einiges gesagt worden. Ich würde sagen, es sind zwei Effekte, die hintereinander kommen. Sie brauchen sich nur die Verschuldung bis 2008 anzuschauen, dann werden Sie sehen, dass die enorm hohen Schulden in Europa nicht die einfache Folge von Banken in Schwierigkeiten sind. Deswegen mussten wir helfen und dabei haben wir uns übernommen, so einfach ist es nun weiß Gott nicht.

(Beifall FDP)

(Abg. Barth)

Nein, so einfach ist es nicht. Die Schuldenstände waren sehr hoch. Ich muss Ihnen sagen, natürlich waren die Banken zu retten. Aber warum sind die Banken denn jetzt zu retten? Die Banken sind jetzt zu retten, weil die Staaten nicht mehr bezahlen können. Das, was momentan an die Banken in Spanien fließt, ist doch nicht, weil die Banken so schlecht gewirtschaftet haben, sondern weil die Staaten das nicht mehr bezahlen können, was die Banken ihnen geliehen haben.

(Beifall FDP)

Man soll ja auch keine Legenden bilden, wie die Dinge zusammenhängen. Allenfalls würde ich konzedieren, dass es Wechselwirkungen gibt, die Staaten mussten die Schulden nicht aufnehmen. Insofern ist hier auch ein gewisses Fehlverhalten festzustellen. Ich komme auf den Fiskalpakt. Der Fiskalpakt - was war eher da, das Huhn oder das Ei, aber es ist vollkommen klar, wenn Sie sich anschauen, wie hoch die Schulden bis 2008 waren, dann werden Sie sehen, dass - Sie können nur Deutschland anschauen - von unseren zwei Komma soundso vielen Billionen mit Sicherheit durch die Bankenkrise vielleicht 80 Mrd. hinzugekommen sind, aber mehr auch nicht. So ist es in anderen Staaten auch. Ich sage, keine Legendenbildung, wenn wir das vernünftig diskutieren wollen.

Kommen wir mal zum Fiskalpakt. Der ist, Gott sei Dank, beschlossen, ein wichtiger Baustein für die Stabilität der Europäischen Union. Das Defizit darf nicht über 0,5 Prozent hinausgehen. Es ist erfreulich, aus Berlin die Nachricht zu hören, dass höchstwahrscheinlich dieses Defizitkriterium von 0,5 Prozent schon in diesem Jahr im Ist wahrscheinlich unterschritten wird. Insofern, glaube ich, hat Deutschland sich nichts vorzuwerfen.

(Beifall FDP)

Es ist zu wünschen, dass andere Länder dies ähnlich tun. Was die Länder anbelangt, dürfen wir ab 2020 keine strukturellen Schulden mehr aufnehmen. Hier komme ich doch mal auf Thüringen zu sprechen. Wir wollen dieses Jahr schon keine Schulden mehr aufnehmen. Sie kennen die Planung für 2013 und für 2014, wir wollen das auch dort nicht tun. Herr Barth, natürlich wollen wir tilgen und müssen auch tilgen, aber es zwingt uns niemand, 65 Mio. im Jahr zu tilgen und keinen anderen Betrag. Das ist schon eine bewusste Entscheidung, hier keinen Verschiebebahnhof eintreten zu lassen, sondern dann in gleichen Raten zu tilgen. Ich denke, das wäre auch der Thüringer Beitrag, der vielleicht so umrissen werden kann, dass wir möglichst bis 2020 auf dem Weg, auf dem wir uns befinden, keine Schulden mehr aufnehmen und dann natürlich versuchen, hier auch stärker in die Tilgung hineinzugehen.

Eine kritische Anmerkung, Herr Barth, will ich doch noch tun. Die Benchmarks für eine Haushaltspolitik ändern sich ständig. Wenn ich mich recht erinnere, wurde noch im Jahr 2010 - das war meine erste Sitzung - gesagt, das nächste Jahr, 2012, einen Haushalt ohne Schulden aber mindestens. Jetzt haben wir das gemacht, jetzt wissen Sie, dass wir auch für 2013/2014 65 Mio. tilgen wollen. Jetzt ist aus dem „mindestens“ schon ein dreistelliger Betrag geworden. Ich würde einfach mal sagen, wir halten hier unsere Spur, tun das Möglichste. Natürlich wäre ein schnelleres Vorankommen in der Konsolidierung wünschenswert. Es ist auch ein dickes Brett, was wir bohren müssen. Sie wollen fragen, insofern...

Ja, Herr Minister, lassen Sie denn die Frage des Abgeordneten Barth zu?

Ja, natürlich.

Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister, nur dass wir es noch mal klarstellen, weil Sie eben gesagt haben, es zwingt Sie niemand, in den nächsten beiden Jahren jeweils 65 Mio. € zu tilgen. Das ist formal richtig, aber Sie stimmen mir sicherlich zu, dass Sie 2011 fortfolgende über fünf Jahre eine Rückzahlungsverpflichtung haben, die einen festen Betrag hat, etwa 250 Mio. sind das, dass Sie die auf die Jahre verteilen. Wenn Sie das nächstes Jahr nicht machen, müssen Sie natürlich in den Folgejahren entsprechend mehr tilgen. Dass das einfach noch mal klargestellt ist. Das ist doch so korrekt?

Das kann ich inhaltlich voll bestätigen, Herr Barth. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Voß. Es hat sich noch mal Abgeordneter Ramelow zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie haben 4 Minuten und 20 Sekunden.