Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

Wie kürzlich bekannt wurde, stehen für das kommende Jahr nicht dem Bedarf entsprechende Finanzmittel zur Förderung des Freiwilligen Ökologischen Jahres zur Verfügung. Aus der nachfolgend öffentlich ausgetragenen Debatte innerhalb der Landesregierung um die Verantwortlichkeit der Mittelbeantragung und -verwaltung war zudem nicht erkennbar, welchen Weg die Landesregierung bei der weiteren Förderung des FÖJ gehen will.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Förderhöhe für das FÖJ in Thüringen war für die Jahre 2007 bis 2013 insgesamt und jeweils auf die einzelnen Jahre vorgesehen?

2. Wann und auf welchem Wege hat das Umweltministerium sich mit dem Hinweis auf die nicht ausreichenden Mittel und der Bitte um Aufstockung an das Wirtschaftsministerium gewandt?

3. Wann und wie hat das Wirtschaftsministerium auf den in Frage 2 genannten Hinweis und Bitte des Umweltministeriums reagiert bzw. gab es eine Vereinbarung zu einem weiteren und koordinierten Vorgehen?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, noch für das Jahr 2013 Mittel für etwa 180 Stellen für das FÖJ Thüringen bereitzustellen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt- und Naturschutz und das macht der Staatssekretär Herr Richwien.

Vielen Dank, Herr Präsident. Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Siegesmund beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das Freiwillige Ökologische Jahr wird seit 2007 im Rahmen des Thüringen Jahres durchgeführt. Für das Thüringen Jahr stehen insgesamt

14 Mio. € aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung, die ausreichen, um aus diesen Mitteln sowie ergänzenden Mitteln des Landes, des Bundes und der Einsatzstellen jährlich 1.000 Plätze in den Jugendfreiwilligendienst zu finanzieren. Insgesamt waren für das Freiwillige Ökologische Jahr 2,68 Mio. € aus dem Europäischen Sozialfonds zugewiesen worden. Als Landesmittel zur Kofinanzierung stehen jährlich 90.000 € zur Verfügung. An der Finanzierung beteiligten sich außerdem der Bund aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes sowie die Einsatzstellen. Daraus wurden im Programmjahr 2007/2008 235 Plätze, im Jahr 2008/ 2009 225 Plätze, 2009/2010 210 Plätze, im Jahr 2011/2012 185 Plätze und im Programmjahr 2011/2012 180 Plätze im Freiwilligen Ökologischen Jahr in Thüringen finanziert.

Zu Frage 2: Als vor gut zwei Jahren mit der Diskussion über die Aussetzung von Wehrpflicht und Zivildienst sowie den doppelten Schulabgängerjahrgängen in anderen Bundesländern deutlich wurde, dass die demographische Entwicklung und die Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt nicht in dem erwarteten Maße zum Rückgang der Bewerberzahlen im Freiwilligen Ökologischen Jahr führen würde, hat sich das Umweltministerium mehrfach mündlich und schriftlich an den Fondsverwalter mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Am Anfang 2011 standen nach ursprünglicher Auskunft der GfAW im ESF nicht genügend Mittel zur Finanzierung des Freiwilligen Ökologischen Jahres im Programmjahr 2011/2012 zur Verfügung. Daher bat der Umweltminister schriftlich beim Wirtschaftsminister um eine Aufstockung der EU-Mittel.

Zu Frage 3: Im Antwortschreiben vom 07.07.2011 verwies der Wirtschaftsminister seinerzeit darauf, dass zwischenzeitlich aus Rückzahlungen genügend ESF-Mittel des Programmjahrs 2011 und 2012 zur Verfügung stünden, und empfahl, nötigenfalls im Frühjahr 2012 eine Klärung der Fragen für das Programmjahr 2012/2013 herbeizuführen. Auf Anfrage des Umweltministeriums antwortete das Wirtschaftsministerium im Juni 2012 abschließend, dass eine Aufstockung der Mittel im ESF nicht möglich sei. Das Schreiben ist der Fachebene am 27.06.2012 zugegangen.

Zu Frage 4: Für das Programmjahr 2012/2013 sieht die Landesregierung keine Möglichkeit, Finanzmittel für 180 Plätze im Freiwilligen Ökologischen Jahr zur Verfügung zu stellen. Durch gemeinsame Anstrengungen der Träger des Freiwilligen Ökologischen Jahres und des Landes ist es gelungen, im Programmjahr 2012/2013 nunmehr 125 Plätze zu finanzieren. Ursprünglich war befürchtet worden, dass die Mittel nur für 100 Plätze reichen würden. Durch Erhöhung der Gestellungsgelder der Einsatzstellen und weitere Maßnahmen der Träger und des Landes konnten inzwischen 25 zusätzliche Plätze zur Verfügung gestellt werden. Damit kön

(Vizepräsident Gentzel)

nen alle fünf bisherigen Träger ein Freiwilliges Ökologisches Jahr - wenn auch mit zum Teil deutlich weniger Plätzen - weiterhin anbieten.

Es gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Zwei Nachfragen: Zum einen interessiert mich, ob für das Programmjahr 2012/2013 die Kofinanzierungsmittel seitens des Landesministeriums ausgereicht hätten, um komplett die 185 Plätze kozufinanzieren, vorausgesetzt natürlich, die europäischen Fördermittel wären in der entsprechenden Höhe geflossen. Die zweite Nachfrage: Wie sieht es denn für das Jahr 2013/2014 aus?

Ich fange mit der letzten Frage an, mit 2013/2014. Wir werden als Umweltministerium weiter zum Gespräch mit den Trägern einladen und das Gespräch natürlich auch suchen, um möglichst weit im Vorfeld zu planen. Was auch im Interesse der Träger, glaube ich, wichtig ist, um im kommenden Programmjahr dann zum Start 1. September 2013 eine klare Linie zu haben, um dann auch kurzfristige Anpassungen in diesem Jahr möglich zu machen.

Was die Beteiligung der Gelder anbetrifft, kann ich heute noch keine Aussage treffen. Wir haben auch einen neuen Haushalt und dergleichen mehr. Wir sind mit unserem Haus, wenn ich das jetzt richtig weiß, ungefähr mit 90.000 € immer präsent gewesen und wir werden uns auch weiterhin im Haus dafür einsetzen, bei dieser Größenordnung zu bleiben.

Bei der ersten Frage muss ich noch mal nachfragen. Ob die Gelder ausgereicht hätten, würde ich Ihnen nachreichen.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reichen Sie das nach?)

Ja.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Abgeordneten Dr. Augsten.

Herr Staatssekretär, Sie haben die Zahlen seit 2007 genannt. Es gibt kontinuierlich eine Reduzierung, die planmäßig ist. Sie haben das auch begründet, dass es dafür sachliche Gründe gibt. Dann gibt es einen ziemlichen Bruch, den Sie mit finanzi

ellen Schwierigkeiten, auf die dann auch vom Wirtschaftsministerium so, wie Sie es dargestellt haben, reagiert wurde. Wenn ich das Operationelle Programm richtig verstehe, da gibt es eine Planung. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir bei der Planung und auch beim FÖJ oder beim Freiwilligen Jahr, dass wir da so einen Bruch drin hatten. Ist da irgendwas schiefgelaufen? Ist da zu viel Geld ausgegeben worden in den Jahren davor, dass jetzt plötzlich das Geld zum Ende der Förderperiode ausgeht?

Ich habe Ihnen ja gesagt, bei der Förderperiode standen insgesamt 14 Mio. € zur Verfügung. Das ist das gesamte Geld für den ESF-Bereich. Wir haben uns von unserem Haus aus bemüht, die Absicherung vorzunehmen. Für uns ist es auch klar, dass es für die Träger unsagbar schwer ist, dann auch eine Klasse zusammenzubringen, da ungefähr 30 Teilnehmer bereitgestellt werden müssen. Das ist ein schwieriger Prozess. Woran es nun letztendlich gelegen hat, warum das Geld dann im ESF in der Gänze nicht ausgereicht hat - von unserer Seite, wir haben uns bemüht -, da würde ich noch mal beim Ministerium nachfragen, vielleicht kann dann Herr Staatssekretär Staschewski uns das sagen.

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Man muss doch planen, Herr Kollege.)

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Herr Staatssekretär. Wir machen weiter mit der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4862. Sie wird vorgetragen von der Abgeordneten Skibbe.

Danke. Ich frage namens des Abgeordneten Kuschel zum

Fragerecht für kommunale Mandatsträger

Das Fragerecht für kommunale Mandatsträger ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Es ist aber allgemein anerkannt, dass sich aus der Mandatsstellung ein Fragerecht der Gemeinderats- bzw. Kreistagsmitglieder an den Bürgermeister (Ober- bürgermeister) bzw. Landrat ableitet. Der Bürgermeister der Stadt Neustadt/Orla und die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde vertreten die Auffassung, dass sich das Fragerecht eines kommunalen Mandatsträgers nur auf Sachverhalte beschränkt, die in den Zeitrahmen der Mandatsausübung fallen. Über Vorgänge, die zeitlich vor der Mandatsübernahme lagen, besteht demnach kein Frage- und Auskunftsrecht.

Ich frage die Landesregierung:

(Staatssekretär Richwien)

1. Zu welchen Vorgängen bzw. Sachverhalten haben kommunale Mandatsträger gegenüber den Bürgermeistern und Landräten ein Frage- und Auskunftsrecht?

2. Welches Ermessen hinsichtlich der Auskunftserteilung haben die Bürgermeister und Landräte?

3. Inwiefern werden die Mandatsrechte eines kommunalen Mandatsträgers gewahrt, wenn der Bürgermeister bzw. Landrat Auskünfte zu Vorgängen und Sachverhalten, die vor dem Beginn der Mandatsausübung des kommunalen Mandatsträgers liegen, verweigert?

4. Wie begründen der Bürgermeister der Stadt Neustadt/Orla und die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde die im Eingangstext beschriebene Informationsverweigerung und wie wird diese Auffassung seitens der Landesregierung bewertet?

Für die Landesregierung antwortet der Innenminister Herr Geibert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Ein Frage- und Auskunftsrecht der einzelnen kommunalen Mandatsträger ist in der Thüringer Kommunalordnung nicht ausdrücklich geregelt. Ein Auskunftsanspruch ergibt sich jedoch aus dem Grundsatz des freien Mandats nach § 24 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung. Der Pflicht des gewählten Mandatsträgers, aufgrund des ihm anvertrauten Mandats eigenverantwortlich an den Aufgaben des Gemeinderats mitzuwirken, entspricht ein Anspruch auf Information gegenüber der Verwaltung. Hingegen haben die kommunalen Mandatsträger keinen Auskunftsanspruch zu Angelegenheiten, die durch § 29 der Thüringer Kommunalordnung dem Bürgermeister zugewiesen sind. Hierzu zählen insbesondere die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Die Ausführungen gelten entsprechend für den Kreistag und den Landrat.

Zu Frage 2: Die Prüfung von Auskunftsverlangen ist stets Einzelfallprüfung. Hinsichtlich der Aufgaben, die der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit wahrnimmt, entscheidet er nach freiem Ermessen, ob und inwieweit er Fragen aus dem Gemeinderat beantwortet. Im Übrigen hat der Bürgermeister im Rahmen der Prüfung die Rechte Dritter und Geheimhaltungsinteressen zu beachten. Grenzen einer Auskunftserteilung können zudem durch die Unverhältnismäßigkeit des zu betreibenden Auf

wands oder den Missbrauch des Fragerechts gegeben sein.

Zu Frage 3: Grundsätzlich ist der Auskunftsanspruch des einzelnen kommunalen Mandatsträgers nicht nur auf den Zeitraum seit Beginn der Mandatsausübung beschränkt. Allerdings stellt sich bei zurückliegenden Sachverhalten die Frage, ob und in welcher Weise diese für die Aufgabenwahrnehmung von Belang sind. Wie dargelegt, bedarf die Erfüllung oder Ablehnung von Auskunftsverlangen stets einer Einzelfallprüfung. Sieht ein kommunaler Mandatsträger seine Mandatsrechte als verletzt an, steht ihm der Rechtsweg offen.

Zu Frage 4: Nach Auskunft der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde wurde im vorgetragenen Fall nicht auf das zeitliche Kriterium der Ratszugehörigkeit abgestellt, sondern auf die sachliche Aufgabenerfüllung des Ratsmitglieds. Die Fülle der Fragestellungen konnte durch das vorhandene Personal nicht umfassend beantwortet werden. Der Bürgermeister bot deshalb dem Fragesteller an, die Beantwortung auf zwei Straßenbaumaßnahmen der vergangenen Jahre zu beschränken, und bat, ihm entsprechende Straßen mitzuteilen. Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Würdigung der Sach- und Rechtslage durch den Bürgermeister der Stadt Neustadt an der Orla nicht vertretbar ist.

Sie sprachen davon, dass gerade im übertragenen Wirkungskreis Mandatsträger kein Auskunftsrecht haben. Wie sehen Sie das mit dem Bereich der Pflichtaufgaben oder der freiwilligen Leistungen, also Fragen nach Pflichtaufgaben, Erfüllung von Pflichtaufgaben und Fragen zu freiwilligen Leistungen, die praktisch im Haushaltsrecht angesprochen sind?

Sie haben schon zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich um Begriffe aus dem Haushaltsrecht handelt, während die Unterscheidung sich an Begriffen aus dem Kommunalrecht orientiert um Aufgaben des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises. Insoweit kann eine Pflichtaufgabe sowohl aus dem eigenen als auch aus dem übertragenen Wirkungskreis kommen, das ist beides nicht miteinander kompatibel.

Gibt es noch eine weitere Nachfrage?

Zu den freiwilligen Leistungen, wie ist da das Auskunftsrecht? Wie sehen Sie das Auskunftsrecht?

Wenn es sich um freiwillige Leistungen handelt, die nicht aus dem übertragenen Wirkungskreis kämen und die nicht als Geschäft der laufenden Verwaltung zu werten wären, das ist der größte Fall dessen, was im eigenen Wirkungskreisgeschäft des Bürgermeisters ist, könnte ein Auskunftsrecht bestehen.

Weitere Nachfragen sind nicht möglich. Danke, Herr Minister.

Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Stange von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4864, die vom Abgeordneten Möller vorgetragen wird.