Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir besprechen hier im Hohen Haus wohl selten Themen, die so schwierig wie das sind, das wir mit diesem Antrag vorgelegt haben, gerade weil er fatale Folgen für die Opfer, für die Betroffenen implementiert. Das ist natürlich kein schönes und einfaches Thema, über
das wir hier heute sprechen, aber umso notwendiger ist es, dass wir die Debatte darüber führen, wie Opfern sexueller Gewalt tatsächlich geholfen werden kann und wie sichergestellt werden kann, dass es eine Strafverfolgung gibt.
Dazu – und das sagt auch der vorgelegte Antrag – wollen wir die Möglichkeit schaffen, dass verwertbare Spuren auch unmittelbar nach der Tat gesichert werden, ohne dass sofort eine Anzeige erfolgen muss, weil für die Spurensicherung in der Regel nur ein sehr kurzer Zeitraum zur Verfügung steht. Das hat die Kollegin Holzapfel ja schon gesagt. In der Regel sind das nur wenige Stunden, aber aufgrund der Traumatisierung, die mit der Tat in Verbindung steht, und der notwendigen Verarbeitung der Tat ist es für das Opfer ungewiss, wie es mit der Situation umgehen soll. Besonders schwierig ist es, weil Vergewaltigungen auch häufig im familiären Umfeld stattfinden und auch dort Zeit gegeben werden muss, zu klären, wie man individuell mit der Situation umgehen will. Genau diese Zeit wollen wir den Betroffenen geben, um eben im Nachgang sicherzustellen, dass tatsächlich eine Strafverfolgung ermöglicht wird und deren Chancen tatsächlich auch erhöht werden, wenn dann auch tatsächlich beweisverwertbare Spuren vorliegen.
Es gibt dazu unterschiedliche Modelle in anderen Bundesländern. Es ist schwer, die eins zu eins auf die Situation in Thüringen zu übertragen. Deswegen bitten wir mit dem Antrag die Landesregierung, ein Konzept zu erarbeiten und eine Maßnahmeplanung vorzulegen, wie genau die Umsetzung in Thüringen aussehen kann. Ich würde auch darum bitten, dass wir den Antrag heute beschließen und nicht noch mal im Ausschuss beraten. Sie haben recht, Frau Holzapfel, natürlich ist die Auseinandersetzung im Ausschuss wichtig, aber mir wäre es wichtig, dass dann über die konkreten Ergebnisse, über die konkreten Maßnahmen, die die Landesregierung ergreifen will, im Ausschuss berichtet würde. Darum würde ich die Landesregierung auch schon bitten. Aber ich bin dafür, den Arbeitsauftrag an die Landesregierung heute schon auszulösen. Daher bitte ich noch mal um Zustimmung zum Antrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Parlamentspräsidentin, sehr geehrte Zuhörer, wir reden hier über einen Antrag der rotrot-grünen Koalition mit dem Namen „Entwicklung
eines Modells der vertraulichen Spurensicherung nach Vergewaltigung und sexualisierter Gewalt für Thüringen“. Für diesen Antrag haben Sie garantiert kein Lob verdient, eher ist hier ein Tadel angebracht. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Sie vermischen eine überlegenswerte Möglichkeit für Opfer schwerer sexueller Übergriffe, die aus Furcht vor dem Täter oder Sorge, die eigenen Sozialstrukturen zu zerstören, nicht sofort bereit sind, die Tat anzuzeigen, mit quasireligiös aufgeladenen Sonderinteressen von Minderheiten.
Den Beleg dafür bietet schon die Sprache Ihres Antrags und vor allem das Unterschieben der üblichen Verdächtigen in diesem Vorhaben. Was haben neben den zuständigen Ministerien die Antidiskriminierungsstelle und vor allem Akteurinnen und Akteure der LAG-Interventionsstellen, der Frauenhäuser und Koordinierungsstelle für LSBTIQ-Arbeit bei diesen Angelegenheiten zu suchen?
Ich sage Ihnen: Nichts, aber absolut gar nichts. Für die Strafverfolgung sind die Strafverfolgungsbehörden zuständig, für die körperliche und seelische Behandlung der Opfer Ärzte und gegebenenfalls Therapeuten. Selbstverständlich kann man an der Strafverfolgung oder an der medizinischen Behandlung immer etwas verbessern. Ganz sicher aber hilft eines dabei nicht: die von Ihnen gehätschelten und steuerfinanzierten Minderheitenvertreter.
Gänzlich außen vor gelassen haben Sie in Ihrem Antrag auch die Tatsachen. Bereits 2015 berichtete die „Ostsee-Zeitung“ am 12. September, dass nach Angaben der Polizei etwa 80 Prozent der Sexualdelikte in der Stadt Rostock lediglich vorgetäuscht sind. „Häufig sind es Schutzbehauptungen der Frauen, um einen Ausrutscher, ein Fehlverhalten gegenüber Ehemann, Freund oder Eltern zu rechtfertigen“,
zitiert das Blatt eine Oberkommissarin. Erfahrene Ermittler wissen, dass dies keine Ausnahme ist. Da können Sie noch so jammern, es ist eben so.
Zugleich war in den letzten Jahren vermehrt zu beobachten, dass sich gerade verspätete Anzeigen von Frauen, die behaupteten, vergewaltigt worden zu sein, im Nachhinein als bewusste Falschbeschuldigung herausstellten. Die Namen Kachelmann, Gina-Lisa Lohfink, die sogar den Auslöser für eine ungewöhnliche Verschärfung des Strafrechts lieferte,
und Karl Dall sind hier nur die prominentesten Namen. Es besteht die Sorge, dass eine erleichterte Spätanzeige genau solchen Fällen Vorschub leistet. Das alles wischen Sie nicht einmal weg, sondern verschließen sogar die Augen – es existiert für Sie einfach nicht. Ohne eine gesicherte Datenbasis ist Ihr Antrag – auch bereinigt um Ihre Ideologieprojekte – nicht zustimmungsfähig.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch kein Ideolo- gieprojekt! Merken Sie es noch?)
Abschließend sei angemerkt, dass die einfachste Möglichkeit, sexuelle Gewalt spürbar zu vermindern, die effektive Kontrolle von Grenzen, die rigorose Abschiebung von illegal Aufhältigen ist.
Das wird sich in der einschlägigen Kriminalstatistik niederschlagen. Die Frauen, die dadurch nicht Opfer oder – wie Sie es neuerdings nennen – Erlebende werden, werden es Ihnen danken. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ich sage nur Osterholz-Scharmbeck! Mehr sage ich dazu nicht! Dann wisst ihr Bescheid!)
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß gar nicht, wie man auf so eine Rede noch reagieren soll. Herr Rudy, Sie sind weitab von der Realität, Sie sind eine Schande für dieses Hohe Haus
und Sie sind eine Schande für jede Frau – egal welcher Nationalität –, die je sexuelle Gewalt erfahren hat. Ich glaube, Sie gehören zu den bildungsfernen Schichten, die wir leider noch in Thüringen haben.
Ich würde Ihnen sehr dringend anraten: Gehen Sie in die Interventionsstellen, gehen Sie vor Ort und lassen Sie sich über die Arbeit der dort anwesenden Frauen und Männer gut informieren. Es ist eine Schande, wie Sie hier über diese Arbeit reden.
Noch zwei Zahlen: In der Landtagsdrucksache 6/ 4838, das ist eine Anfrage von dem Kollegen Worm vom 07.12.2017, ist noch mal gefragt worden, wie viele Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung es gab. Da ist für das Jahr 2015 aufgelistet, dass es insgesamt 1.005 gab. Dann ist nach Nationalitäten gefragt worden und von den 1.005 – höre und staune! – waren es 926 deutsche Personen, nur um Ihre Zahlen und Ihre Argumente ins rechte Licht noch mal zu rücken.
Werte Kolleginnen und Kollegen, eigentlich hatte ich vor, nicht noch mal hier vorne zu dieser Thematik zu reden. Ich bin nur noch mal vorgegangen, um auch – so denke ich – unser aller Empörung zum Ausdruck zu bringen, was der Kollege da rechts außen gerade zu dieser Thematik geäußert hat. Wir haben einen guten Antrag vorgelegt. Wir haben diesen Antrag bereits vorab auch mit den Akteurinnen und Akteuren, die in Thüringen unterwegs sind, um Frauen in misslichen Situationen aufzufangen, ihnen beizustehen, besprochen. Das ist auch der Grund, Kollegin Holzapfel, warum wir gern diesen Antrag heute gleich verabschieden würden.
Wir sind dabei und sagen: Lassen Sie uns das Thema auch noch mal in einer Selbstbefassung im Gleichstellungsausschuss aufrufen. Aber ich möchte schon ganz gern, dass heute von hier an der Stelle das deutliche Signal ausgeht, dass die Landesregierung aufgefordert wird, hier ihre Arbeit zu tun, das Modellprojekt auf den Weg zu bringen, denn jede Frau, jedes junge Mädchen, das vielleicht von so einer Tat in den nächsten Wochen oder Monaten betroffen sein sollte, wird zufrieden sein, wenn wir hier eine gute Möglichkeit der Spurensicherung auch gesetzlich normiert dann festgelegt haben. Lassen Sie uns hier also gemeinsam an einem Strang ziehen und nicht auseinanderdividieren. Ich bitte Sie, werte Kollegen der CDU, diesem Antrag heute zuzustimmen. Danke.
Dann würde ich Sie bitten, dass wir zuerst die Abgeordnete Pfefferlein zu Wort kommen lassen, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das Erleben von Gewaltstraftaten, insbesondere Sexualstraftaten, stellt im Leben der Betroffenen einen gravierenden Eingriff und ein traumatisierendes Ereignis dar. Eine wichtige Einrichtung für Menschen, denen sexualisierte Gewalt widerfahren ist, sind Kliniken oder sogenannte Gewaltschutzambulanzen, in denen eine anonyme Spurensicherung möglich ist. Die Inanspruchnahme eines solchen Hilfsangebots ist in Thüringen im Gegensatz zu anderen Bundesländern noch nicht möglich und es ist dringend notwendig und an der Zeit, für den Freistaat ein passendes Modell zu entwickeln. Die anonyme bzw. anzeigenunabhängige Spurensicherung ermöglicht Betroffenen eine rechtssichere ärztliche Dokumentation ihrer Verletzungen ohne die Notwendigkeit einer sofortigen Anzeigenerstattung. Derzeit führt jede Spurensicherung nach Sexualstraftaten automatisch zu einer von den Opfern zu stellenden Anzeige. Die Betroffenen haben mit der anonymen Spurensicherung die Möglichkeit, sich in Ruhe zu überlegen, ob sie eine Anzeige erstatten oder nicht. Die Spuren werden je nach Klinik bis zu 20 Jahre für einen möglichen Gerichtsprozess aufbewahrt. Das ist sowohl erhöhter Opferschutz als auch eine medizinische Versorgung für Menschen, die sich in einer extrem emotionalen Ausnahmesituation befinden und genau diesen niedrigschwelligen Zugang zur Beweissicherung benötigen.