(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Des- wegen hat die CDU da die meisten Schulen geschlossen! Das verdanken wir der CDU!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht Nebelkerzen, Dekooperationsmodelle sollten wir diskutieren, sondern die Frage, wie wir Lehrer für unsere ländlichen Regionen motivieren. Auch hier hilft ein Blick über den Tellerrand hinaus. Auch hier hilft ein Blick nach Sachsen. Sachsen zahlt seit Ende 2015 Lehramtsstudenten eine Zulage in Höhe von 300 Euro monatlich und ab kommendem Januar 2019 sollen Referendare in Sachsen zusätzlich zu ihrem Gehalt 1.000 Euro erhalten. Damit erhalten Referendare weit über 2.000 Euro, wenn sie in ländliche Regionen gehen.
Die CDU möchte keine Schulschließungsprogramme à la Rot-Rot-Grün, wir möchten Anreizmodelle für unsere Lehrer und zukünftigen Lehrer, mehr Ausbildung von Referendaren und klare Zukunftsperspektiven für unsere Schulen im ländlichen Raum. Herr Minister, unterlassen Sie Ihr Schulschließungsprogramm und steigern Sie endlich die Attraktivität des Lehrerberufs deutlich.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne und am Livestream, wir haben jetzt wieder mal die Tischner-Show erlebt, die da heißt
„Thüringen wurde 2014 gegründet“. Seit 2014 gibt es in Thüringen Schulen und seit 2014 agieren diese Schulen.
Wie ist es tatsächlich, meine sehr geehrten Damen und Herren? Tatsächlich wissen wir seit über 20 Jahren, dass die Thüringer Schulen sich verändern müssen. Es gibt einen demografischen Faktor. 1999 gab es die sogenannte Zedler-Studie. In dieser Studie im Auftrag des Thüringer Kultusministeriums wurde genau beschrieben, wie sich die Klassen- und Schulgrößen der Regelschulen und Gymnasien ändern müssen – umgesetzt wurde genau null. Es wurde den Lehrkräften seitens der CDU abverlangt, dass sie mit ihren Beschäftigungsumfängen runtergehen müssen. Das ist Verantwortung à la CDU. Und es gehört sich nicht, sich hier hinzustellen und zu sagen, seit 2014 gibt es diese Probleme.
Tatsächlich ist es so – nehmen wir es mal ganz konkret am Fall Ponitz –, dass wir uns jetzt der Verantwortung stellen, was alle anderen Landesregierungen vorher nicht gemacht haben,
und tatsächlich die Frage aufwerfen, welche Schritte gegangen werden müssen, um gute Schule im ländlichen Raum zu erhalten und Unterrichtsabsicherung auch wirklich sicherzustellen. Dazu gab es eine Kommission unter Vorsitz des damaligen Interimsbildungsministers Prof. Hoff mit einem entsprechenden Maßnahmenplan. Der wurde vom jetzigen Bildungsminister, Herrn Holter, aufgenommen und ganz konkret auch noch mal mit entsprechenden Foren untersetzt: Was muss gemacht werden, um die kleine Schule im ländlichen Raum zu erhalten? Denn wir wollen,
dass die kleine Schule im ländlichen Raum erhalten wird. Wir wollen, dass kurze Beine auch kurze Wege haben. Genau das, was in Ponitz vor der Schule steht. Genau darum geht es. Wir haben in Ponitz 45 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 1 bis 4. Bisher standen diesen 45 Schülerinnen und Schülern drei Lehrkräfte zur Verfügung. Jetzt hat eine Lehrkraft gekündigt. Das Schulamt stellt fest, es hat erhebliche Probleme, die vielen Stellen, die wir zur Verfügung stellen, tatsächlich im ländlichen Raum zu besetzen. Dementsprechend sagt das Schulamt verantwortlich, wir müssen hier Maßnahmen ergreifen. Das war nicht abgesprochen und –
auch Minister Holter hat es sofort gesagt – in der Kommunikation nicht unbedingt ideal. Aber natürlich muss das Schulamt handeln. Und es hat gehandelt und hat einen Vorschlag gemacht. Dieser Vorschlag wird just im Moment derzeit seitens des Ministeriums vor Ort mit den Akteurinnen und Akteuren diskutiert, und zwar mit der Maßgabe, wie der Standort Ponitz erhalten werden kann. Rund um Ponitz gibt es noch vier andere Grundschulen, die alle die Größe erfüllen. Alle waren bereit zur Kooperation. Wissen Sie, wer nicht zur Kooperation bereit war? Das war die Schulleiterin der Grundschule Ponitz, die jetzt gekündigt hat.
Vielen Dank, Herr Präsident! Vor Ort entscheidet sich eben – und darin liegt die Wahrheit –, ob gute Schule möglich ist und dazu braucht es eben auch Verantwortungsübernahme und keine Zuspitzung und Polarisierung und schon gar nicht das, was hier intendiert ist. „Ist Ponitz bald überall?“ – eine Mail mit genau derselben Überschrift ging drei Stunden, nachdem das über MDR lief, nachdem das über den Ticker lief, von irgendjemandem gestreut durch alle Thüringer Schulen. Meinen Sie, das bekommen wir nicht mit? Das ist Zuspitzung, das hat nichts mit guter Bildungspolitik und mit Verantwortungsübernahme zu tun.
Ich bedanke mich bei allen Schulträgern, bei allen Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort, die sich Gedanken machen, die sich in diesen Veränderungsprozess einbringen.
Wir brauchen ihn dringend, um gute Bildung abzusichern, damit wir – und das ist das Wesensmerkmal – gute Schule vor Ort für die Kinder erhalten. Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste! Die Frage „Ist Ponitz bald überall?“ ist völlig falsch. Die Antwort lautet: Ponitz ist heute schon überall. Wir haben im ganzen Land Schulen, kleine und kleinste Schulen, bei denen es sehr schwer ist, die personelle Decke aufrechtzuerhalten, bei der bereits der Ausfall eines Lehrers jedes Mal an den Rand des Abgrunds führt. Ich erläutere das mal für Ponitz. 45 Schüler, zwei Lehrer, eine kündigt, es liegt auf der Hand, dass es hier ein Problem gibt. Hier muss man handeln, aber eben nicht so wie das Schulamt, das – als hätte es noch nie etwas von ministerialer Willensbekundung gehört, als gäbe es die Verhandlungen, als gäbe es die Festlegungen nicht – da hingeht und die Schule schließt. Das erwarte ich von einem Schulamt nicht, wenn wir darüber reden, dass alle Schulen erhalten bleiben sollen. Ich erwarte allerdings auch nicht von Ministerialbeamten, dass sie in dieser Phase weiterhin Gedanken und Planspiele zum Schließen von Schulstandorten durchführen und die dann auch noch öffentlich kommunizieren, auch das ist nicht hilfreich. Ich erwarte von den Ministerialbeamten eine Loyalität gegenüber dem, was wir hier festgelegt haben. Da stelle ich nochmal fest: Für die Sozialdemokratie ist der Erhalt der kleinen Schulen eine Conditio sine qua non für dieses Gesetz. Wir wollen, dass jede kleine Schule erhalten wird. Wir haben die Zusage von Minister Holter, der für mich eine sehr hohe persönliche Glaubwürdigkeit hat. Und ich weiß, er wird es auch durchsetzen, davon gehe ich jetzt mal fest aus. Wir wollen aber nicht nur einfach sagen: Das bleibt alles, wie es ist. Wir haben mit den Kooperationsmodellen im Schulgesetz Wege aufgezeigt. Hier denken welche, das sind Wege in die Irre. Ich glaube das nicht. Ich glaube, mit diesen Kooperationsmodellen ist das vorgelegte Schulgesetz kein Schulschließungsgesetz, sondern ein Gesetz zum Erhalt der kleinen Schulen.
Ich möchte das mal aus dem sozialdemokratischen Kernland Eichsfeld beleuchten. Dort hat nämlich der Landrat zwar einen bitterbösen Brief geschrieben, aber dann hat er eine Karte dazugelegt. Das Eichsfeld hat die höchste Zahl an zu kleinen Schulen in ganz Thüringen. Die kommen mit vier Kooperationen im Grundschulbereich und fünf Kooperationen im Regelschulbereich aus und müssen nicht eine einzige Schule schließen. Das heißt, das Eichsfeld hat das vollzogen, was wir jetzt von den anderen Landkreisen erwarten und ich weiß, das Eichsfeld ist ein bisschen cleverer im Schulbereich als andere Landkreise – das kann ich einschätzen, ich habe dort 12 Jahre Schule genossen –, aber die anderen können es auch. Für Ponitz heißt das ganz klar: Es gab überhaupt keinen Grund, die Schule zu schließen, denn das Kooperationsmodell war schon
beschlossen. Und es ist völlig widersinnig, die Schule dann trotzdem zu schließen. Ponitz ist überall, die Schule wird nicht geschlossen, sie wird eine Kooperation eingehen und darauf verlasse ich mich und ich gehe davon aus, dass das auch für jede andere kleine Schule in Thüringen so vollzogen wird. Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Damen und Herren Abgeordnete, verehrte Gäste! Am letzten Freitag, dem 15.06.2018, berichteten lokale Medien, dass das Schulamt Ostthüringen die Schließung der Musikalischen Grundschule „Geschwister Scholl“ in Ponitz zum Ende des laufenden Schuljahres angeordnet habe – wie bekannt. Es sei vorgesehen, dass die dort derzeit vorhandenen Schüler zum kommenden Schuljahr in die Grundschulen Schmölln bzw. Gößnitz überführt werden. Die hiervon direkt betroffenen Eltern, Schüler und Lehrer seien zuvor über diese Maßnahme ebenso wenig in Kenntnis gesetzt worden wie der Schulträger in Form des Landkreises.
Begründet wird die verfügte Schulschließung mit der angespannten Personalsituation. So stehe zum Beispiel die derzeitige Schulleiterin zum nächsten Schuljahr nicht mehr zur Verfügung. Das Wochenende verging und pünktlich zu Beginn dieser Woche war in der „Südthüringer Zeitung“ Bad Salzungen zu lesen, dass im Thüringer Bildungsministerium darüber nachgedacht werde, die im Thüringenplan ausgewiesenen Mindestschülerzahlen pro Klasse – Zitat – „etwas geringer“ ausfallen zu lassen sowie bisherige Bedingungen an die Zügigkeit der Schule gänzlich fallen zu lassen.
Der Thüringenplan sieht für Grundschulen eine Mindestklassenstärke von 20 Schülern vor. Der Ministeriumsvertreter gab im selben Artikel zur Begründung der geplanten Änderung an – Zitat –: „Wir wollen auf Schwankungen reagieren und auf pädagogische Freiheiten Rücksicht nehmen.“ Weiterhin führte er aus – Zitat –: „Nicht jede Schule kann erhalten bleiben, sonst können wir uns die Nummer sparen.“ Vor wenigen Wochen hörte sich das noch ganz anders an. Bildungsminister Holter versicherte nämlich, dass es keinerlei Schulschließungen in Thüringen geben werde. Was lässt sich daran ablesen? Zwei Vertreter desselben Ministeriums tätigen innerhalb weniger Wochen einander widersprechende Aussagen. Das deutet darauf hin, dass es dem Bildungsminister nicht einmal zu gelingen
scheint, eine konsistente Außenwirkung zu erzeugen, von einer kohärenten inneren Struktur einmal ganz abgesehen.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wissen Sie eigentlich, was Sie sagen, oder benutzen Sie nur so Fremd- wörter?)
Anstatt den ländlichen Raum stärken zu helfen durch den Erhalt seiner schulischen Infrastruktur, werden Schüler, Eltern, Lehrer und Schulträger verunsichert durch unausgegorene Planungen des Bildungsministeriums, die durch mangelhafte Kooperation mit den Schulämtern unter Nichtberücksichtigung der hiervon betroffenen Menschen vor Ort die in Ponitz zurzeit zu besichtigende verfahrene Situation herbeigeführt haben. Mit anderen Worten: Der Staatssozialismus in der Bildungspolitik lebt sowohl personell als auch hinsichtlich der Qualität seiner Planungsentwürfe und der Art und Weise ihrer Umsetzung weiter.
Lassen Sie mich abschließend direkt an die betroffenen Bürger wenden: Verehrte Ponitzer, lassen Sie sich diese willkürlich anmutenden Maßnahmen des Schulamts bzw. des Bildungsministeriums nicht länger bieten! Kämpfen Sie für den Erhalt Ihrer musikalischen Grundschule und damit für die Zukunft Ihrer Kinder!