Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Was folgt daraus?“ ist eine sehr gute Frage. Wenn ich mir anschaue, was der Bund alleine bei der letzten EEG-Novelle alles nicht gemacht hat und die Länder heilen mussten, dann sehen Sie, dass es richtig und wichtig ist, dass die Länder gerade beim Thema „Klimaschutz und Energiewende“ die Vorreiterrolle spielen. Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen: Gerade bei der letzten EEG-Novelle war es notwendig, dass das Land Thüringen, nämlich das Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium gemeinsam, beim Thema „Bioenergie“ vorangetreten ist und gesagt hat, diese Förderung muss erhalten bleiben und nicht auslaufen, so wie der Bund das wollte.
Oder wenn Sie uns vorwerfen, wir würden die Akzeptanz der Energiewende gefährden: Herr Gruhner, wer hat denn länderübergreifend den Schulterschluss mit anderen Ländern beim Stichwort „Wälzung der Netzentgelte“ gesucht, war erfolgreich und
sorgt dafür, dass die Netzentgelte gewälzt werden und damit die Preise auch stabil bleiben und wir nicht mehr zahlen müssen als beispielsweise Baden-Württemberg und Bayern? Also das sind schon steile Thesen. Wenn Sie wirklich vorhaben, Gutes zu tun, dann kümmern Sie sich darum, dass der Bund jetzt bei der wichtigen Technologie Kraft-Wärme-Kopplung nicht die Regeln während des Spiels ändert und dafür sorgt, dass unsere regionalen Energieversorger Einbußen in Millionenhöhe einfahren – das ist Ihre Aufgabe, anstatt schlechtzureden, was wir hier in Thüringen tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt viele Handlungsfelder – einige wurden heute schon genannt –, denen wir uns widmen. Die Wärmewende im Gebäudebereich gehört ebenso dazu wie der Ausbau der Erneuerbaren, ja, auch die Mobilitätsund Verkehrswende und natürlich auch integrierte Konzepte mit Sektorkopplung. Weil wir die dezentrale Versorgung innerhalb des Umstellens auf eine moderne Energieversorgung vorantreiben wollen, hat das Land Thüringen an dieser Stelle einen Schwerpunkt gesetzt.
Und Sie haben es richtig erwähnt: Das Klimagesetz ist in der Debatte, das beschreibt das Ziel. Die Zielbeschreibung ist das, was gerade in Anhörungen diskutiert wird. Aber ergänzend zu diesem Klimagesetz sind wir auch im Austausch zur Klimastrategie. Wenn Sie so wollen, beschreibt diese Klimastrategie den Weg. Und was ich besonders steil finde, ist, dass uns vorgeworfen wird, wir würden zu wenig darüber reden, was wir im Klimabereich tun. Dann sage ich, gehen Sie in den Klimapavillon nach Weimar und schauen Sie mal, wie viele Hundert Veranstaltungen dort stattfinden zum Thema „Klimakrise und was jetzt zu tun ist“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass wir ganz richtig vorgehen, wenn wir uns in drei unterschiedlichen Stufen dem Thema „Modernisierung der Energiestruktur“ annähern. Phase eins läuft ja längst. Das ist der Ausbau der Erneuerbaren, das ist das Forcieren von mehr Energieeffizienz. Ich bin froh, dass die EU gestern die Energieeffizienzziele übrigens auch auf bundesdeutschen Druck – an dieser Stelle auch Lob in Richtung des Bundeswirtschaftsministeriums – von 27 auf 32 Prozent erhöht hat. Parlament und Rat müssen jetzt noch zustimmen. Aber das ist das richtige Signal einer europäischen Ebene an dieser Stelle, um die Energieeffizienz zu stärken. Auch wir sind da stark dabei.
Und wenn wir sagen, der Ausbau der Erneuerbaren ist uns wichtig, dann nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass wir beispielsweise mit dem Solarrechner, beispielsweise mit dem Programm „Solar Invest“, was in Thüringen wirklich fliegt, alles Erdenkliche tun, um sozusagen den Instrumentenkasten für Bürgerinnen und Bürger zu erweitern, die die Ener
giewende selber wollen, weil die Sonne nun mal keine Rechnung stellt, und für die Unternehmen, die sagen, auch für uns lohnt sich das.
In Phase zwei sind wir mittendrin – das ist die Frage, Erneuerbare in Mobilität einzuspeisen. Schauen Sie mal, was unsere regionalen Energieversorger da mit uns auf die Beine gestellt haben: Ladeinfrastruktur für Thüringen ausgebaut, gemeinsam auf ein Bezahlsystem geeinigt, ein System, weiter als 30 Kilometer muss man nicht fahren, um zur nächsten öffentlich zugänglichen Ladesäule zu kommen, und das getragen durch die Thüringer Energieversorger und die TEAG. Genau so soll der Weg sein.
Und dann kommt nämlich Phase drei, wie wir es schaffen, auch synthetische Energieträger, also Power-to-Heat, Power-to-X, alles was dazugehört, mit einzubeziehen. So geht das Ganze geordnet vonstatten. Das ist ein Konzept. Wir haben im Übrigen eines – andere sagen ja immer nur, was alles nicht geht, aber liefern nicht. Wenn ich mir anschaue, Herr Gruhner, dass diese Landesregierung von 2014 bis zum Ende der Legislatur 100 Millionen Euro in Klimaschutz vor Ort in den Kommunen investiert haben wird, dann sind das Punkte, die sich langfristig rentieren werden, und zwar jeder einzelne Euro.
Ich will Ihnen Beispiele nennen: 14 Millionen Euro für „Green Invest“, das ist das Energieeffizienzprogramm für Unternehmen. Unternehmen, die entweder in Wärmetauscher oder LED-Beleuchtung investieren und damit Geld sparen und Gutes für das Klima tun, das ist „Green Invest“. „Solar Invest“ habe ich schon erwähnt: Man speist nicht ins Netz ein, Energiewende selber machen, Fotovoltaik oder Solarthermie aufs Dach und ein Stück weit autark werden. „Klima Invest“ – unser Programm für die Kommunen, Energiewende selber machen auch da. Das ist ein ordentlicher Instrumentenkasten für ökologische Modernisierung, anstatt immer nur zu sagen, was alles nicht geht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das Szenario 2040 – 100 Prozent Erneuerbare in Thüringen, industrielle Abwärme fließt in Heizung, der Verkehr ist elektrisch, wir haben saubere Energie im Nah- und im Fernwärmenetz, wir haben vernünftige Power-to-Heat-Strukturen und vor allem importieren wir nicht die Hälfte unseres Stroms fossil und geben damit nicht nur regionale Wertschöpfung von 2 Milliarden Euro außerhalb des Landes, sondern sind auch CO2-neutral – ist möglich, wenn man es will. Wir wollen das, wir arbeiten daran. Ich denke, dass die Koalitionsfraktionen genau diesen Kurs auch mittragen. Die Landesregierung hat sich gemeinsam übrigens mit vielen Regionen an dem Kommuniqué „Under2 MOU“ beteiligt. Wir als Regionen sind gemeinsam daran interessiert, den Klimaschutz ernst zu nehmen und aus den Regionen
voranzutreiben. Committed – das ist der Weg, die Regionen gehen voran und der Rest muss dann schauen, dass er nachzieht. Jedenfalls reden wir nicht nur über Ziele, wir setzen sie auch um, weil wir davon überzeugt sind, dass es eine doppelte Win-win-Strategie für das Klima und am Ende auch für unsere Wertschöpfung hier vor Ort in Thüringen ist. Vielen Dank.
Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich den dritten Teil und rufe nunmehr den vierten Teil auf
d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Windeln, Babynahrung und Strampler: Mehrwertsteuer für Kinderprodukte senken, Familien mit Kindern in Thüringen entlasten“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5859
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Zuschauerinnen auf der Besuchertribüne und am Livestream! Als arm gilt in Europa jeder Mensch, der weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens seines Landes zur Verfügung hat. Für eine Familie in Deutschland mit zwei Kindern unter 14 Jahren wären das weniger als 1.926,00 Euro netto im Monat. Dies betrifft bis zu 19 Prozent aller Kinder, in Ostdeutschland ist sogar jedes vierte Kind von Armut bedroht. Allein in Thüringen leben fast 50.000 Kinder und Jugendliche in sogenannten Bedarfsgemeinschaften. Wenn auch Armut in Deutschland oft nicht als absolutes Elend daherkommt, so äußert sie sich doch als soziale Ungleichheit und Ausgrenzung. Armen Kindern fehlt es neben dem Markenschuh und der Wertschätzung meistens auch an Selbstbewusstsein. Sie erleben oft mehr Streit zu Hause, neigen öfter zu Risikoverhalten, müssen häufiger Klassen wiederholen. Die Tür zur Zukunft fällt da nicht ins Schloss, sie geht gar nicht erst auf.
Ihre Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und soziale Beziehungen sind ebenso stark eingeschränkt, da sie von vielen Bereichen des Lebens, wie Kinobesuchen oder Musikunterricht, von vorn
herein ausgeschlossen sind. Prof. Dr. Christoph Butterwegge spricht hier von einer strukturellen Gewalt, die Kinder und Jugendliche noch härter trifft als Erwachsene. Auf Kinderarmut gibt es aber verschiedene Antworten und nicht nur eine, sondern eine Bündelung verschiedener Maßnahmen, welche möglich und auch nötig sind.
Die grundlegendste Antwort auf Kinderarmut kann nur der Ausbau des Sozialstaats an sich sein. Hier benötigen wir einen Paradigmenwechsel vom schlanken, ja geradezu ausgedörrten wieder hin zu einem interventionsfähigen, breit aufgestellten Sozialstaat.
Weiterhin brauchen wir eine neue zeitgemäße Beschäftigungspolitik, denn um Kinderarmut zu vermeiden, müssen existenzsichernde Arbeitsplätze für die Eltern geschaffen werden. Wir müssen anfangen, darüber zu reden, wie wir in Deutschland Arbeit, Einkommen und Vermögen so umverteilen können, dass es für alle zum Leben reicht.
Wir brauchen eine gebührenfreie Bildung vom Kindergarten bis hin zur Uni, um allen Kindern die gleichen Chancen auf Bildung überhaupt erst zu ermöglichen. Wir brauchen auch eine eigenständige Kindergrundsicherung, denn aktuell werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern höchst ungleich finanziell gefördert. Die Kinder von Gut- und Spitzenverdienerinnen profitieren mit steigenden Einkommen von den steuerlichen Kinderfreibeträgen. Diese gegenwärtige Ungleichbehandlung von Kindern ist höchst ungerecht. Unserer Gesellschaft sollte jedes Kind gleich viel wert sein. Der Staat muss jedem Kind die gleichen Chancen gewähren. Das Existenzminimum muss für alle Kinder als garantiertes Kinderrecht gelten, nicht nur für diejenigen Kinder, deren Eltern Steuern zahlen.
Die Linke steht daher an der Seite des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG und fordert eine eigenständige Kindergrundsicherung für alle Kinder. Außerdem – und jetzt komme ich zum eigentlichen Thema der Aktuellen Stunde – wenden Familien einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres Einkommens für die Versorgung und die Erziehung ihrer Kinder auf. Es ist daher dringend notwendig, Eltern finanziell zu entlasten und zu unterstützen.
Wie kann es sein, dass ganze Branchen vom reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent profitieren, Familien aber nicht? Hundefutter, Fahrten mit dem Sessellift, Hotelübernachtungen, Blumen, Pralinen, Gemäldeskulpturen, Münzen, Medaillen und sogar das Popcorn im Kino, auf all das bezahle ich
7 Prozent Mehrwertsteuer, wohingegen Kinderautositze, private Kinderbetreuung, Kinderbekleidung, ja sogar Schulessen mit 19 Prozent besteuert werden. Hier wären sofort familienfreundliche Änderungen möglich. Andere Länder machen das ja auch, und zwar schon seit vielen Jahren. Bereits 2011 wurden in Luxemburg Kinderbekleidung und Kinderschuhe mit nur noch 3 Prozent besteuert. In Großbritannien und in Irland muss auf diese Produkte gar keine Mehrwertsteuer mehr gezahlt werden.
Daher werden wir uns als Linke weiterhin an der Seite des Bündnisses „7 Prozent für Kinder“, welches die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen im Übrigen bereits vor sieben Jahren gegründet hat, für eine reduzierte Mehrwertsteuer auf Produkte und Dienstleistungen für Kinder starkmachen, damit hierzulande endlich auch die Bedürfnisse von Kindern und Familien bei der Mehrwertsteuerreglung berücksichtigt werden.
Außerdem wird sich Die Linke weiterhin einsetzen für eine starke öffentliche Infrastruktur, die allen Kindern Förderung und Teilhabe ermöglicht, eine gebührenfreie Bildung, die soziale Unterschiede ausgleicht und gleiche Chancen eröffnet, eine familienfreundliche Arbeitswelt und gute Arbeitsbedingungen, die allen gesellschaftliche Teilhabe und finanzielle Sicherheit gibt, den Ausbau des Sozialstaats, der die von Armut Betroffenen nachhaltig unterstützt und den Namen Sozialstaat auch verdient. Und wir werden uns für eine eigenständige Kindergrundsicherung einsetzen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, am 1. Januar 2018 wurde die Mehrwertsteuer in ihrer heutigen Form 50 Jahre alt – offenbar auch ein Jubiläum, das die Linke hier an dieser Stelle zum Anlass nimmt und thematisiert.
Bei ihrer Einführung in der Bundesrepublik Deutschland zum 1. Januar 1968 gab es zahlreiche Proteste. Unternehmen nutzten die damaligen Preiserhöhungen, besonders dreiste Händler schlugen einfach den zur Einführung geltenden Satz von damals noch 10 Prozent auf ihre Waren auf. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hat der Thüringer Landtag in seinen Debatten auf eine unter
schiedliche Besteuerung der Produkte in Deutschland aufmerksam gemacht. Wir hatten damals auch verschiedene Beispiele gebracht; meine Vorrednerin hat das auch an dieser Stelle. Das Beispiel zur Einführung der Mehrwertsteuer zeigt eben auch, es kann keiner 50 Jahre später garantieren, dass der Einzelhandel eine mögliche Steuersenkung an seine Kunden weitergibt. Oder soll es einen Einheitspreis für Windeln, Babynahrung und Strampler geben? Will die Linke wieder den Einzelhandelsverkaufspreis, den kennen wir alle noch, abgekürzt EVP, einführen? Der war in der DDR für staatlich vorgeschriebene Festpreise zuständig. Allerdings fallen dann auch mögliche Einzelhandelsrabatte für die Familien weg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, das ist nur ein Teil der Fragen, die aufgeworfen werden. Was sicher niemand will, ist eine weitere Verkomplizierung der Steuersätze. Das macht das ganze System eher noch schwieriger. Sie haben eben auch den Streitpunkt am Beispiel von Frau Engel gesehen. Gerade auch Kinder nutzen das Popcornangebot im Kino. So kann man verschiedene weitere Beispiele nehmen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass ein gut gemeintes Angebot zur Nullnummer wird. Die Entlastung von Familien muss nach unserer Ansicht in einem größeren Rahmen gesehen werden. Familienförderung ist bei Weitem mehr als eben nur dieses Thema „Mehrwertsteuer“. Familien müssen im Mittelpunkt unserer Gesellschaft stehen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss weiter verbessert und Kinderarmut wirksam bekämpft werden.
Die Bundesregierung wird Familien durch verschiedene Maßnahmen unterstützen. Ich nenne an dieser Stelle das Beispiel der Erhöhung des Kindergelds und die Anpassung des Kinderfreibetrags. Einkommensschwache Eltern sollen entlastet und der Kinderzuschlag erhöht werden. Davon profitieren insbesondere Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Länder und Kommunen werden unterstützt, damit sie Kindergärten weiter ausbauen, die Qualität verbessern und die Eltern bei den Kindergartengebühren entlasten können. Erwerbstätige Eltern, Alleinerziehende, ältere Menschen und pflegende Angehörige bekommen Zuschüsse, wenn sie haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Wichtig ist, dass die Große Koalition den Einstieg in den Ausstieg aus dem Solidaritätszuschlag beschlossen hat. Das ist für die SoliZahler eine echte Entlastung. Vorschläge der Linken, den Solidaritätszuschlag fortzuführen und in einen Integrationssoli für Flüchtlinge umzuwidmen, gehen dabei an der Realität vorbei. Damit werden Familien nicht entlastet.
Familien werden von der Bundesregierung zukünftig bei ihrem Traum von den eigenen vier Wänden unterstützt, dazu wird für viele Familien ein Baukindergeld eingeführt. Eltern bekommen danach für je
Gerade bei diesem Thema hat die linksgeführte Landesregierung zu verantworten, dass Familien bei dem Erwerb von Wohneigentum schwer belastet werden. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer durch Rot-Rot-Grün auf 6,5 Prozent in Thüringen ist ein falsches Zeichen an die Familien. Es gibt sogar Linke-Abgeordnete, die öffentlich für 19 Prozent Steuer bei Immobilienerwerb plädieren und hier den Mehrwertsteuersatz als Beispiel heranziehen. Das ist Ihre Familienpolitik.