Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

(Beifall CDU)

So gehen Sie mit Familien um, die sich die eigenen vier Wände und eine Altersvorsorge schaffen wollen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie langweilig und falsch!)

Die Linke ist unglaubwürdig, wenn sie vom Bund Steuersenkungen fordert und auf Landesebene selbst an der Steuerschraube dreht. Familienpolitik ist mehr als die Frage der Mehrwertsteuer. Dazu gehören Antworten auf die dringenden Fragen wie Kinderarmut, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, beste Betreuungsbedingungen in Kindergarten und Schule.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Gu- ter Hinweis an das Bundeskabinett!)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit!

Die CDU-Fraktion wird sich um diese Probleme kümmern und auch in Zukunft für die Thüringer Familien da sein.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja neu!)

Für die Fraktion der SPD hat der Abgeordnete Dr. Pidde jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zum vorliegenden Vorschlag der Linken gibt es vonseiten der SPD-Fraktion ein klares: „Ja, aber!“

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: So kennen wir die SPD!)

Das klare Ja, nämlich zur Unterstützung, zur stärkeren finanziellen Unterstützung von Familien mit Kindern. Diesem Teil Ihres Vorschlags begegne ich grundsätzlich mit Sympathie, weil es nötig ist. Wenn wir die einzelnen Lebensphasen anschauen, dann sehen wir, dass in der Phase, wenn Kinder im Haus sind, die finanzielle Lage am meisten angespannt ist. Das ist vorher nicht, wenn junge Leute noch allein leben, ohne Kinder, und das ist später nicht, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Sondern in dieser Phase, wenn die Kinder im Haus sind, ist die Lage am meisten angespannt und besondere Brisanz liegt vor, wenn ein Partner allein für die Erziehung verantwortlich ist.

Unsere Regierungskoalition hat viel für Familien getan. Ich will nur exemplarisch die Qualität der frühkindlichen Bildung, die Erhöhung der örtlichen Jugendförderung auf 15 Millionen Euro pro Jahr, die Einführung des beitragsfreien Kindergartenjahres usw. nennen.

Wenn wir aber mal über den Thüringer Tellerrand hinausschauen, dann sehen wir, dass die SPDFraktion auch schon Erhebliches geleistet hat. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hat sich deutlich bemerkbar gemacht.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Die Erhö- hung der Mehrwertsteuer!)

Wir haben das Baukindergeld jetzt durchgesetzt und im Finanzministerium unter der Leitung von Minister Scholz wird gerade am Familienentlastungsgesetz gearbeitet. Bei der SPD hat die Entlastung von Familien mit Kindern eine hohe Priorität.

(Beifall SPD)

Skeptisch sehen wir, dass die Mehrwertsteuer hierzu verwendet werden soll, denn wir sagen: Es wird nicht funktionieren. Zum einen bleibt die Frage, ob es mit europäischem Rahmenrecht vereinbar ist – das muss geklärt werden –, und dann ist vorhin schon einmal der Fakt aufgeworfen worden, dass wir nicht wissen, was unter dem Strich bei den Familien ankommt, wie viel der Handel für sich nimmt und welcher Steuervorteil tatsächlich nachher beim Käufer ankommt. Deshalb – auch unter den Finanzpolitikern – mache ich mich stark für diesen einheitlichen und wichtigen Grundsatz: Lieber eine direkte Unterstützung. Sie ist allemal besser und zielgenauer als irgendeine über steuerliche Umwege.

Meine Damen und Herren, das deutsche Mehrwertsteuersystem mit seinen unterschiedlichen Steuersätzen ist bereits jetzt sehr kompliziert. Es ist vorhin gesagt worden. Seit der Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes damals aus sozialen Gründen, damit auch ärmere Familien ihren Kindern die Lebensmittel kaufen konnten, in den 50 Jahren, die das nun schon zurückliegt, hat der Lobbyismus erfolgreich gearbeitet und es wurden zig weitere Sondertatbestände in das Mehrwertsteuergesetz aufge

(Abg. Kowalleck)

nommen. Das letzte oder das exemplarisch vielleicht beste Beispiel ist, dass die FDP die Mövenpick-Steuer durchgesetzt hat und erreicht hat, dass auf Hotelübernachtungen der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt.

Meine Damen und Herren, das Ermäßigungssystem wird von vielen Menschen als nicht mehr gerecht empfunden. Es sind Beispiele genannt worden, ich will nur noch hinzufügen: Majoran oder Basilikum haben 7 Prozent Mehrwertsteuer, auf Gewürzmischungen, sobald die miteinander in Verbindung geraten sind, müssen 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben werden. Pflanz- und Frühkartoffeln sind mit 7 Prozent Mehrwertsteuer belegt, alle anderen Kartoffeln mit 19 Prozent Mehrwertsteuer. Und zum Schluss will ich auch noch das Lieblingsbeispiel von unserem Referenten Stefan Schambach nennen, bei dem ich mich auch noch mal bedanken will,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da er uns ja jetzt verlässt, weil er als Bürgermeister von Ohrdruf gewählt worden ist. Er sagt immer: Wenn ich einen Esel kaufe, muss ich 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen, für ein Maultier oder einen Maulesel 7 Prozent Mehrwertsteuer. Deshalb sollten wir also hier nicht an die Mehrwertsteuer denken, sondern wir sollten sehen, dass die Mehrwertsteuer, wenn sie reformiert wird, wirklich auf die Waren des täglichen Bedarfs – auf Bücher, Zeitungen und ÖPNV – reduziert wird und dann haben wir auch neue finanzielle Spielräume, um noch mehr für Familien mit Kindern zu tun. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als AfD fordern seit geraumer Zeit eine Mehrwertsteuersenkung und dieses Anliegen wird nicht dadurch falsch, dass es nun auch ein linker Ministerpräsident fordert.

(Beifall AfD)

Allerdings müssen Sie, Herr Ministerpräsident, sich fragen lassen, was Sie denn eigentlich in den letzten fast vier Jahren dieser Legislatur gemacht haben. Von Entlastung für Familien ist nichts zu spüren und für eine Mehrwertsteuersenkung haben Sie sich bislang in den letzten vier Jahren erst recht nicht eingesetzt.

(Beifall AfD)

Aber jetzt, wo so langsam der Wahlkampf anläuft – in Bayern merkt man das ja schon, hier in Thüringen kann man von der Vorwahlkampfzeit sprechen –, da fällt Ihnen natürlich ein, was Sie als Linke mal wieder für soziale Wohltaten versprechen könnten. Ich gebe zu, Sie erinnern mich ein wenig an den glück- und erfolglosen Jenaer Noch-Oberbürgermeister Albrecht Schröter, der allen Ernstes mit kostenlosen Kindertickets Wahlkampf gemacht hat, wo doch jeder wusste, dass er diese Tickets schon seit mehr als zehn Jahren hätte einführen können, wenn er denn gewollt hätte.

(Beifall AfD)

Zehn Jahre lang Zeit hatten Sie noch nicht, aber genug Zeit hatten Sie und bislang haben Sie nichts unternommen – im Gegenteil. Und jetzt in der Vorwahlkampfzeit lassen Sie sich mit den Worten zitieren: „Dass für Hundefutter sieben Prozent Mehrwertsteuer gezahlt wird, aber auf Schulessen 19 Prozent, das will ich nicht verstehen!" Das wollen Sie nicht verstehen? Sie wollen also nicht verstehen, warum in Thüringen auf Schulessen 19 Prozent Mehrwertsteuer gezahlt wird? Das kann ich wiederum ganz gut verstehen, denn Sie als Ministerpräsident und die regierungstragenden Fraktionen sind selbst daran schuld.

(Beifall AfD)

Sie sind schuld daran, dass in Thüringen auf Schulessen eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent gezahlt wird und Sie sind daran schuld, dass die Landesregierung sich nicht für eine Senkung einsetzt. Ich möchte Ihnen das auch gerne erläutern, falls Ihr Gedächtnis da hakt. Bereits im August 2016 reichte die AfD-Fraktion einen Alternativantrag in dieses Plenum ein, in dem zu lesen war: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, […] sich für eine generelle Besteuerung der Schulverpflegung mit einem Steuersatz von sieben Prozent einzusetzen“.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Na sowas!)

Ein schöner Antrag, der genau das beinhaltete,

(Beifall AfD)

was Sie jetzt, fast zwei Jahre später hinausposaunen. Diese Forderung, die Sie sich jetzt – besser spät als nie – zu eigen machen, wurde vor ungefähr einem Jahr hier im Plenarsaal in namentlicher Abstimmung von allen Fraktionen außer der AfD-Fraktion abgelehnt. Wir haben es also schwarz auf weiß, Sie und Ihre Fraktion haben sich explizit gegen eine Mehrwertsteuersenkung auf 7 Prozent ausgesprochen. Sie haben gegen eine Mehrwertsteuersenkung gestimmt und damit einen wichtigen Schritt zur Entlastung von Familien blockiert.

(Beifall AfD)

(Abg. Dr. Pidde)

Wenn Sie jetzt also Ihre Haltung ändern, dann sagen Sie wenigstens „Danke AfD“ für die gute Vorarbeit und die Linke stellt sich hinten an. Ich sage aber auch, dass die alleinige Forderung nach einer Mehrwertsteuersenkung nur für kinderspezifische Produkte für uns nicht weit genug geht. Die Steuerbelastung als solche für Familien ist in Deutschland extrem hoch. In dem Fall kann man sich natürlich besonders bei der CDU bedanken. Allerdings, Herr Pidde, bei Ihren ganzen Ausführungen, was die SPD angeblich alles Tolles für Familien gemacht hat, habe ich ein bisschen die Ausführung vermisst, wer denn das letzte Mal die Mehrwertsteuer in Deutschland erhöht hat. Ich glaube, da war die SPD auch mit dabei.

(Beifall AfD)

Wie dem auch sei, der Fraktionsvorsitzende der CDU, Mike Mohring, lässt sich gern damit zitieren, dass man die Belastungen von Familien ganzheitlich betrachten müsse. Galant unter den Tisch fallen lässt er dann eben, wer bundesweit in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich für die familienfeindliche Steuerpolitik im Bund verantwortlich war. Ich sage es gern noch mal: Es war vor allem die CDU, teilweise assistiert von der SPD.

(Beifall AfD)

Wir als AfD fordern die Absenkung der allgemeinen Mehrwertsteuer um sieben Prozentpunkte, nachzulesen unter anderem in unserem Grundsatzprogramm. Das ist wichtig, weil Familien naturgemäß aus einem oder zwei Gehältern viel mehr einkaufen müssen, als Singles oder Paare, die eben keine Kinder haben. Das ist wichtig, weil die Mehrwertsteuer seit ihrer Einführung in den 60er-Jahren von 10 Prozent auf 19 Prozent angehoben wurde und eben auch nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts Familien besonders belastet.

(Beifall AfD)

Das heißt für uns als AfD, die Konsequenz daraus ist, ein schlanker, familienfreundlicher Staat belässt Familien über eine niedrige Mehrwertsteuer möglichst viel von ihrem Geld. Und das ist das Programm der AfD.

(Beifall AfD)