Bei der Opposition sagt man, die haben sowieso einen Änderungsantrag, egal, wie toll wir sind, die haben immer einen. Das hätte ich auch verstanden, da muss ich sagen, okay, das ist unser Geschäft, wir müssen in der Opposition auch ein Zeichen setzen. Aber dass die regierungstragenden Fraktionen zwölf Änderungen einbringen, zwölf von 22 Paragrafen im Gesetz,
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das nennt sich Demokratie. Das gibt es sogar hier!)
da muss ich wirklich ein dickes Fragezeichen setzen, welches Gesetz Sie meinen, was Sie so gut finden. Weil, das kann man nicht schreiben. Entweder das Gesetz ist gut oder Sie haben einen guten Änderungsantrag gemacht. Das hätte ich verstanden. Aber nicht das Gesetz!
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Herr Kellner, das ist Twitter! Das ist Ihnen schon klar?)
Zwölf Punkte haben Sie gefunden, die nicht stimmig sind. Wir haben ein paar mehr gefunden, aber gut. Deswegen sitzen wir heute auch hier, wollen darüber diskutieren.
Ich hoffe ja, dass Sie unseren Änderungsantrag gut gelesen und auch angeschaut haben. Vielleicht haben wir sogar eine Chance, dass unser Antrag von Ihnen mitgetragen wird. Das ist natürlich unser großer Wille und unser Ziel.
Was das Gesetz an sich anbelangt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben gesagt, 1992 ist das letzte Archivgesetz verabschiedet worden. Dann will man auch eine entsprechende Weiterentwicklung haben. Nur, wir haben festgestellt, dass das 92er-Gesetz inhaltlich Punkte hat, die wir bei dem neuen Gesetz vermissen, die aber dennoch nach wie vor wichtig sind. Die Beratungsstelle ist ein Punkt davon, der sich 1992 im Gesetz befunden hat. Die Stelle ist auch nach wie vor da, nur nicht besetzt. Aber die Stelle gibt es. Die Beratungsstelle, die hat man gestrichen. Wir haben in unserem Änderungsantrag darauf aufmerksam gemacht, dass wir die wieder haben wollen. Auch die Anzuhörenden haben deutlich gemacht, wie wichtig das ist. Gerade in puncto Umstellung, Digitalisierung
brauchen sie Hilfe, da kann man die Archive nicht alleinlassen. Deswegen haben sie auch wirklich intensiv darum gebeten, dass diese Beratungsstelle wieder aktiviert und eingeführt wird. Ich denke, das ist auch für jeden nachvollziehbar. Deswegen haben wir auch dieses noch einmal thematisiert.
Weiterhin wurde in der Anhörung nachgefragt, was die Abschaffung der Eigenständigkeit der sechs Staatsarchive Weimar, Altenburg, Greiz, Gotha, Meiningen und Rudolstadt anbelangt. Auch das wurde kurz thematisiert, weil man natürlich auch von den Archivaren, von den Experten wissen wollte, welche Auswirkungen das hat, welche Veränderungen es gegeben hat – so wie es ursprünglich gedacht war. Eine höhere Effizienz, Einsparungen, Qualitätssteigerungen wurden zugesagt bzw. in Aussicht gestellt. Auch das wurde in der Anhörung noch mal deutlich, dass das alles nicht eingetreten ist, sondern es wurde kritisch bemerkt, dass das, was hier im Vorfeld suggeriert wurde, sich in keinem Fall erfüllt hat, ganz im Gegenteil sogar, dass der regionale Bezug an der Stelle – ich sage einmal: Das Archiv vor Ort über Weimar zu steuern, birgt natürlich die Gefahr – und das ist auch die Unzufriedenheit der Archivare –, dass letztendlich die Wege länger werden und damit die Effizienz auf der Strecke bleibt. Das wurde in dem Zusammenhang auch noch einmal in der Anhörung deutlich und das hatten wir auch schon mehrfach gesagt, dass diese Zentralisierung nicht unbedingt einen Fortschritt bzw. eine Verbesserung der Archivlandschaft darstellt.
Wir haben unseren Änderungsantrag eingebracht mit 17 Änderungsvorschlägen. Ich denke, das zeigt auch, dass es erheblichen Handlungs- und Klärungsbedarf im Gesetz gibt. Aber die rot-rot-grünen Fraktionen haben das nach der Anhörung letztendlich auch erkannt. Da bin ich natürlich auch froh, dass die Anhörung letztendlich auch dort Früchte getragen hat.
Was wir wesentlich am Inhalt für Einzelkritikpunkte haben, das ist zum Beispiel in § 2 die pauschale Festlegung und Verpflichtung zur Archivierung der Staatsschutzdelikte. Auch das war ein Thema bei den Anzuhörenden, die das sehr kritisch betrachtet haben – der Kollege Höcke hatte das auch schon eingangs in seinem Antrag erwähnt. Die haben das sehr kritisch betrachtet, was die Menge anbelangt, was an Akten auf sie zukommt, bis hin dazu, dass unter Umständen Neubauten erforderlich sind. Und ich muss sagen, die Akten liegen als Erstes in den Behörden. Wenn ich die jetzt an das Archiv abgeben soll, dann muss erst einmal festgestellt werden, ob sie archivwürdig sind oder nicht. Das stellen die Archive fest, nicht die Behörde. Die Behörde kann nicht einfach abgeben und die Archive haben sie dann so zu nehmen, wie die Behörden das abgeben. An der Stelle passt das schon nicht. Da haben sich natürlich die Experten auch etwas übergangen
Also, das ist ein Punkt gewesen. Aber der wesentliche Punkt ist letztendlich die Depotkapazität, die mit Sicherheit mit dem, was derzeit vorhanden ist, nicht ausreichen wird. Das war ein wesentlicher Kritikpunkt.
Auch das Landesarchiv – und das ist auch bemerkenswert, muss ich sagen – hat allein 19 Kritikpunkte am Gesetz gefunden. Ich weiß nicht, wie man da von einem gutem Gesetz sprechen kann. 19 Kritikpunkte des Landesarchivs, davon wurden neun Punkte noch einmal herausgehoben und als extrem wichtig eingestuft, dass diese zu berücksichtigen sind. Ich denke, das spricht auch Bände, wenn das Landesarchiv selbst am Gesetz diese Klarstellung einfordert bzw. die Kritik feststellt.
Wir haben eine zweite Anhörung mit dem Gemeinde- und Städtebund und dem Landkreistag gemacht, was dadurch erforderlich war, dass wir diese Änderungsanträge haben. Wichtig ist an der Stelle nach wie vor – und das ist auch mit dem Gesetz nicht klar geregelt –, welche Kosten unter Umständen im Zusammenhang mit dem Gesetz auf die Kommunen zukommen. Ich erwarte, dass das dann im KFA entsprechend auch Berücksichtigung findet, wenn man es nicht explizit noch mal festlegt bzw. die Kosten ermittelt hat. Aber letztendlich müsste es dann zum Haushalt entsprechend auch berücksichtigt werden. Der Gemeinde- und Städtebund hat deutlich gemacht, dass man mit erheblichen Kosten rechnen wird. Digitalisierung, Umstellung etc. – alles das kommt auf die Kommunen zu, und wenn der KFA auskömmlich finanziert ist, dann, denke ich mir, ist es nicht das Problem. Aber es muss letztendlich auch gemacht werden und wir sind gespannt, inwieweit das letztendlich auch Eingang findet.
Weiterhin war auch ein Kritikpunkt, dass die Kreisarchive in ihrer Priorität nicht so berücksichtigt wurden, wie man sich das gewünscht hätte. Wir haben ja dazu eine entsprechende Klarstellung gemacht, dass bei der Reihenfolge von den abgebenden Behörden die Gemeinde mit klarer Priorität festgelegt wird, nämlich erst die Gemeinde-, dann die Kreisarchive und dann das Landesarchiv. Das war auch ein Thema bei den Anzuhörenden, dass es unter Umständen nicht mehr zu erkennen ist, wo das Archivgut zum Schluss landet, wenn es ins Belieben gesetzt wird. Wir haben gesagt, wir sollten eine klare Regelung haben, erst die Gemeinde-, dann die Kreisarchive und zum Schluss Landesarchiv oder wenn die Kreisarchive das nicht haben wollen, dass andere Archive das aufnehmen. Das ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Punkt für Klarheit und Transparenz, wo das Archivgut sich befindet, damit
hinterher die Nutzer auch die Möglichkeit haben, die entsprechenden Stellen anzulaufen. Das war in dem Gesetzentwurf nicht so klar geregelt. Auch im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ist es nicht so klar geregelt. Ich denke, wir haben hier eine klare Regelung gemacht, wo jeder Bürger weiß, wenn es im Gemeindearchiv nicht ist, geht es ins Kreisarchiv, wenn es im Kreisarchiv nicht ist, dann wissen wir, dann geht es zum nächsten Archiv, zum Landesarchiv. Die Klarstellung ist wichtig und die hat man auch mehrfach hier eingefordert. Es gab ja ein paar nette Beispiele der Archivare, die das dann dargestellt haben.
Was aus unserer Sicht ebenfalls wichtig war, ist der neue § 5, besondere Stellung der Hochschularchive. Auch das wurde von den Anzuhörenden eingefordert. Da sind wir uns mit den regierungstragenden Fraktionen einig, haben das auch aufgegriffen. Wir haben vorgeschlagen, die Hochschularchive in dem Extraparagraf 5 zu benennen. Die Kollegen von Rot-Rot-Grün haben es in § 4 a gemacht. Aber es findet sich im Gesetz, das ist erst einmal wichtig, dass diese Regelung und diese Klarstellung, dass es Hochschularchive gibt und die entsprechende Priorität haben, Eingang gefunden haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf, was die Organisation und Struktur des Landesarchivs anbelangt, hat, wie ich eingangs schon gesagt habe, schon die großen Probleme gebracht, dass letztendlich die Archive – ich sage mal – nicht mehr so frei agieren können, wie sie es im Vorfeld konnten. Sie waren flexibler, sie konnten auf Wünsche eingehen, die vor Ort gestellt wurden, und waren letztendlich immer schnell in der Lage, entsprechende...
Nein, haben sie nicht. Wenn es über Weimar geht, geht es eben nicht mehr so ohne Weiteres. Sie sind Abteilungen, sie sind nicht mehr eigenständig und deswegen sehen die Archivare ja auch das Problem.
Die Probleme haben sie auch. Sie waren doch in der Anhörung, Sie haben doch die Anhörung gehört, haben einen Archivar aus Gotha gehört, was er gesagt hat, wie er das sieht. Sie hätten nur zuhören brauchen, dann hätten Sie es gewusst.
Jetzt wünschen sie sich ja nicht, dass das alles zurückgedreht wird. Das wird wahrscheinlich auch nicht passieren, weil diese Trennung in diesem Gesetzentwurf noch mal fest zementiert wird bzw. diese Abteilung festgeschrieben wird. Aber sie wün
schen sich natürlich eine entsprechende Regelung. Auch so etwas muss mit berücksichtigt werden. Geschäftsordnungen zum Beispiel können sie sich geben, aber dass letztendlich in dem Gesetzentwurf auch darauf eingegangen wird, dass man die Möglichkeit einräumt, entsprechende Organisationsverordnungen nachzuschieben bzw. zu erarbeiten, in denen man ganz klar regelt, welche Aufgaben die Abteilungen haben, welche das Landesarchiv hat, bis hin zum Budget, dass sie unter Umständen Budget bekommen, worüber sie frei verfügen können, all das sollte man mit in Betracht ziehen, damit letztendlich auch vor Ort die entsprechende Leistung erbracht werden kann.
Für die Archivpflege – das hatte ich auch schon angesprochen – ist die Beratungsstelle für uns ganz wichtig, dass die wirklich vollumfänglich genutzt wird. Es stimmt eben nicht, dass die Stelle einfach weggefallen ist. Die gibt es nach wie vor, die wurde nur nicht besetzt. Die wurde nicht besetzt. Jetzt kann man sich darüber streiten, warum sie nicht besetzt wurde. Sicherlich hat man das anderweitig geregelt.
Die Beratung gab es, aber nicht in der Form, wie sie letztendlich aus unserer Sicht erforderlich ist, bedingt durch die neuen Herausforderungen, die alle Archive in den nächsten Jahren zu bewältigen haben. Deswegen war es aus unserer Sicht wichtig, dass eine entsprechende Beratungsstelle festgeschrieben wird. Ganz klar: Die Archive wissen, an wen sie sich zu wenden haben, haben einen festen Ansprechpartner, der sich nur um sie kümmert. Deswegen haben wir das in unseren Änderungsantrag eingebracht. Ich denke, das ist auch der richtige Weg, jedenfalls, was die Anzuhörenden – wenn ich das noch mal so in Erinnerung rufen darf – angeht, war das ein großes Anliegen von allen.
Wir hatten noch den § 16 – Benutzung von Archivgut –, Belegexemplarpflicht, da gibt es die Pflicht sowieso, eins abzugeben; das soll erweitert werden auf ein zweites Exemplar. Auch hier wurde sich kritisch dazu geäußert, dass das zweite Exemplar nicht nur Kosten verursacht für den Autor, der das gemacht hat, sondern auch keine Verpflichtung besteht. Auch verfassungsrechtlich hat man Bedenken angemeldet hier in der Anhörung. Auch das sollte aus unserer Sicht bei der ursprünglichen Fassung bleiben: ein Exemplar sollte. Wer natürlich mehr abgeben will – Autoren haben natürlich auch den Wunsch, dass sie bekannt werden –, dann geben sie von sich aus mehrere Exemplare ab. Aber das festzuschreiben auf zwei ist aus unserer Sicht nicht erforderlich und das haben auch die Anzuhörenden deutlich gemacht, dass sie das ähnlich oder genauso sehen.
§ 17 – Schutzfristen –: Mit der Beibehaltung der Schutzfrist von 30 Jahren für Sachakten wird der Zugang zu den Archivalien für die Benutzer nicht
erleichtert durch das neue Gesetz. Mit der Streichung dieser Bestimmung im Gesetzentwurf durch unseren Änderungsantrag setzen wir uns für nutzerfreundliche Bestimmungen für die Archivbenutzung ein.
Wir haben das Transparenzgesetz, das ist ja geplant, wo letztendlich der Zugang für alle ermöglicht wird. Wir halten das für nicht erforderlich, dass diese 30-Jahre-Schutzfristen eingerichtet werden. Denn wenn in dem geplanten Transparenzgesetz eine Bereitstellung aller Informationen der Behörden an die Landesverwaltung gefordert wird, ist die Aufrechterhaltung einer generellen 30-jährigen Schutzfrist aus unserer Sicht nicht mehr vertretbar, weil letztendlich die Behörden verpflichtet werden, dies alles vorzuhalten und auch letztendlich zugänglich zu machen.
Ich habe jetzt die wesentlichen Punkte herausgegriffen und bitte Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, damit die Archive auch gute Grundlagen haben, zukünftig ihre Arbeit zu leisten und natürlich für den Nutzer so attraktiv wie möglich die Archive zu gestalten. Vielen Dank.
Sie hatten in Ihrem Redebeitrag eben ausgeführt, dass es verfassungsrechtliche Bedenken in der Anhörung gegeben habe. Könnten Sie die bitte noch mal darlegen und von wem die geäußert wurden?
Ich kann jetzt nicht sagen, von wem die genau kamen. Aber ich habe sie vernommen in der Anhörung. Ich müsste noch nachgucken, was im Protokoll steht, da kriegen wir das raus. Auf jeden Fall ist es drin.
(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Es wäre besser, wenn man es belegen kann! Nicht immer erst die Knute rausholen!)
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste – es sind nur zwei, aber trotzdem! Lieber Jörg Kellner, das vorausgeschickt, Kollegin Henfling hat mit Sicherheit antizipiert, dass die heutige Debatte stattfindet und wir heute Abend ein sehr gutes Gesetz verabschiedet haben werden. Das ist, glaube ich, der Hintergrund Ihrer Rede oder Ihrer Äußerung von gestern. Ich glaube, das ist auch normal so.
Wir sind lange genug dabei, um zu wissen, dass auch in der letzten Legislatur regelmäßig sehr viele Änderungsanträge zu eigenen Gesetzen eingebracht worden sind, da müssen wir jetzt nicht diskutieren. Das wissen wir beide. Wir wollen das mal nicht ausblenden.
Wir haben, das ist mehrfach festgestellt, hier ein vorliegendes Gesetz und dieses Gesetz novelliert ein Gesetz, das seit 1992 weitestgehend unverändert bestanden hat. Und in den 25 Jahren hat sich natürlich einiges an Änderungsbedarf angesammelt. Ich will hier nur ein paar Schwerpunkte nennen: Das ist erstmals die Festlegung des Umgangs mit digitalem Archivgut. Das war 1992 überhaupt noch kein Thema. Da gab es das – wenn überhaupt – nicht in Größenordnungen. Es ist erstmals eine archivfachliche Regelung eingezogen worden für die Archive in kommunaler Trägerschaft. Hier gibt es nun Mindeststandards in Personalund Sachausstattung. Das wird – davon bin ich fest überzeugt – zu einer Professionalisierung in diesen Archiven führen.