Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Welcher Entwurf?)

zum letzten Neugliederungsgesetz ausdrücklich darauf verweisen, dass es Zwangsfusionen geben wird. Vorliegend handelt es sich jedoch gerade nicht um eine freiwillige Fusion. Es gibt überhaupt noch keine abgestimmte und unterzeichnete Vereinbarung. Mangels Freiwilligkeit gibt es natürlich auch keine Dringlichkeit für eine Beschlussfassung des Landtags zu so einem Thema.

Wie ist die Sachlage? Die Oberbürgermeisterin von Eisenach hat gestern im Stadtrat eine Beschlussvorlage eingebracht, die weder zustimmungs- noch mehrheitsfähig war. Im Ergebnis wurde mit großer Mehrheit ein Alternativantrag der Fraktionen der SPD und CDU beschlossen. Beschlossen wurde dabei auch eine Bestätigungsklausel und damit eine entscheidende Änderung gegenüber der Beschlussvorlage. Das heißt, der Stadtrat wird und kann dem Vertrag nur unter der

Bedingung zustimmen, dass die Beratungen in den Ausschüssen und mit den Einwohnern abgeschlossen sind. Der Verfahrensablauf weicht hier diametral von den Voraussetzungen für freiwillige Fusionen ab, wie wir sie in dieser Legislatur immer eingehalten haben. Die Voraussetzungen sind: öffentlich-rechtlichen Vertrag verhandeln und beschließen, Bestätigung durch Beschluss der beteiligten Kommunalparlamente, Vorlage beim zuständigen Kommunal- und Innenministerium zur Prüfung der Einhaltung der erforderlichen Parameter und dann Einleitung eines Gesetzgebungsvorhabens. Hiervon wird jetzt ohne Not und ohne Grund abgewichen. Es ist noch nicht einmal ein Vertrag von beiden Seiten unterzeichnet und schon soll mit einer Hau-Ruck-Aktion das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden. Hier wird sehenden Auges gegen die Landesverfassung verstoßen und natürlich auch gegen unmittelbar geltendes einfachgesetzliches Recht.

Bei der Einkreisung von Eisenach in den Wartburgkreis handelt es sich um eine sogenannte Bestandsänderung im Sinne von § 9 Abs. 1 der Kommunalordnung. Eisenach verliert seinen Status als kreisfreie Stadt. Nach § 9 Abs. 1 der Kommunalordnung können Gemeinden in ihrem Bestand aus Gründen des öffentlichen Wohls geändert, neugebildet oder aufgelöst werden. Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 bedarf eine solche Änderung eines Gesetzes und nach Satz 2 der Vorschrift der vorherigen Anhörung der beteiligten Gemeinden und Einwohner in den unmittelbar betroffenen Gebieten. Das ist übrigens Ausfluss von Artikel 92 Abs. 2 unserer Landesverfassung. Danach bedarf die Auflösung einer Gemeinde eines Gesetzes. Vor einer solchen Auflösung müssen die Bevölkerung und die Gebietskörperschaften der unmittelbar betroffenen Gebiete angehört werden. Dies ist bislang ganz offensichtlich nicht erfolgt. Hinzu kommt, dass aufgrund der fehlenden Vertragsunterzeichnung durch die Oberbürgermeisterin von Eisenach eine Anhörung von Beteiligten noch gar nicht möglich sein kann, da der Inhalt dieser Anhörung überhaupt nicht feststeht. Er steht allenfalls dem Grunde nach fest, aber nicht im Detail. Wenn schon gar keine Anhörung möglich ist, dann ist auch kein Gesetzgebungsverfahren für eine freiwillige Fusion möglich.

Es liegt zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt keine Freiwilligkeit vor und damit auch keine Fusion beruhend auf Freiwilligkeit. Es mangelt schlicht an zwei übereinstimmenden Willenserklärungen in diesem Vertrag. Zweitens fehlt es an einer Anhörung, die zwingend vor Erlass des Gesetzes durchzuführen ist. Eine solche Anhörung ist auch nicht möglich, da man gar nicht weiß, wozu man anhören soll, weil keine Vereinbarung besteht. Das heißt, es gibt keine sinnvolle Grundlage für den Gesetzentwurf – letztlich ein verfassungswidriges Verhalten und da

mit auch keine Dringlichkeit für die Aufnahme des Punkts. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Starker Tobak!)

Danke schön. Damit gibt es doch noch den Wunsch, für die Dringlichkeit zu reden. Dann hat Abgeordneter Kuschel das Wort.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich möchte für den Antrag sprechen!)

Es gibt eine Dringlichkeit, wenn man einen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung heben möchte, der noch nicht im Ältestenrat war. So sind die Regeln. Sie reden zur Dringlichkeit, Herr Kuschel, bitte schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben jetzt wieder ein Beispiel erlebt, wie die CDU in sich selbst gefangen ist. Widersprüchlicher kann man nicht agieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da erklärt Herr Geibert zu Beginn seiner Rede, dass die CDU natürlich für Freiwilligkeit und für Neuordnung ist – Sie haben ja vor Jahren schon die Rückkreisungen gefordert –, um dann ausführlich hier darzulegen, dass Sie es eigentlich nicht wollen. Dabei sind Sie sich nicht mal zu schade, unsere Verfassung in einer Art und Weise zu verfälschen, die ich bisher nur von der AfD erlebt habe. Das ist schon bedenklich für einen Vertreter einer demokratischen Partei.

(Unruhe CDU)

Das waren wir bisher nur von anderen gewöhnt. Dafür, dass Sie den Gesetzentwurf und den Antrag nicht kannten, war Ihr Sprechzettel sehr ausführlich. Wahrscheinlich haben Sie den immer dabei für den Fall der Fälle.

(Beifall DIE LINKE)

Aber was Sie gesagt haben, entspricht nicht den Tatsachen. Es gibt eine übereinstimmende Willenserklärung sowohl des Kreistags als auch des Stadtrats.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Nein!)

Der Stadtrat hat gestern ausdrücklich beschlossen: Auf Grundlage des Zukunftsvertrags wird der Landtag gebeten, ein Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen, das auf diesen Zukunftsvertrag Bezug nimmt. Eine vertragliche Vereinbarung ist eben nicht zwingende Voraussetzung für das Gesetzgebungsverfahren, sondern eine Willenserklä

rung, Beschlüsse. Ich darf daran erinnern, dass wir im ersten Gesetzgebungsverfahren die Eingliederung von Tiefenort in die Stadt Bad Salzungen hatten. Die haben einen Monat, bevor das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen war, erst den Vertrag unterzeichnet. Da lief das Gesetzgebungsverfahren schon über Monate. Insofern sagen Sie hier nicht die Wahrheit, wenn Sie meinen, es wäre das erste Mal, dass kein unterzeichneter Vertrag vorliegt.

Einen Verfassungsverstoß haben Sie hier konstruiert. Es ist Wille beider Institutionen, sowohl des Wartburgkreises als auch von Eisenach, diese Rückkreisung vorzunehmen. Damit wird ein Fehler von 1994, der hauptsächlich durch Sie – als Fraktion, nicht persönlich – zu vertreten ist, landespolitisch und raumordnerisch korrigiert. Das stärkt die Gesamtregion. In die Anhörung wird kein Vertrag gegeben, sondern Gegenstand der Anhörung ist immer ein Gesetzentwurf. Und dieser Gesetzentwurf liegt vor. Deshalb ist auch dieser Hinweis von Ihnen, dass angeblich gar nicht klar ist, was Gegenstand der Anhörung sein sollte, nicht überzeugend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insofern ist es heute geboten, diesen Gesetzentwurf in die Tagesordnung aufzunehmen und dann entsprechend der Platzierung in der Tagesordnung abzuarbeiten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer für die Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts, also des Gesetzentwurfs, auf die Tagesordnung ist, bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der beiden fraktionslosen Kollegen. Gegenstimmen? CDU-Fraktion und Abgeordneter Reinholz. Enthaltungen? Bei der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit aufgenommen.

Es wurde zweitens beantragt, die Platzierung für Donnerstag als ersten Punkt vorzunehmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der beiden fraktionslosen Kollegen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Eine Reihe von Enthaltungen aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit so beschlossen.

Dann kommen wir zur beantragten Aufnahme des Antrags in Drucksache 6/6174, der Geschäftsordnungsänderung, in die Tagesordnung. Hier gibt es keinen Wunsch zur Rede oder Gegenrede, sodass wir direkt abstimmen. Herr Geibert?

(Abg. Geibert)

Wir widersprechen der Aufnahme in die Tagesordnung.

Sie widersprechen, sodass wir jetzt abstimmen. Eine einfache Mehrheit genügt. Ich frage jetzt: Wer für die Aufnahme in die Tagesordnung ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und des Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Reinholz. Enthaltungen? Der AfD-Fraktion und des Abgeordneten Krumpe. Damit mit Mehrheit aufgenommen.

Sie hatten auch darum gebeten, dass das in jedem Fall abgearbeitet wird. Ich denke, dagegen erhebt sich jetzt kein Widerspruch, sonst müssten wir das auch abstimmen. Das sehe ich nicht, sodass wir so verfahren können.

Sie hatten dann drittens beantragt, dass TOP 11 nach der Fragestunde am Donnerstag platziert wird. Ich sehe hier keine Gegenstimmen, sodass wir das so machen können. Danke schön.

Weitere Wünsche zur Tagesordnung? Bitte, Herr Abgeordneter Geibert.

Vielen Dank, Herr Präsident. Wir beantragen, die Drucksache 6/6216, Antrag der Fraktion der CDU „Informationsfluss zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften und Ausländerbehörden verbessern – Kriminelles Verhalten von Asylbewerbern konsequent ahnden“, in die Tagesordnung aufzunehmen.

Gibt es den Wunsch zur Begründung der Dringlichkeit?

Das würde ich gern vornehmen, ja.

Dann haben Sie das Wort. Bitte schön, Herr Geibert.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade dieser Tage, gestern und heute, konnte man der Presse entnehmen, dass offensichtlich erhebliche Verwirrung in den zuständigen Reihen der Landesregierung besteht, wie mit Informationen in Strafverfahren umzugehen ist. Ich zitiere aus der „Thüringischen Landeszeitung“ Erfurt vom 25.09.2018: „Innenminister Georg Maier (SPD)

hatte am Freitag angekündigt, er dringe auf einen besseren Informationsfluss zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften und Ausländerbehörden – damit Entscheidungen in der Kenntnis aller notwendigen Informationen getroffen werden können. […] Hintergrund aus Sicht des Innenministers: Ausländerbehörden, die Entscheidungen über Asyl zu treffen haben, haben in der Regel keine Kenntnisse darüber, ob gegen denjenigen, über dessen Bleiberecht es zu entscheiden gilt, polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen. Der SPD-Politiker will das ändern. […] Am Wochenende musste er sich dafür Kritik von einem Koalitionspartner anhören.“ So weit das Zitat.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das begründet die Dringlichkeit?!)

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Weil es am Wochenende ist!)

„Freies Wort Suhl“ berichtete am gleichen Tag: „Maier hatte sich auch dafür ausgesprochen, dass Ausländerbehörden künftig in jedem Fall erfahren sollten, wenn Flüchtlinge straffällig geworden sind.“ Die „Osterländer Volkszeitung“ hatte einen anderen Fokus am gleichen Tag aufgenommen, offensichtlich Äußerungen von Thüringens Justizminister: „Dieter Lauinger“ – Zitat – „will Ermittlungen zu mutmaßlichen Mehrfachstraftätern besser koordinieren. Es gebe dazu auch Gespräche mit dem Innenministerium, sagte Lauinger gestern in der Landeshauptstadt […]. Derzeit könne es passieren, dass zwei Staatsanwälte nicht voneinander wissen, dass sie zu verschiedenen Delikten, aber gegen den gleichen Beschuldigten ermitteln.“ Weiterhin Zitat aus der gleichen Veröffentlichung: „Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera sagte, dass es in der dortigen Behörde bereits jetzt eine MehrfachtäterRegelung gebe.“

Die Äußerungen zeigen deutlich, dass die zuständigen verantwortlichen Ressorts in der Landesregierung ganz offensichtlich nicht auf dem Boden der von ihnen selbst geschaffenen oder zumindest mitgezeichneten Rechtsvorschriften handeln. Nach der Mitteilung in Strafsachen, erst 2015 erlassen, Nummer 42 dort, ist es doch ganz selbstverständlich, dass Ausländerbehörden von der Staatsanwaltschaft in jedem Fall über entsprechende Maßnahmen zu unterrichten sind. Das wird ganz offensichtlich in der Landesregierung anders gehandhabt. Das Justizressort macht dies anscheinend nicht, so wie der Minister das selbst begründet. Der Innenminister hingegen fordert, dass Maßnahmen erfolgen, dass eine Abstimmung erfolgt, was darauf hinweist, dass diese Abstimmung bislang, bis heute nicht vorgenommen worden ist. Es scheint mir aber gerade vor dem Hintergrund auch der Ereignisse in anderen Bundesländern dringlich und unverzichtbar, dass der Informationsfluss zwischen Staatsanwaltschaft/Polizei und Ausländerbehörden sauber

eingehalten wird, dass Informationen fließen sowohl zu den Straftaten als auch zu den übrigen in der MiStra vorgesehenen Gesichtspunkten, insbesondere aus dem Ausländerrecht. Daran mangelt es vorliegend ganz offensichtlich innerhalb der Landesregierung.

Wir halten deshalb die Aufnahme des Tagesordnungspunkts und die Erörterung der von uns konkret benannten Fragen für dringend erforderlich und bitten um Aufnahme dieses Punkts in die heutige Plenarsitzung.

(Beifall CDU)

Danke schön. Gibt es den Wunsch zur Gegenrede? Bitte, Frau Berninger.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte der Dringlichkeit dieses Antrags widersprechen, und zwar nicht nur mit Blick auf die Debatte und die einhellige Verabredung, die wir letzten Freitag im Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz gehabt haben. Dort haben wir uns einhellig dazu verabredet, einen ähnlichen Tagesordnungspunkt, in dem es nämlich um Straffälligkeit von Asylsuchenden ging, deswegen noch nicht abzuschließen, weil noch nicht alle Informationen vorlagen, weil die Informationen, die wir im Ausschuss aus einzelnen Landkreisen bekommen haben, auch relativ widersprüchlich waren, weil der Tagesordnungspunkt eben noch nicht abschließungsreif gewesen ist.

Herr Geibert, wenn Sie Ihre Gewissheiten und Behauptungen aus dem nehmen, was in Zeitungen berichtet wird, dann will ich sagen, dass manchmal sogar Sachen, die Minister sagen, nicht ganz richtig sind und auch das, was dann davon in der Zeitung landet, möglicherweise nicht ganz den Tatsachen entspricht. Beispielsweise irrt sich Minister Maier, wenn er meint, Ausländerbehörden träfen Entscheidungen über Asyl. Die Entscheidungen über Asylverfahren trifft das Bundesamt für Migration und Geflüchtete und treffen nicht die Ausländerbehörden und

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)